Sonntag, 28. Juli 2019

Eine Million Menschen feiern in Berlin den Christopher Street Day /// One million people celebrate Christopher Street Day in Berlin /// Un millón de personas celebran el día de Christopher Street en Berlín

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2019

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Eine Million Menschen feiern in Berlin den Christopher Street Day

Bunt und doch politisch: Rund eine Million Menschen haben bei der CSD-Parade in Berlin gefeiert. Doch auch 50 Jahre nach dem Aufstand in der New Yorker Christopher Street gegen Polizeigewalt sieht die queere Community sich noch nicht gleichberechtigt.
Eine riesige Parade zum 41. Christopher Street Day hat am Samstag Hunderttausende Menschen in der Berliner City-West angezogen. Um für die Rechte von Lesben, Schwulen, Transpersonen, Inter- und Bisexuellen zu demonstrieren, setzte sich am Mittag ein bunter Tross mit knapp 100 Wagen vom Kurfürstendamm Richtung Brandenburger Tor in Bewegung. Konfetti wurde in die Luft geschossen, viele Teilnehmer schwenkten Regenbogenfahnen.  
Etwa 250.000 bis 300.000 Menschen hätten sich allein am Demonstrationszug beteiligt, sagte Mitorganisator David Staeglich-Büge dem rbb, er berief sich auf Angaben der Polizei. Dazu kamen noch weitere, die den Zug als Zuschauer begleiteten. Insgesamt waren beim CSD laut Veranstaltern rund eine Million Menschen auf der Straße. Nach Angaben der Polizei gab es keine Zwischenfälle. Allerdings musste der U-Bahnhof Nollendorfplatz wegen Überfüllung zeitweise geschlossen werden.
Bei der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor sprach auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Für musikalische Unterhaltung sorgten unter anderem die Sängerin Marianne Rosenberg und die Rapperin Sookee. Zudem wurden die beiden Gründer des lesbisch-schwulen Querverlags, Ilona Bubeck und Jim Baker, ausgezeichnet. Noch bis zum späten Abend sollte am Brandenburger Tor gefeiert werden. Danach wird sich die Feier in die Clubs der Stadt verlagern.
Das Motto des CSD lautete in diesem Jahr "50 Jahre Stonewall – Jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme". Damit sollten frühe Aktivisten gewürdigt werden, wie die Veranstalter sagten. Darunter sind die Malerin Lili Elbe (1882-1931) und die CSD-Gründerin Brenda Howard (1946-2005).

Projekt Maneo zählt gut 380 Angriffe auf Homosexuelle und Transgender

Zur Eröffnung der CSD-Parade wiesen einige Aktivisten der LSBTIQ-Bewegung auf immer noch bestehende Probleme hin. "Stell dir vor du bist eine Frau und keiner glaubt es dir. Stell dir vor du bist ein Mann, aber erst ein Richter muss dir das bescheinigen", sagte etwa Anastasia Biefang vom Arbeitskreis homosexueller Angehöriger der Bundeswehr e.V.. Biefang wurde bekannt als erste transsexuelle Befehlshaberin der Bundeswehr. CSD-Organisatorin Dominique King forderte eine Änderung des Elternschaftsrechts: "Wenn zwei lesbische Frauen heiraten, ist es noch lange nicht so, dass die zweite Frau die zweite Mutter ist. Sondern das Kind muss dann adoptiert werden", so King.
Trotz Erfolgen, wie der Abschaffung des "Schwulenparagraphen", der gleichgeschlechtlichen Sex unter Strafe stellte und der Einführung der Ehe für alle, werden Homosexuelle und Transgender noch immer Opfer feindseliger Angriffe. 225 Fälle, die sich auf sexuelle Orientierung bezogen, zählte die Berliner Polizei 2018, im Jahr zuvor waren es 171. Das Beratungsprojekt Maneo registrierte im vergangenen Jahr sogar 382 solcher Fälle, was einem Anstieg um ein Drittel binnen zwei Jahren entspräche, wie es in einer Mitteilung heißt.

Erinnerung an NS-Opfer

Zum Auftakt des Christopher Street Days wurde zunächst an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) legte am Denkmal in Tiergarten einen Kranz nieder. 
Neben Vertretetern aus der Politik nahmen auch zahlreiche Schwulen- und Lesbeninitiativen teil. Sie warnten vor einer Stigmatisierung bestimmter Gruppen und riefen zu Wachsamkeit auf. Geschichte dürfe sich nicht wiederholen. Schätzungen zufolge kamen in in der NS-Zeit rund 7.000 Homosexuelle durch Lagerhaft oder Mordaktionen ums Leben.

Lederer: CSD ist immer noch politisch

Kritiker beklagen, der CSD werde zunehmend kommerzieller. So fuhren bei der diesjährigen Parade auch Trucks der Konzerne Coca Cola, Amazon, Google oder Paypal  mit. Der CSD-Vorstand hat eingeräumt, die Parade sei kommerziell. Aber es würden nur Firmen auf dem CSD zugelassen, deren Initiative für queere Menschen ernsthaft sei, sagte Monique King, eine von fünf Vorstandsmitgliedern.
Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sieht den Christopher Street Day (CSD) nach eigener Aussage weiterhin vor allem als politische Demonstration. Die Menschen, die auf der Straße seien, zeigten queere Sichtbarkeit, sagte Lederer am Freitag dem rbb. Sie wiesen außerdem auf unerledigte Themen hin. So sei das Transsexuellen-Gesetz noch immer entmündigend, so Lederer. Auch seien Therapien zur Umerziehung von Lesben und Schwulen noch immer nicht verboten.
Zu den Forderungen des diesjährigen Berliner CSD gehörte etwa, die Ausgrenzung HIV-positiver Menschen zu stoppen oder Menschen der LSBTIQ-Community, denen in ihren Heimatländern Verfolgung droht, ein Bleiberecht in Deutschland einzuräumen.

Erster Berliner CSD 1979 mit 400 Demonstranten



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