Montag, 22. Mai 2017

Transpersonen sollen nach einem grünen Gesetzentwurf das Recht erhalten, über ihr Schicksal ohne Gutachter oder Gerichte bestimmen zu können.

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2017
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Transpersonen sollen nach einem grünen Gesetzentwurf das Recht erhalten, über ihr Schicksal ohne Gutachter oder Gerichte bestimmen zu können.
Im Bundestag war am Donnerstag erstmals das von den Grünen verfasste Selbstbestimmungsgesetz (PDF) Thema, das nach dem Willen der Ökopartei das angestaubte Transsexuellengesetz ersetzen soll. Es wurde parallel mit der zweiten und dritten Lesung eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung (PDF) beraten, der zum Ziel hat, "erkannte Schwachstellen und Regelungslücken der personenstandsrechtlichen Vorschriften" zu beheben. Aus Zeitmangel wurden die zum Thema geplanten Reden nicht im Plenum gehalten, sondern lediglich zu Protokoll gegeben.

Der schwarz-rote Gesetzentwurf sieht kleine Veränderungen im Personenstandsrecht vor, von denen einige auch Transpersonen betreffen – so muss nach diesem Entwurf nicht mehr ein "Vertreter des öffentlichen Interesses", beispielsweise ein Behördenmitarbeiter, am gerichtlichen Verfahren zur Geschlechtsanpassung beteiligt werden.

Die Grünen wollen dagegen den großen Wurf für Transsexuelle: Ihr geplantes Selbstbestimmungsgesetz sieht vor, das 36 Jahre alte Transsexuellengesetz vollständig zu ersetzen. So soll die Änderung des Namens und Personenstandes im Rahmen eines einfaches Verwaltungsaktes beim Standesamt durchgeführt werden können – und nicht mehr mit einem langwierigen Verfahren vor Gericht, bei dem Transsexuelle Gutachter davon überzeugen müssen, dass sie so sind, wie sie sind – die Grünen bezeichnen diese Prozedur als "entwürdigend". Nach dem Willen der Ökofraktion sollen künftig nicht nur Erwachsene, sondern auch Jugendliche ab 14 Jahren diese Namens- und Personenstandsänderungen auch ohne Zustimmung der Eltern durchführen dürfen.

Volker Beck: Transsexuellengesetz "liegt in Trümmern"

Der Bundestagsveteran Volker Beck (Grüne) stellte in seiner zur Protokoll gegebenen Rede dem Transsexuellengesetz ein verheerendes Zeugnis aus: "Es ist über 30 Jahre alt, und viele Einzelbestimmungen wurden mittlerweile durch das Bundesverfassungsgericht in insgesamt sechs Urteilen für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz liegt in Trümmern", erklärte der Kölner Abgeordnete. Beck verwies auch darauf, dass viele Studien bereits eine Reform angemahnt hätten, so etwa zwei im Februar vom Bundesfamilienministerium vorgestellte Gutachten, die von Experten der Berliner Humboldt-Universität und des Deutschen Instituts für Menschenrechte verfasst worden waren (queer.de berichtete).

Ein Redner der CDU zeigte sich offen gegenüber dem grünen Antrag: "Die weiteren Beratungen im parlamentarischen Verfahren werden zeigen, ob die vorgeschlagenen Änderungen sinnvoll sind", erklärte der aus NRW stammende Abgeordnete Tim Ostermann.

Kritik an der Union gab es vom Koalitionspartner SPD: CDU und CSU hätten Änderungen am Transsexuellenrecht in den letzten Jahren blockiert, beklagte die Sozialdemokratin Gabriele Fograscher. "Gerne hätten wir in dieser Legislaturperiode Verbesserungen für die betroffenen Menschen geschaffen, doch leider macht da unser Koalitionspartner mal wieder nicht mit", so Fograscher, die ganz im Wahlkampfmodus anfügte: "Ich unterstütze ausdrücklich die Aussage von Heiko Maas, dass es mit der SPD nur einen Koalitionsvertrag geben wird, der die Ehe für alle beinhaltet, und füge hinzu: Es wird auch nur einen Koalitionsvertrag mit uns geben, der eine Modernisierung des Transsexuellengesetzes vorsieht."

Die Linke kritisierte, der grüne Antrag komme zu spät: "Leider kommt der Gesetzentwurf nun etwas kurz vor knapp; eine wirklich gründliche Beratung wird angesichts von drei verbleibenden Sitzungswochen schwierig", so Petra Pau. Sie begrüße jedoch, "das Thema noch einmal ernsthaft anzugehen".

Während der Antrag der Bundesregierung mit den Stimmen von Union, SPD und Linksfraktion bei Enthaltung der Grünen beschlossen wurde, wurde der grüne Antrag an Parlamentsausschüsse zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen.

Deutschland hinkt beim Transsexuellenrecht vielen anderen Ländern hinterher, die ihre Gesetze in den letzten Jahren inzwischen angepasst haben und mehr Wert auf das Selbstbestimmungsrecht von Transpersonen legen. "Argentinien, Malta, Dänemark, Irland, Norwegen… Allesamt sind sie weiter als Deutschland!", beklagte etwa Volker Beck in einer Pressemitteilung vom Freitag. Anfang des Jahres rief auch das Europaparlament die Mitgliedsstaaten dazu auf, ihr Transsexuellenrecht zu modernisieren


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