Mittwoch, 13. Juni 2012

Transsexualität und Strafvollzug

Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle Rechte vorbehalten!


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Transsexualität und Strafvollzug
Anja Schammler: Transsexualität und Strafvollzug. Die Störung der geschlechtlichen Identität von Strafgefangenen als strafvollzugsrechtliches Problem. Berlin: BWV 2008, XI + 209 Seiten, € 39,00.

Menschen, die physisch weiblich sind, aber ein männliches Identitätsgeschlecht haben, werden in der Regel als Frau-zu-Mann-Transsexuelle oder Transmänner bezeichnet; Menschen, die physisch männlich sind, aber ein weibliches Identitätsgeschlecht haben, bezeichnet man entsprechend als Mann-zu-Frau-Transsexuelle oder Transfrauen (Wikipedia). Dazu gibt es seit etwa 40 Jahren eine beträchtliche Fülle an Literatur, neuerdings natürlich auch Web-Seiten.

Ein Sonderproblem stellt die diskriminierende Behandlung von Transsexuellen durch Polizei, Strafgerichte und Strafvollzug dar. Insbesondere in jeder Art von Inhaftierung stellen sich Fragen der Behandlung, Betreuung und Versorgung entsprechend dem Identitätsgeschlecht. Ein für die Behörden fast unlösbares Problem ergibt sich aus dem Gebot, Frauen und Männer in Haft zu trennen. Dennoch gab es dazu bisher so gut wie keine Literatur (wenn man von meinem kleinen Artikel im PrisonPortal absieht: http://prisonportal.informatik.uni-bremen.de/prisonportal/index.php/Transsexuelle). Die vorliegende Doktorarbeit von Anja Schammler, betreut von Prof. Klaus Marxen (HU Berlin) ist daher mehr als willkommen. Sie stellt nicht nur die erste, sondern zugleich eine sehr gründliche Untersuchung der angesprochenen Probleme dar.

Das Buch besteht aus drei große Teilen: zum Phänomen der Transsexualität, zum rechtlichen Umgang mit Transsexuellen in der Gesellschaft und zum rechtlichen Umgang mit ihnen im Strafvollzug. Im hiesigen Kontext interessiert vor allem der letztgenannte Abschnitt des Buches. Nicht zufällig sieht die Autorin als zentrales Problem den „Wunsch nach endgültiger Verlegung in den gegengeschlechtlichen Vollzug“ (81). Ausgangspunkt ihrer Arbeit bildete nämlich eine Entscheidung des KG Berlin, welche die Verlegung einer Transfrau aus einer Männeranstalt in eine Frauenanstalt ablehnte. Nach eingehender juristischer Analyse kommt auch Anja Schammler zum Ergebnis, dass sich die Verlegungsvorschriften des geltenden Strafvollzugsgesetzes „nicht als Rechtsgrundlage zur dauerhaften Unterbringung eines transsexuellen Inhaftierten im gegengeschlechtlichen Vollzug heranziehen“ lassen (128). Sehr viel günstiger stellt sich nach Meinung der Verfasserin der Anspruch transsexueller Gefangener auf einschlägige medizinische und therapeutische Behandlung dar (insbesondere Hormonbehandlung und geschlechtsangleichende Operation). Auch darüber hinaus analysiert die Verfasserin mögliche rechtliche Ansprüche transsexueller Gefangener (den Erwerb und die Verwendung gegengeschlechtlicher Körperpflegemittel; das Tragen gegengeschlechtlicher Kleidung; gemeinsame Arbeit/Ausbildung, gemeinsame Freizeit). Die Verfasserin versucht hier den gegenwärtigen rechtlichen Rahmen zugunsten transsexueller Gefangener auszuschöpfen, weist jedoch auch auf die zahlreich vorhandenen Schwierigkeiten und Einschränkungen hin, die sich vor allem mit der „Aufrechterhaltung der Anstaltsordnung“ begründen lassen.

Etwas überraschend ist es, dass die Verfasserin nur ganz kurz auf § 65 Abs.2 StVollzG eingeht, wonach kranke Gefangene in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges verlegt werden können, wenn die Behandlung in einem Vollzugskrankenhaus nicht möglich ist (133). Dabei dürfte es sich hier um die nach geltendem Recht einzig praktische Lösung des im Zentrum der Arbeit stehenden Verlegungsproblems handeln. Denn in Krankenhäusern gehört die strikte Trennung der Geschlechter schon lange der Vergangenheit an.

Sehr zu begrüßen ist der, bemerkenswert radikale, rechtspolitische Ausblick mit welchem die Arbeit abschließt. Als Haupthindernis für vernünftige Lösungen sieht die Verfasserin die Geschlechtertrennung, die im deutschen Strafvollzug nach wie vor herrscht. Konsequent fordert sie daher eine Auflösung dieser „Eingeschlechtlichkeit“ (Stöckle-Niklas). Groteskerweise sind die beiden Vorzeigeanstalten für das Funktionieren eines gemischten Vollzuges (das Moritz-Liepmann-Haus und die Sozialtherapie Altengamme, beides in Hamburg) vor kurzem geschlossen worden. Es steht zu hoffen, dass die schwarz-grüne Koalition den vorherigen Zustand bald wieder herstellt.

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