Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle
Rechte vorbehalten!
Geschrieben und Bearbeitet von
Nikita Noemi Rothenbächer 2013
Bitte kopiert den Link und gebt
diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Hallo nun nach vielen Wochen der Krankheit kam ich am 17.02
von der Reha zurück, als erstes möchte ich mich für die Anteilnahme vieler
Leser und Freunden wie Bekannten bedanken!
In der Zeit von Klinik habe ich sehr viel Zeit gehabt zum
Überlegen, habe eine Unmenge von Gesprächen geführt und durch diese wurde ich
sehr Nachdenklich!
Transsexuallität ist keine Modeerscheinung sondern diese
gibt es Zeit es die Menschen gibt!
Aber nicht nur diese gibt es sondern auch die Minderheit von
Intersexuellen Menschen wie diese der Homosexualität.
Jede dieser Gruppen werden als Minderheit betrachtet, jedoch
nur weil es nun mal weniger sind als der Hauptbestandteil der Menschen, dieses
jedoch gibt keinem das Recht über diese Minderheiten ein falsches Urteil
abzugeben.
Die Ereignisse der letzten Monate führt zu sehr vielen Diskussionen
es fing schon sehr früh an würde sagen sehr früh, wenn man etwas Recherchen
macht etwas Lesen und sich Austauschen bemerkt man schnell das es sehr wenige
einzelne Personen gibt, welche Überhaupt mitreden können.
Die Vermutung das sagen und hören also nichts was sich
Wissenschaftlich begründen lässt, vermag zu zeigen, das Minderheiten entstehen
durch Unwissenheit und dem Druck der Allgemeinheit zu folgen.
Diese Diskussionen von Gesetzen welche in Russland jetzt
auch Gana wie durch die Medien bekannt wurde eine Welle der Empörung hervorruft.
Meinungsfreiheit, persönliche Entfaltung und das Recht über
das eigene Leben selbst zu entscheiden, kann und darf nicht von der Politik
bestimmt werden!
Den Beitrag welcher folgt sollte man einfach mal genau durch
lesen!
Transsexualität wirft eine ganze Reihe von kontroversen praktischen Fragen auf:
1. Kann sich ein Mensch mit männlichem Körper überhaupt als
Frau fühlen oder ist so jemand als geisteskrank zu be- trachten? Darf eine
solche Person Frauenkleider anziehen und sich damit womöglich sogar in der
Öffentlichkeit zeigen? Wie soll
man eine solche Person
ansprechen? Welche Toilette
soll eine transsexuelle Person benutzen?
Darf ein Mensch
seinen Körper selbst
designen? Wer soll
den kostenintensiven Wunsch nach
einer Geschlechtsanpassung bezahlen? Darf eine transsexuelle Person vor oder
nach der Operation heiraten? Und darf sie Kinder adoptieren (oder zumindest
behalten) und falls ja, gilt sie dann als Mutter oder als Vater? –Ich konzentriere
mich deshalb auf
die Frage, ob
eine transsexuelle Frau
die Freiheit haben sollte, in der
Öffentlichkeit als Frau aufzutreten.
Ich werde die Ansicht
vertreten, dass Transsexualität als gleichberechtigte Lebensweise zu
akzeptieren sei und dass jeder Mensch eine echte Wahl haben sollte, ob er «eine
Frau» oder «ein Mann» werden will, unabhängig vom biologischen Geschlecht.
Was nun die von mir zu behandelnde Frage anbetrifft, so bin
ich bereit, alle die mir durch das Vorurteil gestellten ungünstigen Bedingungen
anzunehmen. [...] Ich lasse mir gefallen, dass das Urteil gegen mich lautet,
bis ich nachgewiesen habe, dass der Richter selbst [die hergebrachte Sitte und
das allgemeine Gefühl] bestochen sei. (Mill 1991: 10) Meine Motivation für
diese Arbeit ist die persönliche Betroffenheit.
Als transsexuelle Frau kenne ich die damit verbundene
Unsicherheit in mir selbst und
bei Menschen, die mit
mir zu tun haben.
Mein Anspruch an praktische Philosophie, wenn sie selbst
praktischen Sinn haben soll, ist, dass sie real existierenden Menschen
Orientierungshilfe für ihre tatsächlichen Probleme geben kann. Ich hoffe, zum Nach-
denken anregen zu können, ob einiges von dem, was wir für selbstverständlich
halten, nicht auch ganz anders sein könnte.
Was ist Transsexualität?
Eine transsexuelle Person empfindet ihr selbst empfundenes
Geschlecht im Widerspruch zu ihrem biologischen Geschlecht. Sie fühlt sich im
«falschen Körper» gefangen und leidet darunter, ihre personale Geschlechtsidentität
nicht entfalten zu können und statt dessen eine als fremd empfundene Rolle
spielen zu müssen. Kurz kann man Transsexualität als prinzipiell unauflösbaren
Widerspruch zwischen der biologischen und der personalen Geschlechtsidentität
definieren. Damit ist noch nichts über das Verhalten der Person gesagt: Ein
Mann kann sich sehr wohl auf eine als eher weiblich bezeichnete Art verhalten,
ohne deswegen eine Frau sein zu wollen. Umgekehrt kann sich eine transsexuelle
Frau in sozialen Beziehungen bewusst oder unbewusst stark männlich geben, weil
sie glaubt, nur so von ihren Mitmenschen akzeptiert zu werden, weil sie zu
einem Mann erzogen wurde oder weil ihr Körper von einem männlichen
Hormonmix gesteuert wird.
Manchmal wird anstatt
Transsexualität auch der
Begriff «Transidentität» (siehe
dazu Alter 1999: 11) verwendet. Ich persönlich finde Transidentität
einleuchtender, weil es sich um
eine außergewöhnliche Konstellation
der Geschlechtsidentität handelt
und nicht um
eine abweichende sexuelle
Präferenz, wie der Begriff «Transsexualität» durch seine Nähe zu Homo- und
Heterosexualität suggerieren mag.
Ich werde trotzdem
den geläufigeren Begriff
«Transsexualität» verwenden. Über die
sexuelle Ausrichtung einer
transsexuellen Person ist
übrigens auch noch
nichts gesagt: alle Möglichkeiten sind offen und kommen in
der Realität auch vor
2. Es ist sinnvoll,
verschiedene Phasen oder
Ausdrucksweisen von Transsexualität zu
unter- scheiden: Die meisten Transsexuellen passen sich in der Kindheit
dem Verhalten der anderen Personen mit dem gleichen biologischen Geschlecht an.
Das latente Gefühl, eigentlich dem anderen Geschlecht anzugehören, wird
unterdrückt. Ich spreche in dem Fall von verborgenem Transsexualismus. Mit der
Zeit merkt eine transsexuelle Person, dass irgendetwas nicht stimmt. Sie
beginnt mit Attributen und Verhaltensweisen des Gegengeschlechts zu spielen
oder Verbannt diese umso stärker aus dem eigenen Leben, um ein «richtiger Mann»
bzw. eine «richtige Frau» zu sein. Das Erwachen setzt ein. Weil die entdeckten
Gefühle nicht mit dem übereinstimmen, was für normal gehalten wird, lösen sie oft
Scham und Schuldgefühle aus. Die
transsexuelle Person spricht nicht darüber und versteckt alles was darauf hindeutet
– weshalb ich hier von heimlichem Transsexualismus spreche.
Doch oft wird irgendwann der Leidensdruck für die betroffene
Person so gross, dass sie sich nicht mehr verstecken und verstellen will oder
kann. Für viele Transsexuelle ist
das mit depressiven
Krisen verbunden und
die Selbstmordgefahr ist
sehr hoch. Wenn sie sich in dieser
Situation dafür entscheidet, sich über alle Widerstände hinwegzusetzen und endlich
ihr eigenes Leben zu leben, dann beginnt der offen gelebte Transsexualismus.
Dieses Coming-Out ist für die Betroffenen eine große
Entlastung und Befreiung (sofern sie nicht durch ihre Mitmenschen wieder in die
alten Schranken zurück verwiesen werden). Trotzdem wünschen sich Transsexuelle
natürlich nach wie vor, dem
selbst empfundenen Geschlecht
wirklich angehören zu
können und von
den anderen Mensch
dementsprechend anerkannt zu werden. Außenstehende sehen aber lediglich einen
Mann, der sich als Frau verkleidet, bzw. eine Frau, die sich als Mann
verkleidet. Die transsexuelle Person trägt die ganze Last des Widerspruchs und
muss sich in der Öffentlichkeit für ihr Verhalten rechtfertigen können. Mit chirurgischen
Angleichungen der Geschlechtsmerkmale ist
es heute möglich,
diesen Widerspruch (nahezu) zu
verbergen.
Diese «kosmetischen Anpassungen» ermöglichen der
angeglichenen Transsexuellen tatsächlich ein Leben in ihrem selbst empfundenen
Geschlecht zu führen, allerdings bleibt sie für den Rest ihres Lebens auf
künstliche Hormone angewiesen. Woher kommt Transsexualität? – oder warum wollen
einige Menschen nicht in ihrem biologischen Geschlecht leben? – Die Frage lässt
sich mit gleichem Recht aber auch umkehren: Wie kommt es, dass über 99% der
Menschen tatsächlich in ihrem biologischen Geschlecht leben wollen? – Wenn
wir darüber nachdenken
und ehrlich antworten,
müssen wir sagen,
wir wissen es
nicht. Ich will
hier auch nicht weiter darauf eingehen. Was sich dennoch mit ziemlicher
Sicherheit sagen lässt, ist, dass es biologische Wurzeln für die frühkindliche
Identitätsentwicklung gibt, dass das soziale und kulturelle Umfeld einen
prägenden Einfluss auf das Verhalten der Person haben und dass es ohne eigenen
Willen undenkbar wäre, dass sich eine Person über biologische und soziale
Widerstände hinwegsetzt, um in der anderen Geschlechterrolle zu leben.
Freiheit für wen?
Ein möglicher
Umgang mit Transsexualität ist,
die betroffenen Personen
als unmündig zu
betrachten.
Dann ist es gar nicht
nötig, dass wir uns mit solchen Fragen befassen, die durch «das gestörte
Verhalten geisteskranker Menschen» aufgeworfen werden. John Stuart Mill sagt
dazu: «Es ist vielleicht kaum nötig zu betonen, dass diese Lehre [der Freiheit]
nur auf Menschen mit völlig ausgereiften Fähigkeiten anzuwenden wäre»
(Mill 1974: 17).
Fachkundige Ärzte und
Psychiater könnten dann
von außen bestimmen, was gut für die transsexuelle
Person ist, denn «wer sich noch in einem Stande befindet, wo andere für ihn
sorgen müssen, den muss man gegen seine eigenen Handlungen ebenso schützen wie
gegen äußere Unbill» (Mill 1974: 17). So lange ein Mensch nicht fähig ist, zu
seiner «eigenen Vervollkommnung durch Überzeugung oder
Überredung geleitet zu
werden» (Mill 1974:
18), «bis dahin
ist [ihm] nichts
als still- schweigender Gehorsam
[...] angemessen - wenn [er] so glücklich [ist], einen [Herrscher] zu finden»
(Mill 1974: 17f). Mit diesem Recht hat man früher bekennende Transsexuelle in
Nervenheilanstalten mit Elektro- schock «therapiert». Trotz dieser drastischen
Mittel blieb der Erfolg aus. Zum Einsatz solcher Methoden meint Mill dann doch,
dass «die Mittel dadurch gerechtfertigt werden, dass man den Zweck wirklich er-
reicht» (Mill 1974: 17), was höchst fragwürdig erscheint. Bisher bin ich
stillschweigend davon ausgegangen, dass Mill die Meinung teilt, Transsexuelle
seien als unmündig
zu betrachten. Doch
es gibt gute
Gründe, die gegen diese Annahme
sprechen: Transsexuelle sind
genau so intelligente
und anständige Menschen
mit «ausgereiften Fähigkeiten» wie andere
auch. Zumindest so
lange der Transsexualismus verborgen
oder ein gut
gehütetes Geheimnis bleibt, ist
Transsexuellen kaum etwas Außergewöhnliches anzumerken. Und selbst bei offen
gelebtem Transsexualismus wäre es
absurd und willkürlich,
ihnen die Mündigkeit
abzusprechen, nur weil
ihre Vorstellungen des guten Lebens in einem Bereich nicht mit jenen der
Mehrheit überein stimmen. Dazu Mill: Aber der Mann und – noch mehr – die Frau,
die beschuldigt werden können, etwas getan zu haben, «was niemand tut», oder
unterlassen zu haben, «was jeder tut», werden Gegen- stand so vieler abfälliger
Bemerkungen, wie wenn er – oder sie – irgend ein schweres Ver- brechen begangen
hätte. [...] denn wer mit zu viel Nachsicht rechnet, läuft das Risiko von etwas
Schlimmerem als Verunglimpfung: er ist in Gefahr, als Geisteskranker behandelt
[...] zu werden. (Mill 1974: 94f) Und in einer Anmerkung zu dieser Stelle fährt
er fort: Was «nur den Anschein von etwas nicht absolut Normalem trägt, wird vor
Gericht – oft mit Erfolg – als Beweis von Verrücktheit vorgelegt», denn
«Richter und Geschworene [können]
nicht einmal fassen,
dass eine gesunde
Person solche Freiheit
wünschen kann» (Mill 1974:
95). Mill warnt
eindringlich vor der «Tyrannei der
Mehrheit» (Mill 1974:
9) und vor «sozialer Tyrannei», die «fürchterlicher
als viele andere Arten politischer Bedrückung» sei, «da sie viel tiefer in das
private Leben eindringt und die Seele selbst versklavt» (Mill 1974: 10). Genau
diese Angst vor dem
Für-Verrückt-Gehalten-Werden
führt dazu, dass
Transsexuelle sich anpassen und
tun, «was jeder tut», und ihre Gefühle, mit denen sie
allein zu sein scheinen, unterdrücken. Der Ausdruck «versklavte Seele»
beschreibt äußerst treffend die Art von Unfreiheit im Bereich der geschlechtsrelevanten
Interaktion, die Transsexuelle vor ihrem Coming-Out erleben.
Wozu Freiheit?
Wie wir gesehen haben, gibt es keinen einleuchtenden Grund
einer transsexuellen Person grundsätzlich weniger Freiheit zuzugestehen, als
sonst einer Person. Aber warum brauchen wir überhaupt Freiheit? – Mill ist
erstens überzeugt, dass die maximalen Freiräume
des einzelnen Menschen der Menschheit
als Ganzes am meisten nützen: Ich
betrachte Nützlichkeit als
letzte Berufungsinstanz in
allen ethischen Fragen,
aber es muss Nützlichkeit im
weitesten Sinne sein, begründet in den ewigen Interessen der Menschheit als
eines sich entwickelnden Wesens. (Mill 1974: 18) Die einzige
untrügliche und andauernde
Quelle für den
Fortschritt ist die
Freiheit, weil durch sie
eben so viel
unabhängige Zentren des
Fortschritts möglich sind,
als Individuen vorhanden. (Mill
1974: 97) Ich sagte, es sei wichtig, ungewöhnlichen Dingen einen möglichst
freien Spielraum zu ge- währen, damit sich im Laufe der Zeit herausstellt,
welche von ihnen sich eignen, Tradition zu werden. (Mill 1974: 93) Zweitens ist
für Mill Freiheit auch eine notwendige Voraussetzung für die selbst bestimmte
Entfaltung der eigenen Persönlichkeit als Ideal des
menschlichen Lebens. Er zitiert
Wilhelm von Humboldt, der
sagt, dass «der wahre Zweck des Menschen […] die höchste und
harmonischste Entwicklung seiner Kräfte zu einem kompletten und folgerichtigen
Ganzen ist» (Mill 1974: 79). Oder mit eigenen Worten: Soll der Anlage eines
jeden freies Spiel gewährt werden, dann ist es wesentlich, dass verschiedene
Personen auch ein verschiedenes Leben führen können. (Mill 1974: 88,
Hervorhebung im Original) Mit der Bemerkung, dass Individualität und
Entwicklung eins sind, und dass einzig ihre Pflege wohl entwickelte menschliche
Wesen hervorbringt oder bringen kann,
könnte ich hier die Beweisführung schließen; denn was kann mehr oder Besseres
von einem Zustand der menschlichen
Angelegenheiten gesagt werden,
als dass er
Menschen dem Ideal
näher bringt? (Mill 1974: 88) Taugt eine dieser beiden oder beide
Begründungen der Freiheit auch im speziellen Fall von transsexuellen Menschen?
Ich stimme zu, dass die Freiheit im
einen oder im anderen Geschlecht zu leben zur «freien Entwicklung der Persönlichkeit»
beiträgt, aber dass Freiheit notwendigerweise «eine Hauptbedingung der
Wohlfahrt ist» (Mill 1974: 78), wie Mill behauptet, lässt sich bestreiten.
Zwar
zeigen Studien, dass eine geschlechtsangleichende Operation bei vielen
Transsexuellen tatsächlich zu einer Verbesserung des Wohlbefindens führt, aber
nicht bei allen!
3. Noch viel unsicherer wird es, wenn man behauptet, die Freiheit von
Transsexuellen trage zum
Fortschritt der Menschheit
bei. Von der
Lebensweise einer kleinen Minderheit wie der der
Transsexuellen, kann nicht erwartet werden, dass sie für breitere Bevölkerungs-
schichten je Tradition wird. Mill bezeichnet Freiheit als «Bedingung» für
«Zivilisation, Ausbildung, Erziehung, Kultur» (Mill 1974: 79), doch es gibt
nicht wenige Leute, die eben diese Werte ernsthaft in Gefahr sehen, wenn man
sogar Transsexuellen Freiheit für ihr «lasterhaftes Auftreten» lässt. Weiter
kann nach Mill «das Genie [...] nur frei atmen in einer Atmosphäre von
Freiheit» (Mill 1974: 89) und «die Leute finden das Genie ganz schön, wenn es
jemanden befähigt, ein reizendes Gedicht zu schreiben oder ein Bild zu malen.
Aber Transsexuelle sind nicht unbedingt genial und die
Wahrscheinlichkeit, dass sie kreativen Ausdruck für ihre verzweifelten Gefühle
suchen oder sich kompensatorisch in Arbeit fliehen, ist vielleicht grösser,
wenn man ihren
Leidensdruck nicht mildert.
Allenfalls
könnten Transsexuelle als «exotisches Sexobjekt» oder als «Belustigungsobjekt in Talkshows»
dienen. Doch das wäre höchst zynisch und
schießt an der Behauptung Mills vorbei: er behauptet nicht, dass Freiheit für
eine bestimmte Gruppe von Menschen zum Fortschritt der ganzen Menschheit
beiträgt, sondern lediglich, dass sich die Menschheit besser entwickeln kann,
wenn alle möglichst frei sind, als wenn alle unfrei sind. Das mag zu- treffen
oder auch nicht. Ich befürchte, dass Freiheit (im Sinne von Abwesenheit von
Zwang) alleine noch kein Garant für
Fortschritt ist. Und
überhaupt gehen die
Meinungen darüber, was
Fortschritt sei, weit auseinander. Bleibt noch zu prüfen, ob
die Begründung, dass «persönliche Selbstbestimmung [...] etwas innerlich
Wertvolles oder etwas, das um seiner selbst Willen Beachtung verdient», (Mill
1974: 79) sei, allei- ne schon tragfähig genug ist, um Freiheit zu
rechtfertigen. Mill geht nicht ausdrücklich darauf ein, da er voraussetzt,
dass Harmonie zwischen
den beiden Begründungssträngen für Freiheit
herrscht. Dennoch deutet die
Bemerkung von «Nützlichkeit im weitesten Sinne [...], begründet in den ewigen
Interessen der Menschheit als eines sich entwickelnden Wesens» (Mill 1974: 18,
Hervorhebung E.B.) darauf hin, dass Freiheit eine unbedingte Voraussetzung für
menschenwürdiges Leben sei, ebenso wie folgende Passage: «[...] so wird doch
das Sich-Anpassen an Gebräuche rein als solches in ihm keine der Qua-
litäten entwickeln, welche
die unterscheidende Mitgift
menschlicher Wesen bilden.
Die menschlichen Fähigkeiten [...] kann man nur dadurch üben, dass man
eine Wahl trifft. (Mill 1974: 80f) 2.3 Freiheit wozu? Jetzt, da
wir festgestellt haben,
dass Freiheit ein
lohnenswertes Ziel sein
kann und dass
Transsexuelle Menschen sind, denen die Freiheit nicht a priori
verweigert werden kann, interessiert uns natürlich, wie weit diese Freiheit
gehen darf. Denn selbstverständlich meint Mill nicht Willkürfreiheit, sondern
legitime Freiheit, die ihre Grenze an der Freiheit des anderen findet.
Die
eigentliche Kernaussage seines Werks «Über die Freiheit» ist, dass «die
Menschen […] die Freiheit haben sollten, nach ihrer Meinung zu handeln, […]
solange es auf eigene Kosten und Gefahr geht» (Mill 1974: 77) und dass eine
Einschränkung der individuellen
Freiheit durch die
Gemeinschaft nur gestattet
ist, um die
Schädigung anderer zu verhindern: Dies Prinzip lautet: dass der
einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, in die
Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumengen befugt ist, der ist: sich
selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen
den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben
darf, der ist: die Schädigung anderer zu verhüten. (Mill 1974: 16) Damit
verneint Mill, dass irgendjemand besser weiß, wie man leben soll, und deshalb
befugt ist, anderen zu sagen, wie sie zu leben haben. Stattdessen fordert sein
Prinzip den größtmöglichen Respekt vor der anderen Person und deren Willen,
bedingt einzig dadurch, dass keine negativen Folgen für andere entstehen. Damit
ist für Mill auch klar, wer die Beweislast zu tragen hat: [...] die
Beweisführung [wird] von denen erwartet, welche sich als Gegner der Freiheit
hin- stellen und irgendeiner Einschränkung oder einem Verbot das Wort reden
[...]. Es ist a priori die Annahme immer zu Gunsten der Freiheit und
Unparteilichkeit. (Mill 1991: 7, Hervorhebung im Original) Dennoch scheint
dieses Gesetz der Beweisführung nicht zu gelten, wenn man gegen «die
hergebrachte Sitte und das allgemeine Gefühl» antritt, wie Mill in der
Einleitung zu «Die Hörigkeit der Frau» feststellt (Mill 1991: 7ff). In Bezug
auf Transsexuelle trifft das ebenso zu: dass jemand, der für einen Mann
gehalten wird, Frauenkleider anzieht, wird als unnatürlich angesehen. Mill
sagt, «dass man unnatürlich gewöhnlich das nennt, was ungewöhnlich ist, und
dass alles, was hergebrachte Gewohnheit ist, auch natürlich erscheint» (Mill
1991: 24, Hervorhebung im Original). Die Gewohnheit kann jedoch auch überwunden
werden und sich ändern: Früher war es ungewöhnlich, dass Frauen Hosen anziehen, heute gilt es als normal. Und die Forderungen Mills
nach der rechtlichen Gleichstellung der Frau in «Die Hörigkeit der Frau» gelten
heute als selbstverständlich, so dass wir uns fast nicht mehr vorstellen
können, dass Mill vor 130 Jahren nur Unverständnis erntete4. Für Mill ist klar,
dass in einer modernen Gesellschaft das Prinzip der Freiheit Vorrang haben muss
vor der Tradition:
Was ist der Charakter der modernen Welt – der hauptsächlichste
Unterschied zwischen modernen Institutionen, modernen sozialen Ideen, modernem
Leben und dem längst vergangener Zeiten? Die Überzeugung, dass Menschen nicht
für einen vorbestimmten Platz im Leben
geboren und an
die Stelle, wohin
sie die Geburt
gewiesen, unwiderruflich gefesselt sind, sondern die Freiheit haben,
ihre Fähigkeiten anzuwenden und jede sich darbietende Gelegenheit benutzen,
um diejenige Lebensstellung zu
erlangen, welche ihnen
die wünschenswerteste scheint.
(Mill 1991: 30f) Müsste Mill konsequenterweise nicht auch die Freiheit bejahen,
wenn Menschen die Gelegenheit benutzen, um dasjenige Geschlecht zu erlangen,
welches ihnen das wünschenswertere scheint? Mill äußert sich meines Wissens
nicht zu dieser Frage. Das kann daran liegen, dass zu seiner Zeit, in der die
Sexual- moral vom strengen viktorianischen Geist beherrscht war, sich nur sehr
wenige Transsexuelle getrauten, zu ihren Gefühlen zu stehen, und diejenigen,
die es trotzdem taten, für verrückt gehalten und aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden.
Mill: «Dass so
wenige wagen, exzentrisch
zu sein, enthüllt
die hauptsächliche Gefahr unserer Zeit» (Mill 1974: 93).
Mill wäre
vermutlich erstaunt über die Möglichkeit eines Geschlechtswechsels und
überrascht, dass es Menschen gibt, die das wollen. Ob er nach reiflicher
Überlegung zum Schluss käme, dass Menschen die Freiheit haben sollten, ihr
Geschlecht selbst zu wählen, oder ob er vom eigenen Mut erschreckt
zurückkrebsen würde, kann ich nicht beantworten.
Einen weiteren
Einwand kann ich
nicht unberücksichtigt lassen:
Der Wille einer
Person kann sich ja ändern, auch bei einer Entscheidung, die nur sie
selbst betrifft. Soll ein Mensch z.B. die Freiheit haben, sich selbst zu versklaven? Oder ist es in einem solchen Fall nicht
angebracht, die Person vor sich selbst zu schützen? – Ja, meint Mill, denn: Die
Ursache der Nichteinmischung in das Handeln eines Menschen [...] ist die
Achtung vor seiner Freiheit. [...] Verkauft er sich aber als Sklave, so entsagt
er seiner Freiheit und verzichtet damit
auf allen künftigen Gebrauch außer diesem letzten. [...] Das Prinzip der Freiheit
kann nicht fordern, dass er die Freiheit haben sollte, nicht frei zu sein.
(Mill 1974: 141) Kann etwas Analoges wie zur Selbstversklavung auch zur
«Selbstkastration» gesagt werden? Schließlich hat eine geschlechtsangleichende
Operation (unter anderem) genau jenes Ziel und bereits eine Hormon- behandlung
hat nach kurzer Zeit nicht mehr rückgängig machbare Folgen. – Es gibt durchaus
Parallelen, auch wenn eine
Selbstkastration nur einen
Teilbereich der menschlichen
Freiheit verunmöglicht. Der entscheidende Unterschied
ist aber, dass
Transsexuelle die Sexualität
in ihrem Geburtsgeschlecht viel eher als Last denn als Lust empfinden
und daher gerne bereit sind, auf einen Teil der Freiheiten zu verzichten, wenn
diese Maßnahme ihnen dafür andere, neue Freiräume eröffnet. Dennoch, der Wille
der geschlechtswechselwilligen Person könnte ja nochmals kippen. Das ist
tatsächlich nicht ausgeschlossen, wenn
auch relativ selten.
Zu den Vorsichtsmaßnahmen
gehört eine gute Aufklärung über
Risiken und Nebenwirkungen sowie ein Alltagstest, in der das tägliche
Leben in der anderen Geschlechterrolle er- probt
werden kann. Unter
Berücksichtigung dieser Bedingungen
sollte meiner Meinung
nach die Entscheidung zu einem solch schwerwiegenden
Schritt der betroffenen Person überlassen werden und nicht einem so genannten
Spezialisten. Sowohl die eine, wie Der andere können sich irren. – Und wer
möchte im Falle eines Irrtums nicht lieber selbst Schuld sein.
Orginaltext: http://geschlechter.net/trans_mill_1.html
Orginaltext: http://geschlechter.net/trans_mill_1.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen