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Noemi Rothenbächer 2015
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„Wenn man den Geist
nicht so verändern kann, dass er zum Körper passt, dann sollten wir uns
vielleicht dazu entschließen, den Körper so zu verändern, dass er dem Geist
entspricht.“
Neues Gesetz: Kalifornien stärkt Rechte von Transgender-Schülern
Als erster Bundesstaat in den Vereinigten Staaten hat
Kalifornien ein Gesetz zu den Rechten von Transgender-Schülern verabschiedet.
In Zukunft dürfen diese selbst entscheiden, welche Sportart sie betreiben oder
welche Toilette sie aufsuchen wollen.
Los Angeles - Eine neue Verordnung verpflichtet öffentliche
Bildungseinrichtungen im US-Bundesstaat Kalifornien, dafür zu sorgen, dass
Kinder und Jugendliche vom Kindergartenalter bis in die zwölfte Klasse nach
Belieben die Toilette für Jungs oder Mädchen aufsuchen dürfen. Auch bei der
Wahl der Sportarten sind diese Schüler ab jetzt frei, hieß es.
Eltern hatten in der Vergangenheit beklagt, dass betroffene
Schüler von wichtigen Schulaktivitäten ausgeschlossen worden seien und sich
teilweise aufgrund der Diskriminierung gar nicht mehr in ihre Klasse getraut
hätten.
Auch die US-Bundesstaaten Massachusetts und Connecticut
schützen bereits die Rechte von Transgender-Personen, Kalifornien hat sie aber
erstmals in einem Gesetz festgeschrieben. Der Entwurf 1266 für Erfolg und
Chancengleichheit in der Schule war mit 21 zu 9 Stimmen im kalifornischen Senat
verabschiedet worden. Gouverneur Jerry Brown unterzeichnete das Gesetz, das am
1. Januar in Kraft tritt.
Ashton Lee, ein 16-jähriger Transgender-Junge aus Manteca,
der ins Highschool-Football-Team aufgenommen werden wollte, hatte sich im
vergangenen Monat vor dem Bildungskomitee des Senats geäußert: "Ich will
einfach nur wie alle anderen Jungen behandelt werden", zitiert ihn der
Nachrichtensender CNN. "Aber meine Schule zwingt mich, am
Mädchen-Sportunterricht teilzunehmen und als jemand zu leben, der ich nicht
bin." Er könne nicht erfolgreich lernen, wenn er sich jeden Tag in der
Klasse isoliert und alleingelassen fühle, so Lee.
Während Unterstützergruppen wie das Transgender Law Center
die Entscheidung begrüßten, bemängelten Kritiker des Gesetzes, die Privatsphäre
und die Rechte der anderen Kinder seien bedroht. "Es gibt jugendliche
Triebtäter", warnte der republikanische Senator Jim Nielsen. "Ich
garantiere, dass es welche gibt, die die Gelegenheit ausnutzen werden."
"Werden Transgender-Schüler anderen Kindern Unbehagen
bereiten?", fragte der Autor des Entwurfs, der Demokrat Tom Ammiano,
rhetorisch. "Vielleicht", so seine Antwort. "Ich will das nicht
kleinreden, aber neue Erfahrungen sind oft unbequem. Das kann aber keine
Entschuldigung sein für Vorurteile."
Das Schweigen der Transsexuellen
Das Europäische
Parlament hat die andauernde Pathologisierung transsexueller Menschen auch in
der EU scharf verurteilt, aber darüber spricht man nicht
Geneigte Leserin, geneigter Leser, stellen Sie sich bitte vor, wildfremde
Menschen sprechen Sie auf Beschaffenheit und Zustand Ihrer Genitalien an.
Stellen Sie sich bitte vor, Sie wären der Gegenstand einer zotigen
Geschwätzigkeit, die Sie auf ein sexuelles Begehren reduziert, das Sie nicht
einmal empfinden. Stellen Sie sich bitte vor, dass dieses Geschwätz an Ihnen
haftet wie das Miasma an den von den Göttern Verfluchten in der griechischen
Mythologie. Die Blicke. Das Grinsen. Der Hohn. Wohin Sie auch gehen, was Sie auch
tun und sagen.
Stellen Sie sich bitte vor, dass eine Gruppe von Menschen, der Sie
angehören, ständig von anderen – zum Beispiel den Medien - definiert und
charakterisiert wird, Sie nicht einmal zu Wort kommen, und das ewige Thema des
verbalen Bombardements wäre Sex. Ihr Sex. Der Sex in Ihrem Kopf, der Sex, den
Sie begehren, der Sex, den sie praktizieren.
Dagegen würden Sie sich verwahren. Darüber spricht man nicht. Es wäre eine
unerträgliche Zumutung, unter diesen Umständen zu leben, zu arbeiten, einkaufen
zu gehen, einen Spaziergang zu machen.
Es gibt eine Gruppe von Menschen, die das täglich ertragen muss. Man
bezeichnet sie als Transsexuelle. Über das, worüber man nicht spricht, spricht
man unaufhörlich, wenn es um sie geht. Wessen Stimmen nicht gehört werden, sind
ihre eigenen.
Auf den ersten Blick wirkt es vielleicht erstaunlich, wenn das
unaufhörliche Geschwätz über Transsexuelle sorgsam einen bestimmten Sachverhalt
zu umgehen scheint. Dies ist selbst dann der Fall, wenn das Geschwätz über
Transsexuelle nicht als Geschwätz bezeichnet werden kann, weil die
entsprechende Äußerung beispielsweise eine Urteilsbegründung ist. Die Gemeinsamkeit,
die solche Äußerungen mit dem Geschwätz haben, besteht darin, dass andere über
Transsexuelle sprechen und diese zu schweigen haben. Was sparen die Aussagen
aus? Was ist es, worüber man nicht spricht?
Es ist die Grundlage und das zentrale Element eines unaufhörlichen
öffentlichen Diskurses über "Geschlechtsumwandlungen", "Männer,
die Frauen sein wollen", eben die "Transsexuellen", wie die
deutsche Öffentlichkeit sie wieder und wieder gleichförmig konstruiert. Es ist
die "wissenschaftliche" Basis des Transsexuellengesetzes und jeglicher Rechtsprechung
hinsichtlich dieser konstruierten "Transsexuellen". Es ist ihre
Pathologisierung.
Die Richter ohne Roben
Die unrühmliche Geschichte der Psychiatrie von einem Organ der öffentlichen
Hygiene bis zum "medizinischen Richteramt über jegliches menschliche
Verhalten" hat Michel Foucault in seinen Vorlesungen am Collège de France
1974 – 1975 nachgezeichnet.[1]
1851 entdeckte der Psychiater Cartwright in den Südstaaten eine
Geisteskrankheit, die nur unter Menschen mit schwarzer Hautfarbe auftrat, die Drapetomanie.
Diese Geisteskrankheit – entsprechend zur Epoche eine Manie – bestand aus dem
irrationalen Wunsch, frei zu sein, und der Tendenz, davonlaufen zu wollen.
Cartwright, sich auf das göttlich verkündete natürliche Verhältnis zwischen
Menschen weißer und schwarzer Hautfarbe berufend, empfahl wirksame Abhilfe. Sie
bestand darin, keinesfalls Sklaven wie gleichwertige Menschen zu behandeln, und
sie von Zeit zu Zeit gründlich auszupeitschen.
Seit Cartwrights Zeiten haben die Psychiatrie und ihre jüngere Schwester,
die Psychologie, zweifelsfrei Fortschritte gemacht:
Dass dann innerhalb des Nationalsozialismus die deutsche Psychiatrie so gut
funktioniert hat ist nichts Erstaunliches. Der neue Rassismus (...) als Mittel
innerer Verteidigung einer Gesellschaft gegen ihre Anormalen, ist aus der
Psychiatrie hervorgegangen, und der Nationalsozialismus hat nichts weiter
getan, als diesen neuen Rassismus in den im 19. Jahrhundert endemischen
ethnischen Rassismus einzuklinken. (...) Aber selbst dort, wo sie (...) die
rassistische Einvernahme abgeschüttelt oder gar nicht wirklich vorangetrieben
hat, selbst dort noch hat die Psychiatrie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im
wesentlichen immer als Mechanismus und Instanz zur Verteidigung der
Gesellschaft funktioniert (...) oder, um die Ausdrucksweise des 19.
Jahrhunderts aufzugreifen, als "Jagd nach Entarteten".
Michel Foucault[2]
Spuren sowohl personeller als auch inhaltlicher Natur, die von der
Psychiatrie im Dritten Reich zur Pathologisierung von Transsexuellen im
heutigen Deutschland führen, sind auffindbar.[3] Dies dürfte einer der
Gründe für das Schweigen inmitten des Geschwätzes sein.
Ein weiterer Grund besteht aus dem Widerspruch zwischen den Menschenrechten
und dem deutschen Transsexuellengesetz (TSG). Bereits 2007 legten die Yogyakarta-Prinzipien (Prinzip 18)
zweifelsfrei fest, dass kein Mensch wegen seiner Gender-Identität gezwungen
werden darf, sich medizinischer oder psychologischer Behandlung, Untersuchung
oder sonstiger Prozeduren zu unterziehen. Allen gegenteiligen Kategorien zum
Trotz, so heißt es dort, stellt Gender-Identität keine "medical
condition" (Erkrankung, Störung) dar. Staaten werden (Prinzip 18, F) dazu
aufgefordert, sicherzustellen, dass keine medizinische oder psychologische
Beratung oder Behandlung von Gender-Identität als psychischer Störung ausgeht.
Das deutsche Transsexuellengesetz beruht auf der Einordnung von
Transsexualität als psychische Störung. Das Gesetz erzwingt eine mehrstufige
psychologisch-psychiatrische Gutachtensprozedur, während welcher die
Betroffenen den Gutachtern völlig ausgeliefert sind. Von Betroffenen erstellte
Menschenrechtsberichte[4] legen dar, wie man
sich den Verlauf dieser Prozedur vorzustellen hat.
2009 erklärte Prof. Silvia Pimentel, Angehörige des CEDAW-Komitees der
UNO (Convention on the Elimination of all Forms of Discrimination against
Women) anlässlich der Anhörung Deutschlands, es sei ein Paradoxon, dass
transsexuelle Frauen zu geistesgestörten Männern erklärt werden, um als Frauen
akzeptiert zu werden. Sie forderte die Beendigung des
Gutachterverfahrens nach dem deutschen TSG. In einem gemeinsam verfassten
Bericht[5] legten zehn deutsche
NGOs gegenüber dem CEDAW-Kommitteee 2011 dar, dass die angemahnten deutschen Aktivitäten hinsichtlich
des TSG sich bislang auf eine Broschüre erstrecken, die als Feigenblatt
gegenüber der UNO angesehen werden kann. Ebenfalls im Jahre 2009 hatte sich der
Kommissar für Menschenrechte des Europarats veranlasst gesehen, ein
Themenpapier zu Menschenrechten und Gender-Identität herauszugeben.[6]
Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun im Januar 2011, die
"Fachwelt (sei) inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, dass
geschlechtsumwandelnde Operationen auch bei einer weitgehend sicheren Diagnose
der Transsexualität nicht stets indiziert sind". "Weitgehend sichere
Diagnose", aber durch wen? Nicht etwa seitens der Betroffenen selbst,
denen man keinesfalls zugestehen kann, sie wüssten selbst am besten über sich
Bescheid. Weiter:
Die Dauerhaftigkeit und Irreversibilität des empfundenen Geschlechts eines
Transsexuellen lässt sich nicht am Grad der Anpassung seiner äußeren
Geschlechtsmerkmale an das empfundene Geschlecht mittels operativer Eingriffe
messen, sondern ist daran festzustellen, wie konsequent der Transsexuelle in
seinem empfundenen Geschlecht lebt und sich in ihm angekommen fühlt.
Bundesverfassungsgericht
Wiederum: Wer stellt das fest? Ganz sicher nicht die Betroffenen selbst.
Die "Fachwelt", auf die sich das Bundesverfassungsgericht bezieht,
besteht aus denjenigen Psychiatern und Psychologen, welche die
"Wissenschaft" für die Pathologisierung transsexueller Menschen produziert (s. The World Professional
Association for Transgender Health (WPATH)). Diese
"Fachwelt" nimmt aktiv Einfluss auf die deutsche
Gesetzgebung.
Gleichwohl wird in der Urteilsbegründung zweierlei – schamhaft? –
verschwiegen. Erstens, dass das Urteil implizit an der Einstufung von
Transsexualität als Störung festhält; dass die "Fachwelt" zur
Fundierung des Urteils herangezogen wird und deren "wissenschaftliche
Erkenntnisse" seine inhaltliche Grundlage darstellen; dass die
Menschenrechte von Menschen, deren geschlechtliche Identität von dem bei der
Geburt zugewiesenen Geschlecht abweicht, schlicht ignoriert werden. Zweitens,
dass "Nicht-Transsexuelle" (einschließlich der Richter und der
"Fachwelt") "natürlich" kein "empfundenes"
Geschlecht haben – sondern ein "echtes"? Oder vielleicht ein
"normales" im Gegensatz zum "anormalen"?
Jedenfalls spricht das Bundesverfassungsgericht von "
geschlechtsumwandelnde(n) Operationen" – statt von "geschlechtsangleichender Behandlung".
Wenn jemand "in Wirklichkeit" ein Mann ist, der "eine Frau sein
will" und nach hinreichender jahrelanger Unterwerfung unter Psychologen
und Psychiater "seinen" Willen bekommt, so erfährt "er"
eine Umwandlung. Wenn es aber um eine Fraugeht, deren Geschlechtszugehörigkeit
in ihrem Bewusstsein und ihrem Gehirn verortet ist, der aber gleich
nach ihrer Geburt von einem Mediziner nach Betrachtung ihrer Genitalien das
Geschlecht "männlich" zugewiesen wurde – dann geht es hier um eine Angleichung.
Es stellt sich die Frage, wer hier in Wirklichkeit Recht spricht – die
Richter mit den Roben, oder die Richter ohne Roben?
In Verteidigung der Gesellschaft
Warum werden unter Zuhilfenahme von Psychiatrie und Psychologie
Menschenrechte ignoriert?
Es wäre vielleicht angebracht, die Perspektive zu erweitern. Psychiatrie
und Psychologie verteidigen etwas durch die Pathologisierung von Menschen mit
einer Geschlechtsidentität, die von ihrem zugewiesenen Geschlecht abweicht.
Julia Serano spricht von einer Devaluierung von Transfrauen, die darauf
gründet, dass diese sich an der Schnittstelle dreier Phänomene befinden:
Transphobie, Cisgenderismus und Misogynie. Transphobie ist Feindseligkeit gegen
Trans-Menschen. Cisgenderismus ist das Machtverhältnis von Menschen, deren
Geschlechtsidentität dem zugewiesenen Geschlecht entspricht, gegenüber
Trans-Menschen. Cisgenderismus ist ein Privileg in Aktion: das beurteilende,
verurteilende, sexualisierende Geschwätz derer, für die dabei nichts auf dem
Spiel steht, über diejenigen, für die dabei alles auf dem Spiel steht. Hin und
wieder generiert das Geschwätz Schläge, Vergewaltigungen, Messerstiche,
Schüsse. Immer zementiert es eine fundamentale Ungleichheit.
Diejenigen Menschen, die in den maßgeblichen Vorgängerkulturen der
westlichen Gesellschaften (Griechenland, Rom, christliches Mittelalter) in
einer vergleichbaren Situation waren wie Transfrauen im heutigen Deutschland,
waren – Frauen.
Nach dem Fall des mittelalterlichen Ordo wurde "die Frau" in die
"Natur" eingeschrieben und unter dem Gesichtspunkt der
Bevölkerungspolitik einem Prozess der Wissensakkumulation unterworfen. Aufgrund
ihrer zentralen Rolle für die Reproduktion, aber auch aufgrund ihrer Funktion
als gesellschaftspolitisch ohnmächtige Arbeitskräfte wurden Frauen einem
normativen Sub-System unterworfen, das sie an ihrer Attraktivität als sexuelle
Objekte, ihres Unterwerfungsgrads unter Männer, ihres Gebärvermögens und ihrer
Arbeitsleistung maß.
Medizin, Psychiatrie, Psychologie sowie ein spezielles
schichtenspezifisches Sub-Bildungssystem gewährleisteten eine lückenlose
Überwachung und die jederzeit gegebene Möglichkeit der Verhaltenskorrektur.
Gleichzeitig bewegten sich Frauen von der Kontrolle durch Männer (Väter,
männliche Blutsverwandte) unter die Kontrolle anderer Männer (Ehemänner) oder
mussten Statusverluste hinnehmen. Männer (Ärzte, Psychiater) oder speziell dazu
ausgebildete Frauen (Lehrerinnen, Aufseherinnen) flankierten dies außerhalb der
blutsverwandtschaftlichen oder ehelichen Verhältnisse und stellten gleichzeitig
die Verfügungsgewalt jeweils eines Mannes (Vater, Vormund, Ehemann) über die
jeweilige Frau sicher. Das schichtenspezifisch differenzierte Sub-Verhaltensregime,
dem Frauen unterworfen waren, unterdrückte die Frauen nicht, es brachte die
Frau als Kategorie hervor.
Der Status des Anderen – des Menschen, über den man spricht und der
nichts zu sagen hat - ermöglicht eine bestimmte Form der Abwertung von
Menschen, die Sexualisierung. Sexualisiert können nur Menschen werden, die den
Status des Anderen innehaben. Der Grad dieses Status entspricht dem Grad der
Sexualisierbarbeit. Sexualisierung bedeutet, dass Wert und Status eines
Menschen an seiner sexuellen Attraktivität gemessen wird. Sexualisierung
bedeutet, dass der sexualisierte Mensch zu einem Objekt zum sexuellen Gebrauch
reduziert wird.
Das in die "Natur" eingeschriebene bipolare Geschlechterschema
verdankt seine Existenz der in die "Natur" eingeschriebenen Kategorie
Frau. Die Zuweisung des Status "Mann" oder "Frau" ist darum
an bipolare Kategorisierung der Genitalien durch Mediziner bei der Geburt eines
Menschen festgemacht. Um "natürliche" Statusunterschiede zwischen
Menschen unveränderbar festzuschreiben, muss das bipolare Geschlechtsschema in
dieser Form existieren.
Transfrauen sind Frauen. Die "Fachwelt" (also die
pathologisierende Psychiatrie und Psychologie) erklärt sie zu geistesgestörten
Männern und zwingt sie im Gutachterverfahren zu Hyper-Femininisierung und
Hyper-Sexualisierbarkeit – sie müssen ihre "Weiblichkeit", ihr
"Frau-Sein" ununterbrochen unter Beweis stellen.
Hier geht es um mehr als um die "Jagd nach Entarteten" in
Verteidigung der Gesellschaft. Es geht darum, dass die "Fachwelt"
definiert, was "richtige Frauen" sind und welche Eigenschaften sie
aufzuweisen haben. Das TSG-Regime ist eine der letzten Bastionen eines
dehumanisierenden und sexualisierenden Anti-Feminismus, einer
institutionalisierten und "wissenschaftlich" abgesicherten Misogynie.
Es generiert unter Zwang hypersexualisierte Super-Frauen und dem Spott
preisgegebene Vogelscheuchen, die in Film und Fernsehen immer wieder für einen
Lacher gut sind. Zu wessen Disziplinierung, zu wessen Normalisierung?
Transsexualität als "Störung" ist die Drapetomanie des 21.
Jahrhunderts. Ebenso wie bei der Drapetomanie geht es darum, eine
Menschengruppe durch Pathologisierung dauerhaft zu unterwerfen, ihr den Status
des Anderen dauerhaft zuzuweisen und sie in Verteidigung der
Gesellschaft stumm, ohnmächtig und nützlich zu machen.
Nützlich wozu? Zur Verteidigung eines bipolaren Geschlechtsschemas, dessen
Grad an wissenschaftlicher Verifizierbarkeit Cartwrights "göttlich
gewollter Ordnung" entspricht. Zur Zementierung gesellschaftlicher
Rollenzuweisungen, die durch ein genitalfixiertes Geschlechtsschema in die
"Natur" eingeschrieben sind und die für die Biomacht von Bedeutung
sind. Zur Verteidigung einer durch Drill und Panoptismus unablässig neu
geschnürten Gender-Zwangsjacke für Frauen, ganz gleich ob cis oder trans, das
an einer Norm festgemacht ist, welche die "richtige Frau" definiert
und hervorbringt. Zur Verschleierung der Künstlichkeit angeblich
"natürlicher", durch Machtverhältnisse hervorgebrachter Kategorien,
die zur Aufrechterhaltung dieser Machtverhältnisse dienen.
Die Resolution des Europäischen Parlaments vom
28. September 2011 verurteilt scharf die andauernde Pathologisierung
transsexueller Menschen auch in Mitgliedsstaaten der EU und fordert die
Mitgliedsstaaten insbesondere zur Depsychiatrisierung dieser Menschen auf.
Aber darüber spricht man nicht.
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