Freitag, 1. Juni 2018

Die netteste Form der Homophobie ist Totschweigen /// The nicest form of homophobia is silence

Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle Rechte vorbehalten!
Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
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Hey Du hast es und brauchst es, deswegen Spende Blut, denn es fehlt in der ganzen Welt!
Ich habe Ihn, Du auch? Organspenden können andere zum Leben verhelfen, sei stolz auf dich selbst mache Ihn Dir den Organspende Ausweis!

Hey you have it and need it, so donating blood, because it is missing in the world!
I had him, you also? Organ donation can help others to life, be proud of your self  doing Him Get donor card!

Rede im Europarat zum Bericht „Diskriminierung von Trans*Menschen in Europa“

In meiner Rede im Europarat habe ich deutlich gemacht, dass der Bericht „Diskriminierung von Trans*Menschen in Europa“ einen Meilenstein in der Frage der Anerkennung von Trans*Menschen und Transgender darstellt. Dafür habe ich ausdrücklich der maltesischen Berichterstatterin Deborah Schembri gedankt. Als Vorsitzende der deutsch-maltesischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag kann ich sagen: Wir lernen von Malta!
Im Bericht wird die Diskriminierung von Transgender aus menschenrechtlicher Perspektive beurteilt. Den Mitgliedsstaaten werden wichtige Handlungsvorschläge unterbreitet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte mich ausdrücklich bei der Berichterstatterin Deborah Schembri für diesen wegweisenden Bericht bedanken. Dieser Bericht markiert einen Meilenstein in der Frage der Anerkennung von Trans*Menschen und Transgender. Der Bericht trägt zur Aufklärung und Sensibilisierung der europäischen Bevölkerung für die besonderen Belange transgeschlechtlicher Menschen bei – ich hoffe, insbesondere bei den Fachkräften aus den Bereichen Erziehung, Recht, Gesundheit, Psychologie und ich gebe zu, auch in der Politik.
Ich begrüße es außerordentlich, dass die Situation von Trans*Menschen aus menschenrechtlicher Perspektive betrachtet wird. Mir imponiert, wie der sorgfältig recherchierte Bericht in enger Konsultation mit Menschenrechts- und Antidiskriminierungsstellen, sowie mit NGOs wie Transgender Europe entstanden ist.
Denn leider müssen wir ja noch immer eine Diskriminierung von transgeschlechtlichen Menschen konstatieren, sei es auf dem Arbeitsmarkt, sei es bei der Wohnungssuche oder bei Gesundheitsdienstleistungen. Aber auch von Hasskriminalität sind Trans*Menschen besonders betroffen. Deswegen gilt es hier, Maßnahmen zu ergreifen.
Der Bericht unterbreitet den Mitgliedsstaaten wichtige Handlungsvorschläge, um bestehende Diskriminierung zu beseitigen. Ich denke, auch mein Heimatland, Deutschland, kann hiervon nur lernen und ich freue mich als Vorsitzende der deutsch-maltesischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag, dass ich sagen kann: Wir lernen von Malta!
Denn wir müssen die faktische und rechtliche Situation von transgeschlechtlichen Menschen dringend verbessern. Als Gesundheitspolitikerin – ich bin Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages – möchte ich insbesondere folgende Punkte hervorheben:
  1. Sterilisation und medizinische Eingriffe sowie medizinische Begutachtung müssen als Voraussetzungen zur rechtlichen Anerkennung der geschlechtlichen Identität entfallen.
  2. Transgeschlechtlichen Menschen muss der Zugang zu notwendigen geschlechtsangleichenden Maßnahmen (medizinische Eingriffe, Hormonbehandlungen, sowie begleitende psychologische Unterstützung) über das staatliche Gesundheitswesen ermöglicht werden.
  3. Die nationalen und internationalen Standards der medizinischen Diagnostik bei transgeschlechtlichen Menschen sind zu „entpathologisieren“. Transgeschlechtliche Menschen dürfen nicht mehr als geisteskrank bezeichnet werden!
Der Bericht gibt vielen von uns in der Menschenrechtsfrage Hoffnung. Ich werde mich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass er umgesetzt wird und bitte um Zustimmung.

Die netteste Form der Homophobie ist Totschweigen
Um eines vorneweg zu sagen: ich gehe äußerst zurückhaltend mit dem Vorwurf von Homophobie um. Natürlich gibt es jede Menge unschöner bis hochgradig übler Phänomene, die diese Bezeichnung verdienen: körperliche oder verbale Gewalt gegenüber homosexuellen Menschen und generell gegenüber LGBTIQ, systematische Diskriminierung, Ausgrenzung etc. Daneben gibt es aber einen größeren und deutlich interpretationsbedürftigen Graubereich. Und da bin ich ein Freund von Robustheit und einer Art von Toleranz den Akteuren gegenüber: nicht jedes Verhalten, das man möglicherweise aus einer gewissen Betrachtung heraus als „homophob“ bezeichnen könnte, muss auch gleich als solches gebrandmarkt werden, denn:
 eines vorneweg zu sagen: ich gehe äußerst zurückhaltend mit dem Vorwurf von Homophobie um. Natürlich gibt es jede Menge unschöner bis hochgradig übler Phänomene, die diese Bezeichnung verdienen: körperliche oder verbale Gewalt gegenüber homosexuellen Menschen und generell gegenüber LGBTIQ, systematische Diskriminierung, Ausgrenzung etc. Daneben gibt es aber einen größeren und deutlich interpretationsbedürftigen Graubereich. Und da bin ich ein Freund von Robustheit und einer Art von Toleranz den Akteuren gegenüber: nicht jedes Verhalten, das man möglicherweise aus einer gewissen Betrachtung heraus als „homophob“ bezeichnen könnte, muss auch gleich als solches gebrandmarkt werden, denn:

(1.) manche Phänomene sind bei Lichte betrachtet einfach nicht wichtig genug, um daraus ein Thema und einen Vorwurf zu stricken;

(2.) da die Entwicklungsmöglichkeiten in Richtung optimal differenzierter Denk-, Sprech- und Handlungsweisen in der menschlichen Spezies offenbar generell begrenzt sind, ist zumindest mit Unachtsamkeit grundsätzlich zu rechnen;

(3). Homophobievorwürfe bewirken wahrlich nicht immer ein Abschmelzen von Homophobie, sondern nicht selten genau das Gegenteil.

Homosexualität wird übersehen

Nichtsdestotrotz gibt es Verhaltensweisen, die schon allein durch ihre kontinuierliche Wiederholung, aber auch durch den Kontext, in dem sie geschehen, den Graubereich überschreiten – auch wenn sie noch so harmlos daherzukommen scheinen, wie besonders das Phänomen des systematischen Totschweigens ganz ohne Anflug von nach außen gezeigter Aversion! Homosexualität im eigenen Handlungsumfeld systematisch zu übersehen und wenn irgend möglich nicht zu thematisieren, kommt dabei in verschiedensten Formen und Kalibern vor.

Manchmal kann man darüber schon fast wieder schmunzeln: Der mittlerweile über 60jährige Sohn von – nennen wir sie – Maria, der ältesten Freundin meiner Mutter lebt seit Jahrzehnten offenbar ziemlich zufrieden in einer festen Partnerschaft mit einem anderen Mann. Beide haben in ländlicher Gegend ein Haus, sind voll integriert im dörflichen Geschehen und kümmern sich auch in geradezu rührender Weise um Maria, die allerdings nie und nimmer Worte wie „schwul“, „homosexuell“ oder dergleichen in den Mund nehmen geschweige denn sie auf ihren Sohn beziehen würde. Ein vollkommen heterosexueller Schulfreund von mir, der ein sehr erfolgreicher Chirurg geworden ist, erzählt mir immer mal wieder, dass es in seinen weit gestreuten beruflichen Kreisen absolut niemanden gibt, der offen schwul oder bi ist. Merke: alle Chirurgen sind hetero – mindestens so sehr wie Fußballer! Vom katholischen Klerus wollen wir an dieser Stelle lieber erst gar nicht sprechen…

Über welche dieser Non-Gay-Areas man wie stark schmunzeln mag, hängt sicher ein wenig vom persönlichen Geschmack ab. Mir ist das Schmunzeln in Bezug auf eine dieser Verschwiegenheitszonen mittlerweile vergangen. Ich spreche von einem populärwissenschaftlichen Journal, von einem populärwissenschaftlichen psychologischen Journal. Und wir sprechen vom deutschsprachigen Raum im Jahre 2018. Es geht um „Psychologie Heute“, ein vom Julius Beltz Verlag mit einer Auflage von immerhin knapp 70 000 Exemplaren herausgegebenes, seit 1974 existierendes Journal.

LGBTIQ taucht nicht auf, so als gäbe es dazu von psychologischer Seite aus nichts zu berichten.
Eigentlich mag ich „Psychologie Heute“, lese es als Abonnent seit gefühlten 100 Jahren und finde viele Artikel darin wirklich interessant und anregend. Obwohl das Journal die Psychologie in ihrer ganzen Breite betrifft, taucht allerdings ein Themenfeld dabei so gut wie gar nicht auf: eben LGBTIQ, so als gäbe es dazu von psychologischer Seite aus nichts zu berichten. Da ich über dieses Fehlen im Laufe der Zeit immer mehr gestolpert bin, habe ich mehrfach – aus meiner Sicht wertschätzend – an die Redaktion geschrieben, z.B. folgende Mail im letzten Jahr:

„Sehr geehrte Redaktionsteammitglieder von Psychologie Heute,
als langjähriger Leser möchte ich Ihnen zumindest nachträglich zu Ihrem Jubiläum der 500. Ausgabe gratulieren. Wir – meine Frau und ich (beide Psychologen) – lesen Psychologie heute immer wieder gern und mit Gewinn. Wir finden in jeder Ausgabe viel Interessantes für uns. Daher möchten wir Ihr Magazin nicht missen.

Einen kleinen Kritikpunkt von mir hatte ich neulich schon einmal in anderem Zusammenhang angemerkt: In Ihrem Magazin tauchen LGBT Themen faktisch nicht auf; so sehr nicht, dass man denken könnte, dass das kein Zufall ist. Aber eine leicht homophobe deutschsprachige Psychologie Zeitschrift im 21. Jahrhundert ist auch nur schwer vorstellbar. Ihr Nichtthematisieren dieses Felds bleibt daher für mich ein Rätsel – allerdings eines mit klarem Optimierungspotenzial bei Ihnen.
Viel Erfolg für die nächsten 500.

Viele Grüße,
Stefan Hölscher“

Freundliche Antworten, sonst nichts

Auf diese wie auch auf ähnlich andere Mails von mir, erhielt ich dann von Seiten der Redaktion immer recht freundliche Antworten, in denen betont wurde, dass man für diesen Hinweis sehr danke, dass man grundsätzlich sehr aufgeschlossen sei für solche Themen und das Ganze mal in der Redaktion besprechen wolle, um es irgendwie anzugehen. Dabei ist es dann geblieben. Geändert hat sich am faktischen Nichtthematisieren von LGBTIQ Themen in diesem Journal ebenso wenig wie an dem Umstand, dass nahezu auf jedem Cover von „Psychologie Heute“ ein Foto einer lächelnden jüngeren Frau prangt – immerhin bekleidet und vermutlich gedacht als nette Identifikationsfigur für all die vielen Psychologinnen, die diese Zeitschrift lesen. (Meine letzte deutlich knackiger verfasste Mail zu diesem Thema von Mitte Mai 2018 hat die Redaktion von „Psychologie Heute“ übrigens bis heute nicht beantwortet.)

Das ist Psychologie von Gestern

Über all dies könnte man schmunzeln – ein wenig einseitig, provinziell und freundlich miefig, wie es wirkt. Ich möchte darüber aber nicht mehr schmunzeln. Denn auch wenn das Ausblenden von LGBTIQ Themen noch so nett grinsend daher kommt, und auch wenn es vielleicht nur einem Bruchteil der ca. 70.000 Leser*innen dieser Zeitschrift überhaupt auffällt, hier – im Kontext einer den Anspruch auf Modernität und Wissenschaftlichkeit erhebenden psychologischen Zeitschrift scheint es mir Homophobie der gar nicht mehr lustigen Art zu sein: Exklusion unter dem Deckmantel psychologischer Nonchalance. Das ist Psychologie von Gestern.

Ein Gastbeitrag von Stefan Hölscher
Anmerkung: Direkt nach Fertigstellung dieses Beitrags, allerdings ohne jede Kenntnis von ihm hat die neue Chefredakteurin von „Psychologie Heute“ dem Autor dieses Beitrags ein Gespräch zu den kritisierten Punkten vorgeschlagen. Sollten sich hierdurch Änderungen im Sinne von Verbesserungen des Umgangs dieser Zeitschrift mit LGBTIQ Themen ergeben, so werden wir darüber demnächst berichten.





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