Mittwoch, 27. Juni 2012

Die erste Kartierung der rechtlichen und medizinischen Versorgungssituation von Trans

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Jetzt online: Die erste Kartierung der rechtlichen und medizinischen Versorgungssituation von Trans*-Menschen in 58 Ländern



Transgender Europe: Presseerklärung - 23. Dezember 2011
Jetzt online: Die erste Kartierung der rechtlichen und medizinischen
Versorgungssituation von Trans*-Menschen in 58 Ländern
Die Rechts- und Gesundheits-Kartierung wurde von Transgender Europes
Forschungprojekt Transrespect versus Transphobia Worldwide (TvT) in enger
Zusammenarbeit mit Experten und Aktivisten aus sämtlichen Weltregionen umgesetzt.
Ein umfassender Fragebogen, der vom Forschungsteam des TvT-Projekts entwickelt und von
mehr als 15 Forscher_innen und Aktivist_innen aus allen sechs Weltregionen geprüft wurde,
wurde an über 70 internationale Aktivist_innen und Expert_innen verteilt. Diese antworteten
mit detaillierten Informationen, Kommentaren und Erklärungen zur spezifischen Situation im
jeweiligen Land.
Die Kartierung besteht aus einer Reihe von Tabellen:
1. Rechtliche Anerkennung des Geschlechts: Vornamens- und Personenstandsänderung
Die TvT-Tabellen bieten detaillierte Informationen über rechtliche Schritte, die Trans*-
Menschen eine rechtliche Vornamens- und Personenstandsänderung garantieren. Sie listen
Voraussetzungen wie 'psychiatrische Diagnose', 'geschlechtsangleichende Operation' oder
'Sterilisation'. Bedauerlicherweise zeigt die Kartierung, dass alle gelisteten Länder, in welchen
eine legale Personenstandsänderung möglich ist, eine 'psychiatrische Diagnose', d. h. eine
Pathologisierung des betroffenen Trans*-Menschen, für die Personenstandsänderung fordern.
Zudem sehen die meisten rechtlichen Schritte die 'geschlechtsangleichende Operation' bzw.
'Sterilisation' als Voraussetzung für die rechtliche Anerkennung des Geschlechts, was ganz
klar gegen Menschenrechte verstößt.
Die TvT-Tabellen zeigen auch die tatsächliche Rechtssituation, d. h. wie die rechtliche
Vornamens- und Personenstandsänderung in den erfassten Ländern praktisch durchgeführt
wird. In einigen Ländern mit bestehenden rechtlichen Maßnahmen werden die Anträge von
Trans*-Menschen für Monate oder Jahre unberücksichtigt gelassen, wohingegen Trans*-
Menschen in einigen Ländern, in denen keine dahingehenden rechtlichen Maßnahmen
existieren, andere Wege finden, um z. B. rechtlich ihren Vornamen zu ändern. Die TvTKartierung
führt darüber hinaus bestehende Vorschläge bezüglich der rechtlichen Vornamensund
Personenstandsänderung detailliert auf. Dies kann sowohl als Erfassung der bestehenden
rechtlichen Maßnahmen und Situation dienen und gleichsam auch als Indikator für
bestehenden Trans*-Aktivismus.
2. Antidiskriminierung, Hassverbrechen und Asylgesetze
Die TvT-Tabellen bieten detaillierte Informationen über die Berücksichtigung von
Transidentität / geschlechtlicher Identität in Antidiskriminierungs- und
Hassverbrechengesetzen und auch in der Verfassung. Sie bieten auch Informationen über die
Berücksichtigung von Trans*-Menschen in den Asylrichtlinien. Die Kartierung deutet darauf
hin, dass 'geschlechtliche Identität' nur sehr selten als Diskriminierungsgrund anerkannt wird.
Sie zeigen auch die Rechtssituation, d. h. die tatsächlichen Verfahren hinsichtlich dieser
rechtlichen Maßnahmen und Richtlinien sowie Vorschläge, welche die bestehenden
Maßnahmen angreifen. Diese Vorschläge verlangen oft die ausdrückliche Miteinbeziehung
von 'geschlechtlicher Identität' in die bestehenden rechtlichen Schritte.
3. Kriminalisierung, Verfolgung und staatlich unterstützte Diskriminierung
Die TvT-Tabellen zeigen detaillierte Informationen über die rechtlichen Maßnahmen, die
Trans*-Menschen und trans*-bezogene Thematiken wie 'so genanntes Crossdressing' und
'geschlechtsangleichende Operationen' unter Strafe stellen. In einigen Ländern im globalen
Süden und Osten wurden solche Gesetze von Kolonial-Mächten und Missionaren eingeführt
und werden heute nicht mehr beachtet. Zum Beispiel sind Trans*-Menschen in einigen
Ländern, in denen das 'so genannte Crossdressing' illegal ist, sehr sichtbar und werden in
Kultur und Gesellschaft anerkannt und nicht verfolgt. Es gibt jedoch auch andere Länder, wo
zwar keine Kriminalisierung besteht, Trans*-Menschen aber trotzdem über andere Gesetze
verfolgt werden, welche speziell gegen Trans*-Menschen eingesetzt werden, z. B. Gesetze
gegen Prostitution, Herumlungern oder Belästigung. Die TvT-Tabellen sind auf eine Art und
Weise gestaltet, dass sie diese wesentlichen Unterschiede zwischen legaler Kriminalisierung
und tatsächlicher Verfolgung von Trans*-Menschen widerspiegeln. Somit möchten sie ein
umfassendes Verständnis der rechtlichen Situation jenseits der bloßen Existenz rechtlicher
Maßnahmen ermöglichen.
4. Trans*-spezifische Gesundheitsversorgung: Hormonersatztherapie, Hormone &
geschlechtsangleichende Behandlungen und körperliche Modifikationen
Die TvT-Forschung hat nicht nur die rechtliche Situation von Trans*-Menschen beleuchtet,
sondern auch wichtige Aspekte ihrer gesellschaftlichen Situation. Die TvT-Tabellen bieten
einen ersten Einblick in die medizinische Versorgungssituation von Trans*-Menschen und
konzentrieren sich auf trans*-spezifische Hormonersatztherapie und Hormone sowie
geschlechtsangleichende Behandlungen und körperliche Modifikationen. Sie zeigen
vielfältige Aspekte bezüglich medizinisch begleiteter Hormonersatztherapie und
geschlechtsangleichender Behandlungen einschließlich Vorbedingungen wie 'psychiatrische
Diagnose' und mögliche Finanzierungsquellen.
Zudem listen die Tabellen die Existenz alternativer Praktiken wie z. B. dem Hormonerwerb
auf dem Schwarzmarkt ohne medizinische Begleitung oder dem Einsatz industriellen Silikons
ohne medizinische Begleitung. Diese 'Alternativen' gibt es in Ländern ohne jedwede trans*-
spezifische Gesundheitsversorgung sowie auch in Fällen, wo Trans*-Menschen nicht die
Vorbedingungen für eine medizinisch begleitete Behandlung erfüllen. Dies kann zu ernsten
Gesundheitsproblemen und in manchen Fällen sogar zum Tod führen.
Ein Merkmal der Rechts- und Gesundheitskartierung von Transgender Europe ist
somit, dass sie einen schnellen Überblick über bestehende Gesetze ermöglicht und
gleichzeitig die tatsächlichen Praktiken detailliert und komplex darstellen kann.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind 58 Länder in den folgenden Regionen Teil der Liste:
Afrika (9 Länder), Asien (13 Länder), Europa (18 Länder), Mittel- und Südamerika (9
Länder) und Ozeanien (9 Länder). Für Indien besteht ein separater Tabellensatz, welcher die
Situation in den einzelnen Bundesstaaten abbildet. Im Laufe der Zeit werden weitere Länder
hinzukommen, einschließlich eines separaten Tabellensatzes für die acht australischen
Bundesstaaten und Brasilien. Die TvT-Kartierung ist so entworfen, dass sie regelmäßige
Updates und Erweiterungen ermöglicht, weshalb jede Information und Evaluierung der
vorliegenden Tabellen sehr willkommen ist, analysiert und in regelmäßigen Updates
berücksichtigt werden wird. Im Laufe des Jahres 2012 werden wir in ausgewählten
Länderabschnitten der TvT-Website Schritt für Schritt umfassendere Informationen liefern, z.
B. Kontextinformation, Referenzen, Gesetzestexte usw. Dort werden die vielen
Aktivist_innen und Forscher_innen, die zur TvT-Kartierung beigetragen haben, namentlich
genannt werden.
Transgender Europes Rechts- und Gesundheits-Kartierung kann auf der Website des
TvT-Projekts abgerufen werden:
http://www.transrespect-transphobia.org/en_US/mapping.htm
Neue Forschung: Im November 2011 begann das TvT-Forschungsteam zusammen mit sechs
Partnerorganisationen aus Asien, Osteuropa, Ozeanien und Südamerika eine neue Umfrage in
Form einer Peer-Forschung über die Erfahrungen von Trans*-Menschen mit Transrespekt und
Transphobie.
Das TvT-Projekt wird finanziert von den Open Society Foundations, der ARCUSStiftung
und in Teilen von der Heinrich-Boell-Stiftung.
Bei Fragen oder wenn Sie das Forschungsprojekt unterstützen möchten, treten Sie bitte mit
dem TvT-Forschungsteam in Verbindung:
Dr. Carsten Balzer und Dr. Jan Simon Hutta
research[at]transrespect-transphobia.org

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