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Gendern ja oder nein und ab wann wird es zu viel?
Das Wort „Gendern“ ist in den letzten Jahren immer wieder zu hören. Sei es in den Medien oder im Bekanntenkreis. Immer mehr Leuten scheinen großen Wert daraufzulegen, dass ein Sternchen bei einer bestimmten Bezeichnung für mehr Gleichheit in den Geschlechterrollen sorgt. Aber ist das wirklich so? Müssen wir tatsächlich unsere deutsche Sprache verhunzen, um mehr Gleichheit zu schaffen? Oder machen wir uns hinsichtlich dessen nur etwas vor, weil wir den wahren Kern des Problems nicht erreichen können?
Das schwache Geschlecht…
Wir leben nach wie vor in einem Patriarchat, einer Welt geschaffen von Männern für Männer. Einer Welt, in der Frauen, das schwache Geschlecht, weniger Rechte haben als Männer. Eine Welt, in der Frauen ungleich behandelt und von Männern unterdrückt und nicht ernst genommen werden. Es gibt genaue Geschlechterrollen. Der Mann bringt das Geld nach Hause und ernährt die Familie, während die Frau sich im Eigenheim darum kümmert, ein Zuhause zu schaffen. Putzen, kochen, Kinder erziehen… Und wenn „Er“ nach Hause kommt, hat gefälligst das Essen auf dem Tisch zu stehen, schließlich hat „Er“ den ganzen Tag gearbeitet. Ach ja, und sorge gefälligst dafür, dass Du hübsch aussiehst, wenn „Er“ nach Hause kommt, denn „Er“ hat den ganzen Tag nur Menschen in Arbeitsklamotten gesehen und erwartet zu Hause etwas für die Augen. Klingt verdächtig nach den 50er-Jahren, nicht wahr? Zugegeben, ganz so schlimm ist es in den meisten Haushalten heutzutage nicht mehr. Dennoch werden Frauen auch im 21. Jahrhundert nach wie vor ungleich behandelt.
Es war ein langer Kampf, bis Frauen überhaupt wählen oder ohne die Erlaubnis ihres Mannes zur Arbeit gehen durften. Gesetzlich ist das nun so festgelegt, was im Privaten geschieht, ist aber immer noch eine andere Sache. Viel zu häufig kommt es weiterhin vor, dass der Mann nicht möchte, dass seine Frau arbeitet oder gar erfolgreicher ist als er selbst. Und ich als junge 30-Jährige stelle mir die Frage, wieso? Wovor hat diese Art Mann Angst? Ist es die Angst davor, die vermeintliche Handhabe zu verlieren, die Kontrolle abgeben zu müssen? Oder ist es vielleicht sogar die Angst davor zugeben zu müssen, dass das „schwache Geschlecht“ am Ende doch gar nicht so schwach ist, wie „er“ zuvor behauptet hatte. Dass wir Frauen am Ende vielleicht sogar noch viel mehr „Macht“ haben und diese auch anwenden, wenn man uns nur lässt. Ist es das? Ich weiß es nicht…, aber eines weiß ich. Es immer noch ein langer Weg bis zu dem Zeitpunkt, an dem Männer endlich verstehen, was es heißt, eine Frau zu sein, und dass unsere Körper nicht ihnen gehören und das kein einziger Mann, sei es der Vater, der Bruder, der Freund oder sonst wer das Recht hat, uns zu kontrollieren!
Gleichheit gut und schön, aber Gendern, wirklich?
Mein Standpunkt sollte klar sein. Männer müssen endlich aufhören zu denken, wir wären ihr Eigentum. Es muss aufhören, dass Männer besser bezahlt werden als Frauen. Dass Männer mich begrapschen, nur weil ich eine kurze Hose trage. Oder ein „Nein“ nicht akzeptieren können, weil ihr Ego droht, dadurch in klitzekleine Teilchen zu zerspringen. Es geht darum, nicht nur das Geschlecht zu sehen, sondern die Person dahinter, ganz egal, ob Mann, Frau oder divers. Es darf im 21. Jahrhundert einfach keine Rolle mehr spielen, denn jeder ist gleich und kann unter Umständen das Gleiche leisten. Diese Botschaft ist wichtig und es ist auch wichtig, dass wir gewisse Dinge unternehmen, um diese Gleichheit zu schaffen.
Und jetzt kommt das große ABER, schaffen wir diese Gleichheit, indem wir unsere Sprache und Grammatik derart auf den Kopf stellen und sogenannte „Gendersternchen“ verwenden, die uns darauf aufmerksam machen, dass es auch Polizist*innen gibt, die Straftäter*innen bestrafen? Ich denke nicht, dass wir das Sternchen benötigen, um zu wissen, dass es auch weibliche Polizisten, Ärzte etc. gibt. Viel mehr sehe ich die Bezeichnung, sofern eine Person nicht direkt angesprochen wird, als genau solches. Eine Bezeichnung.. und in dieser Bezeichnung ist der Polizist als Person gemeint, was meiner Meinung nach die weibliche Rolle automatisch mit einschließt.
Das Wort Gendersternchen steht mittlerweile sogar im Duden, wobei die Anwendung des Sternchens nach Auffassung der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) weder konform mit den Regeln der deutschen Grammatik noch mit denen der Rechtschreibung ist. Die GfdS ist eine politisch unabhängige Vereinigung zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache, die zwar grundsätzlich für eine diskriminierungsfreie Sprache ist, das Gendersternchen aus sprachlicher Sicht aber nicht als geeignetes Mittel sieht, um dieses Anliegen umzusetzen. So sieht die GfdS anhand des Gendersternchens besonders unsere Grammatik schwinden, da falsche Formen wie Ärzt*in, Bauer*in oder Kolleg*in entstehen könnten und mit ziemlicher Sicherheit werden. Ferner sieht es die GfdS kritisch, dass bei der diskriminierungsfreien Sprache bisher sehr uneinheitlich vorgegangen wird. So sehen wir in manchen Teilen Deutschlands Genderdoppelpunkte und in anderen Teilen die Sternchen. Laut der Experten würde dieser Umstand zu einer uneinheitlichen Rechtschreibung führen.
Schaffen wir mit dem generischen Maskulinum falsche Bilder in den Köpfen?
Jetzt gibt es da aber auch noch die andere Seite, die der Meinung ist, dass das generische Maskulin, wie wir es bisher verwendet haben, ein falsches Bild in den Köpfen der Menschen schafft. So zeigen etwa einige psycholinguistische Studien, dass sich bei Sätzen, die im generischen Maskulinum formuliert sind, die meisten Menschen vorwiegend Männer vorstellen.
Fragten die Experten Versuchspersonen etwa nach Musikern oder Schriftstellern, so war die Antwort signifikant öfter ein männlicher Künstler, als wenn nach Musikerinnen und Musikern gefragt wurde. Für mich klingt das ganz logisch, denn keiner der Probanden wird wohl auf die Idee kommen, mit einem männlichen Künstler zu antworten, wenn er explizit nach einer Künstlerin gefragt wird.
Es gibt aber noch handfestere Studien, welche mittels Reaktionszeit-Messung erhoben wurden. Hierfür bekamen die Probanden verschiedene Satzkombinationen präsentiert, wie zum Beispiel:
“Die Sozialarbeiter liefen durch den Bahnhof.”
“Wegen der schönen Wetterprognose trugen mehrere der Frauen keine Jacke.”
Anschließend wurde den Probanden die Frage gestellt, ob der zweite Satz den ersten sinnvoll ergänzt. Gemessen wurde dann die Zeit, bis die Leute „Ja“ drückten.
Das Ergebnis: Immer, wenn im zweiten Satz Frauen vorkamen, war die Reaktionszeit länger. Die weiblichen Sätze scheinen die Leute also irgendwie zu irritieren. Das Resümee lautete also, dass das generische Maskulinum eher Bilder von Männern im Kopf erzeugt. Ob dieser Umstand nun aber wirklich relevant für die Emanzipation der Geschlechter ist oder ob wir da nicht woanders ansetzen sollten, bleibt fraglich.
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