Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle
Rechte vorbehalten!
Bearbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2012
Das
transsexuelle Kindermädchen von Barack Obama
Der 66-jährige Turdi lebt verarmt in Indonesien. Doch plötzlich steht der Transsexuelle im Rampenlicht. Denn er hütete einst den heutigen US-Präsidenten.
Ein stinkender Abwasserkanal läuft an der Hütte vorbei, kein
Fenster lässt Licht in die Baracke. Der 66-jährige Turdi lebt in einem Slum in
der indonesischen Hauptstadt Jakarta, seinen Lebensunterhalt verdient er, indem
er die Wäsche der Nachbarn mit der Hand wäscht. Dass sich nun US-Fernsehteams
vor der armseligen Behausung drängen, hat mit Turdis Vergangenheit zu tun: Vor
mehr als 40 Jahren war der Transsexuelle das Kindermädchen des heutigen
US-Präsidenten Barack Obama .
Turdi erinnert sich noch lebhaft an den "kleinen
Barry". Obama war acht Jahre alt, als seine Mutter Ann Dunham, die ihrem
neuen indonesischen Mann Lolo Soetoro in dessen Heimat gefolgt war, Turdi im
Jahr 1970 einstellte. Turdi kochte, erledigte die Einkäufe, kümmerte sich um
den Sohn und nähte Umstandskleider, als Obamas Mutter wieder schwanger war.
"Immer wie ein
Familienmitglied behandelt"
Seine transsexuelle Identität – als Mann geboren, der sich
als Frau fühlt – sei in Obamas Familie kein Thema gewesen. "Sie haben mich
immer wie ein Familienmitglied behandelt", sagt Turdi. "Vor Barry
allerdings bin ich immer als Mann aufgetreten, denn er war zu jung, um unsere
Welt zu kennen."
Dennoch habe der kleine Barack wohl geahnt, dass er anders
sei als andere Männer. "Er war neugierig und wollte immer alles wissen;
aber dazu hat er mich nie gefragt und mich auch immer normal behandelt."
Nach Feierabend verwandelte sich Turdi in "Evie" –
er zog sich Kleid und Stöckelschuhe an und fühlte sich gleich wohler in seiner
Haut. "Ich fühlte mich wie aus dem Gefängnis befreit, wenn ich mich als
Frau kleidete", sagt Turdi. Heute verzichtet er auf Frauenkleider, nachdem
er mehrfach angegriffen wurde – Trans- und Homosexuelle stoßen im mehrheitlich
moslemischen Indonesien auf wenig Akzeptanz.
Barack wurde wie Barry
diskriminiert!
Auch als Obamas Kindermädchen wurde Turdi beschimpft.
"Wenn ich ihn von der Schule abholte, machten sich seine Freunde über mich
lustig", erzählt Turdi. "Komm, lass uns nach Hause gehen", habe
Barack dann gesagt und den Spott seiner Freunde ignoriert. Auch der Junge
selbst sei diskriminiert worden.
Andere Schüler hätten ihn wegen seiner Hautfarbe und seiner
Haare gehänselt. "Hatten sie ein Football-Spiel verloren, hänselten seine
Freunde ihn gerne als 'Barry Negro'", erinnert sich sein ehemaliger
Babysitter. Barack habe dazu nur gelacht.
Zwei Jahre lang kümmerte sich Turdi um den Jungen – bis er
zu seinen Großeltern nach Hawaii zog. Während für seinen Zögling der Aufstieg
begann, ging es mit Turdi bergab. Er arbeitete in den Rotlichtvierteln
Jakartas, wurde dort nicht selten misshandelt und landete schließlich im
Elendsviertel.Er sei sehr stolz auf Barack Obama, diesen "gewöhnlichen
schwarzen Jungen, der Präsident Amerikas wurde", sagt Turdi. Und er ist
sicher, dass Obama dazu beitragen kann, "alle Diskriminierung in der
Welt" zu beenden – auch gegen transsexuelle Menschen wie ihn selbst.
Persönlich erwarte er nichts von dem Präsidenten, versichert
der 66-Jährige. Aber zu gerne würde er Obama wiedersehen. "Es ist
unmöglich, dass er mich hier in meinem Zimmer besucht. Und nach Amerika zu
reisen, davon kann ich nur träumen", sagt Turdi.
Aber sie könnten zusammen Barack Obamas alte Grundschule
besuchen, sollte der US-Präsident nochmals nach Indonesien kommen. "Und
wenn der Barry, den ich kenne, der gleiche Barry ist, der heute Amerikas Nummer
eins ist, dann bin ich sicher, dass er mich als den Menschen akzeptiert, der
ich bin – egal ob ich transsexuell bin oder nicht."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen