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und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
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diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Hey Du hast es und brauchst es,
deswegen Spende Blut, denn es fehlt in der ganzen Welt!
Ich habe Ihn, Du auch?
Organspenden können andere zum Leben verhelfen, sei stolz auf dich selbst mache
Ihn Dir den Organspende Ausweis!
Hey you have it and need it, so donating blood,
because it is missing in the world!
I
had him, you also? Organ donation can help others to life, be proud of your self
doing Him Get donor card!
Ein Leben zwischen den Geschlechtern
Lucie Veith im Gespräch:
Mit ihrem Leben als intersexueller Mensch geht Lucie heute offen um und
engagiert sich deutschlandweit.
Intersexuelle
Menschen sind weder Mann noch Frau – sie befinden sich dazwischen. Lucie Veith
aus Schortens kämpft für ihre Daseinsberechtigung und ein menschenwürdiges
Leben.
SCHORTENS /OLDENBURG Die Tür öffnet sich, Lucie
Veith lächelt mich freundlich an: roter Lippenstift, die langen
Haare lässig zusammengesteckt, um den Hals eine bunte Kette. Vor mir scheint
eine Frau zu stehen, aber der Eindruck täuscht. Lucie Veith, 61 Jahre alt und
wohnhaft in Schortens (Landkreis Friesland), hat XY-Chromosomen. Sie
sieht weiblich aus und hat eine frauliche Stimme, aber auf genetischer Ebene
ist sie ein Mann. Lucie ist intersexuell.
Die meisten Menschen gehen davon aus, dass
es zwei Geschlechter gibt: Frau oder Mann. Die Realität sieht jedoch anders
aus. Intersexuelle sind, anders als trans-idente Menschen, nicht eindeutig
einem Geschlecht zuzuordnen. Sie werden sowohl mit männlichen als auch mit
weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren. Nach Angaben der Bundesregierung leben
rund 10 000
intersexuelle Menschen in Deutschland.
Männliche Gene und ein weibliches
Erscheinungsbild. Ich frage mich zu Beginn unseres Gesprächs: Wie soll ich
Lucie ansprechen? „Ich habe einen Vor- und einen Nachnamen, das reicht“, sagt
Lucie. Sowohl im Gespräch, als auch beim Schreiben kann ich es allerdings nicht
vermeiden, Lucie als „sie“ zu bezeichnen. Es ist eine verzwickte Situation.
Denn ein eigenes Pronomen für intersexuelle
Menschen gibt es in Deutschland nicht. Schweden ist da beispielsweise schon
weiter. Seit 2015 steht das geschlechtsneutrale Pronomen „hen“ im Wörterbuch.
Schon als kleines Mädchen habe Lucie
gewusst, dass sie anders ist. „Als negativ habe ich das aber nie empfunden“,
erinnert sich Lucie. Erst mit Mitte 20 war klar: „Ich habe keine Gebärmutter,
keinerlei weibliche Geschlechtsorgane.“ Stattdessen lagen ihre Testosteronwerte
höher als bei anderen Frauen. Die Ärzte fanden im Bauchraum liegende Hoden. Sie
sagten ihr, dass sie mit Krebs befallen seien. Zwei Hiobsbotschaften auf
einmal.
Zeit, den Schock zu verarbeiten, habe
Lucie nicht gehabt – man habe ihr gesagt, dass die Hoden entfernt werden
müssten, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Was folgte, war eine Operation.
Ein Eingriff, der medizinisch nicht notwendig gewesen wäre, wie Lucie sagt.
Genitalverstümmelung
Denn wie sich Jahre später herausstellte,
waren ihre Hoden gesund. Da die Ärzte diese Tatsache verschwiegen, spricht
Lucie heute von einer „uneingewilligten“ Operation – einer
Genitalverstümmelung. Mit den im Bauchraum liegenden Hoden hätte Lucie
problemlos leben können. „Es war der Versuch, mich zu vereindeutlichen. Man
wollte einen Körper reparieren, der nicht kaputt war“, weiß sie. Auch hätten die
Ärzte dazu geraten, ihre Intersexualität geheim zu halten. Ohne Hoden
produzierte Lucie auch kein Testosteron mehr. Stattdessen wurde Östrogen
verabreicht. „Mein Körper war mit den weiblichen Hormonen maßlos überfordert.
Das hat mich in eine tiefe Krise gestürzt.“ Heute nehme sie die Hormone nicht
mehr.
Lucie lebt in einer weiblichen
Geschlechterrolle und ist mit einem Mann verheiratet. „Als wir uns
kennenlernten, war bereits klar, dass ich keine Kinder kriegen kann. Woran das
lag, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Das haben mir die Ärzte verschwiegen.
Später hat uns meine Intersexualität einige Steine in den Weg gelegt. Aber mich
als Person macht sie nicht aus, mein Mann weiß das. Ich bin, wie ich bin“,
erklärt Lucie. Geschlechterrollen und Geschlechteridentitäten seien
verschiedene Paar Schuhe.
Invasive Operationen, die, wie Lucie sagt,
meist kosmetischen Gründen dienen – das ist Realität für viele Intersexuelle in
Deutschland. Schon kleine Kinder werden funktionierende Geschlechtsorgane
entfernt, äußere Genitalmerkmale werden angepasst. Die Auswirkungen, die diese
Eingriffe auf die Psyche haben, hat Lucie am eigenen Leib erfahren. Wozu das
zwanghafte Schubladendenken in „männlich“ und „weiblich“, fragt sie sich.
Eine medizinische Notwendigkeit liege in
den seltensten Fällen vor. „Es ist ein Eingriff in die körperliche
Unversehrtheit. Sie zerstören die körperliche Identität der Kinder. Das darf
nicht sein“, erklärt sie. „Es ist eine Kastration. Wenn zum Beispiel eine ,zu
große’ Klitoris abgeschnitten oder oder eine künstliche Vagina, die auch nach der
Operation immer wieder geweitet werden muss, angelegt werden, ist das ein
traumatisches Erlebnis für Kinder“, sagt Lucie.
Eigene
Bezeichnung
In einer Selbsthilfegruppe konnte Lucie
vergangene Ereignisse aufarbeiten. Seit 2002 setzt sie sich für die Rechte
intersexueller Menschen ein. 2004 gründete sie den gleichnamigen Verein
„Intersexuelle Menschen e.V.“. Von Friesland aus leitete sie von 2007 bis 2017
die Bundesgeschäftsstelle, seit 2014 auch die Landesgeschäftsstelle.
„Unser Ziel ist es, etwas in Ordnung zu
bringen, was nicht in Ordnung ist“, sagt sie. Und es tut sich etwas – unter
anderem auch durch Lucies unermüdlichen Einsatz. Mit der Kampagnengruppe
„Dritte Option“ reichte sie Ende 2016 eine Klage für die Einführung eines
dritten Geschlechts ein. Im November 2017 fiel eine Entscheidung am Bundesverfassungsgericht. Demnach sei die
aktuelle Regelung zum Geschlechtseintrag verfassungswidrig.
Künftig solle es im Personenstandsregister
neben „weiblich“ und „männlich“ eine weitere Eintragsmöglichkeit geben. Bis
Ende 2018 soll das Personenstandsgesetz geändert werden. Die Möglichkeit ein
„x“, „non-specific“ oder „unknown sex“ eintragen zu lassen, besteht
beispielsweise bereits in Australien, Nepal oder Großbritannien.
Wie genau dieser dritte Geschlechtseintrag
in Deutschland umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Seit 2013 kann das
Kreuzchen „männlich“ oder „weiblich“ im Geburtenregister weggelassen werden,
wenn das Geschlecht eines Kindes nicht eindeutig ist. „Solche Säuglinge sind
aber nicht geschlechtslos. Sie befinden sich auf einem Geschlechterspektrum, so
kann man es zumindest sehen. Nicht wirklich das eine, aber auch nicht ganz das
andere“, erklärt Lucie.
In ihren Bemühungen hat Lucie es
geschafft, die Peer-to-Peer-Beratung, die als Projekt in Niedersachsen begonnen
hat, bundesweit zu etablieren. Peer-to-Peer bedeutet: Gleiche beraten Gleiche.
Dabei wird versucht, die Betroffenen zu beraten, zu entlasten und zu ermutigen.
Für ihren Einsatz für die Menschenrechte Intersexueller hat Lucie 2017 den
„Preis für das Engagement gegen Diskriminierung“ von der
Antidiskriminierungsstelle des Bundes erhalten. Überreicht wurde der Preis von
Familienministerin Katarina
Barley(SPD).
Sinn
ihres Lebens
„Unsere erste und wichtigste Baustelle
sind aber nach wie vor die frühkindlichen Operationen, die zum Schutz der
Kinder abgeschafft werden müssen“, sagt sie. Mit besserer Aufklärung und
Beratung könne man Eltern und Familien andere Perspektiven aufzeigen. Denn
viele Ärzte stünden dem Thema Intersexualität bis heute nicht offen gegenüber.
„Sind Kinder nicht eindeutig einem
Geschlecht zuzuordnen, hilft die Medizin nach, oftmals ohne dass den Eltern
erklärt wird, was da genau passiert.“ Was wäre die Alternative zu frühen
Geschlechtsoperationen? „Man sollte die Kinder in Ruhe aufwachsen lassen, egal
wie ihr Genital aussieht. Solange kein gesundheitliches Risiko besteht, was in
den seltensten Fällen so ist, brauchen sie keine Operationen“, sagt Lucie.
Kritische Stimmen fragen, wozu man eine
weitere Geschlechterbezeichnung brauche. „Denjenigen, die unsere Forderung als
neumodisches Problem sehen, denen kann ich nur entgegenbringen: Warum machen
Veränderungen euch so viel Angst? Dass Körper und Körpergefühl zusammenpassen,
ist ein Privileg, das nicht alle genießen“, sagt Lucie. Intersexuelle würden
biologisch nicht den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen. „Mit einem
Umdenken und der Änderung der Bezeichnungen wird niemandem geschadet. Dafür
wird allerdings einer kleinen Gruppe von Menschen geholfen, ihr Leben
maßgeblich zu verbessern.“
Auch im Koalitionsvertrag zwischen Union
und SPD wird das Thema angesprochen. Dort heißt es: „Wir respektieren
geschlechtliche Vielfalt. (…) Wir werden gesetzlich klarstellen, dass
geschlechtsangleichende medizinische Eingriffe an Kindern nur in
unaufschiebbaren Fällen und zur Abwendung von Lebensgefahr zulässig sind.“
Lucie Veith wird sich weiter dafür
einsetzen, dass intersexuelle Menschen offener und selbstbewusster mit ihrer Identität
umgehen können. Eines ist ihrer Meinung nach sicher: Intersexuelle Menschen
wollen kein Mitleid. Sie wollen die gleichen Rechte wie jeder andere Mensch.
„Ich werde für intersexuelle Menschen
kämpfen, bis Kinder nicht mehr operiert werden. Solange werde ich durchhalten.
Vielleicht ist das ja der Sinn meines Lebens“, sagt Lucie Veith.
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