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Geschrieben
und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
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diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Hey Du hast es und brauchst es,
deswegen Spende Blut, denn es fehlt in der ganzen Welt!
Ich habe Ihn, Du auch?
Organspenden können andere zum Leben verhelfen, sei stolz auf dich selbst mache
Ihn Dir den Organspende Ausweis!
Hey you have it and need it, so donating blood,
because it is missing in the world!
I
had him, you also? Organ donation can help others to life, be proud of your self
doing Him Get donor card!
„Ich wurde gezwungen,
jemand zu sein, der ich nie war“
Christian
und Talisha sind intersexuell. Der Weg zu dieser Erkenntnis war lang.
Schon als
Kind erhalten wir anhand unseres Geburtsgeschlechts eine gesellschaftliche Rolle:
männlich oder weiblich. Dass sich viele Menschen aufgrund von uneindeutigen
Geschlechtsmerkmalen nicht einem der beiden Geschlechter zuordnen lassen, wurde
dabei lange ignoriert. Am 08. November 2017 urteilte der Bundesgerichtshof,
dass ein drittes Geschlecht eingeführt werden soll. Somit wird Intersexualität
nun offiziell anerkannt, was für viele Menschen eine große Erleichterung
bedeutet.
Lange
schwarze Haare, Oberlippenbart und ein Bizeps, wie ein Fitnessmodel: Wer
Christian sieht, würde nie vermuten, dass er als Kind Kleider trug und zum
Mädchen erzogen werden sollte. „Ich wurde gezwungen, jemand zu sein, der ich
nie war“, sagt der 29-Jährige. „Für mich war immer klar, dass ich ein Junge
bin. Ich habe mich wie ein Junge benommen, Fußball gespielt, hatte viele
männliche Freunde und habe mich schon immer für Mädels interessiert.“
Die Wahrheit war zunächst ein Schock
Als er in
der sechsten Klasse ist, nimmt ihn sein Vater eines Tages beiseite und klärt
auf: „Für mich warst du schon immer ein Junge, du bist auch als Junge geboren
worden.“ Für Christian, der damals noch Christiane hieß, ist das ein Schock.
Sein Vater erklärt ihm, wie es dazu kam, dass aus ihm ein Mädchen wurde. Weil
Christians Geschlechtsteil nach der Geburt anders aussah als üblich, seien sie
mit ihm zum Universitätsklinikum Tübingen gegangen. Dort wurde der kleine Junge
analysiert: Zunächst optisch, dann machte man eine Chromosomenanalyse, um zu
überprüfen, ob weibliche X-Chromosome oder männliche XY-Chromosome vorliegen.
„Bei mir kamen XY-Chromosome raus, also ein männlicher Chromosomensatz“,
erklärt Christian. „Man wusste also eigentlich seit den Tests, dass ich
ein Junge war.“ Sicher waren sich die Ärzte scheinbar trotzdem nicht. Deshalb
wollte man noch einmal in den Bauchraum schauen.
„Sie haben
mir den Bauch ausgehend von der Blase aufgeschnitten, um zu schauen, wie es in
mir drin aussieht. Was sie dort gesehen haben, haben sie dann aber falsch
gedeutet“, wirft Christian heute den Ärzten vor. Im Bauchraum lag damals eine
Prostata, die wurde jedoch nicht als diese erkannt und stattdessen als Vagina
interpretiert. „Meine Eltern wurden dann zu der OP gedrängt, man wollte, dass
alles vom Optischen her passt. Dabei waren keine weiblichen Geschlechtsmerkmale
vorhanden.“ Man könne sich sein damaliges Geschlechtsteil eher wie eine
Anomalie vorstellen, sagt Christian heute. „Es war einfach ein bisschen verändert.
Die Harnröhre kam zwischen den Hodensäcken heraus und nicht durch den Penis.
Sie war versetzt. Das hätte man operativ sicher einfach ändern können.
Stattdessen haben die Ärzte mich stundenlang operiert und trotzdem habe ich nun
kein funktionsfähiges Geschlechtsteil. Dadurch haben sie mein Leben
zerstört.“
Hätte es
damals schon die Möglichkeit zur Eintragung eines dritten Geschlechts gegeben,
dann wäre seinen Eltern wohl der Druck genommen worden, ihr Kind einem
Geschlecht zuordnen zu müssen, meint Christian. „Dank des Urteils kann jetzt
ein drittes Geschlecht eingetragen werden. Die Kinder können dann später selbst
entscheiden, ob sie dieses behalten möchten oder sich als männlich oder
weiblich sehen. Dadurch werden auch viele Zwangs-Operationen entfallen und die
Kinder können ein glückliches und selbstbestimmtes Leben führen“, sagt er.
Genitalplastische
Eingriffe sind eine Menschenrechtsverletzung
Wie viele
intersexuelle Menschen in Deutschland leben, ist nicht genau bekannt. Der
Lesben- und Schwulenverband spricht von 100.000, andere Selbsthilfeverbände von 160.000, insgesamt reichen die
verschiedenen Schätzungen von 16.000 bis zu 800.000 Personen, was auch mit der
nicht einheitlichen Definition von „Intersexualität“ zu tun hat. Doch
unabhängig davon, wie viele es sind: Wer betroffen ist, dem geht es oft
ähnlich wie Christian. Denn Kinder mit uneindeutigen
Geschlechtsmerkmalen werden häufig zwangsoperiert, um ihnen
ein eindeutiges, der Norm entsprechendes Geschlecht zu geben und
ihnen so das Leben zu erleichtern. Häufig wird dadurch aber das Gegenteil
erreicht. Allein zwischen 2005 und 2014 soll es durchschnittlich mehr als 1700 solcher Operationen pro Jahr gegeben
haben. Viele Selbsthilfeverbände für Intersexuelle Menschen verurteilen diese
Eingriffe mittlerweile als Menschenrechtsverletzung.
Auch
Christian kritisiert die Vorgehensweise und stellte sogar seine behandelnde
Ärztin von damals zur Rede. „Sie hätte mir so viel Leid ersparen können. Man
sollte kleine Kinder nicht einfach operieren. Warum lässt man sie nicht später
selbst entscheiden, wer sie sein wollen?“, fragt er. Die Ärztin sagte ihm im
Gespräch, die Operation durchzuführen sei eine Anweisung aus der Chefetage
gewesen und entschuldigte sich bei ihm. „Damals sagte sie meinen Eltern,
dass ich ein glückliches Mädchen sein würde. Aber ich war nie glücklich. Ich
habe unter dieser Rolle gelitten. Das kann kein Arzt der Welt mir
entschädigen“, sagt Christian heute.
„Ich wollte
springen und alles beenden“
Wie sehr die
Zwangs-Operation in sein Leben eingegriffen hat, macht Christian an dem Moment
fest, in dem er dieses beinahe beendet hätte. „Natürlich war ich als Kind auch
viel mit Mobbing konfrontiert. Gerade in der Findungsphase der Pubertät nimmt
man sich das sehr zu Herzen. In der siebten Klasse wollte ich dann bei uns im
Ort ins Wasserkraftwerk springen und alles beenden.“ Christian kletterte
über das Geländer und starrte auf die sich drehenden Turbinen. Zum Glück
kam sein jüngerer Bruder vorbei, sprach ihn an und hielt ihn so davon
ab, zu springen. Durch die Unterstützung seiner Freunde hat Christian mit den
Jahren wieder ein Selbstwertgefühl aufgebaut. „Mir wurde klar: Der Körper ist
nur eine Hülle, so eine Art Kokon. Wichtig ist das, was drinsteckt. Das macht
den Menschen doch erst zum Menschen.“
Talisha lebte 27 Jahre als Mann
Auf Fotos
post sie selbstbewusst, den Blick in die Kamera gerichtet. Die Bilder zeigen
eine starke Frau, die weiß, was sie will und wer sie ist. An diesem Punkt ist
Talisha jedoch noch nicht lange. 27 Jahre ihres Lebens wuchs die heute
32-Jährige als Mann auf. Dabei war ihr schon lange klar, dass
sie eigentlich eine Frau ist. Zunächst identifizierte sie sich allerdings
als transsexuell. „Lustigerweise habe ich erst nach meinem Outing als
Transsexuelle erfahren, dass ich inter bin“, erzählt sie.
Damals bekam
sie weibliche Hormone, die ihre Brüste jedoch schmerzhaft anschwellen ließen.
Als sich dann noch ihre Hirnanhangdrüse vergrößerte, wurde Talisha in die Röhre
geschickt. „Dabei kam raus, dass ich Organe zuviel habe – also männliche und
weibliche. Im Zuge einer Operation wollten die Ärzte mir die weiblichen
Organe entfernen. Ich wollte aber nicht, dass sie einfach alles, was ihrer
Meinung nach nicht gebraucht wird, aus mir rausräumen. Ich bin doch kein
Sommerschlussverkauf!“
Trotz des
Vorhandenseins männlicher und weiblicher Geschlechtsmerkmale, fühlt sich
Talisha eindeutig als Frau. Schon länger lebt sie so, bald steht endlich die
geschlechtsangleichende Operation an, die auch das letzte Zeichen ihrer
Intersexualität beseitigen wird. „Die Angleichung des Geschlechts ist mit viel
Ärger verbunden. Vor allem in meinem Fall, da meine Intersexualität nicht
diagnostiziert wurde und ich somit lange wie ein Transgender behandelt wurde“,
erklärt sie.
Seit dem
Jahr 1981 ermöglicht das „Transsexuellengesetz (TSG)“ Menschen, ihre
Geschlechtszuordnung zu ändern. Die Änderung der Personalien dauert einige
Monate. Wer sein Geschlecht operativ angleichen will, muss sich vorher einer
eineinhalbjährigen psychologischen Behandlung unterziehen und mindestens
genauso lange in der entsprechenden Rolle gelebt haben, wie trans-infosschreibt. So auch Talisha. Ihre
geschlechtsangleichende Operation ist für März nächsten Jahres angesetzt. Auch
wenn der Eingriff mit Risiken verbunden ist, hat sie keine Angst. „Um untenrum
endlich ‚richtig‘ zu sein, würde ich noch ganz andere Dinge in Kauf nehmen“,
betont sie.
Viele kommentieren
online: „Die sind doch krank“
Während
Talisha in ihrem privaten Umfeld so akzeptiert wird, wie sie ist, erlebt sie
vor allem online immer noch Ablehnung gegenüber Intersexuellen. Die
Dokumentation „Männlich, weiblich - oder was? Leben mit dem dritten Geschlecht“,
die bereits beim WDR ausgestrahlt wurde und in der auch Talisha zu sehen ist,
wurde im Netz heiß diskutiert. „Braun angehauchte Typen mit dubiosen Usernamen
haben online so etwas geschrieben wie ‚Alle vergasen‘ oder ‚Die sind doch
krank‘ “. Sie hofft, dass die offizielle Einführung des dritten Geschlechts
hilft, die Akzeptanz zu steigern. „Hoffentlich macht es den Leuten klar, dass
ihr Schwarz-Weiß-Denken so nicht richtig ist“, sagt Talisha.
Für viele
Intersexuelle und Transsexuelle ist es oft nicht leicht, zu sich zu stehen.
Talisha hat einige Bekannte, die inter und trans sind. Sie unterstützt sie
dabei, zu dem Menschen zu werden, der sie wirklich sind, und empfiehlt ihnen
gute Ärzte und Psychologen. „Und wenn sie dort nicht allein hingehen wollen,
dann komme ich natürlich mit.“
Christian
und Talisha haben mittlerweile zu sich selbst gefunden. Ihnen ist klar, dass
die Welt nicht nur rosa und blau ist, sondern bunt. Zeit, dass das auch andere
Menschen verstehen. Das Gesetz zum dritten Geschlecht ist dabei ein
entscheidender Schritt in die richtige Richtung.
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