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Bearbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2012
Meine Damen und Herren es wird viel Geschrieben, ob man dann alles Versteht ist immer in Frage gestellt!
Um einigen Lesern die Sachverhalte etwas Gründlicher dazustellen, scheute ich nicht die Entsprechenden Urteile erneut zu Suchen und hier zur Verfügung zu stellen!
Es sind Urteile, welche durch den Bestand ein Grundsatzurteil da stellt, jeder/Jede Betroffene kann immer auf diese Urteile zurück greifen!
mfg Nikita Noemi Rothenbächer
Transsexualität ist keine Behinderung
Transsexualität ist keine eigenständige
Funktionseinschränkung mit Auswirkungen auf den Grad der Behinderung
Transsexualität stellt keine eigenständige Behinderung im
Schwerbehindertenrecht dar, die neben körperlichen und psychischen
Einschränkungen besonders berücksichtigt werden müssen. Dies entschied das
Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Berufung
einer in Karlsruhe wohnhaften Transsexuellen zurückgewiesen. Diese hatte das
Ziel verfolgt, ihre Transsexualität nach einer geschlechtsanpassenden Operation
als Behinderung anerkennen zu lassen und ihr unter Berücksichtigung weiterer
Einschränkungen einen Grad der Behinderung von wenigstens 60 auszusprechen.
Einschränkungen aufgrund Fortpflanzungsunfähigkeit
Das Sozialgericht Karlsruhe hatte in seiner Entscheidung
zwar einen Grad der Behinderung von 50 und damit die
Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt. Die Transsexualität als solche wurde
jedoch nicht als Behinderung anerkannt. Damit hatte sich die Klägerin nicht
zufrieden gegeben und Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie machte
insbesondere geltend, dass sie trotz der Operation nicht in der Lage sei, sich
als Frau fortzupflanzen und die insoweit bestehenden Einschränkungen besonders
berücksichtigt werden müssten.
Keine Gesundheitseinschränkungen als eigenständige
Behinderung
Das Landessozialgericht hat in seiner Entscheidung jedoch
die Karlsruher Richter bestätigt. Neben den sonstigen, als Behinderungen anerkannten
Erkrankungen der Klägerin - auch in Folge ihrer Transsexualität - sei die
Transsexualität selbst keine eigenständige Funktionseinschränkung mit
Auswirkungen auf Grad der Behinderung. Auch wenn durch die Operationen nicht
der vollständige körperliche Zustand einer Frau, insbesondere die zur
Fortpflanzung erforderlichen inneren Organe, habe hergestellt werden können,
habe die medizinisch erfolgreiche und komplikationslos durchgeführte Behandlung
keine Gesundheitseinschränkung verursacht, die als eigenständige Behinderung
anzuerkennen sei.
§ 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch
(SGB IX)
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen
behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische
Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das
Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in
der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt.
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Verdachtsdiagnose
"Transsexualität": Keine Rückübertragung der Gesundheitssorge für
11jähriges Kind vom Jugendamt auf die Kindesmutter
Wir haben hier darüber Berichtet!
Rückübertragung wegen fortdauernder Gefahr für das
Kindeswohl gegenwärtig ausgeschlossen
Das Berliner Kammergericht hat die Beschwerde einer
Mutter zurückgewiesen, die vor dem Hintergrund der Verdachtsdiagnose der
Transsexualität ihres 11jährigen Kindes die Rückübertragung der
Gesundheitssorge vom Jugendamt auf sich verlangt hatte. Mit seiner Entscheidung
bestätigte das Gericht die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts, das
eine Rückübertragung der Gesundheitssorge auf die Eltern ebenso abgelehnt hatte
wie eine Rückübertragung auf die Kindesmutter allein.
Das Gericht führte in seiner Entscheidungsbegründung aus,
dass eine Rückübertragung wegen einer fortdauernden Gefahr für das Kindeswohlgegenwärtig
nicht in Betracht komme. Die Kindeseltern seien uneins über die Art einer
notwendigen medizinischen Begleitung wegen einer möglichenTranssexualität.
Deswegen bestehe die Gefahr, dass eine Blockade weiterer Diagnostik zu einer
massiven Schädigung des Kindes führe. Das Gericht hielt es für dringend
geboten, die Frage der Transsexualität zu klären und in der gebotenen Form zu
behandeln, was auch eine Unterstützung dieser Entwicklung unter Einschluss von
Maßnahmen vor Eintritt der Volljährigkeit beinhalten kann. Dabei ginge es nicht
darum, bereits über einen bestimmten Behandlungsweg zu befinden, sondern dem
Kind den Zugang zu einer medizinischen Behandlung überhaupt offen zu halten.
Feststellung der Gefahr einer Blockade weiterer
Diagnostik bedarf keines Sachverständigengutachtens!
Um diese Gefahr - und daran anschließend die
Verhältnismäßigkeit des Entzuges der Gesundheitsfürsorge sowie deren Übertragung auf
einen Ergänzungspfleger - festzustellen, bedürfe es entgegen der Ansicht der
Kindesmutter keines Sachverständigengutachtens. Die Gefahr sei unstreitig und
werde von der Mutter selbst
angeführt, um die von ihr befürwortete Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf
sie allein zu rechtfertigen. Auch sie mache geltend, dass X. ‚dringend
fachliche Hilfe und Unterstützung benötige' (…) Die Frage der
Verhältnismäßigkeit sei eine juristische, die nicht durch ein Gutachten
geklärt, sondern vom Gericht beantwortet werden müsse.
Ausübung der Gesundheitsfürsorge durch Kindesmutter
allein zum Wohle des Kindes zweifelhaft
Eine Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf die
Kindesmutter allein scheide schon deshalb aus, weil derzeit nicht gesichert
erscheine, dass sie diese allein zum Wohle des Kindes ausüben würde, so die
Richter.
Entgegen anderslautender Presseberichte hat das
Kammergericht in diesem Verfahren nicht entschieden, dass das Kind "in die
Psychiatrie eingewiesen werden darf". Ebensowenig hat der Familiensenat
inhaltliche Festlegungen zur Eignung oder Erforderlichkeit bestimmter
medizinischer Begleitmaßnahmen für das Kind getroffen.
Krankenversicherung muss auch
Korrektur-Operation für Transsexuellen bezahlen
30-jähriger transsexueller Kläger erstreitet
Operationskosten
Eine Krankenkasse, die einer geschlechtsangleichenden
Operation zustimmt, hat auch für die durch notwendige Korrektur-Operationen
entstehenden Kosten aufzukommen. Dies entschied das Sozialgericht Wiesbaden. Der
mittlerweile 30-jährige, als Frau geborene Kläger, unterzog sich im Januar 2005
nach festgestellter transsexueller Entwicklung mit Zustimmung der beklagten Krankenkasse
einer geschlechtsangleichenden Operation. Hierbei wurde dessen weibliche Brust
entfernt. Nachdem es in der Folge zu einer Falten- und Wulstbildung an der
Brust des Klägers kam, beantragte er bei seiner Krankenkasse die
Kostenübernahme für eine Korrektur-OP. Diese lehnte die Kostenübernahme ab, da
keine funktionellen Beeinträchtigungen vorlägen. Im Vordergrund stehe für den
Kläger der kosmetische Nutzen.
Angleichung an den männlichen Oberkörper
Das Sozialgericht gab dem Kläger Recht. Zwar seien bei dem
Kläger unstreitig keine funktionellen Beeinträchtigen an der Brust verblieben.
Die üblichen Begutachtungsgrundsätze seien hingegen nicht anwendbar. Es sei zu
berücksichtigen, dass Ziel der ursprünglichen Operation die Angleichung an den
männlichen Oberkörper gewesen sei. Dieses Ziel sei bei dem Kläger jedoch nicht
erreicht worden. Da die Krankenkasse der ursprünglichen
geschlechtsangleichenden Operation zugestimmt habe, habe sie auch die
Konsequenzen zu tragen und müsse notwendige Korrekturen ebenfalls zahlen.
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OLG Celle: Männlicher Strafgefangener
darf Damenbekleidung tragen
Allgemeines Persönlichkeitsrecht und geschlechtliches
Diskriminierungsverbot berechtigen Transsexuellen zum Tragen von Damenkleidern
Eine Justizvollzugsanstalt darf einem männlichen
Gefangenen das Tragen von Damenbekleidung weder aufgrund allgemeiner
Zweckmäßigkeitserwägungen noch unter dem bloßen Hinweis auf die Gefahr von
Übergriffen anderer Gefangener untersagen. Dies entschied das Oberlandesgericht
Celle.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Gefangener in einer
niedersächsischen Justizvollzugsanstalt bei der Anstaltsleitung die Erlaubnis
dafür beantragt, Damenober- und -unterbekleidung erwerben und diese nach
Einschluss tragen zu dürfen. Er begründete dies damit, seit längerer Zeit
transsexuell zu sein und eine so genannte Alltagserprobung als Frau durchführen
zu wollen.
Schutz des Gefangenen vor möglichen Übergriffen wichtiger
einzuschätzen als sexuelle Orientierungslosigkeit
Die Anstaltsleitung - und insoweit ihr folgend das vom
Gefangenen daraufhin angerufene Landgericht - hatte den Antrag mit der
Begründung abgelehnt, die erstrebte Alltagserprobung könne innerhalb einer
Haftanstalt nicht sozialverträglich vorgenommen werden. Außerdem sei der Schutz
des Gefangenen vor möglichen Übergriffen anderer Gefangener als wichtiger
einzuschätzen als seine sexuelle Orientierungslosigkeit. Selbst das Tragen der
Damenbekleidung erst nach Einschluss berge die Gefahr, dass die Sachen von
anderen Mitgefangenen entdeckt würden.
Gefangener will Damenbekleidung nur ohne Kontakt zu
anderen Gefangenen tragen
Gegen diesen Beschluss legte der Gefangene Rechtsbeschwerde
beim Oberlandesgericht Celle ein. Der hiermit befasste 1. Strafsenat hält diese
Erwägungen indes nicht für begründet. Eine Alltagserprobung in der Haftanstalt
könne schon deshalb nicht sozialunverträglich sein, weil der Gefangen die
Damenbekleidung nach Einschluss und damit ohne Kontakt zu anderen tragen wolle.
Anstaltsleitung muss vorrangig gegen Bedrohung ausübende
Personen vorgehen, nicht gegen den Bedrohten
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das spezielle
geschlechtliche Diskriminierungsverbot berechtigen, so das Gericht,
grundsätzlich auch einen Mann zum Tragen von Damenbekleidung. Ein Verbot könne
daher nicht aus allgemeinen Zweckmäßigkeitserwägungen ergehen, sondern müsse
vielmehr zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung innerhalb der Anstalt
erforderlich sein. Die Möglichkeit, dass der Gefangene im Falle des Entdeckens
entsprechender Kleidungsstücke sexuellen und gewalttätigen Angriffen anderer
Gefangener ausgesetzt sein könnte, könne im Einzelfall zwar Grund einer
Versagung sein. Nach den Feststellungen des Gerichts muss die Anstaltsleitung
jedoch vorrangig gegen diejenigen vorgehen, von denen eine rechtswidrige
Bedrohung ausgeht, und nicht gegen den Bedrohten, der die ihm zustehenden
Rechte ausübt. Erst, wenn die Möglichkeiten der Einwirkung auf die
Mitgefangenen ausgeschöpft sind, dürfe das Tragen der Damenbekleidung abgelehnt
werden.
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Transsexualität: Geschlechtsumwandlung
als Voraussetzung zur Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft stellt
Verstoß gegen Recht auf sexuelle Selbstbestimmung dar!
Bundesverfassungsgericht erklärt Voraussetzungen für
Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit gemäß des Transsexuellengesetzes
verfassungswidrig
Die Voraussetzungen für die
rechtliche Anerkennung von Transsexuellen nach
§ 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 Transsexuellengesetz
(Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit) sind verfassungswidrig. Der Verweis
auf die Eheschließung zur Absicherung einer Partnerschaft ist einer
transsexuellen Person mit gleichgeschlechtlicher Orientierung, die lediglich
die Voraussetzungen der Namensänderung erfüllt, nicht zumutbar. Dies entschied
das Bundesverfassungsgericht
Voraussetzung einer Eheschließung ist die
Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten, während die Eingehung einer
Lebenspartnerschaft nach § 1 Lebenspartnerschaftsgesetz nur zwischen gleichgeschlechtlichen
Personen möglich ist. In beiden Fällen wird auf das personenstandsrechtliche
Geschlecht abgestellt.
„Kleine Lösung“: Änderung des Vornamens, ohne
vorausgehende operative geschlechtsanpassende Eingriffe
Das Transsexuellengesetz (TSG) sieht zwei Verfahren vor, die
Transsexuellen das Leben im empfundenen Geschlecht ermöglichen sollen. Die so
genannte „kleine Lösung“ erlaubt es, den Vornamen zu ändern, ohne dass zuvor
operative geschlechtsanpassende Eingriffe stattgefunden haben müssen. Hierfür ist gemäß § 1 Abs. 1 TSG im
Wesentlichen erforderlich, dass sich die Person auf Grund ihrer transsexuellen
Prägung dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet, seit mindestens drei
Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben, und
mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr
Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird. Das
Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch zwei Gutachten voneinander unabhängiger
Sachverständiger nachzuweisen.
„Große Lösung“: Annäherung an das Erscheinungsbild des
anderen Geschlechts mittels operativer geschlechtsanpassender Eingriffe
Nur die so genannte „große Lösung“
gemäß § 8 TSG führt dagegen zur personenstandsrechtlichen Anerkennung
des empfundenen Geschlechts mit der Folge, dass sich die vom Geschlecht
abhängigen Rechte und Pflichten der betroffenen Person grundsätzlich nach dem
neuen Geschlecht richten. Sie setzt - neben den Erfordernissen des
§ 1 Abs. 1 TSG - gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 und
4 TSG zusätzlich voraus, dass die Person dauernd fortpflanzungsunfähig ist
(Nr. 3) und sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden
operativen Eingriff unterzogen hat, durch den eine deutliche Annäherung an das
Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist (Nr. 4).
Hierfür sind bei einer Mann-zu-Frau Transsexuellen die Amputation des
Penisschaftes und der Hoden sowie die operative Bildung der äußeren primären
weiblichen Geschlechtsorgane erforderlich; bei Frau-zu-Mann Transsexuellen die
operative Entfernung der Gebärmutter, der Eierstöcke und des Eileiters sowie
oftmals eine Brustverkleinerung.
Beschwerdeführerin steht mangels erfolgter Operation nur
Möglichkeit der Eheschließung offen!
Die jetzt 62-jährige Beschwerdeführerin wurde mit männlichen
äußeren Geschlechtsmerkmalen geboren. Sie empfindet sich jedoch als Angehörige
des weiblichen Geschlechts. Als solche ist sie homosexuell orientiert und lebt
in einer Partnerschaft mit einer Frau. Sie hat gemäß § 1 TSG ihren männlichen
in einen weiblichen Vornamen geändert. Eine Änderung des Personenstandes
(„große Lösung“) erfolgte nicht, da die notwendigen operativen Eingriffe nicht
vorgenommen worden waren. Ihren zusammen mit ihrer Partnerin gestellten Antrag
auf Eintragung einer Lebenspartnerschaft lehnte der Standesbeamte ab, weil
diese nur für zwei Beteiligte des gleichen Geschlechts eröffnet sei. Das
Amtsgericht bestätigte die Entscheidung mit dem Hinweis, dass den Beteiligten
nur die Möglichkeit der Eheschließung offen stehe, da für eine
personenstandsrechtliche Anerkennung der Beschwerdeführerin als Frau die
geschlechtsanpassende Operation erforderlich sei. Ihre hiergegen erhobene
Beschwerde vor dem Landgericht sowie ihre weitere Beschwerde vor dem
Kammergericht blieben erfolglos.
Beschwerdeführerin würde durch Eheschließung rechtlich
als Mann eingestuft werden
Mit ihrer im Dezember 2007 erhobenen Verfassungsbeschwerde
rügt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen eine Verletzung ihres allgemeinen
Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Recht auf sexuelle
Selbstbestimmung. Als empfundene Frau, die eine Frau zur Partnerin habe, wolle
sie eine Lebenspartnerschaft begründen. Eine Eheschließung sei ihr nicht
zumutbar, da sie dadurch rechtlich als Mann eingestuft würde. Zudem würde
angesichts ihres weiblichen Vornamens offenkundig, dass eine der beiden Frauen
transsexuell sei, wodurch ein unauffälliges und diskriminierungsfreies Leben in
der neuen Rolle unmöglich würde. Eine geschlechtsanpassende Operation sei
aufgrund ihres Alters mit nicht abzuschätzenden gesundheitlichen Risiken
verbunden.
Vorschriften aus § 8 Abs. 1 bis zum
Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung nicht anwendbar
Das Bundesverfassungsgericht hat
entschieden, dass die in § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4
TSG normierten Voraussetzungen der personenstandsrechtlichen Anerkennung
Transsexueller zur Eingehung einer Lebenspartnerschaft mit dem Recht auf
sexuelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 GG und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit
aus Art. 2 Abs. 2 GG nicht vereinbar sind. Die Vorschriften
sind bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung nicht anwendbar. Da
die mittelbar auf § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 TSG
beruhenden fachgerichtlichen Entscheidungen die Beschwerdeführerin in ihren
Grundrechten verletzen, ist der Beschluss des Kammergerichts aufgehoben und zur
erneuten Entscheidung dorthin zurückverwiesen worden.
Beschwerdeführerin geht zwischenzeitlich aufgrund des
Bedürfniss nach gegenseitiger Absicherung und Versorgung mit ihrer Partnerin
die Ehe ein
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen
zugrunde: Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Dass die Beschwerdeführerin
während des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zwischenzeitlich die Ehe
eingegangen ist, weil sie angesichts ihres Alters und des sich hinziehenden
Verfahrens mit der rechtlichen Absicherung ihrer Partnerschaft nicht länger
warten wollte, lässt ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Denn ihr und
ihrer Partnerin war es insoweit nicht zumutbar, ihr Bedürfnis nach
gegenseitiger Absicherung und Versorgung weiter hintanzustellen. Zudem ist sie
auch nach der Eheschließung weiterhin in ihrem eigenen Identitätsempfinden als
Frau betroffen und damit konfrontiert, dass ihre Transsexualität aufgrund der
ehelichen Verbindung mit ihrer Partnerin offenkundig geworden ist.
Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht
Es verstößt gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht in
seiner Ausprägung als Recht auf sexuelle Selbstbestimmung aus
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG, dass Transsexuelle mit
gleichgeschlechtlicher Orientierung zur rechtlichen Absicherung ihrer
Partnerschaft entweder die Ehe eingehen oder sich geschlechtsändernden und die
Zeugungsunfähigkeit herbeiführenden operativen Eingriffen aussetzen müssen, um
personenstandsrechtlich im empfundenen Geschlecht anerkannt zu werden und damit
eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen zu können, die ihrer als
gleichgeschlechtlich empfundenen Partnerbeziehung entspricht.
Verfassungsrechtlich garantierter Schutz der Intimsphäre
vor ungewollten Einblicken bleibt bei derzeitiger Regelung nicht gewahrt
Der Verweis auf die Eheschließung zur Absicherung einer
Partnerschaft ist einer transsexuellen Person mit gleichgeschlechtlicher
Orientierung, die lediglich die Voraussetzungen der Namensänderung nach
§ 1 TSG erfüllt, nicht zumutbar. Zum einen wird sie durch die Ehe als
verschiedengeschlechtlicher Verbindung rechtlich und nach außen erkennbar in
eine Geschlechterrolle verwiesen, die ihrer selbst empfundenen widerspricht.
Dies verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot auf Anerkennung der selbst
empfundenen geschlechtlichen Identität. Zum anderen wird durch eine
Eheschließung offenkundig, dass es sich bei ihr oder ihrem angeheirateten Partner
um einen Transsexuellen handelt, weil ihre Namensänderung und ihr dem
empfundenen Geschlecht angepasstes äußeres Erscheinungsbild die
Gleichgeschlechtlichkeit der Beziehung offenbart. Damit bleibt ihr
verfassungsrechtlich garantierter Schutz der Intimsphäre vor ungewollten
Einblicken nicht gewahrt.
Mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und körperliche
Unversehrtheit ist es ferner nicht vereinbar, dass Transsexuelle zur
Absicherung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nur dann eine
eingetragene Lebenspartnerschaft begründen können, wenn sie sich einer
geschlechtsändernden Operation unterzogen haben sowie dauerhaft
fortpflanzungsunfähig sind und aufgrund dessen personenstandsrechtlich
anerkannt worden sind.
Anforderungen an Nachweis für Stabilität des Empfindens
von Transsexualität zu hoch und für Betroffene unzumutbar
Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der
Gesetzgeber beim Zugang zu einer eingetragenen Lebenspartnerschaft auch bei
Transsexuellen mit homosexueller Orientierung auf das personenstandsrechtlich
festgestellte Geschlecht der Partner abstellt und die personenstandsrechtliche
Geschlechtsbestimmung von objektivierbaren Voraussetzungen abhängig macht, um
dem Personenstand Dauerhaftigkeit und Eindeutigkeit zu verleihen und ein
Auseinanderfallen von biologischer und rechtlicher Geschlechtszugehörigkeit zu
vermeiden. Der Gesetzgeber kann daher - auch über die Voraussetzungen des
§ 1 Abs.1 TSG hinaus - näher bestimmen, wie der Nachweis der
Stabilität und Irreversibilität des Empfindens und Lebens von Transsexuellen im
anderen Geschlecht zu führen ist. An diesen Nachweis stellt er aber zu hohe,
den Betroffenen unzumutbare Anforderungen, indem er in
§ 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 TSG von ihnen unbedingt
und ausnahmslos verlangt, sich Operationen zu unterziehen, die ihre
Geschlechtsmerkmale verändern und zur Zeugungsunfähigkeit führen.
Dauerhaftigkeit und Irreversibilität des empfundenen
Geschlechts bei Transsexuellen lässt sich nicht am Grad der operativen
Anpassung der äußeren Geschlechtsmerkmale messen!
Eine geschlechtsumwandelnde Operation stellt eine massive
Beeinträchtigung der von Art. 2 Abs. 2 GG geschützten
körperlichen Unversehrtheit mit erheblichen gesundheitlichen Risiken und
Nebenwirkungen für den Betroffenen dar. Nach dem heutigen wissenschaftlichen
Kenntnisstand ist sie jedoch auch bei einer weitgehend sicheren Diagnose der
Transsexualität nicht stets indiziert. Die Dauerhaftigkeit und Irreversibilität
des empfundenen Geschlechts bei Transsexuellen lässt sich nicht am Grad der operativen
Anpassung ihrer äußeren Geschlechtsmerkmale messen, sondern vielmehr daran, wie
konsequent sie in ihrem empfundenen Geschlecht leben. Die unbedingte
Voraussetzung einer operativen Geschlechtsumwandlung nach
§ 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG stellte eine übermäßige
Anforderung dar, da sie von Transsexuellen verlangt, sich auch dann dem
Eingriff auszusetzen und gesundheitliche Beeinträchtigungen hinzunehmen, wenn
dies im jeweiligen Fall nicht indiziert und für die Feststellung der
Dauerhaftigkeit der Transsexualität nicht erforderlich ist.
Zur personenstandsrechtlichen Anerkennung geforderte
dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit ebenfalls nicht vorrangig relevant
Gleiches gilt im Hinblick auf die in
§ 8 Abs. 1 Nr. 3 TSG zur
personenstandsrechtlichen Anerkennung geforderte dauernde
Fortpflanzungsunfähigkeit, soweit für ihre Dauerhaftigkeit operative Eingriffe
zur Voraussetzung gemacht werden. Zwar verfolgt der Gesetzgeber mit dieser
Voraussetzung das berechtigte Anliegen, auszuschließen, dass rechtlich dem
männlichen Geschlecht zugehörige Personen Kinder gebären oder rechtlich dem
weiblichen Geschlecht zugehörige Personen Kinder zeugen, weil dies dem
Geschlechtsverständnis widerspräche und weitreichende Folgen für die
Rechtsordnung hätte. Diese Gründe vermögen aber im Rahmen der gebotenen
Abwägung die erhebliche Grundrechtsbeeinträchtigung der Betroffenen nicht zu
rechtfertigen, weil dem Recht der Transsexuellen auf sexuelle Selbstbestimmung
unter Wahrung ihrer körperlichen Unversehrtheit größeres Gewicht beizumessen ist.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Fälle des Auseinanderfallens von
rechtlicher Geschlechtszuordnung und Erzeuger- beziehungsweise Gebärendenrolle
angesichts der kleinen Gruppe transsexueller Menschen nur selten vorkommen
werden. Zudem wird dadurch vornehmlich die Zuordnung der geborenen Kinder zu
Vater und Mutter berührt. Insoweit kann aber rechtlich sichergestellt werden,
dass den betroffenen Kindern trotz der rechtlichen Geschlechtsänderung eines
Elternteils rechtlich immer ein Vater und eine Mutter zugewiesen bleiben
beziehungsweise werden. So bestimmt § 11 TSG, dass das Verhältnis
rechtlich anerkannter Transsexueller zu ihren Abkömmlingen unberührt bleibt;
diese Regelung kann dahingehend ausgelegt werden, dass sie auch für diejenigen
Kinder gilt, die erst nach der personenstandsrechtlichen Geschlechtsänderung
eines Elternteils geboren werden.
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Transsexuellengesetz: Zwang zur
Ehescheidung für Transsexuelle ist verfassungswidrig
§ 8
Abs. 1 Nr. 2 Transsexuellengesetz verfassungswidrig
Transsexuelle dürfen nach einer Geschlechtsumwandlung
verheiratet bleiben. Die rechtliche Anerkennung der neuen
Geschlechtszugehörigkeit nach einer Geschlechtsumwandlung darf bei einem
verheirateten Transsexuellen nicht davon abhängig gemacht werden, dass er sich
scheiden lässt. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die
bisherige Regelung, nach der die rechtliche Anerkennung der neuen
Geschlechtszugehörigkeit die Ehelosigkeit des Transsexuellen voraussetzt, muss
bis zum 1. August 2009 ersetzt werden.
Der 1929 geborene Antragsteller ist seit 56 Jahren
verheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Schon seit langem
fühlt er sich dem weiblichen Geschlecht zugehörig. Aufgrund gerichtlicher
Entscheidung nach dem Transsexuellengesetz (TSG)
führt er seit 2001 einen weiblichen Vornamen. Im Jahre 2002 unterzog er sich
einer geschlechtsumwandelnden Operation. Anschließend beantragte er, nach dem
Transsexuellengesetz festzustellen, dass er als dem weiblichen Geschlecht
zugehörig anzusehen sei. Nach
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG ist allerdings Voraussetzung
für die Feststellung und rechtliche Anerkennung der anderen
Geschlechtszugehörigkeit, dass der Betroffene nicht verheiratet ist. Der Antragsteller
und seine Ehefrau haben jedoch nicht die Absicht, sich scheiden zu lassen, da
ihre Beziehung intakt ist.
Amtsgericht legte Rechtsfrage dem
Bundesverfassungsgericht vor
Auf eine Vorlage des Amtsgerichts Schöneberg, das sich im
Hinblick auf das gesetzliche Erfordernis der Ehelosigkeit gehindert sah, dem
Antrag des Antragstellers zu entsprechen, kam der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts zu dem Ergebnis, dass § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG
verfassungswidrig ist. Es ist einem verheirateten Transsexuellen nicht
zumutbar, dass seine rechtliche Anerkennung im neuen Geschlecht voraussetzt,
dass er sich von seinem Ehegatten, mit dem er rechtlich verbunden ist und
zusammenbleiben will, scheiden lässt, ohne dass ihm ermöglicht wird, seine
ehelich begründete Lebensgemeinschaft in anderer, aber gleich gesicherter Form
fortzusetzen. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis zum
1. August 2009 den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Bis zum
Inkrafttreten einer Neuregelung ist
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG (Erfordernis der
Ehelosigkeit) nicht anwendbar.
Die wesentlichen Entscheidungsgründe:
I. § 8 TSG trägt dem verfassungsrechtlich
geschützten Recht auf Anerkennung der selbstbestimmten geschlechtlichen
Identität grundsätzlich Rechnung, indem er die personenstandsrechtliche
Anerkennung des durch operativen Eingriff geänderten Geschlechts eines
Transsexuellen ermöglicht.
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG setzt
für Personenstandsänderung voraus, dass der Betroffene nicht verheiratet ist
Allerdings verlangt
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG als Voraussetzung für die
Personenstandsänderung, dass der Betroffene nicht verheiratet ist. Mit dieser
Voraussetzung wird ein verheirateter Transsexueller, der erst im Laufe der Ehe seineTranssexualität entdeckt hat oder sich dazu
entschlossen hat, sein Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht zu
offenbaren und sich diesem Geschlecht durch operativen Eingriff auch körperlich
angleichen zu lassen, in der Wahrnehmung und Ausübung seines Rechts auf
personenstandsrechtliche Zuordnung zum anderen Geschlecht eingeschränkt. Mit
ihr wird er vor die Alternative gestellt, entweder an seiner Ehe festzuhalten,
dann aber trotz bereits stattgefundener körperlicher Geschlechtsumwandlung keine rechtliche
Anerkennung seiner neuen Geschlechtsidentität zu erhalten. Oder er muss sich,
um die rechtliche Anerkennung zu erhalten, scheiden lassen, auch wenn er und
sein Ehegatte weiterhin ehelich verbunden bleiben wollen.
Zwang zur Scheidung ist
unverhältnismäßig
II. Diese Beeinträchtigung, die ein
verheirateter Transsexueller durch
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG erfährt, ist
unverhältnismäßig.
1. Das legitime Anliegen des
Gesetzgebers, das Rechtsinstitut der Ehe, die unter dem besonderen Schutz von
Art. 6 Abs. 1 GG steht, als Form des rechtlich
abgesicherten Zusammenlebens ausschließlich Mann und Frau, also Partnern
verschiedenen Geschlechts, vorzubehalten, ist von hohem Gewicht. Die rechtliche
Anerkennung der geänderten Geschlechtszugehörigkeit eines verheirateten
Transsexuellen würde dazu führen, dass seine Ehe von Partnern des gleichen
Geschlechts fortgeführt würde.
Bestehende Ehe nach
Art. 6 Abs. 1 GG geschützt
2. Demgegenüber wiegt aber auch die
Beeinträchtigung schwer, die ein verheirateter Transsexueller durch
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG erfährt. Insbesondere wird
die bestehende Ehe des Betroffenen in erheblichem Maße beeinträchtigt. Drängt
der Staat Ehegatten zur Scheidung ihrer Ehe, dann läuft dies nicht nur dem
Strukturmerkmal der Ehe als dauerhafter Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft
zuwider. Es wird damit auch der bestehenden Ehe der ihr von
Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz entzogen. Dieser
Schutz entfällt nicht dadurch, dass der transsexuelle Ehegatte während der Ehe durch
operative Eingriffe seine äußeren Geschlechtsmerkmale dem empfundenen
Geschlecht anpasst. Damit wird die Ehe zwar im Tatsächlichen und nach ihrem
äußeren Erscheinungsbild nunmehr von gleichgeschlechtlichen Partnern geführt.
Sie ist aber weiterhin eine dauerhafte Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft
von zwei Ehegatten. Hinzukommt, dass auch der Ehegatte des Transsexuellen eine
starke Beeinträchtigung des Schutzes seiner Ehe erfährt. Auch er wird dem
Entscheidungskonflikt ausgesetzt, entweder an der Ehe festzuhalten, damit aber
zu verhindern, dass sein Ehegatte die rechtliche Anerkennung seiner
Geschlechtsidentität findet, oder sich gegen den eigenen Willen von seinem
Partner scheiden zu lassen und damit nicht nur die Trennung von ihm auf sich zu
nehmen, sondern auch die mit der Ehe verbundene rechtliche Absicherung zu
verlieren.
Interesse des gleichgeschlechtlichen Ehepaares am Erhalt
ihrer Ehe wiegt schwerer als das gesetzgeberische Interesse am Erhalt des
Instituts der Ehe als Vereinigung von Mann und Frau
3. Das gesetzgeberische Interesse am Erhalt des Instituts
der Ehe als Vereinigung von Mann und Frau muss grundsätzlich nicht hinter das
Interesse eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares am Erhalt ihrer Ehe
zurücktreten, ebenso wie sich der Gesetzgeber nicht ohne weiteres über das
Interesse eines Ehepaares an der Beibehaltung ihrer bestehenden Ehe
hinwegsetzen kann. Allerdings fällt hier ins Gewicht, dass durch die Regelung
konkret gelebte Beziehungen in eine existentiell erfahrene Krise geführt werden.
Es geht um das weitere Schicksal eines gemeinsam gegangenen Lebensweges und
damit um Folgen von subjektiv existentieller Dimension. Demgegenüber wird das
Prinzip der Verschiedengeschlechtlichkeit angesichts der konkreten Umstände nur
am Rande berührt. Es handelt sich bei den hier in Rede stehenden Fällen nur um
eine geringe Zahl von Transsexuellen, die erst während der Ehe ihre
Transsexualität entdeckt oder offenbart haben und deren Ehe an dieser
tiefgreifenden Veränderung der Paarbeziehung nicht zerbrochen ist, sondern nach
dem Willen beider Ehegatten fortgesetzt werden soll.
Entscheidend für die Gewichtung ist insbesondere das
Zusammenspiel von Art. 6 Abs. 1 GG mit dem ebenfalls
grundrechtlich geschützten Recht auf Anerkennung der selbstbestimmten geschlechtlichen
Identität. Die besondere Belastung, die
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG mit sich bringt, liegt
darin, dass sie zur Durchsetzung des gesetzgeberischen Willens die Realisierung
des einen Grundrechts von der Aufgabe des anderen abhängig macht. Dies führt
die Betroffenen nicht nur in eine kaum zu lösende innere Konfliktlage, sondern
auch zu einer unzumutbaren Grundrechtsbeeinträchtigung.
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG ist daher verfassungswidrig,
weil er einem verheirateten Transsexuellen nicht die Möglichkeit einräumt, die
rechtliche Anerkennung seiner neuen Geschlechtszugehörigkeit zu erlangen, ohne
seine Ehe beenden zu müssen.
III. Es liegt in der Entscheidung des Gesetzgebers, auf
welche Weise er die Verfassungswidrigkeit behebt. Will er nicht zulassen, dass
Paare in der Ehe verbleiben, bei denen es durch Feststellung der geänderten
Geschlechtszugehörigkeit des transsexuellen Ehegatten zu einer
personenstandsrechtlichen Gleichgeschlechtlichkeit kommt, ist ihm dies
unbenommen, da sein Anliegen Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung trägt.
Er muss dann aber Sorge tragen, dass die bisherige Ehe des Transsexuellen
jedenfalls als rechtlich gesicherte Verantwortungsgemeinschaft fortbestehen
kann. So kann er sie in eine Eingetragene Lebenspartnerschaft oder eine
rechtlich abgesicherte Lebensgemeinschaft sui generis überführen, muss dabei
aber dafür Sorge tragen, dass die erworbenen Rechte und auferlegten Pflichten
aus der Ehe dem Paar ungeschmälert erhalten bleiben.
Zahl der verheirateten Transsexuellen ist gering!
Angesichts der geringen Zahl der betroffenen verheirateten
Transsexuellen kann der Gesetzgeber sich aber auch dafür entscheiden, ihnen die
Möglichkeit der rechtlichen Anerkennung ihres geänderten Geschlechts bei
Fortführung ihrer Ehe zu eröffnen und dafür § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG
zu streichen.
IV. Angesichts der Schwere der
Beeinträchtigung, die ein verheirateter Transsexueller durch die Versagung der
rechtlichen Anerkennung einer empfundenen und gewandelten
Geschlechtszugehörigkeit erfährt, wird
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG bis zum Inkrafttreten einer
Neuregelung für nicht anwendbar erklärt.
Die Entscheidung ist zu Ziff. IV mit
7 : 1 Stimmen, im Übrigen einstimmig ergangen.
der Leitsatz
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 des
Transsexuellengesetzes ist mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 GG und
Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil er einem
verheirateten Transsexuellen, der sich geschlechtsändernden Operationen
unterzogen hat, die Möglichkeit, die personenstandsrechtliche Anerkennung
seiner neuen Geschlechtszugehörigkeit zu erhalten, nur einräumt, wenn seine Ehe
zuvor geschieden wird.
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Deutsches Transsexuellengesetz gilt
auch für ausländische Transsexuelle!
Vorenthaltung der Rechte wäre eine dauerhafte
Benachteiligung
Auch ausländische Transsexuelle, die sich rechtmäßig und
nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, haben das Recht ihren
Vornamen nach dem von ihnen empfundenen Geschlecht zu ändern, sofern ihr
Heimatrecht keine vergleichbaren Regelungen kennt. Das Transsexuellengesetz
sieht derzeit das Recht auf Vornamensänderung nur für Deutsche oder für
Personen mit deutschem Personalstatut vor. Das Bundesverfassungsgericht hat dem
Gesetzgeber aufgegeben bis zum 30. Juli 2007 das Transsexuellengesetz
neu zu regeln, so dass es auch für oben genannte ausländische Transsexuelle
anwendbar ist.
Das Transsexuellengesetz eröffnet über § 1 Abs. 1 Nr. 1 nur
Deutschen und Personen mit deutschem Personalstatut (staatenlose oder
heimatlose Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland,
Asylberechtigte, ausländische Flüchtlinge mit Wohnsitz im Geltungsbereich des
Gesetzes) die Möglichkeit der Beantragung einer dem empfundenen Geschlecht
entsprechenden Änderung des Vornamens oder der Geschlechtszugehörigkeit, nicht
dagegen allen übrigen Personen mit ausländischer Nationalität. Mit diesem
Ausschluss werden ausländische Transsexuelle zur Durchsetzung ihres Anliegens
indirekt auf das Recht ihres Heimatstaates und eine dortige Beantragung
verwiesen. Sieht das Heimatrecht jedoch keine vergleichbare Regelung vor,
bleibt ihnen die Möglichkeit einer rechtlichen Anerkennung ihrer empfundenen
Geschlechtszuordnung nach der derzeit geltenden Rechtslage auf Dauer
verschlossen.
Auf einen Vorlagebeschluss des Bayerischen Obersten
Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main entschied nun der
Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG gegen das Gleichbehandlungsgebot
in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit verstoße, soweit
er ausländische Transsexuelle, die sich rechtmäßig und nicht nur vorübergehend
in Deutschland aufhalten, von der Antragsberechtigung zur Änderung des
Vornamens und der Geschlechtszugehörigkeit ausnimmt, sofern deren Heimatrecht
vergleichbare Regelungen nicht kennt. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis zum
30. Juli 2007 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Bis
dahin bleibt § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG anwendbar.
Den Vorlagebeschlüssen zu Grunde lagen der Fall eines
thailändischen Staatsangehörigen sowie einer äthiopischen Staatsangehörigen,
die sich einer operativen Geschlechtsumwandlung unterzogen und die rechtliche
Anerkennung der Zugehörigkeit zum weiblichen bzw. männlichen Geschlecht
beantragt hatten. Die Fachgerichte hatten die Anträge mangels
Antragsberechtigung abgewiesen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende
Erwägungen zu Grunde:
Mit der Beschränkung des Personenkreises der
Antragsberechtigten auf Deutsche und Personen mit deutschem Personalstatut hat
der Gesetzgeber einen am Staatsangehörigkeitsprinzip ausgerichteten legitimen
Zweck verfolgt. Er behält dem jeweiligen Heimatstaat der ausländischen
Transsexuellen die Entscheidung über deren Namen und Geschlechtszugehörigkeit
vor. Dies beruht auf dem Respekt vor den Rechtsordnungen der Staaten, denen die
Betroffenen angehören.
Die ausnahmslose Verweisung ausländischer Transsexueller,
die sich rechtmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, auf
das Recht des Staates, dem sie angehören, benachteiligt aber diejenigen, deren
Heimatrecht vergleichbare Regelungen zur Vornamensänderung und Änderung der
Geschlechtszugehörigkeit nicht kennt, gegenüber Deutschen und Personen mit
deutschem Personalstatut. Diese Benachteiligung ist sachlich nicht
gerechtfertigt. Die mit dem Ausschluss von Ausländern in
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG bezweckte uneingeschränkte
Geltung des Staatsangehörigkeitsprinzips bei der Änderung des Vornamens oder
der Geschlechtszugehörigkeit ist kein ausreichend gewichtiger Grund.
1. Es kann Gründe geben, die erfordern, bei bestimmten
Rechtsverhältnissen vom Staatsangehörigkeitsprinzip abzuweichen.
Dies gilt vor
allem dann, wenn das jeweilige ausländische Recht aus der Sicht des deutschen
Verfassungsrechts grundrechtsrelevante Rechte vorenthält oder Regelungen
getroffen hat, deren Anwendung Grundrechte der Betroffenen beeinträchtigen. Dem
trägt im deutschen Internationalen Privatrecht Art. 6 EGBGB Rechnung,
der Ausdruck des ordre public ist und bestimmt, dass im Falle der Anwendung des
Heimatrechts eine Regelung eines anderen Staates nicht anzuwenden ist, wenn
dies zu einem Ergebnis führte, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen
Rechts offensichtlich unvereinbar wäre. Damit ermöglicht diese Norm vor allem
bei mit der Anwendung ausländischen Rechts verbundenen Grundrechtsverletzungen
den Rückgriff auf das deutsche Recht, um solche Verletzungen zu verhindern.
2. § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG
entzieht Ausländern von vornherein die Möglichkeit einer inhaltlichen
Überprüfung ihres Begehrens durch deutsche Gerichte, denn die Norm bestimmt
einerseits, dass das in § 1 und § 8 TSG enthaltene Recht
Ausländern nicht zugänglich ist, und enthält andererseits auch keinen
Rechtsanwendungsbefehl im Hinblick auf das jeweilige Heimatrecht der Betroffenen.
Dies führt dazu, dass die Gerichte bei ausländischen Antragstellern weder die
Rechte des deutschen Transsexuellengesetzes zuerkennen können noch das
einschlägige ausländische Recht anzuwenden und dabei zu prüfen haben, ob die
Anwendung des jeweiligen Heimatrechtes gegen den ordre public verstoßen würde.
Damit wird ausgeschlossen, dass aufgrund von Art. 6 EGBGB deutsches
Recht zur Anwendung kommen könnte. Die zur Prüfung gestellte Norm bewirkt damit
einen absoluten Ausschluss des über Art. 6 EGBGB gewährten
Grundrechtsschutzes für ausländische Transsexuelle, deren Heimatrecht eine
Änderung des Vornamens oder der Geschlechtszugehörigkeit nicht kennt, mit der
Folge, dass die Betroffenen einer schweren Beeinträchtigung ihres Rechts auf
freie Persönlichkeitsentfaltung und Wahrung ihrer Intimsphäre ausgesetzt sind.
3. Diese Beeinträchtigung der Betroffenen lässt sich bei
denen, die sich erst kurzfristig und vermutlich nur vorübergehend in
Deutschland aufhalten, mit dem legitimen Anliegen des Gesetzgebers
rechtfertigen, zu verhindern, dass Ausländer nur deshalb nach Deutschland
einreisen, um Anträge nach dem Transsexuellengesetz stellen zu können. Für
diejenigen aber, die rechtmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland
leben, greift dieses Anliegen nicht. Für sie bedeutet die Vorenthaltung der
Rechte aus dem Transsexuellengesetz eine sie dauerhaft treffende
Benachteiligung bei zugleich ständiger Beeinträchtigung ihres
Persönlichkeitsrechts.
Siehe zum Transsexuellengesetz auch:
BVerfG, Beschl. v. 06.12.2005:
der Leitsatz
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des
Transsexuellengesetzes verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot
(Art. 3 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Grundrecht auf
Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG),
soweit er ausländische Transsexuelle, die sich rechtmäßig und nicht nur
vorübergehend in Deutschland aufhalten, von der Antragsberechtigung zur
Änderung des Vornamens und zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit nach
§ 8 Abs. 1 Nr. 1 TSG ausnimmt, sofern deren Heimatrecht
vergleichbare Regelungen nicht kennt.
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