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und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2016
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NORWEGEN: HISTORISCHER DURCHBRUCH FÜR TRANS*-RECHTE
DIE ZENTRALEN GESETZESREFORMEN, DIE DAS NORWEGISCHE
GESUNDHEITSMINISTERIUM AM 18. MÄRZ VORGESCHLAGEN HAT, STEHEN FÜR EINEN
DURCHBRUCH, DER DAS LEBEN VON TRANS*PERSONEN IN NORWEGEN NOCH AUF GENERATIONEN
VERÄNDERN KÖNNTE, SO DIE EINSCHÄTZUNG VON AMNESTY INTERNATIONAL.
Falls der Vorschlag des Ministeriums vom Parlament
verabschiedet wird, würde er Trans*Personen mit einem schnellen, zugänglichen
und transparenten Verfahren den Weg zur rechtlichen Anerkennung ihrer
Geschlechtsidentität ebnen. Die Bedeutung des Entwurfs liegt darin, dass er
Einzelpersonen erlauben würde, ihre Geschlechtsidentität selbst zu bestimmen,
und dass er den diskriminierenden Anforderungen ein Ende machen würde, die eine
Reihe von Menschenrechten verletzen und ein beschämendes Erbe für Norwegen
darstellen.
"Das ist ein Meilenstein für uns alle, die wir hart um
das Recht gekämpft haben, die sein zu dürfen, die wir sind. Dank der vereinten
Anstrengungen, welche wir zusammen mit Trans*-Aktivist_innen und LGBT-Organisationen
hier im Land unternommen haben, können wir uns darauf freuen, dass bald ein
Gesetz verabschiedet wird, welches Trans*Personen Zugang zur rechtlichen
Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität ermöglicht", sagte Patricia M.
Kaatee, strategische Beraterin bei Amnesty International Norwegen.
"Wir begrüßen es, dass die norwegische Regierung die
Rechte von Trans*Personen ernst nimmt, und fordern das Parlament auf,
Jahrzehnten diskriminierender Praktiken ein Ende zu machen, indem es das Gesetz
verabschiedet."
Geschlechtsidentität und rechtlicher Status von
Minderjährigen
Der neue Vorschlag würde das Alter, ab dem Einzelpersonen
ihre Geschlechtsidentität selbst bestimmen und deren rechtliche Anerkennung
beantragen können, von 18 auf 16 Jahre senken. Kinder zwischen sechs und 16
Jahren könnten dies mit elterlicher Zustimmung tun. Falls die Eltern nicht
zustimmen, wird ein externes Gremium im Sinne des Kindeswohls entscheiden.
Nach dem neuen Gesetzesvorschlag können Kinder unter sechs
Jahren ihr amtliches Geschlecht nicht entsprechend ihrer Geschlechtsidentität
ändern. Während die Senkung der Altersgrenze ein willkommener Schritt ist,
sieht Amnesty International generell keinen Bedarf für eine Altersgrenze
angesichts des Wohls des Kindes, seiner sich entwickelnden Fähigkeiten und
seines Rechts, gehört zu werden.
Bisherige Praxis
In Norwegen wurde Trans*Personen die rechtliche Anerkennung
ihrer Geschlechtsidentität dadurch verweigert, dass dafür Anforderungen erhoben
wurden, welche mehrere Menschenrechte verletzten. Zu diesen Rechten zählen das
Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Schutz des Privatlebens und
der Familie sowie das Recht auf bestmögliche Gesundheit.
Die gegenwärtige Praxis stammt aus den 1970er Jahren und
zwingt Trans*Personen in Norwegen, eine Reihe von belastenden und
diskriminierenden Anforderungen zu erfüllen, um ihr amtliches Geschlecht ändern
zu können. Dazu gehört, dass sie eine psychiatrische Untersuchung über sich
ergehen lassen, eine psychiatrische Diagnose erhalten und sich einer
unumkehrbaren Sterilisation unterziehen müssen.
Amnesty International hat gezeigt, dass solche Verfahren -
die auch in vielen anderen europäischen Ländern angewandt werden - entwürdigend
sind und Menschenrechte verletzen. Im Februar 2014 veröffentlichte Amnesty
International einen Bericht über die fehlenden Rechte von Trans*Personen in
Europa. Norwegen wurde dafür kritisiert, dass es von Menschen verlangte, sich
einer unumkehrbaren Sterilisation zu unterziehen, um die rechtliche Anerkennung
ihrer Geschlechtsidentität zu erlangen.
"Endlich als die respektiert, die wir wirklich
sind"
Die Organisation hat eine breit angelegte Kampagne zum Fall
von John Jeanette Solstad Remø durchgeführt, einer 65 Jahre alten Transfrau aus
Norwegen. Sie kann keine rechtliche Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität
erlangen, da sie sich weigert, den herrschenden entwürdigenden Anforderungen zu
entsprechen. Ihre offiziellen Dokumente weisen sie deshalb als
"männlich" aus, was erniedrigend ist und dazu führt, dass sie täglich
als Transfrau geoutet wird. Als Frau anerkannt zu werden, würde für John
Jeanette bedeuten, als der Mensch gesehen zu werden, der sie ist. Es ist nicht
hinnehmbar, dass sie ständig von öffentlichen Organen und im Alltag als Mann
angesprochen wird. Der neue Gesetzesvorschlag stellt für sie einen lange
überfälligen Sieg dar: "Es ist bemerkenswert, diesen neuen
Gesetzesvorschlag in Händen zu halten. Das Gesetz wird bedeuten, dass
Trans*Personen wie ich endlich als die respektiert werden, die wir wirklich
sind. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich einen Ausweis zeigen kann, der mit
meiner Geschlechtsidentität und meiner Art, sie auszudrücken,
übereinstimmt", so John Jeanette Solstad Remø.
"Jetzt fehlt nur noch eine Parlamentsabstimmung, bevor
das in Norwegen Gesetz und Realität sein wird. Um was es bei der Abstimmung
wirklich geht, ist Gleichberechtigung, Schutz vor Diskriminierung und
Menschenrechte. Deshalb kann ich mir nicht mal im Traum vorstellen, dass das
Gesetz mit etwas anderem als einer klaren Mehrheit verabschiedet wird. Das
Gesetz wird die Lebensqualität von Trans* in Norwegen jetzt und in Zukunft
dramatisch verbessern."
Es liegt nun am norwegischen Parlament, das Gesetz zu
verabschieden. Amnesty International ermutigt alle Parlamentsabgeordneten, für
ein inklusives und diskriminierungsfreies gesetzliches Rahmenwerk zu stimmen,
welches internationalen Menschenrechtsstandards entspricht.
Hintergrund
Im Februar 2014 veröffentlichte Amnesty International einen
Bericht über die fehlenden Rechte von Trans*Personen in Europa. Norwegen wurde
für die herrschenden behördlichen Praktiken kritisiert, die eine unumkehrbare
Sterilisation und eine psychiatrische Diagnose verlangen, um eine rechtliche
Anerkennung der Geschlechtsidentität zu erlangen.
Die Organisation forderte die Regierung von Norwegen dazu
auf:
- herrschende
Gesetze und Praktiken zu berichtigen, indem sie einen Gesetzesvorschlag
für ein Rahmenwerk einbringt, welches Trans*Personen erlaubt, die
rechtliche Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität durch ein schnelles,
zugängliches und transparentes Verfahren zu erlangen.
- sicherzustellen,
dass diese Vorschläge die Sterilisation als Voraussetzung abschaffen.
Dasselbe gilt für andere medizinische Anforderungen, die derzeit in den
Fällen durchgesetzt werden, in denen Trans*Personen die rechtliche
Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität anstreben.
- sicherzustellen,
dass die rechtliche Anerkennung der Geschlechtsidentität für alle
zugänglich ist, ohne sich einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen
und eine psychiatrische Diagnose erhalten zu müssen und dass
Trans*-Identitäten aus der nationalen Klassifikation psychischer Störungen
gestrichen werden.
- sicherzustellen,
dass Trans*Personen die von ihnen gewünschten medizinischen Behandlungen
erhalten, nachdem sie über diese aufgeklärt wurden und ihre Zustimmung
gegeben haben.
Gemeinsam mit Trans*-Personen und
Nichtregierungsorganisationen in Norwegen lieferte Amnesty International
Beiträge zu einer Expertenkommission, die das Ministerium für Gesundheits- und
Pflegedienste 2013 eingesetzt hatte. Im April 2015 verkündete die Kommission
ihre abschließende Erklärung: Trans*Personen in Norwegen sollten nicht länger
dazu gezwungen werden, die rechtliche Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität
mit invasiven Behandlungen zu erkaufen.
Seit 2008 setzte sich der norwegische nationale Verband für
lesbische, schwule, bisexuelle und Trans*-Personen (LLH) speziell für die
Rechte von Trans*Personen ein und forderte in diesem Zusammenhang auch eine
Abschaffung der unumkehrbaren Sterilisation als notwendigem Schritt auf dem Weg
zur rechtlichen Anerkennung der Geschlechtsidentität.
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