Donnerstag, 5. Juli 2012

Im falschen Körper


Warum es so schwerfällt, eine Frau zu sein: In einem Leipziger Verein treffen sich Menschen, die mit ihrer geschlechtlichen Identität große Konflikte erleben.

Von Dagny Rößler

Überarbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

Dean David wünscht sich nichts mehr, als dass der Bart zu wachsen anfängt. Jana will, dass es aufhört zu stoppeln. Beide sind transsexuell und wollen körperlich endlich so werden, wie sie sich fühlen. Jana ist verheiratet, hat eine Tochter gezeugt und mag es, jetzt Pony mit Strähnchen zu tragen. Ihr Blick ist scheu und hängt an den kleinen Glitzersteinchen auf den frisch manikürten Fingernägeln. Mit ihrer tiefen Stimme spricht sie betont leise und sucht nach den richtigen Worten: „Als Junge war ich schon sehr weich und habe viel geweint.“ Dean David trägt am liebsten Schwarz, hat noch keinen Schulabschluss und bindet sich die Brüste ab. Mit großer Klappe prescht er voran: „Ich freue mich auf den Tag, an dem die Titten endlich weg sind.“ Endlich oberkörperfrei herumlaufen und jedem die tollen Tattoos zeigen.

Unterschiedlicher im Charakter könnten beide nicht sein, auch vom Alter her, es liegen zwei Jahrzehnte zwischen ihnen. Dennoch sind sie in den vergangenen Monaten am gleichen Punkt angekommen: Sie haben Freunden und Verwandten gesagt, dass sie im falschen Körper leben, und sich einen neuen Vornamen ausgesucht. Jana und Dean David sind noch nicht so weit, ihre Geburts- und Nachnamen in der Zeitung lesen zu wollen. Einmal im Monat kommen sie in die „Rosalinde“, einen Leipziger Verein, der vor allem Menschen auffängt, die Probleme haben wegen ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung.

Alexander Naß betreut die Selbsthilfegruppe von Trans Gender Town in der „Rosalinde“. In den letzten neun Jahren hat er viele Leute kommen und gehen sehen, die sich mit ihrem Geschlecht unwohl fühlen. Dabei stellte er fest, dass Männer sich rund zehn Jahre später outen als Frauen. Mit der Frage, warum das so ist, beschäftigte sich der Soziologe in seiner Diplomarbeit an der Universität Halle-Wittenberg. Er suchte die Antwort in den Lebensgeschichten transsexueller Personen. Die Kurzbiografien entstanden durch Befragungen, die der Sexualpsychologe Kurt Seikowski sammelte. Bei ihm haben sich im Laufe von mehr als zwanzig Jahren etwa 1.000 Patienten vorgestellt. Mit Fragebögen und im Gespräch versucht er herauszufinden, seit wann der Wunsch besteht, im anderen Geschlecht zu leben, welche Krisen es in Kindheit und Jugend zu bewältigen gab. Ohne Gutachten gibt es keinen anderen Vornamen, keine Hormone, keine Operation. Denn Blut- oder Hormontests können nichts über die Diagnose Transsexualität aussagen. Welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt, wird schon im Mutterleib durch Hormonschwankungen festgelegt.

Zeichen schon früh zu erkennen

Rund 270 Lebenswege hat Alexander Naß in seiner bisher unveröffentlichten Studie analysiert. Schon beim Spielen oder in der Art, sich anzuziehen, lassen sich früh Zeichen für Transsexualität finden. Doch die Erfahrungen sind verschieden. „Die Signale, die Jungen und Mädchen aussenden, sind unterschiedlich stark“, sagt Naß. Dean David raufte sich als Mädchen mit ihren Cousins, wollte Fußball und Lego spielen, trug Tarnhosen und weite Schlabberpullis; das fiel nicht weiter auf. „Die Mädchen erkämpfen sich ihren Freiraum, um jungenhaft auftreten zu können. Die Jungen schaffen das nicht“, sagt Alexander Naß. „Sie wissen, dass es nicht üblich für sie ist, Röcke zu tragen.“

Jana spielte als Junge gern mit Mädchen. Gestört haben sich die Eltern daran nicht, bis der Sohn zum Fasching nicht als Sandmann oder Cowboy gehen wollte, sondern als Mädchen. Dass etwas nicht mit ihm stimmte, bemerkte er schon im Alter von zehn Jahren. Heimlich zog er die Klamotten der Mutter an, auch wenn er dreimal in die Röcke passte. Einmal soll der Vater den Jungen dabei erwischt haben. Heute könne sich der Vater an nichts erinnern. Jana sagt, die religiösen Eltern schauten weg, nach dem Motto: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“

Der heranwachsende Mann dachte wie viele andere Betroffene, es werde schon irgendwie vorbeigehen – die Konsequenz ist zu ungeheuerlich. Er versuchte, sich den gesellschaftlichen Gepflogenheiten anzupassen. In der Disko Mädchen aufzureißen, war kein Problem. Er kam gut bei den Frauen an, weil er nicht so der Macho-Typ war, sondern sich in die Frauen hineinversetzen konnte. 20 Jahre ist er verheiratet, hat Haus, Kind und einen Beruf, der den Erwartungen entspricht. Nichts war auffällig, nur dass er als Feuerwehrmann nicht nur Kraft und Schnelligkeit mitbrachte, sondern Betroffenen besonders gut Mut zusprechen konnte. Eine Frau, die er nach einem Unfall emotional betreute, bewunderte seine zarten Hände. Denn trotz der harten Arbeit waren die Hände des Mannes auffällig weich und gepflegt geblieben.

Heimlich Kleider gekauft

Ein Motorradunfall 2003 veränderte das Leben des Mannes, er trägt seitdem eine Beinschiene und kann nicht mehr bei der Feuerwehr arbeiten. Nun hatte er viel Zeit, sich als Elternvertreter zu engagieren oder sich mit anderen Autofans irgendwo in Deutschland zu treffen. Er nutzte Autostopps in fremden Orten, kaufte Klamotten in der Damenabteilung eines Ladens und zog sich ins Hotelzimmer zurück. Er hatte Spaß, die Kleider anzuziehen. „Von den Farben und Stoffen her – das gibt es nicht für Männer.“ Auch die Sachen der Ehefrau holte er aus dem Schrank, wenn sie arbeiten war. Erwischt habe sie ihn dabei nicht. Sie habe es gemerkt, jedoch nichts dazu gesagt. Die wenigen unbeobachteten Stunden war er glücklich.

Doch vor ein paar Monaten überschlugen sich die Ereignisse. Zur Frühverrentung kamen finanzielle Nöte hinzu. Die düsteren Gedanken an Suizid häuften sich. Nach einem angekündigten Selbstmordversuch landete er auf Wunsch der Ehefrau beim Psychologen. Nun musste er dem Unglücklichsein auf den Grund gehen. Im Internet stolperte er über eine Homepage, wo es Männer gibt, die gerne Frauenkleider anziehen. Anonym konnte er sich mit ihnen austauschen. Vermutlich sind es auch die Verbreitung des Internets, die zunehmende Präsenz von Transsexualität in den Medien und bessere Behandlungsmöglichkeiten, die den Zehnjahresunterschied zwischen Männern und Frauen beim Outing langsam zusammenschmelzen lassen.

Hin und wieder dachte der Mann aus Nordsachsen daran, etwas an seinem Körper ändern zu wollen. Schon zu DDR-Zeiten versuchte er, sich in der Bibliothek über Transsexualität zu informieren. Viel zu lesen gab es dazu aber nicht. Die wenigen Bilder von Frauen, die einmal Männer waren, schreckten ihn eher ab, als dass sie neugierig machten: „Ich wollte doch nicht aussehen wie meine eigene Oma.“ Die Angst, nie richtig als Frau akzeptiert zu werden, schwinge jahrelang mit, sagt Alexander Naß.

Nach der Recherche in Internetforen landete Jana bei Trans Gender Town in der „Rosalinde“. Viele Gäste dort gehen den Weg zum neuen Geschlecht nicht bis zum Schluss – sie verzichten auf das Schlucken von Hormonen, die geschlechtsangleichende Operation. Weil nicht alle dieselbe Route einschlagen, ist es schwer zu sagen, wie verbreitet Transsexualität ist. Schätzungen liegen zwischen einem von 500 Menschen und einem von 100.000. Jana trifft in der „Rosalinde“ zum Beispiel auch auf einen Mann, der nur ab und zu in Frauenkleidung schlüpft und keine Hormone nimmt. Er wartet nur darauf, dass jemand ihn anspricht auf Rouge, dick aufgetragenen Lidschatten und Silikoneinlagen. Jana mag das nicht. „Ich will im Gewühl untergehen.“ Ihr Mascara sitzt dezent, das Outfit ist sportlich. Mit einem Bein hinkend, kann sie ohnehin keine hohen Schuhe tragen. Die Gesichtszüge werden durch die Hormontherapie weicher, die Stimme heller. Doch ganz kann sie ihr biologisches Geschlecht nicht verbergen: Mit mehr als einem Meter achtzig ist sie zu groß, die Schultern sind zu breit, das Kinn ist zu markant.

Frauen können einfacher Männer werden

Frauen, die Männer werden wollen, haben es einfacher, denn sie werden meistens als Mann erkannt. Ein Blick in die Medien bestätigt es: Auch einem 1,70 Meter kleinen Mann wie Balian Buschbaum sprechen die Leute nicht die Männlichkeit ab – Testosteron hat aus der ehemaligen Stabhochspringerin Yvonne einen attraktiven Mann gemacht. Weniger positive Reaktionen erfuhr der ehemalige Bürgermeister aus Quellendorf, Norbert Lindner, der 1998 geschminkt und mit Frauenkleidern zum Dienst erschien und nun Michaela hieß. Der Gemeinderat leitete ohne Angabe von Gründen ein Abwahlverfahren ein. „Vielleicht waren die Leute so schockiert, weil er mit seinem Unglücklichsein zuvor nicht offen umging“, meint Alexander Naß.

Auch Jana hat Angst, von ihrem Umfeld abgelehnt zu werden. Hätte sie den Verkehrsunfall nicht gehabt, hätte sie sich vermutlich nicht geoutet. Schon gar nicht vor den Kameraden bei der Feuerwehr. „Das wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen“, sagt sie. Bisher wissen es auch nur Familie und Therapeuten.

Janas Eltern waren vierzig Jahre lang Eltern eines Sohnes – und sprechen sie weiterhin mit ihrem männlichen Vornamen an. Die Ehefrau reichte die Scheidung ein, sie müsse sich darüber Gedanken machen, ob sie sich vorstellen kann, nun mit einer Frau zusammen zu sein. Noch lebt sie aber mit Jana und der Tochter in einem Haus. Die 13-Jährige nimmt die körperliche Veränderung des Vaters gelassener und düst mit ihm in Frauenklamotten durch die Gegend. Neulich wollte sie mit Jana ins Schwimmbad gehen. Aber dafür fühlt sie sich noch nicht bereit. Nach der geschlechtsangleichenden Operation vielleicht, also in zwei bis drei Jahren.

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