11-jährige Kai Shappley flieht mit Familie aus Texas
Die Verfolgung zeigt ihre Wirkung: Eines der bekanntesten transgeschlechtlichen Mädchen der USA verlässt den Südstaat, der die Familien transgeschlechtlicher Kinder mit "Kindesmisshandlungs"-Vorwürfen traktiert.
Kai Shappley ist bekannt als das transgeschlechtliche Mädchen, das sich gegen seine texanische, evangelikale Mutter durchgesetzt hat, die sich in der Folge zur größten Unterstützerin des Mädchens wandelte.
Mit ihrer Geschichte war die 11-Jährige in der preisgekrönten Dokumentation "Kai Shappley: A Trans Girl Growing Up In Texas" zu sehen.
Doch inzwischen gibt es in dem Südstaat Kräfte, gegen die sich Shappley nicht mehr durchsetzen kann.
Das Mädchen und seine Familie verlassen Texas, nachdem eine Welle transfeindlicher und verfolgender Gesetze durch die USA geschwappt ist und die medizinische Versorgung zehntausender transgeschlechtlicher Jugendlicher gefährdet
Opfer der texanischen Trans-Verfolgung
In Texas selber finden derzeit noch juristische Auseinandersetzungen darum statt, ob die staatlichen Child Protective Services, die mit hiesigen Jugendämtern vergleichbar sind, die Familien transgeschlechtlicher Kinder und Jugendlicher verfolgen dürfen.
Der Grund ist eine von Gouverneur Greg Abbott herausgegebene Direktive, die es als "Kindesmisshandlung" einstuft, wenn Eltern ihre transgeschlechtlichen Kinder unterstützen und ihnen eine Transition ermöglichen .
Insbesondere abgesehen haben es die Republikaner*innen dabei auf Pubertätsblocker und andere Hormontherapien, ohne die Jugendliche der körpereigenen Pubertätsentwicklung ausgesetzt werden.
Zum 4. Juli, dem US-amerikanischen Unabhängigkeitstag, veröffentlichte Shappley auf ihrem Twitter-Account ein Foto der Haushaltsauflösung. Shappleys Mutter habe das Haus und alles, was nicht ins Auto passe, verkauft "weil der Staat, in dem ich geboren wurde, für transgeschlechtliche Kinder nicht sicher ist", so das Mädchen.
Die Nachricht über den Wegzug der Familie verbreitete sich so in der queeren Community – die sie kurzerhand mit der Einrichtung einer Spendensammlung unterstützte.
Über 40.000 US-Dollar sind so mittlerweile zusammengekommen.
Ob gegen Shappleys Mutter Kimberley ebenfalls eine Untersuchung eingeleitet worden ist, ist nicht bekannt.
Letztlich hätte, so Kimberley Shappley, das Supreme-Court-Urteil, das Roe v. Wade und damit das nationale Recht auf Abtreibung gekippt und auch queere Rechte in eine prekäre Lage gebracht hat , den Ausschlag für das Wegziehen gegeben – und ein Interview, das Sohn Kaleb dem "Vogue"-Magazin im Rahmen eines Artikels über Kai gegeben hat.
Darin hatte der Junge erzählt, die Familie bete, dass die Schwester nicht von den Behörden aus der Familie gerissen und dazu gezwungen werde, nicht mehr trans zu leben.
Das hatten Shappley und ihre Familie bereits befürchtet, als Kai im April vergangenen Jahres vor dem Senat des Südstaates angehört worden war.
Die Anhörung fand im Rahmen eines Gesetzesvorhabens statt, das bereits die Unterstützung transgeschlechtlicher Kinder als Kindesmisshandlung einstufen wollte.
Das Gesetz scheiterte schließlich, da es innerhalb der eigenen republikanischen Fraktion keine Mehrheit fand.
Sie liebe Ballet, Mathematik, Naturwissenschaften und Geologie, hatte Shappley den Senator*innen des für seine stramm republikanischen Ansichten bekannten Bundesstaates damals einführend erklärt.
Ihre Freizeit verbringe sie mit ihrer Katze, mit ihren Hühnern, in Videocalls mit ihren Freund*innen und damit, davon zu träumen, endlich einmal Dolly Parton zu treffen.
Was sie nicht liebe, sei, Erwachsene darum zu bitten, gute Entscheidungen zu treffen.
Es mache sie traurig, hatte die ebenfalls aus einer tief religiösen Familie stammende Kai den Senator*innen bei ihrem Auftritt außerdem erzählt, wenn Politiker*innen Kinder wie sie dazu benutzten, Stimmen von Menschen zu bekommen, die Shappley dafür hassten, dass sie existiere. Dabei habe Gott sie doch gemacht: "Gott liebt mich dafür, wer ich bin. Und Gott macht keine Fehler."
Kampf gegen texanische Anti-Trans-Welle
Anfang des Jahres war Shappley für den Titel "Kid of the Year" des "Time Magazine" nominiert gewesen.
Gewählt wurde schließlich der 11-jährige, als "Botschafter der Freundlichkeit" bekannt gewordene Orion Jean, der ebenfalls aus Texas stammt. Shappley hatte sich in Folge ihrer Bekanntheit nicht nur in der Anhörung, sondern etwa auch auf Demonstrationen für die Rechte queerer und transgeschlechtlicher Menschen stark gemacht.
Zwar hatte das Gesetz, gegen das Shappley im Senat gesprochen hatte, keine eigene republikanische Mehrheit gefunden. Doch ein knappes Jahr später, im Februar diesen Jahres, umging Gouverneur Greg Abbott, dem Ambitionen auf die republikanische Präsident*innenschaftskandidatur nachgesagt werden, einfach das Votum der eigenen Partei.
Er führte die Regelung, die im Parlament nicht verabschiedet worden war, einfach per juristisch nicht bindender, veröffentlichter Rechtsauffassung ein. Das konnte er, weil Angestellte der Child Protective Services in der Folge einfach damit begannen, Untersuchungen gegen die Familien transgeschlechtlicher Texaner*innen gemäß der Rechtsauffassung der Regierung einzuleiten.
Im Juni hatten die Untersuchungen zuletzt einen Dämpfer vor Gericht erhalten.
Im Juni wurde die Geschichte des 16-jährigen Texaners Antonio Voe bekannt, der am Tag der Veröffentlichung der Direktive von Gouverneur Greg Abbott versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Später denunzierte Klinikpersonal den ins Krankenhaus eingelieferten trans Jungen Voes Familie beim texanischen Jugendamt .
Im Jahr 2016, als man sich in den USA am liebsten über die Toilettennutzung transgeschlechtlicher Frauen und Mädchen echauffierte, wurde der damals Fünfjährigen verboten, die Mädchentoilette ihres Kindergartens zu benutzen.
Zwei Jahre später, im Jahr 2018, sorgte die Dokumentation "Kai Shappley: A Trans Girl Growing Up In Texas" für die Bekanntheit der damals 7-jährigen. Der berührende Film gewann später sogar einen Emmy.
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