Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle
Rechte vorbehalten!
Geschrieben und Bearbeitet von
Nikita Noemi Rothenbächer 2015
Bitte kopiert den Link und Gebt
diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
In Zusammenarbeit mit: http://www.dvag.de/patrick.herrmann/startseite/
Intersexualität «Der hat keinen Penis»
Erich Marti*, 70, kam mit einem Mikropenis zur Welt
und wurde als Säugling operiert. Davon erfuhr er erst spät – Ärzte und Eltern
hatten es vor ihm verheimlicht.
«Ich wusste immer, dass ich anders bin
als die meisten. Bestätigen wollte mir das niemand. 70 Jahre
lang behaupteten Ärzte,
Verwandte und Eltern, ich sei ganz normal.
70 Jahre lang fühlte ich, dass das nicht stimmen
konnte. Als ich 14 war und in einem Heim mit anderen Jungen duschte, bemerkte
ich, dass ich anders gebaut bin. Wo andere eine Wölbung hatten, ging es bei mir
flach hinab. Als bei den Buben der Bart zu Sprießen begann,
blieb
mein
Gesicht fein wie das eines Mädchens.
Während die Kollegen einen definierten
Bizeps entwickelten, fuhr ich immer noch Bus zum halben Tarif, weil ich so
kindlich aussah.
Irgendwo hatte ich aufgeschnappt, ein Mann müsse mit
seinem Penis in eine Frau eindringen, damit ein Kind entstehe. Ich schaute mich
an und fragte mich, wie zum Teufel das funktionieren sollte. Abnormal fühlte
ich mich trotzdem nie. Sex war ein Tabu. Wir
hatten keine Ahnung, was normal ist und was nicht.
«Jeder Arzt winkte ab»
Am Tag meiner Hochzeit brach meine
Mutter nach 30 Jahren endlich ihr Schweigen. «Du bist operiert», warnte sie
mich. «In der Hochzeitsnacht wird nicht alles funktionieren.» Ich werde noch
heute wütend, wenn ich daran denke.
All die Jahre liess sie mich im Ungewissen, und dann,
als ich endlich eine Frau gefunden hatte, belastete sie mich damit. Zwei Jahre
darauf starb meine Mutter. In den folgenden Jahren ging ich von einem Arzt zum
nächsten. Ich wollte wissen, was mit mir
gemacht worden war. Jeder winkte ab: alles gut, alles normal.
Irgendwann wurde ich erfinderischer. Ich ging zu einer
erotischen Masseurin und bat sie, mein Glied mit dem anderer Kunden zu
vergleichen. Sie bestätigte mir unverblümt, dass ich anders aussehe als andere
Männer und dass bei mir bestimmt etwas verkehrt gelaufen sei. Ich hatte die
Hoffnung auf eine professionelle Diagnose schon fast aufgegeben, als ich
zufällig das Gespräch zweier Ärzte mitverfolgte, die vergessen hatten, die Tür
zum Behandlungszimmer zu schließen. «Hast du gesehen, der hat keinen Penis. Das
ist ein Intersexueller.» Als ich sie
zur Rede stellte, schwiegen sie zum Thema.
«Ein Sonderfall, bisher kaum erforscht»
Im Internet stieß ich auf jene Informationen, die man
mir so viele Jahre verwehrt hatte. Doch ich bin Wissenschaftler: Für mich ist
etwas erst eine Tatsache, wenn es bewiesen ist.
Zu meinem 70. Geburtstag ging ich zum Kinderarzt
Primus Mullis ins Inselspital in Bern. Ich wusste, dass er mit intersexuellen
Kindern zu tun hatte. Und tatsächlich: Nach einer kurzen Untersuchung stellte
der Endokrinologe Emanuel Christ eine Diagnose. Er sagte mir, ich hätte einen
Mikropenis und meine Harnröhre, die unterhalb der Penis spitze mündete, sei
kurz nach meiner Geburt operiert worden. Tests ergaben, dass ich unter einer
Fehlentwicklung der Keimdrüsen leide; sie verhinderte die Entwicklung meines
Glieds.
Ein Sonderfall, bisher kaum erforscht. Umso grösser
war das Interesse der Ärzte: Mein Erbgut wurde zu Forschungszwecken Mäusen in
einem spanischen Labor eingepflanzt. Mich interessiert vor allem, ob der Defekt
vererbbar ist. Die meisten Betroffenen sind unfruchtbar. Ich hatte Glück. Ein
Hoden funktionierte. Ich habe einen Sohn. Er weiss
bis heute nichts von meiner
Besonderheit. Ich wollte ihn nicht mit Vermutungen verwirren, die sich dann
allenfalls als falsch herausstellen. Nun, da ich weiss, was mit mir los ist,
werde ich es ihm erzählen. Ich hatte ein schönes Leben. Doch wäre es schön
gewesen, zu wissen, was ich bin und weshalb ich so bin.»
Kassen zahlen Intersexuellen keine
Brustvergrößerung
Ihre Brüste seien zu klein, um sich als Frau zu fühlen.
Deswegen hat eine intersexuelle Frau bei der Krankenkasse eine
Brustvergrößerung beantragt. Die Kasse lehnte das jedoch ab und bot ihr eine
Alternative an.
Ein genetischer Mann, der wegen einer Hormonstörung
äußerlich wie eine Frau aussieht und sich auch als Frau fühlt, kann einen
kleinen Busen nicht auf Kosten der Krankenkasse vergrößern lassen. Das hat am
Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden. Wie bei
Transsexuellen müssten die Krankenkassen auch Intersexuellen keine
Brustvergrößerung bezahlen, wenn ihr Busen einen BH der untersten Körbchengröße
A ausfüllt.
Intersexuelle sind Menschen, die genetisch, von den
Geschlechtsorganen oder von der Produktion der körpereigenen Hormone her, keinem
Geschlecht eindeutig zuzuordnen sind. Im Unterschied zu Transsexuellen, die
meist biologisch einem Geschlecht zugeordnet werden, sich jedoch diesem
angeborenen Geschlecht nicht zugehörig fühlen.
Die Klägerin gehört von ihren Chromosomen her zum männlichen
Geschlecht. Wegen einer Biosynthesestörung bildet ihr Körper aber nicht das
männliche Hormon Testosteron. Deshalb hat sich ihr Körper äußerlich weiblich
entwickelt. Sie hat zwar keine Eierstöcke und keine Gebärmutter, aber eine
Scheide und Brüste in Körbchen große A bis B. Diese seien aber zu klein, um ihr
eine Identitätsfindung als Frau zu ermöglichen, meinte die Klägerin. Bei ihrer
Krankenkasse beantragte sie daher eine Brustvergrößerung.
Die Krankenkasse lehnte dies jedoch ab und bot ihr
stattdessen eine Psychotherapie an. Die Kasse verwies auf ein Urteil des BSG
vom September 2012. Danach haben Mann-zu-Frau-Transsexuelle, also Männer, die
sich als Frau fühlen, nur dann Anspruch auf eine Operation zur
Brustvergrößerung, wenn diese nach der üblichen Hormonbehandlung die kleinste
BH-Körbchengröße A noch nicht "voll ausfüllt".
Wie nun das BSG entschied, gilt dieser Maßstab auch für
Intersexuelle. Es gebe keinen Grund, sie anders zu behandeln.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen