Verbot geschlechtsangleichender Operationen bei Minderjährigen
Männlich, weiblich, divers – seit 2018 gibt es offiziell drei Eintragungen bei den Geschlechtern in Deutschland. Intergeschlechtliche Menschen, also Personen, die nicht mit eindeutigen weiblichen oder männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren werden, sind damit offiziell in der Gesellschaft angekommen. Und dennoch: Viele der rund 300 betroffenen Neugeborenen werden noch als Baby oder Kleinkind einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen. Zu groß ist die Angst der Eltern oder des medizinischen Personals, dass sie später ausgegrenzt werden.
Diese Praxis entspricht nicht den medizinischen Leitlinien. Denn die Entscheidung für eines der Geschlechter treffen die Eltern. In manchen Fällen hat das weitreichende Folgen. Ein Kind oder Erwachsener muss mit Geschlechtsmerkmalen leben, die nicht seinem Gefühl entsprechen. Das ist eine mentale Belastung, die oft zu psychischen Erkrankungen führt.
Verbot von geschlechtsangleichenden OPs bei Kindern und Jugendlichen
Ende März 2021 wurde deshalb ein weitreichendes Gesetz zu geschlechtsangleichenden Operationen beschlossen. Als Teil des Koalitionsvertrags soll die Entscheidung dazu nicht mehr den Eltern überlassen werden. Ist ein Eingriff, der die Geschlechtsmerkmale verändert, nicht lebenswichtig oder medizinisch notwendig, soll er aufgeschoben werden, bis das betroffene Kind selbst entscheiden kann.
Ab dem 14. Lebensjahres kann eine geschlechtsangleichende Operation dann in Erwägung gezogen werden. Dafür notwendig ist neben der Zustimmung der Eltern allerdings auch die Entscheidung des Familiengerichts. Mithilfe eines Gutachtens soll dieses unter anderem klären, ob betroffene Minderjährige bereits in der Lage sind, die weitreichende Entscheidung treffen zu können.
Viele Verbände begrüßen das Gesetz für die Wahlfreiheit der intergeschlechtlichen Personen. Einigen Politikern, etwa den Grünen, geht das Verbot allerdings nicht weit genug.
Was bedeutet der Beschluss für Transpersonen?
Nicht jede Transperson möchte sich auch einer geschlechtsangleichenden Behandlung oder Operation unterziehen. Doch was ist, wenn sich ein Kind oder Jugendlicher dies wünscht? Auch dann greift das nun beschlossene Verbot. Betroffene müssen also mindestens 14 Jahre alt sein und viele bürokratische Hürden nehmen. Manch einer kritisiert, dass wir bei der Geschlechterzuweisung schon sehr viel weiter sein sollten.
Experten berichten zudem, dass die meisten Betroffenen bereits im Vorschulalter eine klare Geschlechterpräferenz zeigen, ob trans-, inter- oder cisgeschlechtlich. Die Geschlechtsidentität gewinne aber meist erst in der Pubertät an Bedeutung.
Beginnt der Körper sich zu verändern, wünschen sich trans- oder intergeschlechtliche Personen häufig eine Hormonbehandlung.
Eine geschlechtsangleichende Operation ab dem 14. Lebensjahr scheint diesen persönlichen Erfahrungen zu entsprechen.
Das Ärzteblatt jedoch berichtet.
Transsexuelle profitieren deutlich von einer besseren Lebensqualität, wenn ihre Transition voranschreitet. Dabei stellt die operative Genitalangleichung für viele einen entscheidenden Schritt dar. Im Vergleich zu nicht transsexuellen Personen schneiden sie aber auch nach der körperlichen Angleichung an die subjektiv erlebte Geschlechtsidentität schlechter ab, berichten Forscher des Universitätsklinikums Essen beim 69. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) in Dresden.
Im Rahmen einer noch nicht publizierten Querschnittsstudie befragten die Forscher um Jochen Heß und Sefik Tagay vom Universitätsklinikum Essen 156 Mann-zu-Frau-transidente Personen postalisch. Alle hatten zuvor zwischen 1995 und 2015 eine genitalangleichende Operation (GaOP) in der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums durchlaufen. Die Nachbefragung fand durchschnittlich 6,6 Jahre (4 Monate bis 21 Jahre) nach der Operation statt.
Die Auswertung beruht auf 3 Messinstrumenten: dem SF-12 zur Erfassung der generischen Lebensqualität (LQ), dem Essener Ressourcen Inventar (ERI) und einem neu validierten Selbstbeurteilungsfragebogen, dem Essener Transidentitäts-Lebensqualitätsinventar (ETLI). In den ERI und ETLI fließen die unterschiedlichen Facetten der Ressourcenausstattung (personal, sozial und strukturell) sowie die verschiedenen Aspekte der Lebensqualität (körperliche LQ, soziale LQ, psychische LQ oder LQ durch Offenheit) mit ein. Je mehr Ressourcen zur Verfügung stehen und je höher die Lebensqualität, desto höher fällt der jeweilige Globalscore mit maximal 3 Punkten aus.
ERI und ETLI erfassen die Ressourcenausstattung beziehungsweise die LQ zu 2 unterschiedlichen Zeitpunkten im Transitions-Prozess einer Person: Während sich die Fragen im ERI auf die beiden Zeitpunkte vor 3 Jahren und die letzten 4 Wochen beziehen, erfasst das ETLI den Zeitpunkt des Coming-out und die letzten 4 Wochen. „Das ermöglicht uns, die Veränderung der Ressourcenausstattung und der trans*spezifischen Lebensqualität im zeitlichen Verlauf des einzelnen Individuums einzuschätzen“, sagt Heß. (Durch „*“ werden Transgender, Transidente, Transsexuelle und viele mehr eingeschlossen.)
Jetzt muss oder sollte jeder Wissen wie sein Weg ausschaut.
Mfg Nikita Noemi Rothenbächer
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