Mittwoch, 31. Juli 2019

Nach Hass-Attacke in Białystok: Ganz Polen demonstriert für Diversität und Gewaltlosigkeit /// After hate attack in Białystok: All Poland demonstrates for diversity and non-violence /// Después del ataque de odio en Białystok: toda Polonia se manifiesta por la diversidad y la no violencia

Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle Rechte vorbehalten!
Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2019

Es wird immer schwerer, Hass und Unwahrheiten wie Diskriminierung  zu entgehen In Zeiten von Fake News, Social Bots und Hate-Speech glauben wir mehr denn je daran, dass Seiten wie https://trans-weib.blogspot.com/eine wichtige Rolle spielen.

It is becoming increasingly difficult to escape hatred and falsehoods such as discrimination  In times of fake news, social bots and hate speech, we believe more than ever that sites like https://trans-weib.blogspot.com/ play an important role.


Nach Hass-Attacke in Białystok: Ganz Polen demonstriert für Diversität und Gewaltlosigkeit

Eine Woche, nachdem es beim queeren Gleichstellungsmarsch im polnischen Białystok zu chaotischen und beängstigenden Zusammenstößen von queeren Demonstranten und homophoben Gegnern kam, wurde am Samstag bei Anti-Gewalt-Kundgebungen in verschiedenen polnischen Städten ein Zeichen gegen Homophobie und für Vielfalt gesetzt.

Von Stettin bis Krakau und von Zielona Góra bis Katowice - in ganz Polen wurde am Samstag unter dem Motto „Solidarität mit Białystok“ für Vielfalt und gegen fremdenfeindliche und homophobe Gewalt demonstriert. Die landesweiten Kundgebungen waren eine Reaktion auf alarmierende Zustände beim ersten CSD in der nordostpolnischen Stadt Białystok, bei dem letzte Woche queere Demonstranten von religiösen und rechten Gegnern mit Flaschen, Böllern und Fäusten angegriffen worden waren.
Die Soli-Kundgebungen für Białystok folgten einem Aufruf, in dem die Vorsitzenden der Parteien Wiosna, SLD und Razem die Bevölkerung aufgerufen hatten, Farbe für Vielfalt und gegen Hass zu bekennen. Die größte Veranstaltung fand in Warschau statt, wo sich zu Füßen des Kulturpalasts hunderte von Demonstranten mit Regenbogenfahnen versammelten, während hochrangige Politiker, darunter Razem-Chef Adrian Zandberg, die Bevölkerung zu Zivilcourage und Offenheit aufriefen.
In den sozialen Netzwerken werden Eindrücke von den Anti-Gewaltkundgebungen vom Samstag unter dem Hashtag #SolidarnizBiałystokiem gepostet. In ihrer Gesamtheit bilden sie nicht nur ein farbenfrohes, sondern auch hoffnungsvolles Bild der polnischen Gesellschaft, deren Ruf in Sachen Weltoffenheit zuletzt nicht nur durch die Gewalt in Białystok, sondern auch durch eine LGBTIQ*-feindliche Sticker-Aktion der rechtspopulistischen Wochenzeitung Gazeta Polska und das homophobe Gepolter der Regierungspartei PiS  gelitten hatte. 

Dienstag, 30. Juli 2019

Man hat das Gesetz zu einer Farce gemacht ! The law was made a farce! La ley se hizo una farsa!

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Opfer des §175: Diskriminierung statt umfassender Rehabilitierung! Entschädigung für die §175-Opfer: „Man hat das Gesetz zu einer Farce gemacht“

Erst am 11. Juni 1994 verschwand der §175, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte und viele Leben zerstörte, endgültig aus dem deutschen Strafrecht. Rehabilitation und Entschädigung haben viele der Opfer nicht mehr erlebt.
Im Frühjahr 2017, so schien es, sollte Wolfgang Lauinger doch noch Gerechtigkeit widerfahren. Oder genauer: eine zumindest symbolische Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht.
Der damalige Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte den inzwischen 99-Jährigen zusammen mit anderen Opfern des Anti-Homosexuellen-Paragrafen 175 zur ersten Lesung des Rehabilitierungsgesetzes in den Bundestag eingeladen.

§175 steht für Unrecht, Diskriminierung und gebrochene Biografien

Bereits 2002 hatte das Parlament die während des Nationalsozialismus ergangenen Urteile gegen Homosexuelle aufgehoben.
Nun sollten auch jene Urteile aufgehoben werden, die bis zur Abschaffung des Paragrafen im Jahr 1994 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen ergangen waren.
„Der Paragraf 175 StGB war von Anfang an verfassungswidrig“
Während in der DDR Homosexualität seit 1968 unter Erwachsenen straffrei war, wurde in der Bundesrepublik der aus der NS-Zeit übernommene Paragraf 175 im Jahr 1969 lediglich entschärft.
Bis dahin waren bereits 50.00 Männer verurteilt worden – so viele wie zwischen 1933 und 1945.
„Der Paragraf 175 StGB war von Anfang an verfassungswidrig. Er steht für Unrecht, Diskriminierung und gebrochene Biographien“, erklärte Heiko Maas.
Wolfgang Lauinger hatte die Einladung in den Bundestag seinerzeit aus Altersgründen nicht mehr wahrnehmen können. Doch dies war für ihn eine Art Abschluss, erzählt seine Biografin Bettina Leder. „Spätestens von diesem Moment an hat er keine Sekunde lang daran gezweifelt, dass er und alle anderen nun rehabilitiert würden.“
Lauinger, der bereits während der NS-Zeit verfolgt worden war, hatte viele Jahre darauf hingearbeitet, sich für die Opfer des Paragrafen 175 stark gemacht und seine Lebensgeschichte in die Öffentlichkeit getragen – unter anderem als Zeitzeuge des „Archivs der anderen Erinnerungen“ der Bundestiftung Magnus Hirschfeld.
Doch Lauingers Antrag auf Wiedergutmachung wurde nicht stattgegeben.
Zwar konnte er nachweisen, Anfang 1950 im Rahmen einer groß angelegten Aktion in Frankfurt am Main zusammen mit rund 100 anderen Männern wegen seiner Homosexualität verhaftet worden zu sein.
Auch war er sechs Monate ohne Anklage im Untersuchungsgefängnis gewesen – mit Briefen hatte er seinen aus der Emigration heimgekehrten Vater und auch den damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss um Hilfe gebeten. Vergeblich.
Letztlich aber war Lauinger freigesprochen worden. Ohne Gerichtsverhandlung. Und Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 3000 Euro sowie zusätzlich 1500 Euro „je angefangenem Jahr erlittener Freiheitsentziehung“ hatten nur solche Männer, die tatsächlich auch verurteilt worden.

Zunächst keine Entschädigung der §175-Opfer ohne „Strafmakel“

Die Entschädigungen seien eine „finanzielle Anerkennung des erlittenen Strafmakels und der infolge eines solchen Urteils erlittenen Freiheitsentziehung“, so das Bundesjustizministerium in einer öffentlichen Stellungnahme. Bei einem Verfahren aber, das zu keiner Verurteilung geführt habe, „fehle“ es an diesem Strafmakel“.
Dass Lauinger über ein halbes Jahr Untersuchungshaft saß, spielte für das Bundesjustizministerium also keine Rolle.
Ebenso wenig, dass bereits der Verdacht der Homosexualität, eine mutwillige Denunziation oder eben auch eine Verhaftung und Anklage eine Biografie zerstören konnte.
Nicht selten verloren Homosexuelle auch noch in den 60er-Jahren ihre Wohnung, den Arbeits- oder Studienplatz, wurden sozial und gesellschaftlich geächtet.
„Es war wie ein Schlag ins Gesicht“
Wolfgang Lauinger hat die Ablehnung seines Antrags auf Entschädigung schwer getroffen.
„Es war wie ein Schlag ins Gesicht“, sagt Bettina Leder. „Er ist still geworden und in einer tiefen Depression versunken. Ich hatte ihn so nie gesehen.“
Einmal noch erhob Lauinger seine Stimme.
„Man hat das Gesetz zu einer Farce gemacht“, sagte er in einem Interview mit dem Internetportal BuzzFeed. „Wo liegt denn für einen normalen Menschen der Unterschied, wenn du fünf Monate im Gefängnis sitzt, ob du freigelassen oder freigesprochen wirst?“
Wolfgang Lauinger starb nur wenige Wochen, nachdem sein Antrag abgeschmettert worden war.
Sein Fall zeigt deutlich die Schwächen des so hart erkämpften und lange erwarteten Rehabilitationsgesetzes.

Für die meisten §175-Opfer kamen Rehabilitation und Entschädigung zu spät

Nach Angaben des Justizministeriums wurden in Ost und West nach 1945 etwa 70.000 Menschen wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilt. Die meisten von ihnen sind bereits verstorben.
Etwa 5000, so eine Schätzung von 2017, waren zu diesem Zeitpunkt nach den damaligen, eingeschränkten Regelungen entschädigungsberechtigt.
Doch ein Jahr nach Inkrafttreten zog die Regierung eine ernüchternde Bilanz. Lediglich 81 Anträge waren bis dahin gestellt und nur 54 davon positiv beschieden worden.
Bis 2019 ist die Zahl nur unwesentlich gestiegen. Zum 1. Mai waren 144 Anträge gestellt und davon 109 bewilligt worden.
Auf Druck von Parlamentarier_innen, von Christine Lüders, der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, sowie von Organisationen wie der Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren und der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld besserte die damalige Bundesjustizministerium Katarina Barley (SPD) im März 2019 die Richtlinien schließlich nach.
„Paragraf 175 hat Leben zerstört“
Nunmehr können auch Personen entschädigt werden, gegen die ohne Urteil ermittelt wurde oder die durch die Verfolgung berufliche, wirtschaftliche oder gesundheitliche Nachteile erlitten hatten.
„Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs hat Menschen bestraft, weil sie gleichgeschlechtliche Partner liebten. Paragraf 175 hat Leben zerstört. Es war ein Zeichen später Gerechtigkeit, die erfolgten Verurteilungen endlich durch Gesetz aufzuheben“ – so begründete Barley die Änderung.
„Es ist wichtig, dass wir Solidarität und Anerkennung zeigen. Die Verfolgung Homosexueller war aus heutiger Sicht grobes Unrecht. Als Rechtsstaat übernehmen wir dafür heute Verantwortung.“
Weiterhin von der Rehabilitierung ausgenommen bleiben allerdings jene Männer, deren Partner zum „Tatzeitpunkt“ unter 16 Jahre alt waren, auch wenn sie selbst vielleicht nur 16 oder 17 waren – während das sogenannte Schutzalter bei Heterosexuellen bei 14 Jahren liegt.
Bis zum 1. Mai 2019 wurden 44 Anträge auf eine Entschädigung nach dieser neuen, immer noch diskriminierenden Richtlinie gestellt und sieben davon bereits bewilligt, teilte das Bundesjustizministerium auf eine Anfrage der DAH mit.



TÖDLICHER HASS AUF LGBT! Verfolgung von LGBT in Russland: Auch die deutsche Politik muss Fragen stellen /// DEADLY HATE ON LGBT! Persecution of LGBT in Russia: German politics must also ask questions

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TÖDLICHER HASS AUF LGBT

Verfolgung von LGBT in Russland: Auch die deutsche Politik muss Fragen stellen

Tatiana Vinnichenko hatte am 27. Juli guten Grund, stolz zu sein: Auf dem Berliner CSD wurde die russische LGBT-*-Aktivistin und Leiterin des Moscow Community Center mit dem Soul of Stonewall Award 2019 ausgezeichnet. Doch die Freude war überschattet von der Ermordung der LGBT-Aktivistin Jelena Grigorjewa, die am 22. Juli in St. Petersburg tot aufgefunden worden war.
Im Interview spricht Tatiana Vinnichenko gemeinsam mit ihrer Kollegin Valentina Likhoshva über ihr Hilfsprojekt für verfolgte LGBT in Russland, schildert, wie die Community auf die Bedrohung durch Staat und Radikale reagiert – und sagt, welche Unterstützung wir hier in Deutschland leisten können.
Das Moscow Community Center ist mehr als nur eine Plattform für LGBT-Projekte und -gruppen in der russischen Hauptstadt. Hier erhalten LGBT aus dem ganzen Land psychologische Beratung: sieben Tage die Woche und rund um die Uhr – das Internet macht es möglich.
Vor allem aber finden hier Schwule, Lesben und Trans* aus dem Nordkaukasus, die dort als „schädliche Elemente“ gelten und Repressionen bis hin zu Folter und Ermordung ausgesetzt sind, Schutz und Hilfe. In der Notunterkunft des Moscow Community Center ist Platz für 15 Personen. In Krisenzeiten wie etwa 2017, als in Tschetschenien massenhaft LGBT verfolgt wurden, fanden zeitweilig bis zu 40 Menschen Zuflucht.
Was euer Center an Beratung und Unterstützung bietet, ist für Russland in jeder Hinsicht einzigartig. Wie finanziert ihr eure umfangreichen und personalintensiven Aktivitäten?
Tatiana: Wir bekommen selbstverständlich vom Staat keinen einzigen Rubel. Finanzielle Unterstützung gibt es allein von Stiftungen aus dem Ausland, maßgeblich von der schwedischen LGBT-Organisation „Regnbågsfonden“.

Das Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ führt zwangsläufig zu harter Aggression gegenüber LGBT

Die russische Regierung betrachtet alle Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten, automatisch als „staatsfeindlich“. Seit 2012 müssen sich solche NGOs deshalb als „ausländische Agenten“ registrieren lassen, ansonsten drohen hohe Strafen. Die meisten Bürgerrechtsorganisationen mussten deshalb ihre Arbeit einstellen. Wie ist eure Situation?

„Es ist besser, wenn wir vom Staat so wenig wie möglich gesehen werden“
Tatiana: Wir verstehen uns zwar als NGO, haben uns aber nicht als solche registrieren lassen. Wir existieren somit für den Saat offiziell nicht als Organisation, sondern werden nur als individuelle Personen wahrgenommen. Wir haben also nicht die Rechte einer NGO, können beispielsweise nicht als solche an Politiker herantreten. Für unsere Arbeit ist es allerdings besser, wenn wir vom Staat so wenig wie möglich gesehen werden. Ohnehin können wir aufgrund des „Homosexuellen-Propaganda-Gesetzes“ nur Beratung und direkte Hilfe anbieten, aber eben nicht breit in die Öffentlichkeit hineinwirken, etwa durch Aufklärungsarbeit.
Das Gesetz gegen „Homosexuellen-Propaganda“ wurde 2013 mit großer Mehrheit im Parlament beschlossen. Positive Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder über Medien wie das Internet sind seither unter Strafe gestellt. Die Folge: Es ist faktisch keine Aufklärung möglich, keine Beratung zu Coming-out, keine öffentliche HIV-Prävention für Schwule – und in Kinofilmen wie dem Elton-John-Biopic „Rocketman“ werden schwule Liebesszenen zensiert.
Tatiana: Die gesellschaftliche Stimmung gegenüber LGBT hat sich durch das Gesetz in den vergangenen Jahren in Russland definitiv verschlechtert. Das Gesetz teilt die Gesellschaft in Menschen erster und zweiter Klasse – und zu dieser gehören wir. Über diese Menschen zweiter Klasse soll man nicht reden und schon gar nicht den Kindern und Jugendlichen zeigen, dass sie normal und gleichwertig sind. Das führt zwangsläufig zu der harten Aggression gegenüber LGBT.

Tatiana Vinnichenko: Der Hass auf LGBT wird auf höchster politischer Ebene geschürt

In St. Petersburg wurdeam 22. Juli 2019 die LGBT-Aktivistin Jelena Grigorjewa erstochen aufgefunden. Habt ihr eine solche Eskalation der Gewalt je für möglich gehalten?
Tatiana: Es ist für uns alle ein so unglaublicher Schock, aber so etwas war in der Tat zu erwarten. Der Druck auf LGBT in Russland wächst und ist überall zu spüren. Es kommt immer wieder zu Übergriffen; Menschen werden verprügelt und erleben Verfolgungen jeglicher Art. Der Hass wird dabei auf höchster politischer Ebene geschürt. Die Idee der Homophobie ist dadurch mittlerweile zur nationalen Ideologie geworden und dient, wie das Anti-Propaganda-Gesetz, radikalen Gruppen dazu, ihre homophoben Überfälle zu legitimieren. In ihrem Verständnis setzen sie nur um, was die Regierung sich wünscht, und glauben, durch ihre Untaten das russische Volk zu „schützen“.
Jelena hatte sich unter anderem beim LGBT Network und der „Hetero- und LGBT-Allianz für Gleichberechtigung“ engagiert. Im Juli war ihr Name auf einer Webseite aufgetaucht, auf der zur Ermordung von LGBT aufgerufen und dafür eine Belohnung versprochen wurde. Dutzende bekannte Schwule und Lesben sind dort mit Foto und Wohnadresse gelistet.
Tatiana: Jelena wurde mehrfach auf unterschiedlich Weise bedroht und hatte sich deshalb an die Polizei gewendet – jedoch ohne Erfolg. Die Webseite gibt es schon seit Frühjahr 2018, wurde einige Male abgeschaltet, taucht aber immer wieder auf. Jelena hatte in einem Facebook-Post beklagt, dass die Justizbehörden nichts gegen die Betreiber der Internetseite unternehmen. Drei Tage später war Jelena tot.

„Homophobie ist mittlerweile zur nationalen Ideologie geworden“
Wie reagiert die politische Öffentlichkeit nun auf den Mordfall Jelena?
Valentina: Es werden, wenig überraschend, Lügen in die Welt gesetzt. Jelena sei betrunken gewesen und die Ermordung eine Beziehungstat. Die Absicht hinter diesen absurden Theorien ist offensichtlich: Es soll vom eigentlichen Grund der Ermordung abgelenkt und dadurch der öffentliche Druck auf den Fall herausgenommen werden. Ich glaube deshalb nicht, dass es zu einer transparenten und korrekten polizeilichen Ermittlung kommen wird. Viele Freund_innen aus Jelenas Umfeld und Aktivist_innen versuchen deshalb selbst Informationen zu sammeln.
Das bedeutet aber, dass die russische Öffentlichkeit immerhin die Ermordung Jelenas diskutiert, auch in den Medien?
Tatiana: Die staatlichen Medien berichten darüber natürlich nicht in der Form, die angebracht wäre. Aber die Zivilgesellschaft ruht nicht und sorgt für Aufmerksamkeit. In St. Petersburg etwa gab es eine Mahnwache, das war fast schon eine Demonstration. Für den 3. August ist in St. Petersburg eine Pride-Demonstration geplant. Sollte sie tatsächlich stattfinden können, wird dort selbstverständlich Jelena ein großes Thema sein. Auch übrigens beim Pride in Amsterdam, wie die dortigen Organisator_innen angekündigt haben. Darüber sind wir sehr dankbar. Russland ist in den vergangenen Jahren durch die LGBT-feindlichen Aktivitäten immer wieder in den internationalen Fokus geraten. Die Regierung wird deshalb zu verhindern suchen, dass in den westeuropäischen Ländern darüber diskutiert wird – und im Mordfall jegliche Verbindung mit Homophobie leugnen.

In Russland denken viele, LGBT könnten doch ihr Leben leben

Was bedeutet das Attentat für euch Aktivist_innen, die ihr mit Namen und Gesicht in der Öffentlichkeit agiert und euch dadurch selbst im wahrsten Sinne des Wortes zur Zielscheibe macht? Werden sich jetzt manche aus Angst zurückziehen?
Tatiana: Klar ist, dass die Ermordung von Jelena alle Menschen in der russischen LGBT-Community betrifft und berührt. Ich denke, manche wird dies darin bestärken, das Land zu verlassen. Auf der anderen Seite wird es all jene zum Nachdenken bringen, die bislang dachten, dass man nicht für LGBT-Rechte kämpften muss, weil es sich als Lesbe oder Schwuler in Russland eigentlich ganz gut leben lässt. Für sie kann das nun der Punkt sein zu sagen: Ich muss für meine Rechte auf die Straße gehen.
Vor allem in der breiten Gesellschaft herrscht die Haltung vor, dass LGBT im Russland doch ihr Leben leben können: „Denen passiert doch nichts!“. Spätestens jetzt wird aber deutlich, dass man sogar bereit ist, uns zu töten. Ich hoffe, dass das die Menschen auch außerhalb der LGBT-Community aufrütteln wird.
Wie kann die Community in Deutschland LGBT in Russland unterstützen?
Tatiana: Es hilft bereits sehr viel, dass die Community und die Medien in Westeuropa über die Situation von LGBT so breit berichten. Das wird in Russland durchaus wahrgenommen und zeigt hier und da auch Wirkung. Wir würden uns aber auch eine engere Zusammenarbeit zwischen russischen und westeuropäischen und insbesondere mit deutschen LGBT-Organisationen wünschen. Wir vom Moscow Community Center können beispielsweise unsere Expertise anbieten, was die Arbeit mit Zuflucht suchenden LGBT aus den verschiedenen ethnischen und religiösen Minderheiten angeht.
Inwieweit kann die deutsche Regierung Einfluss nehmen?
Tatiana: Zum Beispiel, indem die Politik auf diplomatischer Ebene Fragen stellt, wie es zu solch exzessiver und gewalttätiger Homosexuellenfeindlichkeit kommen kann und was die russische Regierung dagegen zu tun gedenkt.
„Wir wünschen uns eine engere Zusammenarbeit mit westeuropäischen LGBT-Organisationen“
Valentina: Am Wichtigsten aber wäre es, wenn es eine Zusammenarbeit im Bereich der humanitären Visen für verfolgte LGBT gäbe, insbesondere für jene aus dem Nordkaukasus. Ich kann das an einem Beispiel deutlich machen. Ein trans* Mann, der in Tschetschenien verfolgt wurde und um sein Leben fürchten musste, hatte in der Deutschen Botschaft in Moskau ein humanitäres Visum für sich und seine Freundin beantragt. Er ist Neurochirurg und spricht perfekt Deutsch. Sein Antrag wurde abgelehnt. Das war für uns alle schockierend und nicht nachzuvollziehen, weil wir wissen, dass in Deutschland die LGBT-Rechte respektiert werden. Wir können es uns nur so erklären, dass die Botschaftsmitarbeiter_innen die Situation für LGBT im Nordkaukasus völlig falsch einschätzen.


"Verrat an allen Amerikanern" /// "Traición de todos los estadounidenses" /// "Betrayal of all Americans"

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Trump beschneidet LGBTQ-Rechte"Verrat an allen Amerikanern"

Vor 50 Jahren nahm Amerikas moderne LGBTQ-Bewegung ihren Anfang. Donald Trump preist sich als bester Freund von Schwulen und Lesben. Doch das Gegenteil ist der Fall: Er dreht ihre Bürgerrechte systematisch zurück.
Pete und Chasten Buttigieg aus Indiana haben gleichgeschlechtliche Geschichte geschrieben: Als erstes schwules Ehepaar schafften sie es im Mai aufs Cover des Magazins "Time". Die Schlagzeile: "First Family". Eine Anspielung auf die viel gehypte US-Präsidentschaftskandidatur des älteren der beiden; die Ehefrauen bisheriger Präsidenten werden First Lady genannt.

Im übervollen Bewerberfeld derer, die gern Präsidentschaftskandidat der Demokraten werden wollen, ist Buttigieg überdurchschnittlich prominent. Das zeigt, wie sich die Zeiten seit 1969 geändert haben. Am 28. Juni des Jahres wehrten sich am New Yorker "Stonewall Inn" Schwule, Lesben und Transsexuelle erstmals gegen die Polizei; der Tag markiert die Gründung der modernen LGBTQ-BewegungAmerikas.

Fünfzig Jahre später ist Buttigieg zwar nicht der erste schwule Präsidentschaftskandidat der US-Geschichte, das war Fred Karger, der 2012 im Vorwahlkampf der Republikaner mitmischte. Doch Buttigieg ist der erste, dessen sexuelle Präferenz kein Thema mehr ist.

Selbst Donald Trump gibt sich nonchalant. "Ich finde das völlig okay", sagte der Präsident, als ihn "Fox News" auf die öffentlich turtelnden Buttigiegs ansprach. "Ich habe damit nicht das geringste Problem."

Doch Trumps Worte täuschen auch hier. Zwar tut er seit dem Wahlkampf 2016 so, als sei er ein Freund der LGBTQ-Gemeinde. Mal hielt er - falschrum - eine Regenbogenflagge, auf der stand: "LGBT's for Trump". Mal versprach er, "alles in meiner Macht zu tun, um unsere LGBTQ-Bürger zu beschützen". Er ernannte den schwulen Richard Grenell zum Botschafter in Berlin, und dieses Jahr verbreitete er erstmals eine präsidiale Botschaft zum Pride-Monat Juni, voller wohliger Klischees.

Die Realität sieht leider anders aus. Sicher, viele LGBTQ-Amerikaner leben heute freier als vor Stonewall. Aber diese Errungenschaften kommen oft nur weißen Gruppen zugute, die nicht transgender sind. Und auch sie müssen um die noch jungen Freiheiten fürchten - auf Betreiben Trumps, der zur Wiederwahl die Stimmen der "religiösen Rechten" braucht.
Unter Trump und seinem evangelikalen Vize Mike Pence stünden LGBTQ-Rechte "unter Dauerbeschuss durch eine Regierung, die es darauf abgesehen hat, unseren Fortschritt zu vernichten", schreibt Chad Griffin, der Chef der Human Rights Campaign (HRC), der größten LGBTQ-Organisation der USA. Trump habe die LGBTQ-Gemeinde ähnlich hinters Licht geführt wie seine Stammwähler, sekundiert Kolumnist Frank Bruni in der "New York Times": "Sein Verrat an uns ist ein Verrat an allen Amerikanern."

In der Tat wird die Liste der Anti-LGBTQ-Aktionen Trumps immer länger. Meist geschieht die Repression durch die Annullierung von Vorschriften, die Trumps Vorgänger Barack Obama durchsetzte, und unter dem Vorwand der "religiösen Freiheit":
  • •Trump und seine Republikaner blockieren den Equality Act, ein Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz, am Wohnungsmarkt und bei Sozialleistungen. 20 US-Staaten mit demokratischer Mehrheit haben ähnliche Gesetze, die 30 anderen nicht: Dort dürfen Schwule, Lesben und Transgender gefeuert und auf die Straße gesetzt werden.
  • •Trump füllt Gerichtsvakanzen mit erzkonservativen Richtern, auf dass sie juristisch erkämpfte Rechte wieder zurückrollen. Das reicht vom Supreme Court bis hinunter zu den Bezirksgerichten. Matthew Kacsmaryk, ein kürzlich auf Lebenszeit ernannter Richter in Texas, nannte LGBTQ-Rechte einmal einen Verstoß gegen die Biologie.
  • •Trump hat eine breite Kampagne gegen Transgender initiiert. Er entfernte sie aus dem Militärdienst. Er will ihnen ärztliche Behandlung und andere Gesundheitsdienste verwehren und zulassen, dass Obdachlosenheime ihnen die Unterkunft verweigern. Das Justizministerium hält Transgender-Schutzgesetze offiziell nicht länger aufrecht.
  • •Geht es nach Trump, sollen Adoptionsagenturen aus "religiösen Gründen" gleichgeschlechtliche Paare abweisen dürfen. Auch unterstützte er neuere Gerichtsurteile, die es Dienstleistern wie Bäckern erlauben, LGBTQ-Vertreter als Kunden abzulehnen.
  • •Trump verspricht zwar gerne, HIV und Aids "auszurotten". Doch er strich Fördergelder zur Aidsforschung, löste das Aids-Büro des Weißen Hauses auf, reduzierte den Haushalt des US-Programms Pepfar, das Aids im Ausland bekämpft, und versucht weiterhin, Obamacare abzuschaffen - und damit die Gesundheitsversorgung für Millionen HIV-Infizierte.
  • •Das State Department stellt gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern von Diplomaten oder internationalen Organisationen keine US-Familienvisa mehr aus. Es sei denn, sie sind legal verheiratet oder haben eine eingetragene Partnerschaft.
  • •Zum diesjährigen Pride-Monat verbot es außerdem den US-Botschaften, Regenbogenflaggen am selben Fahnenmast zu hissen wie das Sternenbanner. Die Berliner Botschaft soll nach Angaben eines Sprechers zum Christopher Street Day auf andere Weise mit Flaggen und sonstigen "Botschaften der Solidarität" dekoriert werden. Viele umgingen die Anweisung, indem sie die Fahnen anders zur Schau stellten.
  •  Selbst die gleichgeschlechtliche Ehe scheint nicht mehr sicher: Konservative Aktivisten wollen mit Hilfe der neuen Trump-Richter nicht nur das Abtreibungsrecht wieder abschaffen - sondern auch das 2015 vom Supreme Court verankerte Verfassungsrecht auf LGBTQ-Ehen.
  • Auch sonst drohen LGBTQ-Minderheiten Opfer der zunehmenden Polarisierung Amerikas zu werden. Das offenbart die Zahl der US-Hassverbrechen, die nach FBI-Statistiken unter Trump spürbar angestiegen sind - auch gegen Schwule, Lesben und Transgender. Hinzu kommt eine aktuelle Umfrage der LGBTQ-Medienorganisation GLAAD, wonach die Akzeptanz bei jüngeren Amerikanern wieder schrumpft: Der Anteil der 18- 34-Jährigen, die LGBTQ-Belange unterstützten, sank von 53 auf 49 Prozent.
    "Nichts, was wir heute haben", sagte der Chefdemoskop John Gerzema dazu, "sollte man als selbstverständlich hinnehmen".


Montag, 29. Juli 2019

Christopher Street Day Hauptsache, Heten haben Spaß Unsere zwei Autor_innen haben zum ersten Mal den CSD besucht. Ihr Fazit: Ein kommerzielles Massenevent in Deutschlandfarben. /// Christopher Street Day The main thing, Heten have fun Our two authors visited the CSD for the first time. Their conclusion: A commercial mass event in Germany colors. /// Dia de Christopher Street Lo principal, Heten divertirse. Nuestros dos autores visitaron el CSD por primera vez. Su conclusión: Un evento masivo comercial en colores de Alemania.


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Christopher Street Day
Hauptsache, Heten haben Spaß
Unsere zwei Autor_innen haben zum ersten Mal den CSD besucht. Ihr Fazit: Ein kommerzielles Massenevent in Deutschlandfarben.

Auf Campingstühlen mit Getränken aus der Kühlbox im Schatten sitzend den ­vorbeifahrenden lauten Wägen dabei zuschauen, wie sie über den Ku’damm ziehen, so unaufgeregt hätte der Berliner CSD für uns sein können. Doch wir verließen am Mittag unsere Komfortzone nicht, um uns selber dorthin zu drängen, wo die CSD-Klientel uns am liebsten hätte, an den Rand. Es war der 27. Juli 2019 und für uns beide die erste CSD-Parade. Wir wollten inmitten des Spektakels feiern und warteten oben am U-Bahn-Eingang nur auf den richtigen Wagen mit erträglicher Musik und nicht allzu peinlichem Sponsor. Wir warteten vergebens.

Queer und noch nie auf dem CSD gewesen, geht das überhaupt? In der Provinz mag das Pride-Event die wichtigste LGBTI-Veranstaltung des Jahres sein, in Berlin hat es für die meisten Queers jedoch keine so große Bedeutung. Wie wichtig kann ein kommerzielles Massenevent denn schon sein, wenn in dieser Stadt unzählige queere Veranstaltungen stattfinden? Besonders diejenigen, die sich mit radikaler queerer Geschichte und politischer Praxis auseinandergesetzt haben, wissen um die Kritik an Pride-Events. Zwischen Institutionen und Konzernen wie Bundeswehr, Polizei, Evangelische Kirche, PayPal oder Bayer ausgelassen zu feiern, während all jene das restliche Jahr über keinen positiven Beitrag für queere Communities leisten, erscheint nicht nur widersprüchlich, sondern auch heuchlerisch.

Besonders 2019, wo jedes Label eine eigene Pride-Kollektion herausbringt und sich der legendäre Aufstand von Schwarzen trans Sexarbeiter_innen und Queers im New Yorker Stonewall Inn gegen Polizeigewalt zum 50. Mal jährt. Ein Anlass, den der Berliner CSD für sein diesjähriges Motto „50 Jahre Stone­wall – Jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme“ nimmt. Ein Appell an die politische Dimension von Pride oder einfach eine edgy Promo-Möglichkeit für Konzerne und Labels?

Anstatt den CSD aus der Ferne zu verurteilen, fanden wir uns inmitten einer Freund_innengruppe, die natürlich nur ironisch mitfeierte, auf dem Ku’damm wieder. Auf den ersten Blick erinnerte die Menschenmasse an eine WM-Fanmeile, nicht zuletzt als sich uns ein von oben bis unten in Deutschlandfarben eingekleideter Typ annähern wollte. Wir baten ihn sich zu verpissen. Am Straßenrand kauften einige Menschen noch hastig die obligatorischen Regenbogenflaggen, andere kamen bereits in ihren umwickelt an. Manche der Fahnen verschmolzen mit den Deutschland-Farben oder dem EU-Motiv.
Eine vierstündige Dauerwerbesendung
Unser persönlicher Liebling war die Regenbogenflagge mit einem fetten „Ich liebe dich, Deutschland! Ich liebe dich, Axel“ drauf. Jemand lief mit dem Shirt herum, auf dem die EU neben ermordeten LGBTQI-Aktivist_innen wie Marielle Franco, Marsha P. Johnson oder Harvey Milk aufgelistet wird, als säßen im EU-Parlament nicht dutzende Rechte und als ließe die EU nicht mit aller Kraft Geflüchtete – ja, auch queere – im Mittelmeer ertrinken. Die Polizei verhielt sich größtenteils friedlich. Das mag daran liegen, dass selbst das Kiffen während des Dienstes normalisiert wird. Den Eindruck machte zumindest ein junger Beamter, der genüsslich an seinem Vaporizer zog, während seine Kolleg_innen Kondome mit Sprüchen wie „Schusssicher“ und „Stehen bleiben“ verteilten.

Auf eine Art ist die CSD-Parade eine vierstündige Dauerwerbesendung mit Wägen voller Heteros, die den Pride-March ihren Kostümen nach für eine Bad-Taste-Party halten müssen. So scheinen sie Queers zu betrachten: nicht als Trendsetter_innen und politische Subjekte, sondern als ulkig gekleidete Schrullen, die nur ficken und feiern können. Frech und bunt.

Wir beobachten den Zug, bis wir realisieren, dass nicht wir diejenigen waren, die die im Schneckentempo vorbeifahrenden Wägen anstarrten, sondern dass die Unternehmer_innen und Partygäste auf den Wägen auf Safari sind. Wir waren die Freaks, die angestarrt werden, und nicht andersherum. Selbst, wenn man es begrüßt, eine riesige queere Party wie den CSD zu feiern, sollte der Sinn sein, sich einigermaßen wohl zu fühlen, queere Kultur in der Menge gespiegelt zu bekommen, ein Gefühl von politischer und sozialer Gemeinschaft zu entwickeln: Stattdessen schlägt bei so mancher ein Gefühl der Entfremdung ein, denn was haben wir schon mit einem Haufen Almans gemeinsam?

Auf dem Dyke March am Vorabend kamen wir wegen Small Talks kaum voran. Hier stießen wir auf keine einzige Person aus der queerfeministischen Community, denn diese nahm eher an der Alternative teil, dem „Radical Queer March“ in Kreuzberg. Später erfuhren wir, dass selbst dort Polizeigewalt und Antisemitismus zu Konflikten geführt haben.
Sogar der Diversity Begriff verwässert
Das diesjährige Riot-Motto erschien besonders zynisch: Wenn die Deutsche Bahn oder Vattenfall „Riots“ promoten und der trans Block vom Siemens-Truck übertönt wird, ist man sich unsicher, ob sie wissen, was ein Aufstand ist. Im queeren Kontext steht er für den gewaltvollen Ausdruck der Unzufriedenheit und des Widerstands von sozial benachteiligten Gruppen und Schichten – und nicht irgendwelche weiße Hetero-„Allies“ und bürgerliche Schwule, die besoffen zu dem einzigen türkischen Song, den sie kennen, tanzen.
Nachdem wir uns das Elend angeschaut hatten, wünschten wir uns fast, die Organisator_innen wären trotz Kritik bei dem alten, zuvor ausgewählten Motto „Queer sind Berlin – JEMEINSAM!“ geblieben. Dieses musste wegen fehlender politischer Orientierung an 50 Jahre Stonewall ersetzt werden, hätte sich aber durch seine Inhaltsleere viel besser mit der Veranstaltung vertragen.

Wenn der CSD Berlin nur eine Party für Deutsche und (deutsche) Unternehmen ist, dann gibt es auch keinen Grund sich radikale Rhetorik anzueignen. Deutsche Unternehmen schaffen es sogar, den ohnehin schon liberalen Diversity-Begriff zu verwässern: Vattenfall („Powered by Diversity – 100 % Toleranz“) zum Beispiel kriegt es nicht mal hin, repräsentativ ein paar Token-Kanak_innen auf ihren Wagen aufzunehmen. Während die Schwarzen trans Frauen, die damals den Stonewall Riot auslösten, vor allem Sexarbeiter_innen und aus der Arbeiterklasse waren, wird das Event fünfzig Jahre später komplett von weißen Bürgis dominiert.
Auch im CSD-Member-Bereich, der nicht mehr als ein Biergarten war, bleiben nicht-weiße Menschen unterrepräsentiert – außer sie arbeiten in der Security. Als eine nicht-weiße Person einen dieser Mitarbeiter fragte, ob es in dem für sie abgesperrten Bereich denn Essen gäbe, antwortete dieser mit einem Grinsen: „Bestimmt, aber nicht für uns.“

Die dritte Option neben Herr und Frau: Zuhause bleiben
In der Member-Area neben der Bühne am Brandenburger Tor, auf der bis Mitternacht ein nicht gerade berauschendes Rahmenprogramm geboten wurde, gab es schließlich kostenlose Getränke, Toiletten und jede Menge weißer cis Typen ließen bei einem schlecht gemixten Drink der Vetternwirtschaft freien Lauf. Das Resultat wird sich in der Verteilung von Senatsgeldern und anderen Ressourcen im kommenden Jahr zeigen. Bisher stauben weiße schwule Projekte wesentlich mehr als lesbische oder auch migrantische queere ab.

Um in diesen abgesperrten Bereich zu kommen, wurden für eine Registrierung limitierte Codes an LGBTIQ-Organisationen vergeben. Bei der Anmeldung konnte eine_r sich in der Anrede zwischen „Herr“ und „Frau“ entscheiden. Die Dritte Option wäre in diesem Fall Zuhausebleiben. In einem Land, in dem „Vincent“ von Sarah Connor als Gay-Hymne gilt und wo Heidi Klum den Ableger von RuPaul’s Drag Race moderiert, ist die apolitische Dimension des CSD kein Stückchen überraschend, denn mal wieder gilt: Hauptsache die Heten haben Spaß. Wir waren auf der Love Parade und alles, was wir bekamen, waren Regenbogenfahnen.

Quelltext: https://taz.de/Christopher-Street-Day/!5609765/

Das Menschliche

Die Kirchen, schweigen nicht aus Scharmützel über Missbrauch, nein haben Angst um die Glaubwürdigkeit!

Von oben gesehen sind wir alle Zwerge und von unten alle Riesen.... Wir müssen die horizontale Vision, die solidarische Vision zurückgewi...