Dienstag, 23. Januar 2018

Because some are in the dark and the others are in the light and you see them in the light you can not see them in the dark. /// Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht und man sieht die im Lichte die im Dunkeln sieht man nicht.


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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2017
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Aber das Verfassungsgericht (BVG) hätte sich einer grundlegenderen Frage widmen müssen: Welche Rolle können die Zuwendungen des Sozialstaats bei der Erfüllung des Grundgesetzgebots aus Artikel 1, Absatz 1 spielen?
Dort heißt es "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Von einer staatlichen Herstellung der Würde ist hier nicht die Rede.
Das Grundgesetz geht davon aus, dass die Menschenwürde immer schon da ist. Sie gehört bereits zum Menschen und geht der staatlichen Gewalt voraus. Die staatliche Gewalt wird auf die Rolle der Achtung und des Schutzes begrenzt und verpflichtet.

Die Menschenwürde in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht hat den Begriff der Menschenwürde in zahlreichen Entscheidungen definiert. Hiernach bezeichnet die Menschenwürde den Wert- und Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Menschseins zukommt, unabhängig von seinen Eigenschaften, seinem körperlichen oder geistigen Zustand, seinen Leistungen oder sozialem Status.
Im Verständnis des Bundesverfassungsgerichts bezieht nach der Ordnung des Grundgesetzes der Staat seine Legitimation allein daraus, dass er den Menschen konkret dient.
Die Menschenwürde ist damit der oberste Grundwert und die Wurzel aller Grundrechte.
Als einzige Verfassungsnorm gilt die Menschenwürde absolut, sie kann durch keine andere Norm beschränkt werden, auch nicht durch ein anders, von der Menschenwürde abgeleitetes Grundrecht.
Das Bundesverfassungsgericht versteht die Menschenwürde als ein Grundrecht, dass nachArt. 1 Abs. 3 GG die vollziehende Gewalt bindet -wörtlich gesehen würden nur die „nachfolgenden“ Grundrechte, also nicht die Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG, diese Bindung auslösen. So sind auch alle gesetzlichen Bestimmungen im Lichte der Bedeutung der Menschenwürde auszulegen, so dass eine Norm, die gegen die Menschenwürde verstößt, stets als verfassungswidrig einzustufen ist.
Das menschliche Leben, so das Bundesverfassungsgericht zuletzt im Jahr 2006 in seinem Urteil zum Luftsicherheitsgesetz1, ist die vitale Basis der Menschenwürde als tragendem Konstitutionsprinzip und oberstem Verfassungswert2. Jeder Mensch besitzt als Person diese Würde, ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seinen körperlichen oder geistigen Zustand, seine Leistungen und seinen sozialen Status3. Sie kann keinem Menschen genommen werden. Verletzbar ist aber der Achtungsanspruch, der sich aus ihr ergibt4. Das gilt unabhängig auch von der voraussichtlichen Dauer des individuellen menschlichen Lebens5.
Dem Staat ist es im Hinblick auf dieses Verhältnis von Lebensrecht und Menschenwürde einerseits untersagt, durch eigene Maßnahmen unter Verstoß gegen das Verbot der Missachtung der menschlichen Würde in das Grundrecht auf Leben einzugreifen. Andererseits ist er auch gehalten, jedes menschliche Leben zu schützen. Diese Schutzpflicht gebietet es dem Staat und seinen Organen, sich schützend und fördernd vor das Leben jedes Einzelnen zu stellen; das heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen An- und Eingriffen von Seiten Dritter zu bewahren6. Ihren Grund hat auch diese Schutzpflicht in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG, der den Staat ausdrücklich zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde verpflichtet7.
Was diese Verpflichtung für das staatliche Handeln konkret bedeutet, lässt sich nicht ein für alle Mal abschließend bestimmen8Art. 1 Abs. 1 GG schützt den einzelnen Menschen nicht nur vor Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung und ähnlichen Handlungen durch Dritte oder durch den Staat selbst9.
Jede quantifizierende Betrachtungsweise menschlichen Lebens ist ein Verstoß gegen die Menschenwürde, der Staat darf also nicht etwa viele Menschenleben gegen ein einzelnes abwägen. Jedes Menschenleben ist gleich wertvoll, jeder Mensch besitzt die gleiche Würde. Jeder einzelne hat daher einen Anspruch, dass sich der Staat schützend vor sein Leben stellt1.
Die Menschenwürde in der deutschen Rechtswissenschaft[↑]
Einen starken Einfluss auf das Verständnis der Menschenwürde in der deutschen Rechtswissenschaft hätte zunächst die quasi naturrechtliche Einordnung durch Günter Dürig. Hiernach ist jeder Mensch ein Mensch kraft seines Geistes, der ihn abhebt von der unpersönlichen Natur und ihn aus eigener Entscheidung dazu befähigt, seiner selbst bewusst zu werden, sich selbst zu bestimmen und sich und die Umwelt zu gestalten.“, was aktuell allerdings relativiert wir. So beschreibt etwa der Bonner Staatsrechtsprofessor Matthias Herdegen: „Trotz des kategorialen Würdeanspruchs aller Menschen sind Art und Maß des Würdeschutzes für Differenzierungen durchaus offen, die den konkreten Umständen Rechnung tragen.“
Auch das Bundesverfassungsgericht hat diesen Gedanken 2006 in seinem Urteil zum Luftsicherheitsgesetz1 noch einmal aufgegriffen. Danach ist nach der Wertordnung des Grundgesetzes der Mensch ein Wesen, das „in Freiheit (über) sich selbst bestimmt.“
Die Menschenwürde des Art. 1 GG wird damit verstanden sowohl als Wesensmerkmal eines jeden Menschen wie auch als Gestaltungsauftrag an den Staat. Adressat der Menschenwürde ist daneben aber auch jeder Einzelne: Die Annahme sittlicher Autonomie des Menschen führt zum Recht eines jeden Menschen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit10.
Dieses doppelte Verständnis der Menschenwürde als unantastbares Wesensmerkmal und als Gestaltungsauftrag führt dabei zu einem Spannungsverhältnis: Als Wesensmerkmal ist die Menschenwürde unveräußerlich und stets gegeben, als Gestaltungsauftrag muss die Menschenwürde hergestellt und erworben werden. Umstritten ist in diesem Zusammenhang auch, ob das Grundgesetz mit dem Postulat der Unantastbarkeit das Bestehen eines Sachverhalts formuliert („ist unantastbar“) oder aber das Bestehen des Sachverhalts nur suggeriert wird. So versteht etwa Dürig die Bestimmung des Art. 1 Abs. 1 GG so, dass das Grundgesetz lediglich unter der Suggestion einer Tatsache eine Forderung von höchster Stärke formulieren wollte, so dass die Bestimmung des Art. 1 Abs. 1 GG demnach zu lesen ist, dass die Menschenwürde eines jeden Menschen von staatlicher Gewalt und anderen unter keinen Umständen angetastet werden darf11. Genau genommen wird der Streit damit jedoch nur verlagert, denn mit dem hiermit verbundenen implizierten Eingeständnis, dass die Menschenwürde angetastet und damit auch eingeschränkt werden kann, wird die Auffassung vom Wesensmerkmal verlassen.
Die „Objektformel“ des Bundesverfassungsgerichts[↑]
Aus der Menschenwürde ergibt sich nach dem Verständnis des Bundesverfassungsgerichts der Anspruch eines jeden Menschen, in allen staatlichen Verfahren stets als Subjekt und nie als bloßes Objekt behandelt zu werden. jeder einzelne Mensch hat damit ein Mitwirkungsrecht, er muss staatliches Verhalten, das ihn betrifft, selber beeinflussen können.
Die nach dieser „Objektformel“ für den Gesetzgeber bindenden ethisch-rechtlichen Maßstäbe hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt im Februar 2006 in seinem Urteil zum Luftsicherheitsgesetz1 beschrieben: Ausgehend von der Vorstellung des Grundgesetzgebers, dass es zum Wesen des Menschen gehört, in Freiheit sich selbst zu bestimmen und sich frei zu entfalten, und dass der Einzelne verlangen kann, in der Gemeinschaft grundsätzlich als gleichberechtigtes Glied mit Eigenwert anerkannt zu werden12, schließt es die Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde vielmehr generell aus, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen13. Schlechthin verboten ist damit jede Behandlung des Menschen durch die öffentliche Gewalt, die dessen Subjektqualität, seinen Status als Rechtssubjekt, grundsätzlich in Frage stellt14.
Das Bundesverfassungsgericht sieht dabei die Würde eines jeden einzelnen Menschen absolut, menschliches Leben und menschliche Würde genießen ohne Rücksicht auf die Dauer der physischen Existenz des einzelnen Menschen den gleichen verfassungsrechtlichen Schutz:
Auch die Einschätzung, diejenigen, die sich als Unbeteiligte an Bord eines Luftfahrzeugs aufhalten, das im Sinne des § 14 Abs. 3 LuftSiG gegen das Leben anderer Menschen eingesetzt werden soll, seien ohnehin dem Tode geweiht, vermag der mit einer Einsatzmaßnahme nach dieser Vorschrift im Regelfall verbundenen Tötung unschuldiger Menschen in einer für sie ausweglosen Lage nicht den Charakter eines Verstoßes gegen den Würdeanspruch dieser Menschen zu nehmen. Menschliches Leben und menschliche Würde genießen ohne Rücksicht auf die Dauer der physischen Existenz des einzelnen Menschen gleichen verfassungsrechtlichen Schutz. Wer dies leugnet oder in Frage stellt, verwehrt denjenigen, die sich wie die Opfer einer Flugzeugentführung in einer für sie alternativlosen Notsituation befinden, gerade die Achtung, die ihnen um ihrer menschlichen Würde willen gebührt.1
Personaler und räumlicher Schutzbereich der Menschenwürde[↑]
Die Schutzverpflichtung des Staates gilt nicht nur gegenüber seinen eigenen Staatsbürgern sondern gegenüber allen Menschen, die sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes, also auf deutschem Staatsgebiet, aufhalten. Sie gilt darüber hinaus auch für alle außerhalb des deutschen Staatsgebiets vorgenommene Akte deutscher Staatsgewalt, also beispielsweise auch für deutsche Botschaften und Konsulate, in denen etwa Bürgerkriegs-Flüchtlinge Zuflucht suchen, aber auch für Schiffen unter deutscher Flagge, für ex-territoriale Einrichtungen der Bundeswehr, oder für die Handlungen eines im Ausland tätigen Soldaten oder Mitarbeiter eines deutschen Nachrichtendiensten, selbst dann, wenn dieser Einsatz nach dem Recht des Einsatzortes illegal ist.
Das Grundgesetz verpflichtet den Staat darüber hinaus, sich weltweit für das Prinzip der Menschenrechte einzusetzen, wobei allerdings die Entscheidung darüber, in welcher Form und welchem Umfang dies geschieht, im Ermessen der Bundesregierung und des Bundesgesetzgebers liegt. So ist die Bundesrepublik etwa internationalen Verträgen beigetreten, ist Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention und hat sich verpflichtet, Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu beachten.
Artikel 1 GG hat auch eine postmortale Wirkung, gilt also auch für das Andenken und den Ruf des Toten. So hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Mephisto-Entscheidung15ausdrücklich betont, dass der Mensch auch nach seinem Tod nicht seinen persönlichen Achtungsanspruch verliert.

Als Menschenwürde versteht man die Vorstellung, dass alle Menschen unabhängig irgendwelchen Merkmalen wie etwa Herkunft, Geschlecht oder Alter denselben Wert haben, da sie sich alle durch ein dem Menschen einzig gegebenes schützenswertes Merkmal auszeichnen, nämlich die Würde. Seine Verankerung als erste Norm des Grundgesetzes ist eine bewusste Reaktion auf die massive Missachtung der Menschenwürde im Nationalsozialismus.

Was ist Würde? Fast alle wissen, was gemeint ist aber kaum jemand kann es erklären. Woraus besteht sie, wie entsteht sie?

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dieser Satz wird oft und gern zitiert. Als Forderung, als Ermahnung, als Beweis unserer Kultur. Seit 1949 steht diese Aussage von der Unantastbarkeit der Menschenwürde an erster Stelle unseres Grundgesetzes, das ist wohl einmalig in der Welt. Es war eine Reaktion auf die Unmenschlichkeit im 3. Reich. Wie sieht es mit dieser Aussage in der Praxis aus? Wie oft wird sie täglich widerlegt! Liegt dies an der Form der Formulierung, die ja den Eindruck entstehen lässt, dass es so sei mit der Unantastbarkeit? Der Inhalt kann ja wohl nicht so falsch sein. Liegt es vielleicht an einem mangelnden inhaltlichen Verständnis des Begriffes?
Würde bedeutet Wertigkeit, Erhabenheit, Vornehmheit, Majestät erhabene Gesinnung, Autonomie und sittliche Selbstgesetzgebung; dem Menschen innewohnender Wert und innerer Rang, Menschenwürde; innere Haltung, die durch das Bewusstsein vom eigenen Wert oder von einer geachteten Stellung bestimmt wird; Echtheit. Ähnlich wie bei der Identität enthält Würde Selbstbild, soziale Aufgabe und Anerkennung durch bedeutsame Bezugspersonen sowie Selbstverantwortung. Beherrschung der Triebe durch die moralische Kraft ist Geistesfreiheit, und Würde heißt ihr Ausdruck in der Erscheinung. (Friedrich Schiller)

Würdigen bedeutet werten, anerkennen, achten, Achtung erweisen, respektieren, Respekt haben vor etwas, Respekt zollen, schätzen, hochschätzen, bewundern, von Bewunderung erfüllt sein für etwas, ehren, Ehrfurcht erweisen, in Ehren halten, Wert legen auf etwas. Weitere Begriffe, die damit in lockerem Zusammenhang stehen sind: Status, Ansehen, Bekanntheit, Beliebtheit, Berühmtheit, Namen, Popularität, Prestige, Renommee, Reputation, Ruf, Ruhm.

Menschenwürde entsteht durch Anlage, Zuweisung oder Anspruch und Leistung oder Erfüllung, sie ist ein Teil menschlicher Identität, und zwar der wesentliche, nämlich der geistige, der ideelle. Hier wird deutlich, wie wichtig eine ideelle Orientierung ist. Menschenwürde ist ein veränderlicher Teil des Menschen, ihre Beschaffenheit wird sowohl von der jeweiligen gesellschaftlichen Kultur, als auch von dem einzelnen Menschen selbst mitbestimmt.

Die Anlage der Menschenwürde enthält zunächst die Daseinsform als Mensch sowie seine angeborenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Die Zuweisung enthält die sozialen Verhältnisse, in die der Mensch hineingeboren wurde sowie die Wertschätzung durch seine Mitwelt. Die Leistung besteht aus der eigenen Wertschätzung, der Entfaltung der Fähigkeiten sowie der ethischen Einstellung und der praktizierten Solidarität.

Die Menschenwürde ist also keine feste Größe, sie ist abhängig von der allgemeinen Wertschätzung der jeweiligen gesellschaftlichen Gruppierungen, in denen sich der Einzelne bewegt, sowie von seinem allgemeinen und besonders von seinem ethischen Verhalten.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. So lauten die ersten Worte unseres Grundgesetzes in Artikel 1 der Grundrechte. Weiter heißt es in diesem Artikel: Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Die Formulierung des ersten Satzes, der meist nur allein gebraucht wird, ist eine sehr verkürzte, subjektive; sie ist missverständlich, fast könnte man sagen eine Selbsttäuschung, ein Wunsch, der eine Tatsache vortäuscht. Es stimmt leider so nicht, wie es in der Formulierung klingt, dass sie unantastbar ist, denn die Menschenwürde wird oft genug angetastet. Indem etwa Kinder zu früh zur Anpassung erzogen und meist auch in eine bestimmte ideologische Richtung gedrängt werden, wird die in Artikel 2 GG gewährte freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit behindert und wird ihre Menschenwürde nachhaltig angetastet. Leider werden diese eigentlichen Ursachen späteren unwürdigen Verhaltens noch immer viel zu wenig beachtet.
Der Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" bedeutet eigentlich: "Die Würde des Menschen ist verletzlich, sie ist zu ermöglichen, zu achten, zu wahren und zu schützen." Dies sollte nicht nur Verpflichtung aller staatlichen Gewalt sein, sondern auch aller elterlichen, schulischen betrieblichen und sonstigen Gewalt oder besser: Verantwortlichkeit. Da das Grundgesetz nicht nur für den Staat gilt, müssten sich dessen Inhalte auch in allen außerstaatlichen Bereichen entsprechend widerspiegeln, z.B. in wirtschaftlichen Bereichen im Betriebsverfassungsgesetz, in schulischen in den Vorschriften der Kultusministerien und in privaten in den religiösen Richtlinien, die jedoch entweder ethische Normen wie Artikel 1 GG nicht enthalten oder sogar gegen diese verstoßen.

Fast immer liegt ein Verstoß gegen Artikel 1 und gegen Artikel 2 GG vor, wenn in Anwendung der Artikel 4 und 7 unter Gewährung ungestörter Religionsausübung Kinder in eine bestimmte ideologische Richtung erzogen werden, die sie von anderen Menschen abgrenzt. Artikel 4 und 7 wären zu ergänzen bzw. zu differenzieren, um die darin enthaltenen Möglichkeiten des Verstoßes gegen Art. 1 und 2 zu verhindern. Für Art.4 müsste es heißen: Die ungehinderte freie Entfaltung eines individuellen Glaubens ist durch Vermeidung jeglicher einseitigen Einflussnahme bis zum 18. Lebensjahre zu gewährleisten und durch Erschließung vieler, möglichst aller ethischen Orientierungen zu fördern. Für Art. 7 müsste es heißen: Religionsunterricht bedeutet unabhängige und gleichberechtigte Unterrichtung über alle vorhandenen Religionen, Weltanschauungen und ethischen Orientierungen ohne Bevorzugung einer bestimmten. Und Art.1 sollte ergänzt werden in: ... ist Verpflichtung aller Bürger und der staatlichen Verantwortlichkeit.

Menschenwürde hängt ab von einem Menschenbild, dieses hängt mit einem Weltbild zusammen. Die Würde ist etwas, was dem Menschen zunächst als Möglichkeit gegeben ist, was ihm zusteht, was er aber auch erfüllen muß. Ein Mensch, der sich würdelos verhält, kann schwerlich erwarten, dass man ihn würdig behandelt. Ein Politiker beispielsweise, der seine politischen Gegner beschimpft und herabwürdigt, der verliert damit gleichzeitig an eigener Würde, zumindest bei denjenigen Wählern, denen Würde etwas bedeutet.

Es ist demnach nützlich, den Begriff der Menschenwürde immer wieder zu hinterfragen und zu definieren, um dadurch auch die Selbstwahrnehmung und Selbstkontrolle zu fördern und sich der Beschaffenheit der eigenen Würde bewusst zu werden. Wenn dieses verstärkt geübt und praktiziert würde, käme es dazu, dass mehr Menschen als bisher in der Lage wären, das Verhältnis der egoistischen zu den altruistischen Anteilen der Antriebe des eigenen Handelns zu erkennen und zu steuern. Damit wären auch mehr Menschen in der Lage, Politiker auf ihre Wahrhaftigkeit hin einzuschätzen und vielleicht gerechter zu beurteilen. Die Politiker selbst würden dann vielleicht mehr als bisher bereit sein, sich selber zu kontrollieren und Supervisionen zu unterziehen.

Wenn beispielsweise Politiker den Eindruck erwecken, dass sie "an ihrem Sessel kleben", dann geschieht da etwas, das ihre Würde antastet. Dann scheint der Egoismus im Vordergrund zu stehen, was negativ bewertet wird. Andererseits wird aber auch Durchsetzungsvermögen erwartet und geschätzt, was ohne egoistische Anteile kaum möglich ist. Würde kann erst dann annähernd unantastbar sein, wenn genügend Gespür in die eigene Befindlichkeit, in die eigenen wirklichen menschlichen Bedürfnisse und eine klare ethische Orientierung vorhanden sind, und wenn diese und vielleicht noch weitere Merkmale miteinander in ein gewünschtes Verhältnis gebracht werden können.

Der Begriff 'unantastbar' sagt ja eigentlich vom Begriff her, dass etwas nicht angetastet werden kann. Das ist aber in der Formulierung so gar nicht gemeint, denn es heißt ja weiter: Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Wenn etwas unantastbar wäre, müsste es nicht geschützt werden. Es ist also lediglich eine Verpflichtung und noch kein Ergebnis. Gemeint ist, dass die Menschenwürde nicht angetastet werden darf oder zumindest nicht soll. Es ist auch wichtig, zu wissen, dass sich die Verpflichtung in dem Artikel 1 lediglich auf das Verhalten des Staates gegenüber dem Volk bezieht.

Da Menschenwürde selbst unbedingt etwas mit Wahrhaftigkeit sich selbst und anderen gegenüber zu tun hat, ist es schon bedeutsam, ja bedenklich, wenn in diesem Zusammenhang von einer Unantastbarkeit gesprochen wird. Das entwertet sowohl den Begriff, als auch die Absicht der Verwendung, und damit seine Wirksamkeit. Es kann so der unbewusste Eindruck entstehen, dass die Unantastbarkeit bereits gewährleistet sei. Besser, weil wahr-haftiger wäre wohl gewesen, anstatt von Unantastbarkeit von Verletzbarkeit oder Unverzichtbarkeit zu sprechen. Es hätte heißen müssen: "Die Achtung und der Schutz der Würde des Menschen sind unverzichtbar" oder "Die verletzbare Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen", und zwar nicht nur von gewaltausübenden Staatsbeamten und -angestellten, sondern auch von Eltern, Vorgesetzten, von jedermann gegenüber jedermann und -frau. Schließlich auch gegenüber der Natur, gegenüber Tier und Pflanze.

Haben nicht auch Tiere ihre Würde? Wenn Menschen z.B. den von ihnen als König der Tiere eingestuften Löwen hinter Gittern dazu bringen, durch Männchenmachen die Zuschauer zu unterhalten und belustigen, dann ist das nicht nur ein Antasten der Würde des Tieres, sondern auch ein unwürdiges Verhalten des Dompteurs und der Zuschauer dem Tier und den Mitmenschen gegenüber. Auch ist es einigen Nachdenkens wert, ob nicht bereits mit dem Beobachten von Tieren, besonders des Liebesspiels und -aktes genaugenommen eine Verletzung von Würde gegeben ist - zumindest der unsrigen.

Wenn man hin und wieder in Fernseh-Berichten über Natur-Katastrophen sehen muß, in welch menschenunwürdiger Lage sich Menschen befinden, die versuchen, im überfluteten Ufergebiet eines Flusses ihr Leben zu retten, dann kann man Ureinwohner verstehen, die achtsam mit ihrer Umwelt umgehen und selbst Bäumen, Flüssen, Seen und Bergen eine Würde zugestehen. Vielleicht wird es eines Tages heißen: Die Würde von Mensch und Natur ist zu gewährleisten. (Man schlägt, schneidet oder beleidigt einen Fluss nicht, man umsorgt ihn wie ein lebendiges Wesen. Weisheit der Maori, Ureinwohner Neuseelands.)

Es scheint jedenfalls dringend erforderlich, den Begriff Menschenwürde immer wieder ins Gespräch zu bringen, ihn zu hinterfragen und neu zu definieren, um ihn dadurch mehr als bisher zu verinnerlichen und anzuwenden. Auch ein Bekenntnis zum Humanismus kann zu einer stärkeren Beachtung der Menschenwürde beitragen, denn seine Definition lautet sehr konkret: Humanismus ist ein Denken und Handeln, das sich an der Würde des Menschen orientiert und dem Ziel menschenwürdiger Lebensverhältnisse dient.


Menschenwürde und Recht auf Leben


Die dritte Weichenstellung, die das Gericht in seiner Rechtsprechung zur Menschenwürde vorgenommen hat, ist die Kopplung der Menschenwürde mit anderen Grundrechten, insbesondere mit dem Recht auf Leben. Die Folge dieser Verkopplung ist, dass auch einzelne Schutzbereiche der Spezialgrundrechte, soweit sie sich mit dem der Menschenwürde decken, an der besonderen Gewährleistung der Menschenwürde teilnehmen; das heißt sie werden uneinschränkbar und unabänderlich.

Am Verhältnis von Artikel 1 Absatz 1 GG zum Recht auf Leben kann dies exemplarisch skizziert werden. Das Gericht koppelt die Menschenwürde mit dem Recht auf Leben hinsichtlich des personellen Geltungsbereichs. Der personelle Schutzbereich des Grundrechts auf Leben in Artikel 2 Absatz 2 GG sei mit Artikel 1 Absatz 1 GG untrennbar verbunden. "Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu; (...) die von Anfang an im menschlichen Sein angelegten Fähigkeiten genügen, um die Menschenwürde zu begründen."

Das Grundgesetz aber regelt die Würde des Menschen in Artikel 1 Absatz 1 und das Recht auf Leben in Artikel 2 Absatz 2 voneinander getrennt. Nach dem Grundgesetz soll die Menschenwürde unantastbar sein, während das Recht auf Leben demgegenüber unter Gesetzesvorbehalt gestellt wird. Geht man aber wie das Gericht davon aus, dass die Menschenwürde und das Lebensrecht bei einem Eingriff immer gemeinsam betroffen sind, kann ein Eingriff in das Lebensrecht genauso wenig gerechtfertigt werden wie eine Verletzung der Menschenwürde. Der Gesetzesvorbehalt in Artikel 2 Absatz 2 Satz 3 GG läuft dann leer. In dieser Debatte geht es letztlich immer wieder um den Schutz des vorgeburtlichen Lebens. Demnach ist nicht allein die natürliche Person Träger der Menschenwürde, sondern bereits die befruchtete Eizelle. Die Grundrechtsberechtigung soll sich bei Artikel 1 Absatz 1 GG wie bei Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG nach dem Lebensbeginn richten, was bei dieser Gelegenheit dann auch entschieden wird. Setzt man in dieser Weise Leben mit Menschenwürde gleich, ist der personale Schutzbereich der Menschenwürde zeitlich in der Tat mit dem so definierten Lebensbeginn eröffnet.

Mit diesen Dezisionen in den Urteilen zum Schwangerschaftsabbruch hat das Gericht nicht nur eine selbstbestimmte Schwangerschaft stark beschränkt, sondern tief in existenzielle und weit in die Zukunft reichende Grundfragen eingegriffen. So wird in allen aktuellen Diskussionen in der Gentechnik unter Berufung auf die Menschenwürde damit abgeblockt, dass uns dieses oder jenes Vorgehen durch Artikel 1 Absatz 1 GG verboten sei.

Dies geschieht vor allem auch deshalb, weil sich das Gericht in seiner zweiten Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch ausdrücklich gegen einen abgestuften Lebensschutz ausgesprochen hat: "Das Grundgesetz enthält für das ungeborene Leben keine vom Ablauf bestimmter Fristen abhängige, dem Entwicklungsprozess der Schwangerschaft folgende Abstufung des Lebensrechts und seines Schutzes. Auch in der Frühphase einer Schwangerschaft hat die Rechtsprechung deshalb dieses Maß an Schutz zu gewährleisten."

Dabei ist vielfach zu Recht darauf hingewiesen worden, dass, obwohl das Bundesverfassungsgericht einen abgestuften Lebensschutz verneint, die befruchtete Eizelle nach den Urteilen zum Schwangerschaftsabbruch keineswegs absolut geschützt ist. Sie darf beispielsweise durch Benutzung einer Spirale an der Einnistung gehindert und ausgeschieden werden. Nach der Nidation darf das ungeborene Leben bis zur 12. Woche abgetötet werden, wenn die Schwangere die Schwangerschaft als schwere, außergewöhnliche und unzumutbare Belastung empfindet. Bis zur 22. Woche darf abgetrieben werden, wenn nach ärztlicher Erkenntnis das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren gefährdet sind, unter anderem durch die Belastung der Schwangeren mit einem vermutlich behinderten Kind. Es gibt also trotz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schwangerschaftsabbruch durchaus Abstufungen und Abwägungen beim Lebensschutz des Embryos in vivo.

Wenn dem so ist, warum dann die Berufung des Gerichts auf die Menschenwürde mit der Folge der Aufrechterhaltung des strafrechtlichen Abtreibungsverbots in Paragraf 218 des Strafgesetzbuches? Das Verfassungsgericht konnte beim zweiten Abtreibungsurteil nur noch den Schein eines absoluten Verbots wahren. Es hat mit dem Passieren lassen einer Fristenlösung mit Beratungspflicht zwar den Gesetzgeber zum Teil korrigiert, ist aber letztlich, indem es abgewogen hat, über weite Strecken dem gesetzgeberischen Kompromiss gefolgt. Das ist vom Ergebnis zu begrüßen, überzeugt aber in der Begründung nicht.

Dass die beim Schwangerschaftsabbruch gefundene Lösung einer normativen Anwendung von Artikel 1 Absatz 1 GG entsprechen soll, leuchtet nicht ein. Naheliegend ist vielmehr die Verneinung einer Kongruenz von Menschenwürde und Lebensschutz, wie sie in Teilen der Rechtswissenschaft vertreten wird - mit der Folge, dass für das vorgeburtliche Leben kein absoluter Lebensschutz gilt, sondern ein abgestufter. Man kann, wenn man Lebens- und Würdeschutz entkoppelt, beim Lebensschutz des Embryos wegen des Gesetzesvorbehalts in Artikel 2 Absatz 2 Satz 3 GG differenzieren und gestufte Lösungen gemäß den verschiedenen Entwicklungsstadien menschlichen Lebens begründen


Wie wird Menschenwürde bestimmt?

Das mit der Bestimmung der Menschenwürde als subjektives Grundrecht heraufbeschworene Strukturproblem einer positiven Schutzbereichsbestimmung ist bis heute nicht gelöst und kann im Zweifel auch nicht zufriedenstellend gelöst werden. Zunächst ist bei Artikel 1 Absatz 1 GG jede Schutzbereichsbestimmung nicht nur notwendig von einer bestimmten philosophischen Tradition geprägt, sondern diese Prägungen sind auch das Einfallstor für die Verabsolutierungen einzelner, partikulärer ethischer Auffassungen oder politischer Haltungen.[12] Gelingt es, diese Auffassungen zum Schutzinhalt der Menschenwürde zu erklären, wird die weitere gesellschaftliche Konsensbildung zum jeweiligen Thema aufgehalten, weil die Berufung auf die Menschenwürde als Verbot anderer Auffassungen und Haltungen durchgesetzt wird.

Dieser Gefahr ist das Gericht scheinbar entgangen. Die positiven Inhaltsbestimmungen der Menschenwürde haben sich in der Rechtsprechung des Gerichts nicht zu einem konkreten, gegenüber anderen Grundrechten abgrenzbaren Normeninhalt verdichtet. Vielmehr entscheidet das Gericht von Fall zu Fall, ob die Menschenwürde verletzt ist. In der Gesellschaft gibt es deshalb auch einen von Fall zu Fall wechselnden Konsens über die einzelnen Verbote, die das Gericht unter Berufung auf die Menschenwürde ausspricht.

Im Unterschied zu anderen Entscheidungen des Gerichts, die auch Entscheidungen zu gesellschaftlichen Konfliktlagen sind, ist aber das Verbot, welches das Gericht wegen der Verletzung der Menschenwürde ausspricht, wegen Artikel 79 Absatz 3 GG weder durch den Gesetzgeber noch durch den Verfassungsgeber beseitig bar. Das Gericht hat mit seinen Entscheidungen unter Berufung auf die Menschenwürde die Macht, Endgültigkeit zu verkünden; das heißt jede gegen die Aufhebung des Verbots gerichtete Bewegung zu blockieren.

Das scheint, wenn es um gesellschaftliche Rückschritte geht oder gar den Rückfall in die Barbarei, eine wünschenswerte Sicherung für den Erhalt des demokratischen Rechtsstaats zu sein. Aber kann es das wirklich, handelt es sich nicht vielmehr um schlichte Überforderung des Gerichts, hinter der seine Überhöhung zum säkularen Verkünder der letzten Wahrheiten steckt?

Wie aber umgeht das Gericht, wenn es die Menschenwürde als Maßstab für die Entscheidung eines Falles anwendet, eine positive inhaltliche Bestimmung des Schutzbereichs der Menschenwürde? Wenn es wegen Verletzungen der Menschenwürde angerufen wird, wendet es zunächst die Objektformel an. Diese gibt ihm scheinbar die Möglichkeit, ohne Inhaltsbestimmung der Menschenwürde einen Eingriff in sie festzustellen.[13] Das kommt notwendig nicht ohne Tautologien aus: Die Feststellung einer Würdeverletzung erst auf der Eingriffsebene mit Hilfe der sogenannten Objektformel geschieht durch die Feststellung, die Menschenwürde werde verletzt, "wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird".[14] An anderer Stelle heißt es, dass Artikel 1 Absatz 1 GG den Menschen davor schütze, "dass er durch den Staat oder durch seine Mitbürger als bloßes Objekt, das unter vollständiger Verfügung eines anderen Menschen steht, als Nummer eines Kollektivs, als Rädchen im Räderwerk behandelt und dass ihm damit jede eigene geistig-moralische oder gar physische Existenz genommen wird".[15]

Relativierung des Würde-Prinzips

Diese Formel, die der Staatsrechtsprofessor Günter Dürig in der Rechtswissenschaft durchgesetzt hat, wurde bereits sehr früh vom Bundesverfassungsgericht aufgegriffen und im Folgenden zu einem festen Bestandteil des gerichtlichen Kanons.[16] Im Abhörurteil aus dem Jahr 1970 sah sich das Gericht jedoch gezwungen, ihren normativen Gehalt deutlich zu relativieren: "Allgemeine Formeln wie die, der Mensch dürfe nicht zum bloßen Objekt der Staatsgewalt herabgewürdigt werden, können lediglich die Richtung andeuten, in der Fälle der Verletzung der Menschenwürde gefunden werden können. Der Mensch ist nicht selten bloßes Objekt nicht nur der Verhältnisse und der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern auch des Rechts, insofern er ohne Rücksicht auf seine Interessen sich fügen muss."[17]

In dieser Art des Objektseins des Menschen sieht das Bundesverfassungsgericht keine Verletzung der Menschenwürde. Vielmehr muss die Behandlung seine Subjektqualität prinzipiell infrage stellen oder in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Menschenwürde liegen.[18] Bei der Behandlung durch die öffentliche Gewalt sei eine Verletzung der Menschenwürde dann zu konstatieren, wenn eine Verachtung des Wertes, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt, vorliegt (verächtliche Behandlung).[19]

Diese Formulierungen haben immer wieder zu Recht Rückfragen provoziert. So fragt etwa der Rechtsphilosoph und Verfassungsjurist Hasso Hofmann: "Was heißt Ausdruck der Verachtung des Person-Wertes? Wann ist eine staatliche Maßnahme 'Ausdruck' einer solchen Verachtung? Und: gibt es außer der 'willkürlichen Missachtung der Würde des Menschen', von der das Gericht spricht, auch noch eine willkürfreie?"[20] Der Versuch des Gerichts, im Abhörurteil die Tautologie der Objektformel durch ihre Konkretisierung zu beseitigen, endete mit neuen normativen Unschärfen.

Günter Dürig selbst hat die Relativierung des absoluten Achtungsanspruchs des Würde-Prinzips durch den "subjektiven Faktor" kritisiert.[21] Auf den Einwand der Konkretisierungsbedürftigkeit der Objektformel und dessen Folgen, welcher oben auf die These des Gerichts, dass im Einzelfall nur dann eine Verletzung der Menschenwürde festgestellt werden könne, wenn die Objektformel ihrerseits konkretisiert werde, folgte, reagierte er folgendermaßen: "Die positivrechtlich gebotene Ausfüllung dieser Wertbegriffe ist auch in unserer pluralistischen Gesellschaft viel exakter möglich als manche behaupten. (...) Es gibt einen sehr exakten Konsensus, wie eine Staats- und Gesellschaftsordnung nicht aussehen soll. Diese gleichsam negative Interpretationsmethode ist im Verfassungsrecht durchaus legitim (...) Natürlich sollte man sich nicht anmaßen, das Menschenwürdeprinzip positiv verbindlich zu interpretieren, aber man kann sagen, was dagegen verstößt."[22]

Daraus wird ersichtlich, dass auch Dürig, zumindest was Verletzungstatbestände angeht, auf den gesellschaftlichen Konsens abgestellt hat. Was aber, wenn ein Konsens in der Gesellschaft über das, was eine Verletzung der Menschenwürde ist, gerade nicht herstellbar ist und das Verfassungsgericht zur Entscheidung angerufen wird? Kann das Gericht diesen Konflikt entscheiden, ohne abzuwägen? Kann es die Objektformel für den Einzelfall so konkretisieren, dass sie verlässlich ein normatives Prüfprogramm ergibt?

Diese Frage zu stellen, heißt, sie zu verneinen: Verlässlichkeit bei der Konkretisierung der Objektformel ist nur erwartbar, wo geistesgeschichtlich und rechtsvergleichend kein anderes Urteil möglich ist als die Annahme einer Würdeverletzung. Überall dort aber, wo die Dinge nachhaltig in Streit geraten, kann das Gericht nur seine eigene Dezision an die Stelle des nicht vorhandenen gesellschaftlichen Konsenses setzen. Dazu aber muss es das tun, was es immer tut: werten und abwägen - ausgehend vom Vorverständnis der beteiligten Richterinnen und Richter. Sich dieser Einsicht zu stellen, bedeutet nichts weiter als das Gericht als das wahrzunehmen, was es ist: eine diesseitige fehlbare Instanz, die in sich noch mal den gesellschaftlichen Konflikt austrägt, wegen dessen es angerufen wurde, bevor es eine Entscheidung findet.

Dies ist beim Streit um die Menschenwürde umso mehr der Fall, als hier ein verlässliches normatives Programm weithin fehlt. Worum die Richter dabei methodisch und inhaltlich streiten, ist vom Staats- und Verwaltungsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde sehr deutlich formuliert worden, als er nach den geistigen Grundlagen unserer Menschenwürdevorstellungen gefragt hat: "Ist die Würde des Menschen in ihrem Kern das Unverlierbare und Unverfügbare, das den Menschen auszeichnet, die metaphysische Verankerung seines personalen Seins, aus der die Menschenrechte fließen und die selbst jeder Disposition entzogen ist? Oder bedeutet Menschenwürde primär die Fähigkeit zur autonomen Selbstbestimmung, ist sie im Kern das Recht auf diese Selbstbestimmung und Selbstdarstellung, gewissermaßen der höchste Gipfel der Menschenrechte, worin die Freiheit der Disposition auch über sich selbst und die moralischen Bindungen und Pflichten, denen man sich unterstellt, eingeschlossen ist? Lässt sich die Würde des Menschen - so oder anders verstanden - immanent-rational, mit den Mitteln autonomer Vernunft und aus der Vernunftbegabtheit des Menschen begründen, oder bedarf es zu ihrer Begründung des Rückgriffs auf etwas vorausliegendes, transzendentes, das letztlich nur metaphysisch oder religiös-theologisch auszumachen ist?"[23]

Menschenwürde als unabwägbares Menschenrecht

Die wichtigste und folgenreichste Weichenstellung des Gerichts im Umgang mit der Menschenwürde liegt darin, Artikel 1 Absatz 1 GG als individuelles subjektives Grundrecht zu verstehen und anzuwenden. Das Gericht hätte angesichts des Verfassungstextes auch anders verfahren können: Es hätte Artikel 1 Absatz 1 GG nicht als subjektives Grundrecht, sondern ausschließlich als objektive Verfassungsnorm interpretieren können. Heißt es doch in Artikel 1 Absatz 3 GG, das die darauffolgenden Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden. Insoweit war es möglich den Katalog der Grundrechte des Grundgesetzes erst bei Artikel 2 GG beginnen zu lassen und aus Artikel 1 Absatz 1 GG kein subjektives Grundrecht zu folgern, sondern nur einen objektiven Rechtssatz. Während Ersteres ein vom Individuum einklagbares Recht ist, bezeichnet Letzteres einen "Grundsatz", welcher den Staat zu einem bestimmten Tun verpflichtet.

Dies umso mehr, als die Menschenwürde als Verfassungsnorm im Deutschland vor 1949 keine Tradition hatte.[5] Erst mit dem Grundgesetz wurde sie in die Verfassung eingeführt und den zentralen, rechtsstaatlichen Verfassungsbegriffen Freiheit und Gleichheit hinzugefügt.[6] Dies geschah nach dem Vorbild von Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, in dem es heißt: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren."[7] Damit war die Entscheidung, die Menschenwürde zum selbstständigen subjektiven Grundrecht zu machen, nicht vorgegeben. Als das Verfassungsgericht diesen Weg beschritt, gab es dafür kein Beispiel, es hat vielmehr die Weichen früh[8] und selbstständig in diese Richtung gestellt.[9]

Die Wirkungen dieser Interpretation der Menschenwürde lassen sich wie folgt beschreiben: Mit der Qualifizierung der Würdegarantie als subjektives Recht entsteht der Zwang, die spezifisch juristische Struktur eines Grundrechts mit Grundrechtstatbestand und Grundrechtsschranken in der Rechtsprechung zur Geltung zu bringen. Mit anderen Worten: Wer eine Grundrechtsprüfung vornimmt, geht in drei Schritten vor. Er muss erstens feststellen, ob das umstrittene Handeln in den Schutzbereich des Grundrechts fällt; nur wenn dies der Fall ist, wird es auch vom Grundrecht geschützt. Im zweiten Schritt muss festgestellt werden, ob in diesen Schutzbereich eingegriffen wurde. Im dritten Schritt wird je nach Schrankenregelung der festgestellte Eingriff gerechtfertigt oder die Verfassungswidrigkeit des Eingriffs festgestellt. Für die Menschenwürde muss nach diesem Schema ein Schutzbereich bestimmt und die Qualität der Schrankenregelung festgestellt werden.

Das Bundesverfassungsgericht ist nicht so verfahren. Es hat nicht zunächst positiv den Schutzbereich der Menschenwürde bestimmt, sondern aus der Unantastbarkeit der Menschenwürde ihre Unabwägbarkeit gefolgert.[10] Anders als bei allen anderen Grundrechten gilt deshalb ein Eingriff in das Grundrecht der Menschenwürde für nicht rechtfertigbar. Eine Verletzung der Menschenwürde kann mit keinem Argument gerechtfertigt werden, sondern ist lediglich festzustellen. Die juristische Arbeit des Abwägens fällt damit aus.

Eine Grundrechtsprüfung am Maßstab der Menschenwürde endet demnach bei Schritt zwei, der Feststellung des Eingriffs, weil bereits aus dem Vorliegen des Eingriffs die Menschenwürdeverletzung gefolgert wird. Damit wird die Menschenwürde absolut gesetzt, ohne zu sagen, was inhaltlich von der Menschenwürde geschützt wird. Hinzu kommt der Schutz der Menschenwürde durch die Ewigkeitsgarantie in Artikel 79 Absatz 3 GG, nach der es auch dem Verfassungsgeber verwehrt ist, die Menschenwürde anzutasten.

Man kann nun annehmen, dass es dieses Konstrukt ist, was uns davor schützt, Folter oder andere Verbrechen wider die Menschlichkeit zu legitimieren. Bei einigem Nachdenken kommt man aber schnell darauf, dass ein solches Verbot auch aus den anderen Grundrechten zu folgern wäre. Auch in anderen freiheitlichen, demokratischen Rechtsordnungen, in denen die Menschenwürde nicht als subjektives Grundrecht behandelt wird, gelten derlei Verbote. Es hat dort allerdings nicht die Qualität eines absoluten Verbots.

Die Frage bleibt daher, ob durch den oben beschriebenen Umgang mit der Menschenwürde tatsächlich mehr Sicherheit dafür herstellbar ist, dass wir nicht in barbarische Zustände zurückfallen. Verneint man dies, stellt sich sofort die nächste Frage, ob denn Artikel 1 Absatz 1 GG als selbstständiges subjektives Grundrecht tatsächlich unverzichtbar ist, denn der Preis für die Absolutheit des Schutzes ist das absolute Verbot. Leuchtet das bei der Folter ein, wird es beim Schwangerschaftsabbruch fragwürdig. Man kann dies soziologisch als Tabuisierung[11] beschreiben oder auch einfach als Totschlagargument für alles Gegenläufige. Je nachdem auf welcher Seite des Streites man selbst agiert, wird man das als grundsätzlich richtig oder als grundsätzlich falsch empfinden.

Wie wird Menschenwürde bestimmt?

Das mit der Bestimmung der Menschenwürde als subjektives Grundrecht heraufbeschworene Strukturproblem einer positiven Schutzbereichsbestimmung ist bis heute nicht gelöst und kann im Zweifel auch nicht zufriedenstellend gelöst werden. Zunächst ist bei Artikel 1 Absatz 1 GG jede Schutzbereichsbestimmung nicht nur notwendig von einer bestimmten philosophischen Tradition geprägt, sondern diese Prägungen sind auch das Einfallstor für die Verabsolutierungen einzelner, partikulärer ethischer Auffassungen oder politischer Haltungen.[12] Gelingt es, diese Auffassungen zum Schutzinhalt der Menschenwürde zu erklären, wird die weitere gesellschaftliche Konsensbildung zum jeweiligen Thema aufgehalten, weil die Berufung auf die Menschenwürde als Verbot anderer Auffassungen und Haltungen durchgesetzt wird.

Dieser Gefahr ist das Gericht scheinbar entgangen. Die positiven Inhaltsbestimmungen der Menschenwürde haben sich in der Rechtsprechung des Gerichts nicht zu einem konkreten, gegenüber anderen Grundrechten abgrenzbaren Normeninhalt verdichtet. Vielmehr entscheidet das Gericht von Fall zu Fall, ob die Menschenwürde verletzt ist. In der Gesellschaft gibt es deshalb auch einen von Fall zu Fall wechselnden Konsens über die einzelnen Verbote, die das Gericht unter Berufung auf die Menschenwürde ausspricht.

Im Unterschied zu anderen Entscheidungen des Gerichts, die auch Entscheidungen zu gesellschaftlichen Konfliktlagen sind, ist aber das Verbot, welches das Gericht wegen der Verletzung der Menschenwürde ausspricht, wegen Artikel 79 Absatz 3 GG weder durch den Gesetzgeber noch durch den Verfassungsgeber beseitig bar. Das Gericht hat mit seinen Entscheidungen unter Berufung auf die Menschenwürde die Macht, Endgültigkeit zu verkünden; das heißt jede gegen die Aufhebung des Verbots gerichtete Bewegung zu blockieren.

Das scheint, wenn es um gesellschaftliche Rückschritte geht oder gar den Rückfall in die Barbarei, eine wünschenswerte Sicherung für den Erhalt des demokratischen Rechtsstaats zu sein. Aber kann es das wirklich, handelt es sich nicht vielmehr um schlichte Überforderung des Gerichts, hinter der seine Überhöhung zum säkularen Verkünder der letzten Wahrheiten steckt?

Wie aber umgeht das Gericht, wenn es die Menschenwürde als Maßstab für die Entscheidung eines Falles anwendet, eine positive inhaltliche Bestimmung des Schutzbereichs der Menschenwürde? Wenn es wegen Verletzungen der Menschenwürde angerufen wird, wendet es zunächst die Objektformel an. Diese gibt ihm scheinbar die Möglichkeit, ohne Inhaltsbestimmung der Menschenwürde einen Eingriff in sie festzustellen.[13] Das kommt notwendig nicht ohne Tautologien aus: Die Feststellung einer Würdeverletzung erst auf der Eingriffsebene mit Hilfe der sogenannten Objektformel geschieht durch die Feststellung, die Menschenwürde werde verletzt, "wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird".[14] An anderer Stelle heißt es, dass Artikel 1 Absatz 1 GG den Menschen davor schütze, "dass er durch den Staat oder durch seine Mitbürger als bloßes Objekt, das unter vollständiger Verfügung eines anderen Menschen steht, als Nummer eines Kollektivs, als Rädchen im Räderwerk behandelt und dass ihm damit jede eigene geistig-moralische oder gar physische Existenz genommen wird".


Denn die einen sind im Dunkeln
und die andern sind im Licht
und man sieht die im Lichte
die im Dunkeln sieht man nicht.


Danke Nikita Noemi Rothenbächer





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