Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einer am Montag bekannt gegebenen Entscheidung (PDF, Spanisch) den Mitgliedsstaat Peru schuldig gesprochen, für die willkürliche Festnahme und Folter der Transfrau Azul Rojas Marín verantwortlich zu sein.
Die Staatsanwaltschaft in Peru hatte es zuvor jahrelang abgelehnt, in diesem Fall zu ermitteln.
Peru muss Rojas Marín laut des im costaricanischen San José ansässigen Gerichts nun Schadensersatz in nicht genannter Höhe zahlen, ihr eine psychologische Behandlung anbieten sowie neue Vorschriften erlassen, wenn es um die Ermittlungen bei Hassvergehen gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten geht. Außerdem müsse die Staatsanwaltschaft gegen die mutmaßlichen Täter ermitteln. Es ist das erste Mal, dass der Kontinental-Gerichtshof in einem Fall von Folter gegen LGBTI geurteilt hat.
Peru verantwortlich für Verletzung ihrer Rechte"
Im vorliegenden Fall ging es um einen Vorfall vom Februar 2008 im norperuanischen Casa Grande. Rojas Marín, die laut Gerichtsunterlagen damals als schwuler Mann lebte, sei aus LGBTI-Feindlichkeit abends festgenommen und auf das Polizeirevier gebracht worden. "Dort wurde sie gezwungen, sich nackt auszuziehen, sie wurde mehrfach geschlagen, gefoltert und vergewaltigt", heißt es in der Urteilsbegründung. "Das Gericht stellt daher fest, dass Peru unter internationalem Recht verantwortlich für die Verletzung ihrer Rechte ist." In dem Urteil wurde auch beklagt, dass sexuelle und geschlechtliche Minderheiten in Peru jahrelang ungesetzlicher Diskriminierung ausgesetzt gewesen seien. Der Staat habe die Stimmung angeheizt und Staatsbedienstete seien teilweise persönlich für homo- oder transphobe Gewalttaten verantwortlich gewesen.
LGBTI-Aktivisten und die Anwälte von Rojas Marín bezeichneten das Urteil als "wegweisend" und "historisch". Rojas Marín selbst zeigte sich erleichtert, dass man ihr geglaubt habe. "Ich kann nicht beschreiben, wie sich das anfühlt", so die Klägerin.
Der Interamerikanische Gerichtshof ist nach dem Vorbild des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts eingerichtet worden. Grundlage ist die Amerikanische Menschenrechtskonvention, die bislang von 24 fast mittel- und südamerikanischen Ländern als verbindlich akzeptiert worden ist, darunter auch von großen Ländern wie Argentinien, Brasilien, Kolumbien und Mexiko. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben die Menschenrechtskonvention zwar unterzeichnet, aber bislang nicht ratifiziert.
Bereits Anfang 2018 hatte der Gerichtshof in San José für Freude bei LGBTI-Aktivisten gesorgt, als er die Öffnung der Ehe in Costa Rica anordnete.
Peru gehört zu den bei LGBTI-Rechten eher rückständigen Ländern Lateinamerikas, obwohl Homosexualität dort seit 1924 legal ist. Bislang können dort weder Lebenspartnerschaften noch Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern geschlossen werden. 2017 erkannte ein Gericht aber erstmals eine im Ausland geschlossene Ehe von zwei Männern an.
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