Freitag, 12. Oktober 2012

Selbstachtung beginnt bei Dir



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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

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Selbstachtung beginnt bei Dir

Eigenartig
wie das Wort eigenartig
es fast als fremdartig hinstellt
eine eigene Art zu haben

(Erich Fried)

Wer zeichnet mein Selbstbild?

Nur allzu schnell möchte man diese Frage mit “ja ich natürlich” beantworten – das dürfte eine der grössten Illusionen des modernen Menschen sein.

Das erste, was ein Kleinkind lernt, ist sich außerhalb seiner selbst zu orientieren. Es tut etwas, guckt wie das Umfeld darauf reagiert und misst daran, ob etwas gut oder schlecht, richtig oder falsch, hilfreich oder schädlich ist. Die Welt um uns herum zeichnet unser Selbstbild und daran angelehnt entwickeln und entfalten wir uns, soweit dieses von Aussen kommende Selbstbild dies überhaupt zulässt. Dieses Funktionsprinzip behalten wir ein Leben lang, was auch immer wir tun, wird an der Reaktion unseres Umfelds gemessen und bewertet. Und so spielt jeder seine Rolle im Schauspiel seines Lebens. Transsexuellen wird dieses Funktionsprinzip jedoch in doppelter Weise zum Verhängnis.

Wenn ein transsexuelles Mädchen wie ich ihr Verhalten und Handeln an den Reaktionen ihres Umfelds misst, bekommt es eine vernichtende Kritik für alles, was aus ihrem Inneren kommt. Du benimmst Dich wie ein Mädchen, Du bewegst Dich wie ein Mädchen, Du weinst wie ein Mädchen, Du spielst wie ein Mädchen……. jeder Versuch der Entfaltung eines inneren Selbst wird so im Keim erstickt…. es ist nicht gut, ich zu sein. Und so zimmert sich dieses Mädchen einen Menschen, der der Vorstellung ihres Umfelds entspricht.

Wenn dieses Mädchen dann eine Frau ist und dabei das Leben eines von außen definierten Mannes lebt, kommt irgendwann fast zwangsläufig der Tag, an dem dieses Zerrbild ihrer selbst nicht mehr aufrecht gehalten werden kann. Diese Frau legt diese männliche Karikatur in Schutt und Asche und beginnt, ihr Selbst von innen her neu aufzubauen resp entfalten zu lassen. Spätestens jetzt ist dieses Funktionsprinzip tödlich. Wenn diese Dame ihr Selbstbild weiterhin von außen werten lässt, wird sie im Spiegel der Gesellschaft einen durchgeknallten Mann in Frauenkleidern sehen. Die Umwelt ist spätestens jetzt kein brauchbarer Spiegel mehr.

Aber was nun? Ein Leben lang war man darauf konditioniert, sein Selbst von außen definieren zu lassen. Diese Fremdbeurteilung ist weggefallen, aber was bleibt dann? In welchem Spiegel soll sie sich jetzt noch spiegeln um zu erkennen, ob sie ok ist so wie sie ist? Da ist kein Richter mehr, keine Jury, sie muss sich nun selbst beurteilen. Dieses Mädel wird es nicht einfach haben, sich zu finden und sich neu zu erfinden, da sind keine Grenzen und Absperrungen mehr die hindern, da ist keine Orientierung außerhalb ihrer selbst. Das ist eine große Herausforderung und es ist gleichzeitig die grösste Freiheit die man sich denken kann. Selbstentfaltung ohne Fremdbestimmung.

Transsexualität und Selbstsicherheit

Transsexuelle stehen vor einer riesigen Herausforderung, wenn sie in einer Gesellschaft, die Transsexualität stigmatisiert, Selbstsicherheit entwickeln wollen. Es braucht ganz neue Denkstrategien um trotz allen Vorurteilen eine stolze Frau zu sein. Wenn ich zurück denke und mein Selbstbewusstsein von Anfang dieses Prozesses mit dem von heute vergleiche, dann staune ich Bauklötze, wie viel sich da verändert hat. Ich wünschte mir, ich könnte anderen transsexuellen Menschen mit Worten erklären, wie ich diese Veränderung ausgelöst habe, aber das dürfte mir kaum gelingen – versuchen will ich es trotzdem.

Im ersten Abschnitt habe ich betont, dass Menschen so konditioniert sind, dass sie ihren Wert daran messen, ob sie von ihrem Umfeld gutgeheissen werden oder nicht. Transsexuelle sind da in der Regel auch nicht anders, aber sie müssen anders werden, weil sie sich sonst mit einer abwertenden Zerrbrille bemessen, die Ihr Selbstbewusstsein in Schutt und Asche legt. Aber wie kann ich mich ok finden und stolz auf mich sein, wenn mich Leute angucken, als ob ich eine singende Kröte auf dem Kopf hätte? Wie kann ich Achtung vor mir selbst haben, wenn mir immer wieder Menschen begegnen, die mich belächeln oder gar verachten?

Fremdbewertung vermeiden

Der wichtigste und schwerste Teil ist der, zu erkennen, dass der Wert von etwas nie durch einen Beobachter gemessen wird. Wenn etwas wertvoll ist, spielt es keine Rolle, ob jemand es nicht für wertvoll hält, der Wert liegt in etwas oder nicht. Wenn ich einen Diamanten mit Dreck verschmiere, werden ihn die meisten für einen dreckigen Stein halten, hat er wirklich an Wert verloren? Dasselbe ist mit uns. Ich bin nicht eine Frau, weil die ganze Welt mir dies attestiert, ich bin eine Frau, weil ich weiblich bin. Und ich bin auch nicht weniger weiblich, wenn man mir meine Weiblichkeit mit Blicken abspricht. Wenn ich heute so eine negative Wertung zu bemerken glaube, betrifft mich das nicht wirklich. Ich nehme zur Kenntnis, dass da jemand ein falsches und verzerrtes Bild von mir hat, aber das ändert meine Persönlichkeit und mein Geschlecht nicht. In der Regel kenne ich diese Person ja nicht mal, was interessiert es mich, ob diese Person mir Weiblichkeit attestiert?

Ich bin eine transsexuelle Frau – na und?

Der grösste Fehler, den wohl die meisten Transfrauen vor allem am Anfang machen, ist der Versuch eines hundertprozentigen Passings. Das ganze Denken wird vernebelt vom Gedanken: “Hoffentlich sieht niemand was ich bin, hoffentlich werde ich als Frau wahrgenommen”. Gerade am Anfang ist der Versuch, als “biologisch korrekte Frau” durchzugehen, zwangsläufig zum Scheitern verurteilt. Resultat ist, dass man von einem “Mist, sie haben’s gemerkt” zum Nächsten geschleudert wird. Aber ich bin keine “biologisch korrekte geborene” Frau und da kann ich auch nix dafür, warum sollte ich mich also dafür schämen? Ich bin eine transsexuelle Frau, also eine Frau mit männlichen Geschlechtsmerkmalen. Aber ich bin eine Frau – das alleine ist für meine Geschlechtsidentität wesentlich. Wir “T-Girls” sollten nicht versuchen, unser ‘T’ loszuwerden und zu verleugnen. Ich bin eine transsexuelle und das ist ok so.

Während ich früher, wenn mich jemand blöd musterte, etwas dachte im Stil von “Mist sie haben’s bemerkt und halten mich jetzt für einen rocktragenden Mann”, denke ich heute in derselben Situation eher etwas im Stil von: “Ja Du siehst richtig, vor Dir steht eine transsexuelle Frau” und bin nicht im Geringsten der Meinung, dass dies etwas Schlechtes ist. Transsexuelle Frauen sieht man nicht täglich und oft dürften Leute in so Situationen viel weniger Schlimmes denken als wir befürchten. Nicht jeder der uns genau mustert, denkt: “wäh eine Transe”, bei vielen dürfte es eher so in ihrem Kopf klingen: “gibt’s ja nicht, ist das nicht eine transsexuelle Frau? hätte nicht gedacht, dass mir mal so jemand begegnet”. Heutzutage haben viele Menschen schon etwas darüber erfahren, in Medizinsendungen oder sonstigen Dokus.

Ich bin der festen Auffassung, dass man als transsexuelle Frau nur dann mit der Öffentlichkeit klar kommt, wenn man die eigene Transsexualität nicht als Makel betrachtet sondern zu seiner andersartigen und ungewöhnlichen Wesensart steht.

 Identifikation mit den positiven Aspekten transsexueller Menschen

Aber transsexuelle Menschen stehen von Anfang an im Sumpf der Vorstellung, dass Transsexuelle krank, kaputt, pervers oder minderwertig sind. Ok, wir haben körperliche Makel, aber wir haben dafür auch Wesensarten und Fähigkeiten, die im positiven Sinn aussergewöhnlich sind. Unser “Leben unter erschwerten Bedingungen” hat uns stark und hart gemacht, es lernte uns Toleranz und Einfühlungsvermögen, es öffnete uns den Vorhang zum Geheimnis der Geschlechtsunterschiede. Ich bin wirklich der festen Überzeugungen, dass viele meiner Wesensarten, die von meinem Umfeld speziell geschätzt werden, eine direkte Folge meines Lebens im falschen Körper und eines Lebens in falschen Rollenmustern sind. Ja ich bin ausser-gewöhnlich, aber wer will schon gewöhnlich sein? An diesen positiven Aspekten muss sich eine transsexuelle Frau festhalten, denn das ist es, was unser Wesen ausmacht, nicht diese kleinen anatomischen Anomalien.

Fazit und Ratschlag

Solange eine transsexuelle Frau versucht, eine “normale Frau” zu sein, wird sie endlos in die Wand rennen. Jedes Lebewesen muss stolz sein auf das was es ist, das ist bei uns transsexuellen Frauen nicht anders. Alle Menschen sind einzigartig und ihre Einzigartigkeit macht sie zu dem, was wir schätzen oder ablehnen. Transsexuelle Menschen müssen lernen, ihre Einzigartigkeit als das anzunehmen was sie ist. Wenn eine transsexuelle Frau das ist, was sie ist und dieses so-sein ganz entfaltet, dann hat sie allen Grund stolz zu sein – egal ob Andere das auch so sehen.

Warum Männer Frauen sein wollen

Das Rätsel um die Transsexualität ist nach wie vor nicht gelöst. Doch die Hinweise auf genetische Gründe mehren sich, wenn biologische Männer sich als Frau fühlen.

Transsexuelle gehen oft einen langen Leidensweg. Etwa einer von 12 000 Männern wünscht sich, eine Frau zu sein. Sie tragen einen eindeutig männlichen XY-Chromosomensatz – und dennoch haben sie das Gefühl, im falschen Körper zu stecken.

Australische Wissenschaftler um Lauren Hare haben nun in der bislang größten Studie zur Genetik der Transsexualität 112 Männer, die sich als Frau fühlen, und 258 Kontrollpersonen untersucht. Im Fokus standen drei Gene, von denen bekannt ist, dass sie eine wichtige Rolle in der sexuellen Entwicklung spielen: eines ist für die Ausbildung der Androgenrezeptoren verantwortlich, eines für die Östrogenrezeptoren und eines für ein Enzym, das Testosteron in Östrogen umwandelt.
Schwächere Testosteronsignale

Dabei stellten sie einen deutlichen Unterschied fest: Die Transsexuellen trugen eine längere Version des Androgenrezeptor-Gens als die Kontrollgruppe. Dieser Unterschied kann sich auf den Testosteronhaushalt auswirken: Ist dieses Gen länger, sind die Signale des männlichen Hormons Testosteron schwächer. Das wiederum könnte einen Effekt auf die Geschlechtsentwicklung im Mutterleib haben, spekulieren die Forscher. „Es gibt das soziale Stigma, dass Transsexualität eine Frage des Lifestyles ist. Unsere Ergebnisse dagegen unterstützen den Ansatz, dass es eine biologische Grundlage dafür gibt, wie sich eine Geschlechtsidentität entwickelt“, sagt Vincent Harley, Co-Autor der Studie. Zudem sei nicht allein ein Gen für die Transsexualität verantwortlich.

Eine frühere Studie hat bereits gezeigt, dass bestimmte Gehirnstrukturen von Männern, die sich als Frau fühlen, eher denen von Frauen entsprechen.

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„Wenn man den Geist nicht so verändern kann, dass er zum
Körper passt, dann sollten wir uns vielleicht dazu
entschließen,
den Körper so zu verändern, dass er dem Geist entspricht.

1 Kommentar:

  1. Hallo, dem ersten Teil des Artikels kann ich nur unterstützen, da es bei mir genau so abgelaufen ist.
    Aber dieses Zerrbild zerriss als ich trotz sucht und Depressionen, mich selbst fragte,"Wer bzw. Was bin ich","Will ich weiter mit der Lüge leben ".
    NEIN!!! Heute bin ich zwar erst am Anfang meines Weges, aber ich habe mich selbst gefunden, so das ich mit Stolz sagen kann? :ICH BIN EINE FRAU! !!!!
    Dieser Weg wird lang und Steinig, aber ich gehe lhn
    gern, denn ich gehe ihn für MICH.
    Danke dir gerade für diesen Artikel!
    Mit ganz lieben Grüßen, Petra Marie ' Zurek

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