Dienstag, 28. September 2021

Eine Welt voller Hürden Eine Transition in jungen Jahren ist schwierig. Denn Medizin, Bürokratie und Gesellschaft erschweren den Prozess – vorgeblich zum Schutz der Kinder. /// A world full of hurdles A transition at a young age is difficult. Because medicine, bureaucracy and society complicate the process - ostensibly to protect the children.


 Eine Welt voller Hürden

Eine Transition in jungen Jahren ist schwierig. Denn Medizin, Bürokratie und Gesellschaft erschweren den Prozess – vorgeblich zum Schutz der Kinder.


A world full of hurdles

A transition at a young age is difficult. Because medicine, bureaucracy and society complicate the process - ostensibly to protect the children.

Für Luka Berg ist es der letzte Sommer im alten Leben. Im Juni hat der 18-jährige Berliner sein Abitur mit „Eins Komma“ geschafft, ab Oktober will er ein technisches Fach studieren, bei den Eltern aus- und mit seinem Freund zusammenziehen. Luka hat berufliche Ziele, Freundschaften, ein enges Verhältnis zur Familie. Und: Er mag sich. Früher war das anders.


Zu Beginn der Pubertät leidet Luka jahrelang unter Sozialphobie und schwerer Depression, verlässt kaum noch das Haus. Luka ist trans, damals trägt er noch einen Mädchennamen. „Ich habe mich in meiner Haut immer unwohler gefühlt“, sagt Luka an einem Sommernachmittag auf der Terrasse seiner Eltern. Die Bergs wohnen in einem Reihenhaus mit Garten am Berliner Stadtrand. „Es war für mich eine wahnsinnige Hürde, überhaupt unter Menschen zu gehen.“ Mit der einsetzenden Pubertät will Luka seinen Körper nur noch verstecken. Unter großen Pullis und hinter verschlossenen Türen.

Bei Geburt bekam Luka einen weiblichen Geschlechtseintrag. Er lebt bis zur Pubertät als Mädchen. Nur nicht besonders gerne. Lukas Mutter, Marie Berg, vermutet, ihr Kind könnte lesbisch sein. An transgender denkt sie nicht. Als Luka schließlich ihr gegenüber sein Outing hat, ist er 13. Sie haben einen Termin in der Psychosomatischen Klinik der Charité. Eigentlich wegen der Sozialphobie, aber eine Frage im Anamnesebogen lässt Marie Berg aufmerken. Möchte Ihr Kind lieber dem anderen Geschlecht angehören? steht dort zwischen Hunderten anderen Fragen. „Willst du ein Junge sein?“, fragt Marie Berg ihr Kind tags darauf zu Hause. „Nein“, sagt Luka. „Ich bin ein Junge.“


Die Illusion vom Mutter-Tochter-Verhältnis

„Mich hat es zerrupft“, sagt Marie Berg heute. Sie habe damals viel geweint. Rückblickend bezeichnet sie die Zeit als Trauerprozess. Trauer um was? „Ich hatte mir bei der zweiten Schwangerschaft ein Mädchen gewünscht. Ich musste also vielleicht mein Mädchen betrauern. Oder diese Illusion vom Mutter-Tochter-Verhältnis. Ich habe mir sogar die Schuldfrage gestellt.“ Heute stellt sich Marie Berg eine andere Schuldfrage. Sie ist Sozialpädagogin – hätte sie früher merken müssen, dass ihr Kind ein trans Junge ist? Hätte sie Luka zwei Jahre psychisches Leid ersparen können?


Die Frage, wann trans Kinder und Jugendliche am besten mit einer Transition beginnen sollten, sorgt für Debatten. Medizinisch ist es praktisch unmöglich, eine einheitliche Regelung für alle Fälle zu formulieren. Starre Altersgrenzen, wie sie die Politik bisweilen zu ziehen versucht, lehnen die meisten Fach­ärz­t*in­nen ab. Häufig treffen Familien schon jetzt mit ihren Ärz­t*in­nen und The­ra­peu­t*in­nen abweichende Entscheidungen. Doch der medizinischen Behandlung vermeintlich gesunder Kinder verbinden sich auch Ängste. Die machen sich manche für Alarmismus zunutze. Doch selbst da wo dem Thema Transgender offen begegnet wird, besteht Sorge vor einer Irreversibilität, einer Endgültigkeit von medizinischen Transitionen.


Deshalb begegnen viele Kindern und Jugendlichen, die einen Transitionswunsch erkennen lassen, zunächst mit Argwohn. Vermeintlich zum Schutz der Minderjährigen gilt: In dubio pro cis. Im Zweifel für das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht. Die betroffenen Kinder leben damit oft in einer Welt der Hürden und der Beweispflicht, auch „Gatekeeping“ genannt.


Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt

Luka Berg kommt auf das Thema Transgender zufällig. Zwei Jahre vor seinem Outing stößt er beim Zappen am Nachmittag auf einen kurzen Beitrag. Luka ist zwar mit dem Internet aufgewachsen. Im Netz recherchiert er jedoch erst, nachdem er den Beitrag gesehen hat. „Das Internet bringt nichts, wenn du nicht weißt, wonach du suchst“, sagt er. „Ich hätte mir gewünscht, früher mehr davon gewusst zu haben.“ Dass das Thema schon in der Grundschule aufgetaucht wäre zum Beispiel. „Gar nicht groß, lieber so nebenher.“


Allerdings sind Versuche, sexuelle und geschlechtliche Vielfalt breiter in den Lehrplänen auch früherer Klassen zu verankern, in den 2010ern am Protest der sogenannten besorgten Eltern gescheitert. Dass trans Identitäten im Unterricht weitgehend fehlen, ist eine weiche Form des Gatekeeping.


Laura Gerlach ist 12 Jahre alt, und für sie steht in Kürze ein entscheidender Termin an. Der Kinder- und Jugendpsychiater soll ihre Einwilligungsfähigkeit feststellen. Oder, wie Laura es bezeichnet, „sagen, ob ich endlich die Hormone kriege“. Die Gerlachs laden zu einem Besuch bei sich zu Hause, in einer Kleinstadt in Hessen. Laura ist hier groß geworden; seit sie sechs Jahre alt war, lebt sie als Mädchen.


Wenn der Therapeut bestätigt, dass Laura in der Lage ist, die Konsequenzen abzuwägen und eine informierte Entscheidung zu treffen, und wenn die Eltern zustimmen, dann darf im Oktober ihre Pubertät beginnen: eine Pubertät unter dem Einfluss des Hormons Östrogen, das dem Körper dann über Tabletten oder Tropfen zugeführt oder als Gel auf die Haut aufgetragen wird. Eine Pubertät unter Testosteron hingegen, das ihr Körper von sich aus produzieren würde, möchte Laura vermeiden. Deswegen erhält sie schon seit zwei Jahren eine Behandlung mit Hormonblockern. „Blocker“ hemmen die Bildung von Östrogenen und Androgenen. Sie werden auch bei bestimmten Formen des Brust- und Prostatakrebses und der Endometriose eingenommen sowie bei extrem verfrühter Pubertät. Sie verhindern bei Laura zum Beispiel Stimmbruch und Bartwuchs. Die könnten bei ihr schwere Dysphorie auslösen – also ein Unbehagen bis hin zur Dissoziation vom eigenen Körper. Die Blocker tun aber nicht mehr als das. Sie leiten keine Pubertät ein. Solange kein Östrogen verabreicht wird, bleibt Laura körperlich, stimmlich und hormonell ein Kind.


Immer mehr Gatekeeper

Eine Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) von 2013 zu „Störungen der Geschlechts­identität im Kindes- und Jugendalter“ sieht eigentlich vor, dass die Hormonersatztherapie erst ab dem 16. Lebensjahr angewendet werden sollte, operative Eingriffe ab 18. Blocker können ab den ersten Anzeichen der Pubertät verabreicht werden. Die Leitlinie gilt allerdings als überholt, ohnehin hatte sie nur empfehlenden Charakter. Eine Kommission der AWMF aus Mediziner*innen, The­ra­peu­t*in­­nen und Ver­tre­te­r*in­nen der Community arbeitet an einem Update, das dann auch verbindlichen Charakter für Ärz­t*in­nen haben soll.

Auch in Fachkreisen kollidiert Gatekeeping mit liberaleren Ansätzen


Aber auch in Fachkreisen kollidiert Gatekeeping mit liberaleren Ansätzen. Die vielleicht extremste und zugleich wohl bekannteste fachliche Ansicht in Richtung Gatekeeping ist die des Münchner Kinderpsy­chia­ters Alexander Korte. Dieser warnt regelmäßig vor der Gefahr, dass Kinder in eine trans Identität gedrängt werden könnten. Dass die Zahl der Diagnosen von Gender-Dysphorie in den letzten zehn Jahren stark anstieg, deutet Korte weniger als Fortschritt, sondern befürchtet einen Hype.


Korte sprach sich deshalb wiederholt für strenges Gatekeeping in Form von medizinischen Begutachtungen und hohen Altershürden bei Jugendlichen aus, etwa in einem Spiegel-Interview von 2019 und zuletzt bei einer Anhörung im Bundestag im November 2020. Kol­le­g*in­nen allerdings widersprechen regelmäßig Kortes Thesen. Auf sein Interview im Spiegel reagierten drei Berliner The­ra­peu­t*in­nen und ein Kinderpsychiater aus Münster mit Leserbriefen. Sie bekräftigten, dass nach ihrer Erfahrung trans Identität keineswegs als Laune in der Pubertät auftrete, sondern in aller Regel viel früher gefestigt sei.


Am Tag nachdem Luka Berg sich bei seinen Eltern outet, lässt er sich die langen Haare abschneiden. Bald wählt er seinen neuen Namen, feiert eine kleine Namensparty, wenige Wochen später beginnt die Blocker-Behandlung. Von außen betrachtet kann das rasch wirken. Aber das Coming-out gegenüber der Familie ist nur das äußere. Das innere Coming-out vollzieht Luka zu diesem Zeitpunkt bereits länger: nämlich seitdem er den Fernsehbeitrag gesehen hat. So erzählt er es heute. „Er war mir schon zwei Jahre voraus“, sagt Marie Berg. Luka hatte sich jahrelang im Netz informiert, hatte sich Videos von trans Männern angeschaut, die ihre Erfahrungen veröffentlichen. „Ich wollte einfach sicher sein, bevor ich es jemandem sage“, sagt Luka.


Ein Kita-Kind schlägt eine Operation vor

Laura Gerlach hat schon im Kindergartenalter häufig von sich in der weiblichen Form gesprochen, berichten Lauras Eltern, Anke und Norbert Gerlach. Mit viereinhalb Jahren habe Laura gefragt, ob sie später auch eine Frau werden könne, sagt Anke Gerlach. Etwa zur gleichen Zeit habe eine Erzieherin sie vorsichtig darauf angesprochen, dass Laura – damals noch mit Jungenname – ihre Geschlechtsrolle wohl noch nicht so ganz gefunden habe. Eines Tages kommt Laura aus der Kita und erzählt, dass ein anderes Kind zu ihr gesagt habe, sie könne sich ja später operieren lassen, wenn sie eine Frau sein wolle. Ob das wirklich möglich sei?


Die Gerlachs kontaktieren schließlich den Verein Trans-Kinder-Netz e. V. Dieser bringt Familien zusammen, in denen Kinder trans sind, genderqueer, nonbinär oder ques­tio­ning – also ihr Gender noch erkunden. Der Verein vermittelt ein Telefonat mit einer anderen Familie. Laura trifft zum ersten Mal auf eine trans Person: ein damals zwölfjähriges Mädchen. Die Gerlachs erinnern sich, Laura habe aufmerksam zugehört, viele Fragen gestellt und sei immer aufgeregter geworden.


„Ab da ist sie nur noch vorausgeprescht“, sagt Norbert Gerlach. Schon in der darauffolgenden Woche habe sie den anderen Kindern in der Kita mitgeteilt: Ich bin ein Mädchen, und mein Name ist Laura. Bei Pro Familia hingegen, an die sich Mutter Anke Gerlach zuerst gewendet hatte, hatte man ihr geraten, abzuwarten und nichts zu unternehmen: Das Kind sei noch zu jung. Anke Gerlach ärgert das heute. Ebenso die Weigerung einiger Erzieherinnen, Laura gemäß ihrem Wunsch mit Laura anzusprechen. „Heute würde ich das nicht mehr so einfach hinnehmen.“


Wenn in Medien Gatekeeping-Befürworter wie Korte immer wieder liberalen Positio­nen gegenübergestellt werden, kann es zu einem falschen Eindruck kommen. Dass es nämlich den Gate­kee­pe­r*in­nen um den Schutz der Kinder gehe, während die Liberalen vor Gefahren die Augen verschlössen. Etwa davor, dass Kinder ihre Transition bereuen könnten. Denn die Effekte der Hormonblocker sind zwar reversibel, dasselbe gilt aber nicht für Hormonersatztherapie und chirurgische Eingriffe.


Hormontherapie, Operationen und Pubertät

Hormonersatztherapien führen sozusagen zur „entgegengesetzten“ Pubertät. Sie können abgesetzt werden, körperliche Veränderungen, die sie verursacht haben, bleiben jedoch bestehen. Daher ist diese Hormontherapie zumindest teils irreversibel. Geschichten von Menschen, die ihre Transition bereuen oder rückgängig machen möchten, werden unter dem Stichwort „Detransition“ – kurz „detrans“ – besprochen. Allerdings leugnen liberalere Personen das Risiko von Irrtum und Reue keineswegs. Sie haben bloß andere Antworten darauf.


Mari Günter ist Therapeutin in Berlin und betreut unter anderem Kinder mit Transitionswunsch. „Wenn wir davon ausgehen, dass Menschen sich irren können“, sagt Günter, „dann müssen wir darüber nachdenken, wie man mit einem solchen Irrtum gegebenenfalls gut leben kann.“ Günter geht davon aus, dass das besser gelingt, wenn die Personen die Entscheidung selbst getroffen haben. „Es ist meine Verantwortung als Therapeutin, dafür zu sorgen, dass die jugendliche Person eine informierte und reflektierte Entscheidung treffen kann. Die Entscheidung für die Person zu treffen steht mir nicht zu.“


Auch eine körpereigene Pubertät, die man laufen lässt, ist nicht zurückzunehmen


Als Vertreterin des Bundesverbands Trans* arbeitet Günter an der neuen AWMF-Leit­linie mit. „Aus medizinethischer Perspektive gibt es ein Recht auf Irrtum“, sagt sie. „Das muss auch eine kommende Leitlinie beachten.“


Dazu kommt: Nicht nur Hormonersatztherapie und Operation sind irreversibel. Auch eine körpereigene Pubertät, die man laufen lässt, ist nicht zurückzunehmen. Für trans Frauen vor allem sind Veränderungen in Stimme und Körperbau durch Testosteron später kaum noch auszugleichen. Und für alle trans Jugendlichen besteht die Gefahr, dass ein gesundes Verhältnis zum eigenen Körper und zur eigenen Sexualität durch Jahre der Dysphorie im prägenden Alter verhindert wird.


Luka Berg beginnt nach zwei Jahren auf Blockern mit 15 die Hormonersatztherapie mit Testosteron und bekommt im Alter von 16 die Mastektomie, also das operative Entfernen von Brustgewebe. Er bezeichnet sich damit als „erst mal fertig“. Er ist amtlich ein Mann und hat dank medizinischer Behandlung das Passing erreicht, also den Status, in dem er von Fremden spontan als ein „Er“ eingeordnet wird. Luka hat im vertrauten Umfeld die Veränderungen an seinem Körper erleben dürfen. Dazu gehört die Beziehung mit seinem Freund, der ebenfalls trans ist. „Gerade in Sachen Intimität ist es besonders schön, jemanden zu haben, der das einfach versteht“, sagt Luka. Luka hat sein Passing rechtzeitig zum Wechsel ins universitäre Umfeld und kann künftig selbst entscheiden, wem er sein Transsein anvertraut. Das Thema Geschlecht soll endlich hinter alles andere in seinem Leben zurücktreten.


„Ich werde dann weiter die ganze Zeit wie ein Kind behandelt.“

Laura erwartet ihre Hormonersatztherapie mit Ungeduld. Durch die Blocker werde sie äußerlich immer als präpubertär gelesen, sagt sie. „Ich werde dann weiter die ganze Zeit wie ein Kind behandelt.“ Laura hat aufgrund ihrer frühen sozialen Transition aber gute Chancen. Zudem erhält sie seit zwei Jahren Blocker, was der empfohlene Zeitraum ist, weil längeres Verabreichen nach gegenwärtigem Forschungsstand die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen wie Knochenbrüchigkeit relevant erhöht. Ein Warten auf die Hormonersatztherapie bis zum 16. Lebensjahr wäre für Laura alleine deswegen nicht sinnvoll.


Nach aktuellem Studienstand wird angenommen, dass die Versäumnisse in der Entwicklung der Knochendichte durch Blocker nach einigen Jahren Hormonersatztherapie weitgehend aufgeholt werden. Die Hormonersatztherapie wiederum wird, neben den typischen Nebenwirkungen jeder Pubertät (etwa Akne), mit einem hohen Risiko für Thromboembolie (trans Frauen) und Erythrozytose (trans Männer) in Verbindung gebracht, seltener mit einem Risiko für kononare Herzkrankheiten und – im Fall der Testosterontherapie – mit Leberfunktionsstörung. Medizinisch müssen diese Risiken gegen die Gefahren einer unbehandelten Gender-Dysphorie abgewogen werden.


Die Gerlachs sprechen offen über die Konsequenzen von Lauras Wünschen, auch die irreversiblen und die möglichen negativen. Zuletzt hat sich Laura viel über das Thema Kinderkriegen informiert. Wie viel von der körpereigenen Pubertät müsste sie zulassen, um zeugungsfähige Spermien bilden zu können? „Ich verstehe, dass viele sich das nicht vorstellen können“, sagt Anke Gerlach. „Dass eine Zwölfjährige derart informiert solche Entscheidungen treffen kann.“ Norbert Gerlach sieht eine wichtige Kontrollfunktion im Austausch zwischen den Jugendlichen. Bei den gelegentlichen Treffen mit anderen Familien von trans Kindern höre er mit Erstaunen, wie die Kinder miteinander fachsimpelten. „Die sind so weit, die hängen uns ab“, sagt er.

Eltern wie die Gerlachs müssen in aller Regel jahrelang kämpfen. Gegen Er­zie­he­r*in­nen und Lehrer*innen, die auf falsche Pronomen bestehen oder ein bestimmtes geschlechtliches Verhalten einfordern. Für die richtigen Toiletten und Umkleiden. Für eine zweite Version des Zeugnisses, mit dem richtigen Namen. Das System basiert gegenwärtig auf einer „Alltagsprüfung“. Kinder und Eltern sollen zeigen, dass der Wunsch zur Transition groß genug ist, um diesem Druck standzuhalten. Aber unter dem Druck zu zerbrechen kann andere Gründe haben. Bildungshintergrund und soziale Situation der Familie etwa. Oder Finanzen.


Hormonbehandlungen übernimmt zwar die gesetzliche Krankenkasse, wenn eine Psy­cho­the­ra­peu­t*in die Notwendigkeit bescheinigt. Für operative Eingriffe ist es schon komplizierter. Hier müssen zwei unabhängige medizinische Gutachten bestätigen, dass der operative Eingriff eine „medizinisch notwendige Maßnahme“ ist. Sonst kann er bis zu 15.000 Euro kosten. In jedem Fall sind für die Gutachten, die für die amtliche Namens- und Personenstandsänderung notwendig sind, mehrere hundert Euro zu zahlen.


Manchmal geraten auch die Eltern über die Frage, wie mit der Transidentität des Kindes umzugehen ist, in einen unversöhnlichen Konflikt. Und im folgenden Sorgerechtsstreit gerät das Kind zwischen die Fronten.


Es geht selten um das „Wie“

„Trans Personen werden ständig mit dem ‚Ob‘ konfrontiert“, sagt Therapeutin Mari Günter. „Ob sie trans sind, und zwar wirklich und wahrhaftig. Sie haben kaum Zeit und Räume, über das ‚Wie‘ nachzudenken. Wie sie sich verändern wollen – und wie nicht. Sie müssen Entschlossenheit performen, wo sie eigentlich zweifeln und experimentieren müssten.“ Mari Günter glaubt, dass immer noch viele trans Personen das Gefühl haben, eine „komplette“ Transition machen zu müssen, um zu beweisen, dass sie es ernst meinen. Mit dem Druck zu einem „Entweder ganz oder gar nicht“ könne man zum Teil auch Detrans-Biografien erklären, sagt Mari Günter. „Dass unter diesen Voraussetzungen nicht viel mehr Irrtümer passieren, ist ein Wunder.“


Anke Gerlach würde Eltern, deren Kind sich in Sachen Geschlecht als suchend herausstellt, raten: „Dem Kind zu sagen, dass nur es selbst wissen kann, was sein Geschlecht ist. Nachzufragen: Was stört dich? Handlungsoptionen zu eröffnen. Angebote zu machen, anstatt dieses oder jenes zu forcieren. Nicht zu fragen: Bist du Mädchen oder Junge? Nicht zu sagen: Dann musst du aber auch den ganzen Weg gehen! Keine Bedingungen zu stellen.“

Luka Berg findet es rückblickend gut, dass er Zeit hatte, herauszufinden, was er will. Auch Therapie zu bekommen befürwortet er als Voraussetzung für medizinische Behandlung. „Aber jahrelang ständig immer wieder wildfremden Leuten meine Lebensgeschichte erzählen zu müssen, war hart“, sagt er.


The­ra­peu­t*in­nen und Ärz­t*in­nen sind längst nicht die einzigen Gatekeeper im Leben einer jungen trans Person. Er­zie­he­r*in­nen gehören dazu, Familienberatungen, Lehrkräfte, Schulbuchverlage, Schulleitungen, Rich­te­r*in­nen am Amtsgericht, die über den neuen Geschlechtseintrag entscheiden. Wort­füh­re­r*in­nen in der Schulklasse oder in der Nachbarschaft, die Stimmungen zugunsten oder zuungunsten eines trans Kindes kippen können. Und schließlich die Eltern selbst, die, wie Marie Berg, Erwartungen hatten. An dieses Kind und sein vermeintliches biologisches Geschlecht. Erwartungen, von denen sich zu lösen manchmal nur über einen Trauerprozess möglich ist.


Die Namen aller Familienmitglieder wurden zu deren Schutz geändert.

Quelltext: https://taz.de/Transgender-Kinder-und-Jugendliche/!5798327/

Montag, 27. September 2021

Einer von 100 Todesfällen ist durch Selbstmord /// One in 100 deaths is from suicide

"Trans" die Veränderung oder Transformatition von 16 Jahren!

 Einer von 100 Todesfällen ist durch Selbstmord    ///   One in 100 deaths is from suicide

Leitlinien der WHO zur Unterstützung der Welt bei der Erreichung des Ziels, die Selbstmordrate bis 2030 um 1/3 zu senken!

Selbstmord ist nach den neuesten Schätzungen der WHO, die heute in „Suicide worldwide in 2019“ veröffentlicht wurden, nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Jedes Jahr sterben mehr Menschen durch Suizid als HIV, Malaria oder Brustkrebs   ̶  oder Krieg und Mord. Im Jahr 2019 starben mehr als 700 000 Menschen durch Selbstmord: einer von 100 Todesfällen.

„Wir können und dürfen Selbstmord nicht ignorieren“, sagte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation. „Jeder ist eine Tragödie. Unsere Aufmerksamkeit für die Suizidprävention ist jetzt noch wichtiger, nachdem wir viele Monate mit der COVID-19-Pandemie gelebt haben und viele der Risikofaktoren für Suizid – Arbeitsplatzverlust, finanzieller Stress und soziale Isolation – immer noch sehr präsent sind. Die neue Leitlinie, die die WHO heute veröffentlicht, bietet einen klaren Weg zur Intensivierung der Bemühungen zur Suizidprävention.“

Bei jungen Menschen zwischen 15 und 29 Jahren war Suizid die vierthäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen, Tuberkulose und zwischenmenschlicher Gewalt.

Die Preise variieren zwischen Ländern, Regionen und zwischen Männern und Frauen.

Mehr als doppelt so viele Männer sterben durch Suizid wie Frauen (12,6 pro 100 000 Männer gegenüber 5,4 pro 100 000 Frauen). Die Suizidraten von Männern sind in Ländern mit hohem Einkommen im Allgemeinen höher (16,5 pro 100 000). Bei Frauen finden sich die höchsten Selbstmordraten in Ländern mit niedrigem mittlerem Einkommen (7,1 pro 100 000).

Die Suizidraten in den Regionen Afrikas (11,2 pro 100 000), Europa (10,5 pro 100 000) und Südostasien (10,2 pro 100 000) lagen 2019 über dem weltweiten Durchschnitt (9,0 pro 100 000). Die niedrigsten Selbstmorde Rate lag im östlichen Mittelmeerraum (6,4 pro 100 000).

Weltweit nimmt die Selbstmordrate ab; in Amerika geht es aufwärts

Die Suizidraten gingen in den 20 Jahren zwischen 2000 und 2019 zurück, wobei die globale Rate um 36 % zurückging, wobei der Rückgang von 17 % im östlichen Mittelmeerraum auf 47 % in der Europäischen Region und 49 % im Westpazifik reichte.

In der Region Amerika stiegen die Raten jedoch im gleichen Zeitraum um 17 %.

Obwohl einige Länder die Suizidprävention ganz oben auf ihre Agenda gesetzt haben, bleiben zu viele Länder ungebunden. Derzeit sind nur 38 Länder bekannt, die über eine nationale Suizidpräventionsstrategie verfügen. Um das SDG-Ziel einer Reduzierung der weltweiten Selbstmordrate um ein Drittel bis 2030 zu erreichen, ist eine deutliche Beschleunigung der Reduzierung von Suiziden erforderlich.

LEBE DAS LEBEN

Um die Länder bei ihren Bemühungen zu unterstützen, veröffentlicht die WHO heute umfassende Leitlinien zur Umsetzung ihres LIVE LIFE-Ansatzes zur Suizidprävention. Die vier Strategien dieses Ansatzes sind:

  • Beschränkung des Zugangs zu Selbstmordmitteln wie hochgefährlichen Pestiziden und Schusswaffen;
  • Aufklärung der Medien zur verantwortungsvollen Berichterstattung über Suizide;
  • Förderung der sozio-emotionalen Lebenskompetenzen bei Jugendlichen; und
  • Früherkennung, Beurteilung, Management und Nachverfolgung von Personen, die von Suizidgedanken und -verhalten betroffen sind.

Verbot der gefährlichsten Pestizide: eine Intervention mit großer Wirkung

Da schätzungsweise 20 % aller Suizide durch Pestizidvergiftungen verursacht werden und sich nationale Verbote von akut giftigen, hochgefährlichen Pestiziden als kosteneffektiv erwiesen haben, werden solche Verbote von der WHO empfohlen. Andere Maßnahmen umfassen die Beschränkung des Zugangs zu Schusswaffen, die Verringerung der Größe von Medikamentenpackungen und die Installation von Absperrungen an Sprungstellen.

Verantwortungsvolle Berichterstattung der Medien

Der Leitfaden hebt die Rolle der Medien in Bezug auf Selbstmord hervor. Medienberichte über Suizide können durch Nachahmung (oder Nachahmungssuizide) zu einem Anstieg von Suiziden führen – insbesondere wenn es sich um eine Berühmtheit handelt oder die Suizidmethode beschrieben wird.

Der neue Leitfaden rät dazu, die Berichterstattung über Selbstmord zu überwachen und schlägt vor, dass die Medien Berichten über Selbstmord mit Geschichten über eine erfolgreiche Genesung von psychischen Problemen oder Selbstmordgedanken entgegenwirken. Es empfiehlt auch, mit Social-Media-Unternehmen zusammenzuarbeiten, um ihr Bewusstsein zu erhöhen und ihre Protokolle zur Identifizierung und Entfernung schädlicher Inhalte zu verbessern.

Unterstützung für Jugendliche

Die Adoleszenz (10-19 Jahre) ist eine kritische Phase für den Erwerb sozio-emotionaler Fähigkeiten, insbesondere da die Hälfte der psychischen Erkrankungen vor dem 14. Lebensjahr auftritt. Der LIVE LIFE-Leitfaden fördert Maßnahmen, darunter Programme zur Förderung der psychischen Gesundheit und Anti-Mobbing-Programme, Links zu Unterstützungsdiensten und klare Protokolle für Personen, die in Schulen und Universitäten arbeiten, wenn ein Suizidrisiko festgestellt wird.

Früherkennung und Nachverfolgung von Risikopersonen

Früherkennung, Beurteilung, Management und Nachsorge gelten für Personen, die einen Suizidversuch unternommen haben oder als gefährdet wahrgenommen werden. Ein früherer Suizidversuch ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für einen zukünftigen Suizid.

Gesundheitspersonal sollte in Früherkennung, Bewertung, Management und Nachsorge geschult werden. Gruppen von Hinterbliebenen von Überlebenden können die Unterstützung durch die Gesundheitsdienste ergänzen. Krisendienste sollten auch verfügbar sein, um Personen in akuter Not sofort zu unterstützen.

Der neue Leitfaden, der Beispiele für Suizidpräventionsmaßnahmen enthält, die weltweit in Ländern wie Australien, Ghana, Guyana, Indien, Irak, der Republik Korea, Schweden und den USA durchgeführt wurden, kann von jedem genutzt werden, der an der Durchführung von Suizidpräventionsaktivitäten auf nationaler oder lokaler Ebene sowie im staatlichen und nichtstaatlichen Sektor interessiert sind.

„Obwohl eine umfassende nationale Suizidpräventionsstrategie das ultimative Ziel aller Regierungen sein sollte“, sagte Dr. Alexandra Fleischmann, Expertin für Suizidprävention bei der Weltgesundheitsorganisation, „kann der Beginn der Suizidprävention mit LIVE LIFE-Interventionen Leben retten und den folgenden Herzschmerz verhindern die Zurückgebliebenen." 


Quelltext: https://www.who.int/news/item/17-06-2021-one-in-100-deaths-is-by-suicide?fbclid=IwAR058q5L7E3BD90e7cn4tYuhpqFU3ormtpxnp0SlcgpI88cuggs6k8ojUSA

Sonntag, 26. September 2021

Warum das Transsexuellengesetz endlich abgeschafft gehört


 

Warum das Transsexuellengesetz endlich abgeschafft gehört

In der neuen Doku "Ab heute" erzählen 20 Menschen vom Leidensweg mit dem Transsexuellengesetz. Wir sprachen mit den beiden Regisseur*innen über den bewegenden Film, den man kostenlos streamen kann.

Seit vierzig Jahren gibt es in Deutschland das Transsexuellengesetz. Anfangs waren noch viel heftigere Zumutungen festgeschrieben. Heute, nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, ist das Gesetz nur noch eine Ruine seiner selbst. Wer sich durch das Verfahren kämpft, muss viel Geduld, Demut und Geld mitbringen.

In dem neuen Dokumentationsfilm "Ab heute" erzählen 20 Menschen von den (Leidens-)Wegen, die unter diesem Gesetz gegangen worden sind. Und sie widmen sich der Frage: Was muss passieren, damit es endlich auf den Schutthaufen der Geschichte wandert? Seit Freitag lässt sich die Doku online auf der Film-Homepage ansehen. Über den Film sprach queer.de mit den Regisseur*innen Sophia Emmerich und Sam Arndt.

Euer Film heißt "Ab heute – der lange Weg zum eigenen Namen". Wieso "ab heute"?

Emmerich: Ich glaube, wir haben da beide eine eigene Antwort zu.

Arndt: Ich bin diesen Weg ja selber vor zehn Jahren gegangen. Es gibt häufig diesen einen Moment, wo man sich hinstellt, sei es vor der Schule, dem Arbeitgeber, der Familie, und wo man dann sagt: "Okay. Nennt mich bitte ab heute XY." Daher kam der Name. Der zweite Teil erklärt sich vielleicht von selbst.

Emmerich: Es gibt diese persönliche Komponente von Sam, für mich hat der Titel aber auch eine gewisse Zukunftsperspektive, nämlich: "'Ab heute" soll sich etwas ändern. Das ist etwas sehr persönliches, aber auch etwas hoffnungsvolles. Es beinhaltet das Nach-vorne-Schauen und den Aufbruch. "Ab heute" kann sich etwas ändern.

Und dann kommt aber erst ein mal das Verfahren nach dem Transsexuellengesetz, um das es im Film vorwiegend geht.

Arndt: Ja.

In Zeiten, in denen die Sehgewohnheiten von schnellen Handlungsabfolgen und Schnitten beeinflusst sind und in denen Dokumentarfilme transgeschlechtliche Menschen gerne beim Schminken, vorm Spiegel, bei der Bartrasur oder im OP-Beratungsgespräch zeigen, setzt ihr ausschließlich auf Interviews. Welchen Hintergrund hat diese Entscheidung?

Arndt: Wir wollen weg von diesem Voyeuristischen. Wir wollen trans Personen als ganz normale Menschen darstellen. Wir haben vorher selber nach Dokus über das Transsexuellengesetz gesucht, die auch aufklären und den geschichtlichen Hintergrund geben und haben dazu nichts gefunden. Unsere Interview-Partner*innen leisten genau das.

Emmerich: Ein anderer Aspekt war noch: Jede dieser Personen, die wir interviewen, ist in Bezug auf die eigenen Erfahrungen Expert*in. Wir möchten diese Personen auch als solche darstellen. Ganz oft wird den Menschen ja vorgeworfen, sie seien "zu nah dran" oder "zu emotional", da findet eine Entexpertisierung statt. Jede Person, die wir interviewen, hat einen Riesen-Mehrwert für das Projekt. Wir wollten weg von diesem "Zeig uns alte Kinderfotos", von Deadnaming und Schminken, weil das im Prinzip für unsere Arbeit und unser Projekt auch überhaupt keine Rolle spielt.

Wie habt ihr die Gespräche aufgezogen? Gab es eine bestimmte Leitfrage?

Emmerich: Wir haben uns auf jede Person einzeln vorbereitet und vorab auch mit jeder Person vorher gesprochen. Wir haben geklärt, worüber gesprochen werden darf: Persönliches oder nur Fachliches? Im Endeffekt war dann ein Frage, die sich immer wiederholt hat: Wo stehen wir jetzt und was muss passieren, damit sich was ändert? Was ist der Status quo in Bezug auf das Transsexuellengesetz, und was müsste passieren, damit es in Zukunft wirklich reformiert wird?

Arndt: Der Focus lag dann auf dem Politischen und dem Gesellschaftlichen.

Emmerich: Macht die Politik die Gesellschaft oder macht die Gesellschaft die Politik? Personen, die zudem bereit waren, ihre persönliche Geschichte zu erzählen, konnten oft auch aufzeigen, wie viel Diskriminierung aus diesem Verfahren nach dem Transsexuellengesetz resultiert.

Ist damit Diskriminierung im Verfahren selber gemeint oder die Diskriminierung, die aus diesem Verfahren resultiert?

Emmerich: Beides.

Arndt: Wenn der Focus auf Erfahrungen lag, haben wir oft während der Gespräche gemerkt, wie viele Auswirkungen das im Nachhinein für die Person hatte, etwa durch Traumatisierung.

Emmerich: Allein, dass man dieses Verfahren überhaupt durchlaufen muss, welche Fragen da gestellt werden, wie man behandelt wird, ist meiner Ansicht nach auch eine Form von Diskriminierung. Das ist kein Umgang mit einem Menschen, der einfach nur seinen Namen auf einem Blatt Papier ändern möchte. Auch die Begutachtungen an sich, die ja Teil dieses Verfahrens sind, werden von sehr vielen Personen in unseren Gesprächen als diskriminierend wahrgenommen: Warum muss ich das machen? Wieso darf mich irgendwer fremdbegutachten und entscheiden, ob ich meinen Namen tragen darf? Und dann gibt es natürlich noch die Konsequenzen daraus, dass es so ein langwieriges und kostspieliges Verfahren ist, nämlich, dass ich, wenn ich die Papiere nicht habe, ständig Alltagsdiskriminierung erlebe, dass ich in meinem Wohl gefährdet bin.

Euer Release ist kurz vor der Bundestagswahl. Ein Versuch, Druck auf die Politik zu machen?

Emmerich: Druck auf die Politik kriegen wir damit wohl nicht mehr hin. Aber wir hoffen auf die Aufklärung. Wenn Menschen, die von diesem Verfahren nichts wussten, davon erfahren, sind sie oft empört. Nur wenn viele Menschen über einen Missstand Bescheid wissen, kann sich etwas ändern, weil in einer Demokratie natürlich Mehrheiten entscheiden.

Ihr habt den Aspekt des Voyeurismus in anderen Filmen schon genannt. Was war euch sonst noch besonders wichtig an eurer Arbeit?

Emmerich: Uns war es immer sehr wichtig, aufzuzeigen, dass wir selber ein queeres Team sind, das am Projekt arbeitet, weil uns das oft gefehlt hat in den Arbeiten, die wir gesehen haben. Wir sind weit weg davon, andere Arbeiten schlecht zu machen, aber wir haben selten Dinge gefunden, wo wir uns repräsentiert und angemessen dargestellt gefühlt haben. Wir wollten das Thema aus der eigenen queeren und trans Perspektive zeigen. So "von der Community, für die Community". Wir haben das dann auch in einer ziemlichen Hauruck-Aktion durchgeboxt in den letzten drei Monaten.

Wieso drei Monate? Habt ihr das erst vor drei Monaten beschlossen, dass ihr das macht?

Emmerich: Ja.

Arndt: Wir beiden haben uns unterhalten und haben so über das Selbstbestimmungsgesetz herum philosophiert und warum das im Bundestag gescheitert ist. Sophia wollte Instagram-Videos dazu machen und aus ihrer juristischen Perspektive Aufklärungsarbeit leisten. Dann kamen wir auf die Idee: Warum nicht eine Doku darüber machen? Warum nicht trans Personen selber sprechen lassen? Dann haben wir, wie gesagt, in einer Art Hauruck-Verfahren angefangen, Personen anzufragen, und jetzt stehen wir schon kurz vor der Premiere.

Also war euer Film motiviert durch die eingebrachten und gescheiterten Gesetzentwürfe zu einem Selbstbestimmungsgesetz?

Emmerich: Ja.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat kürzlich in einer Talkshow gesagt, mit ihm in der Regierung werde es zu "so einem Gesetz" kommen. Da war etwas unklar, was für ein Gesetz er genau meint. Stehen wir kurz davor, dieses Selbstbestimmungsgesetz, das zuletzt im Bundestag gescheitert ist, zu bekommen?

Emmerich: Vor Koalitionsverhandlungen kann ja niemand etwas Konkretes sagen, weil das ja erst in den Verhandlungen dann tatsächlich entschieden wird. Es kommt also darauf an, welche Parteien dann letztlich in der nächsten Regierung sitzen werden. Insofern ist es leicht zu sagen, man werde irgendeine Form von "Selbstbestimmungsgesetz" einführen, das TSG in irgendeiner Form abschaffen. Das ist nicht wirklich eine befriedigende Aussage. Gerade heißt es daher tatsächlich: Abwarten, was die nächsten Wochen und Monate bringen. Wie es weiter geht, entscheidet sich in der nächsten Legislaturperiode.

Arndt: Es kann genauso gut sein, dass das Thema immer weiter vor das Bundesverfassungsgericht kommt und die Politik trotzdem immer wieder herausstreicht, was vom Gericht eigentlich entschieden worden ist. Dann bliebe das Transsexuellengesetz erhalten und würde immer löchriger. Wobei ja eh noch kaum etwas davon übrig ist, außer eben die Begutachtungen, die hohen Kosten und die lange Dauer.


Quelltext: https://www.queer.de/detail.php?article_id=40076&fbclid=IwAR1GM1BU5FBqnZNIWRCXvnzpK22ilioyJfDdrRDFoJJGmiohNA5DL8dNH0E

Montag, 13. September 2021

WELTWEIT: Zensur von LGBTI+ Webseiten und Dating Apps nimmt stark zu //// WORLDWIDE: Censorship of LGBTI + websites and Dating apps is increasing rapidly


 WELTWEIT: Zensur von LGBTI+ Webseiten und Dating Apps nimmt stark zu !

Dass Staaten das Internet überwachen, ist klar, doch zahlreiche Länder nutzen dieses Instrument auch um gegen die LGBTI+ Community vorzugehen und deren Webseiten und Dating Apps zu sperren: Staaten von Russland über Iran bis Malaysia und Indonesien begründen diese Massnahmen mit dem Schutz der nationalen Sicherheit.

Laut Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), welcher unter anderem auch von Russland, Indonesien und dem Iran unterzeichnet wurde, hat jeder und jede das Recht seine Meinung frei auszudrücken, Informationen zu suchen, zu erhalten und weiterzugeben, und zwar jeder Art und ohne Grenzen. Dass dies in vielen Ländern kaum möglich ist, liegt auf der Hand, und zeigt sich auch in den Massnahmen, welche manche Staaten dagegen unternommen haben.


Angeblich aufgrund der Gefahr der nationalen Sicherheit werden etwa Webseiten der LGBTI+ Community gesperrt, um queere Menschen daran zu hindern, dass sie sich unter einander austauschen, sich organisieren oder sich schlicht über für sie relevante Themen informieren. Dies geht soweit, dass selbst Webseiten rund um HIV/Aids gesperrt werden.


Bekannt für Versuche, LGBTI+ Webseiten und Apps zu zensurieren, ist Russland. Dort wurden aufgrund des sogenannten Anti-Gay-Propagandagesetzes sogar Webseiten gesperrt, welche sich für die Suizid-Prävention und mit dem Thema Coming out von queeren Jugendlichen befassen. Auch die bekannte, international gut vernetzte Organisation LGBT Network Russia kämpft immer wieder mit der Zensur, sowohl bei der Webseite wie auch bei den russischen Social Media-Kanälen. Bislang konnten sie sich jedoch erfolgreich gegen solche Massnahmen vor Gericht wehren. Andere Organisationen und Betreiber von Online-Plattformen hatten da weniger Erfolg.

Laut einem umfassenden Bericht, welcher von drei LGBTI+ Organisationen zusammengetragen wurde, hat Russland zwischen Mitte 2016 und 2020 32 queere Webseiten mindestens einmal gesperrt. Dabei handelte es sich in den meisten Fällen um Nachrichtenseiten, aber auch um jene welche über Kultur oder Menschenrechte informieren.


Zu den Ländern, welche am härtesten durchgreifen gehört der Iran: Insgesamt 75 queere Internetadressen wurden gefunden, welche durch die Behörden blockiert wurden. Danach folgen die Vereinigten Arabischen Emirate mit Dubai und Abu Dhabi, welche mindestens 51 Webseiten gesperrt haben, sowie 38 Webseiten in Indonesien.


Indonesien hat vor rund fünf Jahren begonnen, LGBTI+ Inhalte im Internet zu blockieren. Laut den Behörden sollen die Queer Community eine Bedrohung für die nationale Sicherheit, sowie für die moralische Struktur der Gesellschaft sein. Das Land ging dabei noch über die Webseiten hinaus und sperrte beispielsweise auch Grindr. Die Dating App ist zudem auch im Libanon, in Katar, Saudi Arabien, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten gesperrt, respektive kann nicht runtergeladen werden.


Quelltext: https://gay.ch/news/weltweit-zensur-von-lgbti-webseiten-und-dating-apps-nimmt-stark-zu


Anal health: Talking about the ass is important /// Analgesundheit: Es ist wichtig, über den Arsch zu sprechen


Analgesundheit: Es ist wichtig, über den Arsch zu sprechen!

Analsex ist immer noch ein Tabuthema voller Mythen, obwohl es eine sehr häufige sexuelle Praxis ist. Aus diesem Grund wurde in der Sitzung am 3. September des XVIII. Wissenschaftlichen Symposiums der Human Foundation 2021 die Analgesundheit im Allgemeinen und HIV im Besonderen diskutiert.

Um über die anale Gesundheit zu sprechen, zählte das Treffen mit der Teilnahme von Valeria Fink, Ärztin für Infektionskrankheiten und Mitglied der Direktion für klinische Untersuchungen der Fundación Hupedes ; Luciana La Rosa, Fachärztin für Proktologie und Mitglied der Abteilung für klinische Studien der Abteilung für Untersuchungen der Fundación Hupedes, und Vincent Pelletier, Generaldirektor der PLUS-Koalition .

Der Anus und seine Behandlung ist in unseren Gesellschaften ein großes Tabuthema. Vielleicht aus diesem Grund gibt es, basierend auf dem, was Luciana La Rosa erwähnt hat , immer noch wenige medizinische Informationen mit einem guten Beweis für Gesundheit und anale Sexualität.

Grundsätzlich ist es wichtig hervorzuheben, dass Analsex bei Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und Identität eine immer häufigere Praxis ist. Der Anus hat eine große Anzahl von Nervenenden, die mit der Prostata und der Klitoris verbunden sind, so dass es sehr angenehm sein kann, wenn er sexuell stimuliert wird. Analsex ist jedoch die Praxis, die aufgrund der Möglichkeit von Mikroverletzungen, die während der Ausübung auftreten können, das höchste Risiko der Übertragung von sexuell übertragbaren Infektionen birgt. Darüber hinaus verfügt der Anus über eine saugfähige Schleimhaut, die die Möglichkeit von Infektionen erleichtert.

Daher ist es für Gesundheitsdienstleister wichtig, das Sexualleben ihrer Patienten umfassend zu erkunden, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen und die Menschen können gut darüber informiert werden, wie sie eine gute anale Gesundheit erhalten können.

Analkrebs im Zusammenhang mit HPV

Valeria Fink sprach über Analkrebs im Zusammenhang mit HPV, das, obwohl es eine seltene Pathologie ist, seine Inzidenz leicht erhöht und in 90% der Fälle mit onkogenem HPV mit hohem Risiko verbunden ist. In Bezug auf Menschen, die mit HIV leben, sagte der Arzt, dass " die Immunantwort, die an der HPV-Auflösung beteiligt ist, auf zellulärer Ebene stattfindet und diese Reaktion bei Menschen, die mit HIV leben, verändert ist." Anstieg der Inzidenz, Prävalenz und Persistenz aufgrund einer Abnahme der Fähigkeit, die Infektion zu beseitigen und einer Reaktivierung latenter HPV-Infektionen.

Daher ist es wichtig, die Analuntersuchung als eine Form der medizinischen Routine bei allen Menschen und insbesondere bei Menschen mit HIV einzubeziehen und den Mythos beiseite zu legen, dass " der Arsch nicht angeschaut, nicht angefasst wird, er nicht ist". gesprochen ... Es ist wichtig, über den Arsch zu sprechen “, betonte der Arzt.

Sie müssen darüber sprechen und es verhindern können, denn HPV ist eine der ersten Ursachen für Analkrebs, deren Anzeichen und Symptome Blutungen aus dem Anus oder Rektum, Schmerzen im Analbereich, das Vorhandensein einer Masse oder eines Knotens im Analkanal und Analjucken.

Zu den Präventionsstrategien gehören 1) die Verwendung eines Kondoms, das als Barrieremethode dient, 2) ein frühes Screening, das einfach durchzuführen und sehr kostengünstig ist, 3) eine Impfung, die Mädchen und Jungen nach der Schwangerschaft verabreicht werden kann mit HIV bis 26 Jahre. Es ist jedoch bei Menschen über diesem Alter nicht kontraindiziert, da es Fink zufolge Genitalwarzen und Hochrisiko-Läsionen reduziert (es deckt 4 Genotypen ab, 2 Hochrisiko- und 2 weitere mit Warzen assoziiert) .

Ein weiterer Aspekt, der Analkrebs und andere anale Pathologien oder Beschwerden verhindern kann, ist die Aufklärung. Pelletier , der einzige Nicht-Arzt bei dem Treffen, machte die Wichtigkeit, über das Thema zu sprechen, fleischlich und erwähnte, dass " wir alle einen Anus haben und irgendwann im Leben wird es weh tun ", er sprach auch über seine Erfahrungen und wie seine Lebensqualität besserte sich, als ihr Arzt sie nach ihrem Analsexleben fragte.

Es ist sehr wichtig, dass Gesundheitsdienstleister in der Lage sind, über anale Sexualität ohne Wertung und mit einer offenen und empfänglichen Haltung zu sprechen.

Quelltext: https://corresponsalesclave.org/salud-anal-es-importante-hablar-del-culo/


 

Donnerstag, 9. September 2021

Duschen mit biologischen Männern: Sexueller Missbrauch durch "Trans"-Gefangene in USA und GB /// Showering with Biological Men: Sexual Abuse by "Trans" Prisoners in the US and UK


 Duschen mit biologischen Männern: Sexueller Missbrauch durch "Trans"-Gefangene in USA und GB

Frauen aus den USA und Großbritannien, die gezwungen wurden, zusammen mit biologischen Männern im Gefängnis zu leben, erzählten RT, dass die politischen Maßnahmen, die die Rechte von Transgendern schützen sollten, zu Gewalt und sexuellen Übergriffen gegen Insassinnen führten.

Showering with Biological Men: Sexual Abuse by "Trans" Prisoners in the US and UK

US and UK women forced to live in prison with biological men told RT that policies designed to protect transgender people's rights resulted in violence and sexual assault against inmates.

Tomieka Johnson wurde 2012 durch ein kalifornisches Gericht zu 50 Jahren Haft verurteilt, nachdem sie ihren gewalttätigen Mann bei einer körperlichen Auseinandersetzung getötet hatte. Johnson, vormals bei der Autobahnpolizei, erzählte RT, dass sie die Zelle mit einem Transgender-Gefangenen teilte, der "sehr gewalttätig und sehr vulgär war". Der Gefangene zwang ihrer Aussage nach Frauen in dem Gefängnis, das Bad zu reinigen und den Boden zu putzen, was zu Interaktionen führte, die Johnson an die häusliche Gewalt erinnerten, unter der sie gelitten hatte.

Und obwohl besagte Gefangene sich als Frau identifizierte, hatte der biologische Mann angeblich eine Freundin, die er regelmäßig "schlug" und "würgte". Laut Johnson wurde der betreffende Gefangene gelegentlich gewalttätig, wenn seine "Freundin" seine sexuellen Annäherungen zurückwies.

"Das lief so, sie wollte nicht romantisch werden, und er wurde wütend und griff sie an … Sie hat das nie berichtet", sagte Johnson zu RT.

Sie glaubt, dass sie als Zellengenossin des Transgenders ausgewählt wurden, weil die Gefängniswachen es für einen guten "Witz" hielten, eine ehemalige Polizistin sich die Zelle mit einem biologischen Mann teilen zu lassen.

"Ich fühlte mich hoffnungslos. In einer Falle", sagte sie zu dieser Erfahrung.

Anfang dieses Jahres hatte Kalifornien ein Gesetz verabschiedet, das es Trans-Gefangenen erlaubt, die Überstellung in Haftanstalten zu beantragen, die zu ihrer Geschlechtsidentität passen. Seitdem wurden etwa 300 solche Gesuche eingereicht, und bis Juni wurde kein einziges davon abgelehnt.

Diese Politik war vermutlich das Ergebnis davon, dass Politiker Lippenbekenntnisse zur LGBT-Gemeinde ablegen, die es geschafft hat, "Ressourcen zu sammeln", um im Staat politischen Druck auszuüben, sagte Johnson. Sie betonte, dass zwar einige Beamte zweifellos eine Politik verfolgten, die jedem Sicherheit bieten solle, aber die Behörden klar im Dunkeln gelassen würden, was diese Politik für die weiblichen Gefangenen bedeute.

In Großbritannien hörte RT von einer ähnlichen Geschichte. Eine ehemalige weibliche Gefangene dort sagte, sie sei von einer Transgender-Insassin sexuell bedrängt worden, die zuvor als Mann wegen sexueller Übergriffe gegen Frauen in Haft gewesen war.

"Du bist ständig auf Hab-Acht. Du weißt, dass sie keine Frauen sind. Sie sind körperlich bedrohlich und aggressiv", sagte sie zu RT.

"Ich wurde sexuell belästigt, und ich bin nicht die einzige Frau, der das passiert ist. Sie hatten keine Operation, und sie entblößen sich."

Einem der biologischen Männer, die mit ihr im Gefängnis waren, wurde gesagt, er könne nicht zur gleichen Zeit duschen wie die anderen Insassen. Das wurde geändert, nachdem er eine förmliche Beschwerde eingereicht und der Anstalt vorgeworfen hatte, seine Menschenrechte würden verletzt.

"Jetzt darf er mit uns duschen. Und weil er jetzt dieses Recht hat, haben die anderen Männer ebenfalls dieses Recht", sagte sie.

In Frauengefängnissen in England und Wales werden auch Transgender-Frauen inhaftiert, die ein Geschlechtsanerkennungszertifikat haben, aber immer noch männliche Genitalien haben können.

Ein höheres Gericht in England und Wales hat diese Politik jüngst bestätigt. Der Richter entschied, dass die Rechte von Transgender-Gefangenen berücksichtigt werden müssen, auch wenn sich weibliche Gefangene von biologischen Männern bedroht fühlten.

Kate Coleman, eine britische Aktivistin, die sich dafür einsetzt, Gefängnisse "eingeschlechtlich" zu halten, sagte zu RT, dass das Gesetz geändert werden muss, wenn es sich als inakzeptabel erweist, Frauen und biologische Männer in derselben Haftanstalt unterzubringen.

Quelltext: https://de.rt.com/international/123337-duschen-mit-biologischen-maennern-sexueller-missbrauch-durch-trans-gefangene/

Mit welchen Schwierigkeiten werden Transgender-Jugendliche in ihrem psychosozialen Umfeld konfrontiert und wie wirken sich diese psychisch aus? /// What difficulties are transgender young people confronted with in their psychosocial environment and what are their psychological effects?


 

Mit welchen Schwierigkeiten werden Transgender-Jugendliche in ihrem psychosozialen Umfeld konfrontiert und wie wirken sich diese psychisch aus?

1. Einleitung

2. Definition Trans-Kids / Tianscienclei-Jiiciendliche

3. Hauptteil
3.1 Geschlechtsspezifische Dysphorie
3.2 Physischer. sexueller und verbaler Missbrauch
3.3 Obdachlosigkeit und dem Uberleben dienender Prostitution
3.4 Fehlender Zugang zur Gesundheitsversorgung
3.5 Bestehende Optionen im Gesundheitswesen
3.6 Mobbing
3.7 Suizidalitat bei Trans-Kids
3.8 Erfahrungen vor Gericht
3.9 Haftanstalten und Gefangnisse

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wenn man auf die Geschichte der Menschheit zuriickblickt, dann wird bewusst, dass Weltbilder selbst bei einer relativen Allgemeingiiltigkeit stets im Wandel waren, wobei die Akzeptanz von abweichenden Individuen, welche nicht normativen Mustern entsprachen, meist herab gesetzt war, Individualitaten in Ablehnung oder sogar Verfolgung resultierten. Erst im Laufe der letzten Jahrzehnte begann die Manifestierung von Menschenrechtsschutzssystemen eine gewisse Gleichstellung in das aktuelle Weltbild vieler Menschen zu implementieren, und gerade die letzten Jahre waren Jahre des Wandels, in denen die Stimmen der Unterstiitzung von Benachteiligten und abweichenden Lebenskonzepten und Wahrnehmungen lauter, politisch maGgebliche Anderungen vollzogen wurden. Dennoch scheinen diese Abanderungen zumindest partiell nur theoretischen Charakters zu sein, die alltagliche Realitat der Betroffenen ist nach wie vor mit Entbehrungen und Benachteiligungen verbunden, eine tatsachliche Gleichstellung reine Illusion.

Die vorliegende Arbeit soil deshalb darstellen, mit welchen Problemen Trans-Kids, die zu der Gruppe jener gehoren, die in einem Weltbild, das durch tradierte Werte strukturiert ist, nicht der Norm entsprechen, konfrontiert werden. Im Umkehrschluss kann dies innerhalb der praktischen Sozial-Arbeit genutzt werden, urn entgegen zu wirken und Trans-Kids dabei zu helfen, ein gesiinderes und gleichgestellteres Leben zu fiihren.

Dazu wird vorab eine theoretische Definition geschaffen, bevor im Hauptteil in Form von diversen Unterpunkten die Probleme von Transgender-Jugendlichen innerhalb ihres psychosozialen Umfeldes und den damit verbundenen psychischen Auswirkungen aufgeschliisselt werden. AbschlieGend wird im Fazit zusammengefasst, resiimiert, reflektiert und ein Ausblick geschaffen.

2. Definition Trans-Kids / Transgender-Jugendliche

Transgender-Jugendliche werden als Kinder oder Jugendliche definiert, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Da Transgender-Jugendliche in der Regel auf ihre Eltern angewiesen sind, was Pflege, Unterkunft, finanzielle Unterstiitzung und andere Bediirfnisse betrifft, wobei die korpereigene Wahrnehmung oftmals von diesen weder toleriert noch unterstiitzt wird, und von arztlicher Sicht oftmals Bedenken gezeigt werden, hormonelle Behandlungen bei Minderjahrigen zu vollziehen, sehen sich Transgender-Jugendliche mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Die entsprechende auf das Geschlecht bezogene kontrare Wahrnehmung manifestiert sich zu unterschiedlichen Zeiten im Leben der Betroffenen. In den meisten Fallen von Geschlechterdysphorie tritt diese bereits in einer friihkindlichen Phase zu Tage, wenn ein solches Kind in seiner Verhaltensweise offenbart, dass mit dem ihm zugewiesenen Geschlecht nicht iibereinstimmt. Viele dieser Kinder erfahren jedoch aufgrund ihrer individuellen Abweichung vermehrt Ablehnung und versuchen in Folge dessen, den Kontrast innerhalb ihrer Wahrnehmung zu verdrangen. Diese Verdrangung kann die Ursache fur von Dysphorie und den daraus kausal resultierenden Depressionen sein (vgl. Travers 2019: 16ff.)•

3. Hauptteil

Im Folgenden wird auf die unterschiedlichsten Bereiche eingegangen, in welchen Trans-Kids mit Problemen konfrontiert werden sowie auf die jeweiligen psychischen Auswirkungen, eingeleitet wird dies mit einer Erklarung einer moglicher Weise auf Grund der abweichenden Wahrnehmung beziigliche des Geschlechterempfindens auftretenden Dysphorie.

3.1 Geschlechtsspezifische Dysphorie

Geschlechterdysphorie wird als ein starkes, iiber einen langeren Zeitraum anhaltendes Unbehagen und Leiden beziiglich des eigenen Geschlechts, der Anatomie, des Geburtsgeschlechts und sogar der gesellschaftlichen Einstellung zu der geschlechtsspezifischen Varianz bezeichnet (vgl. Stein 2012: 480-500). Transgender-Jugendliche, die an einer Geschlechterdysphorie leiden, sind sich ihres Korpers in hohem MaEe bewusst; Die zentrovertierte Reflexion ihres Aussehens, Gewicht sowie die Meinung Dritter iiber ihr auGeres Erscheinungsbild konnen eine hohe Relevanz einnehmen. In einer Studie wurde die Korperwahrnehmung mehrerer Trans-Kids gemessen, wobei in Form von 3 unterschiedlichen Kategorien differenziert wurde: Personliche Zufriedenheit mit dem allgemeinen eigenen Aussehen, personliche Zufriedenheit mit dem eigenen Gewicht und die wahrgenommene Zufriedenheit anderer mit dem eigenen Erscheinungsbild. Es zeigte sich, dass die Trans-Kids, welche weniger personliche Zufriedenheit beziiglich ihres Gewichts angaben, sowie die, welche allgemeine Zufriedenheit anderer mit ihrem Korper wahrnahmen, eher autoaggressive Verhaltensweisen praktizierten als diejenigen, die mit ihrem Gewicht zufriedener waren und vermuteten, dass andere ihren Korper in der Regel positiv bewerten (vgl. Grossman/D'Augelli 2007: 527-537). Die Geschlechterdysphorie unterscheidet sich dabei eindeutig von der Genderinkongruenz, welche eine menschenverachtende eindimensionale Differenzierung von Identitat und Korper impliziert. Man kann jedoch davon ausgehen, dass eine Dysphorie erst durch solch eine strikte Trennung verursacht wird, in welcher das abweichende korperliche Empfinden nicht akzeptiert und der damit verbundene mentale und identitare Zustand isoliert wird. Es ist an dieser Stelle noch wichtig zu erwahnen, dass nicht alle Transgender eine Geschlechtsdysphorie aufweisen, diese aber auch auf Grund der nach wie vor riickstandigen gesellschaftlichen Umstande uberdurchschnittlich haufig auftritt.

3.2 Physischer, sexueller und verbaler Missbrauch

Eine der folgeschwersten Erfahrungen im Leben von Transgender-Jugendliche ist Missbrauch innerhalb des psychosozialen Umfeldes. Trans-Kids sind einem erhohten Risiko fur physischen, verbalen und sexuellen Missbrauch ausgesetzt, welcher oftmals aus fehlender Akzeptanz resultiert. Im Umkehrschluss wird bei solchen Kindern und Jugendlichen, die physischen, verbalen und sexuellen Missbrauch erleben, haufig die Diagnose der Geschlechterdysphorie gestellt. Trotz dieser Korrelation ist nicht klar, ob Missbrauch kausal die Abweichung der sexuellen Identitat beeinflusst, oder ob der Missbrauch kausal durch die abweichende Wahrnehmung des Kindes entsteht. Es zeigt sich jedoch unabhangig davon ein signifikanter Zusammenhang zwischen Kindesmissbrauch und abweichender geschlechtlicher Identitat der Missbrauchten. Ca. 75% aller Transgender-Jugendlichen sollen laut Grossman/D'Augelli (2007) von ihren Eltern oder Betreuern verbal missbraucht und etwa 35% korperlich missbraucht worden sein (vgl. 527-537). "Mein ganzes Leben lang wurde ich von Verwandten innerhalb meiner Familie korperlich und geistig missbraucht. Ich trage Spuren an meinem Korper." [Aussage eines Transgender-Jugendlichen mit missbrauchlichen Erfahrungen] (Grossman/D'augelli 2006: 115). Oftmals werden Transgender-Jugendliche neben dem korperlichen Missbrauch audi von ihren Eltern dazu veranlasst, den gemeinsamen Wohnraum dauerhaft zu verlassen. In anderen Fallen Ziehen sie eine Flucht aus dem Elternhaus personlich vor, was unabhangig von der urspriinglichen Ursache der Entscheidung eine hochst traumatische Erfahrung darstellen kann. Mangelnde Unterstiitzung zu Hause und standige Belastigung in der Schule konnen zudem zu akademischen Schwierigkeiten fur die Jugendlichen fiihren, die im Vergleich zu ihrer cisgeschlechtlichen Peergroup eine viel hohere Abbruchquote aufweisen (vgl. Grossman/D'augelli 2006: lllff.). Es lasst sich also feststellen, dass Jugendliche, die eine elterliche Unterstiitzung ihrer atypischen Geschlechterdarstellung erfahren, beziiglich samtlicher Risiken resilienter sind.

3.3 Obdachlosigkeit und dem Uberleben dienender Prostitution

Wie bereits erwahnt wurde, gehen missbrauchliche Erfahrungen oftmals einher mit dem Verlust der Wohnung. In den USA weist nach Angaben des National Healthcare for the Homeless Council jeder fiinfte LGBT-Jugendliche eine unbestandige Wohnsituation oder gar keine Wohnung auf. Die Griinde, warum LGBT-Jugendliche iiber keinen festen Wohnsitz verfiigen, liegen in der Ablehnung durch die Familie und Schwierigkeiten in Institutionen wie der Schule oder den Betreuungs- und Pflegeheimsystemen. Selbst wenn LGBT-Jugendliche einen Plate in den eh schon pauschal kontraproduktiven Bedingungen eines Obdachlosenheims zur Verfiigung gestellt bekommen, erfahren sie auch dort Benachteiligung, sodass sie im Vergleich zu ihren heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Altersgenossen, welche sich denen ihnen zur Verfiigung gestellten geschlechtsspezifischen Unterkiinfte anpassen und keine zusatelichen Dienstleistungen bei der Unterbringung in den Heimen benotigen, zu unverhaltnismaGig hohen Raten ihre Platee wieder verlieren (vgl. „Serving transgender youth: Challenges, dilemmas, and clinical examples": Correction to Tishelman et al. (2015). 2015: 249).

Urn diesem Dilemma zu entkommen, werden Trans-Kids deshalb oftmals in die Prostitution gefiihrt, da sie diese als einzige Moglichkeit betrachten, urn schlicht weg zu iiberlegen. Sogenannter Survival-Sex wird als ein Akt der sexuellen Aktivitat mit einer dritten Person definiert, welcher dem Ziel dient, grundlegenden Bediirfnisse des Uberlebens zu befriedigen (vgl. Shapiro 2016). Eine Studie in mehreren amerikanischen Stadten hat ergeben, dass etwa jeder vierte obdachlose Jugendliche bereits Survival-Sex praktiziert hat (vgl. Halcon/Lifson 2004: 7). Diese Transaktionsformen fiihren in der Regel dazu, dass der Jugendliche einen Geldwert erhalt, konnen aber auch dazu genutzt werden, ein Bett fur die Nacht, eine Mahlzeit oder Kleidung zu bekommen. Zwar ist man sich der moglichen Gefahren im Zusammenhang mit Survival-Sex bewusst, doch wird oft berichtet, dass ein Gefiihl des Stolzes darauf, finanziell autonom agieren zu konnen, drastische negative Begleiterscheinungen zumindest temporar iiberdeckt. Durch diese Form des Verdienens ihres Lebensunterhaltes, steigtbei den betroffenen Transgender-Jugendlichen das Risiko enorm, an einer STI/STD (sexuell ubertragbare Infektion/Krankheit) zu erkranken (vgl. Shapiro 2016).

3.4 Fehlender Zugang zur Gesundheitsversorgung

In der Vergangenheit sahen sich transsexuelle Jugendliche zudem bei der medizinischen Behandlung der Ursachen der Geschlechterdysphorie mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert. Die mangelnde adaquate Versorgung ist haufig darauf zuriickzufiihren, dass Arzte sich weigern, Jugendliche hormonell zu behandeln, oder dass Jugendliche negative Reaktionen von Gesundheitsdienstleistern im Allgemeinen befiirchten, unter anderem auch durch den Aspekt der Offenbarung. Psychiater, Endokrinologen und Hausarzte haben jedoch mittlerweile klare Richtlinien fur die Versorgung von Transgender-Jugendlichen in der friihen Pubertal bis zu deren Abschluss vereinbart. Diese kommen in weiten Teilen Europas und Nordamerika zum Tragen (vgl. Hembree et al. 2017: 3869ff.). Viele Jugendliche, die Hormone zur Entwicklung erwiinschter sekundarer mannlicher oder weiblicher Geschlechtsmerkmale einsetzen, erhalten diese illegal, vor allem wenn es sich urn Burger von Landern handelt, in denen nach wie vor eine problematische rechtliche Situation vorliegt. Dies kann potenziell gefahrlich sein und zu einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen bei den Jugendlichen fiihren, darunter ein inadaquates durch die Pubertal bedingtes Wachstum oder die Erkrankung an dem HIV durch kontaminierte Nadeln (vgl. Grossman/D'augelli 2006: 111-128). Jiingste Uberarbeitungen der Standards fur die Versorgung der Gesundheit von Transsexuellen, Transgendern und geschlechtsspezifisch nicht konformen Menschen beriicksichtigen jedoch vermehrt die Bediirfnisse von Transgender-Jugendlichen, ein positiver Trend ist dementsprechend beobachtbar.

3.5 Bestehende Optionen im Gesundheitswesen

Wenn eine Person von Frau zu Mann (FTM) oder von Mann zu Frau (MTF) transformiert, gibt es mehrere Moglichkeiten der Umsetzung (vgl. Home - The Transgender Center o. J.), die zur Verfiigung stehen, abhangig von finanziellen Moglichkeiten, der Zustimmung der Versicherung zur Kosteniibernahme und dem personlichen Wunsch, diese Moglichkeiten zu nutzen, Minderjahrige haben aber auf einige der Optionen, je nach Land und rechtlichen Bestimmungen, keinen Zugriff. Eine der verfiigbaren Optionen fur Minderjahrige, ist die Verwendung von sogennanten Pubertatsblockern, die 2013 auf der Jahrestagung der Endocrine Society 95 in San Francisco offiziell als nicht schadlich fur die Knochengesundheit erklart wurden (vgl. Medical intervention in transgender adolescents appears to be safe and effective 2013). In der Pubertal wird erhebliche Knochenmasse aufgebaut, weshalb dieser Befund von groEer Bedeutung ist, urn Trans-Kids die Moglichkeit zu geben, psychologischen Schaden zu vermeiden, die ihren Korper in der Pubertal, welche nicht mit ihrer geschlechtlichen Identitat iibereinstimmt, begleiten konnen. Es wird angenommen, dass Pubertatsblocker die genetisch pradisponierte Abfolge der Pubertal unterbrechen und Veranderungen reversibel sein konnen. Typischerweise werden Pubertatsblocker im Alter von 12-14 Jahren verabreicht (ebd.). In den Niederlanden diirfen Transgender-Jugendliche im Alter von 16 Jahren mit der Einnahme von Kreuzungshormonen beginnen. Medizinische Interventionen in Form von Hormontherapie und Geschlechtsumwandlungsoperationen (SRS) sind im Fall der Schadensminderung bei vorpubertaren Kindern mit schwerer Geschlechtsdysphorie gerechtfertigt, da diese schwerwiegende und sich dauerhaft manifestierende psychische Leiden verhindern konnen (vgl. Fausto-Sterling 2012: 420).

Norman Spack, ein Endokrinologe, der vor allem mit Intersex-Patienten gearbeitet hat, war ein Vorreiter bei der Unterstiitzung junger Menschen bei der Bewaltigung des Ubergangsprozesses und der Ausbildung anderer. Seine Arbeit wird von dem Wunsch geleitet, Selbstmordraten unter unbehandelten Transgender-Personen zu senken und die Jugend vor psychologischen Traumata zu bewahren, die mit der Pubertal einhergehen konnen. Spack lasst sich dabei von der Forschung inspirieren, die in den Niederlanden in Bezug auf die Verwendung von Pubertatsblockern durchgefiihrt wurde. Wenn entsprechende Verf ahren mit Pubertatsblockern und der anschlieEenden Einnahme von Kreuzungshormonen angewendet werden, kann nach dem 18. Lebensjahr eine Umwandlungsoperation durchgefiihrt werden (vgl. Spack o. J.).

Quelltext und zum Bestellen :https://www.grin.com/document/903504 

Das Menschliche

Die Kirchen, schweigen nicht aus Scharmützel über Missbrauch, nein haben Angst um die Glaubwürdigkeit!

Von oben gesehen sind wir alle Zwerge und von unten alle Riesen.... Wir müssen die horizontale Vision, die solidarische Vision zurückgewi...