Dienstag, 19. Juni 2012

Gefangen im falschen Körper

Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle Rechte vorbehalten!

Transsexualität!!!!!


Gefangen im falschen Körper
16. Juli 2007 Tanja Krienen war 36, als ihr Entschluss endgültig feststand. Sie wollte sich nicht länger verstecken, sondern sich offen und ungeniert ihren weiblichen Neigungen hingeben. Tanja hieß damals noch Thomas und hatte eine siebenjährige Ehe mit einer Frau hinter sich. Sie wusste, was es bedeutet, ein Mann zu sein. Kinder und Jugendliche, sagt Krienen, wüssten das nicht. Ihnen Hormone zu verabreichen, weil sie sich im falschen Körper vermuten, hält sie für ein Verbrechen.
Deutschlandweit leben nach Schätzungen von Bernd Meyenburg, Leiter der psychiatrischen Spezialambulanz für Kinder und Jugendliche mit Identitätsstörungen an der Uniklinik Frankfurt, 50 bis 100 Kinder und Jugendliche, die mit Hormonen behandelt werden. Je nach Alter sind das Stoffe, die die Pubertät aufhalten oder geschlechtsverändernd wirken.
Geschlechtsumwandlung erst nach der Volljährigkeit
Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie sahen in ihrer Fassung aus dem Jahr 2000 vor, eine geschlechtsumwandelnde Behandlung erst dann vorzunehmen, wenn der Patient volljährig ist. Inzwischen wurde diese Empfehlung gelockert: In eindeutigen Fällen kann eine hormonelle Therapie früher beginnen. Für operative Eingriffe gilt weiterhin: frühestens nach dem 18. Geburtstag.
Betroffene wie Tanja Krienen, Vorsitzende des 2006 gegründeten Zentralrats für Transsexuelle in Deutschland, müssten die Lockerungen eigentlich gutheißen. Wäre nicht ihr selbst auch vieles erspart geblieben, hätte sie sich schon in ihrer Jugend behandeln lassen können? „Ohne Zweifel, ja“, antwortet die Fünfzigjährige, die in Nordhessen lebt. Dennoch sieht sie die Entwicklung skeptisch. So skeptisch, dass sie gegen den Kinder- und Jugendlichenpsychologen Bernd Meyenburg Strafanzeige gestellt hat – wegen Kindesmisshandlung der anderen Art, wie Krienen es ausdrückt. Kinder könnten schließlich die Konsequenzen einer Geschlechtsumwandlung gar nicht abschätzen.
Bis vor einigen Jahren war auch Meyenburg strikt dagegen, transsexuelle Jugendliche mit Hormonen zu behandeln. Er setzte auf Psychotherapie und darauf, abzuwarten, was die Pubertät mit sich bringt. Oft konnten sich die Betroffenen nach und nach mit ihrem biologischen Geschlecht anfreunden, doch begegneten ihm auch Patienten, die „ganz schrecklich unter ihren Empfindungen leiden“, wie Meyenburg es ausdrückt. Und vor allem, deren Abneigung gegen ihr biologisches Geschlecht von klein auf vorhanden war. „Ich habe kleine Jungen gesehen, die sich seit sie sprechen konnten, wie Mädchen verhalten haben.“
„Frühe Hormonbehandlung kann viel Leid ersparen“
Sie wollten ihr Haar lang und mit vielen Schleifen tragen, Kleidchen anziehen, mit Puppen spielen und in die Stöckelschuhe der Mutter schlüpfen. Solche Fälle seien selten, aber es gebe sie, da ist sich Meyenburg inzwischen sicher. Volkmar Sigusch, der ehemalige Leiter des heute nicht mehr existierenden Instituts für Sexualforschung an der Universität Frankfurt, zeigt sich ähnlich überzeugt. Nach 40 Jahren therapeutischer Erfahrung gebe es für ihn keinen Zweifel daran, dass ein Kind schon vor der Geschlechtsreife wissen könne, dass es im falschen Körper stecke. „Wenn man diese Patienten früh mit Hormonen behandelt, kann man ihnen viel Leid ersparen“, sagt Meyenburg. Zeigen sich erst einmal die Boten der Pubertät wie Bartwuchs, Stimmfall oder Kehlkopf, werde die Umwandlung komplizierter.
Einig sind sich Krienen, Meyenburg und Sigusch in der Beobachtung, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die sich wegen einer gestörten Geschlechtsidentität in Behandlung begeben, zunimmt. Vor zehn Jahren habe er jährlich drei bis vier solcher Patienten gehabt, sagt Meyenburg. Heute seien es ein bis zwei im Monat. Der Achtundfünfzigjährige führt diese Entwicklung darauf zurück, dass das Phänomen der Transsexualität und die Möglichkeiten der Behandlung bekannter geworden seien. Wirklich transsexuell seien aber die wenigsten seiner Patienten. Von den 93 Kindern und Jugendlichen, die seit 1987 in seiner Sprechstunde gewesen seien, hätten sich sieben einer vollständigen Geschlechtsumwandlung unterzogen. Meist seien es Jungen, die zu ihm kämen: „Kleine Jungs, die sich wie Mädchen benehmen, fallen viel mehr auf, als Mädchen, die kurze Haare und Hosen tragen“, so Meyenburg.
Seiner Einschätzung nach sind viele seiner Patienten homosexuell, lehnen dies aber innerlich ab. Sie flüchteten sich in die Vorstellung, dem anderen Geschlecht anzugehören. In anderen Fällen sei eine Vergewaltigung der Grund dafür, dass die Jugendlichen sich in ihrem Geschlecht nicht mehr wohl fühlten. Nicht untypisch sei, dass kleine Jungen sich weiblich verhielten, um sich ihrer Mutter näher zu fühlen. Dies komme etwa dann vor, wenn die Mutter depressiv sei und für die Kinder emotional unerreichbar scheine. Die Familie in die Psychotherapie einzubeziehen, hält Meyenburg für ungeheuer wichtig. Nur so könne er entscheiden, ob der Patient tatsächlich transsexuell sei und eine Hormonbehandlung vertretbar scheine. Dass eine solche Diagnose mit hinreichender Sicherheit zu stellen ist, bezweifelt Krienen. Sie befürchtet Fehleinschätzungen, deren Folgen später schwer revidierbar sind.
Innere Zerrissenheit
Meyenburg untersucht bei seinen Patienten zunächst, ob eine intersexuelle Störung vorliegt. In diesem Fall sind die Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig männlich oder weiblich. So kommt es etwa vor, dass bei männlichen Embryos die Rezeptoren für männliche Hormone gestört sind: Kommt das Kind auf die Welt, sieht es äußerlich aus wie ein Mädchen. Die inneren Organe hingegen sind männlich, eine Gebärmutter etwa ist nicht vorhanden. Weiter untersucht er, ob der Patient an einer Psychose leidet. Sind diese Ursachen ausgeschlossen und scheint der Wunsch, dem anderen Geschlecht anzugehören, dauerhaft, lautet seine Diagnose „Störung der Geschlechtsidentität“. Bevor Meyenburg eine Hormonbehandlung empfiehlt, durchlaufen seine Patienten – egal, ob jugendlich oder erwachsen – eine mindestens einjährige Psychotherapie. Darüber hinaus müssen sie ein Jahr in der Rolle des angestrebten Geschlechts leben.
Natürlich komme es auch vor, dass Betroffene ihren Entschluss im Nachhinein bereuten, sagt Meyenburg. Allerdings seien dies Patienten, die Psychotherapie und Alltagstest nicht abgewartet hätten. In Deutschland gebe es höchstens zehn Rückumwandlungsbegehren – bei 3000 bis 6000 Menschen, die ihr Geschlecht gewechselt hätten.
Dass es nicht die Erziehung ist, die diese Menschen transsexuell werden ließ, darin ist sich Meyenburg sicher. Es sei nicht möglich, Kinder zu einem bestimmten Geschlecht zu erziehen, sagt er. Ohnehin sei es die Ausnahme, dass Eltern von Anfang an akzeptierten, dass ihr Kind dem anderen Geschlecht angehören wolle. Dass sie es aktiv in seiner Haltung bestärken, sei somit unwahrscheinlich. Krienen ist sich da nicht so sicher. Ihre Mutter hätte lieber eine Tochter gehabt: „Sie hat mich sehr verzärtelnd erzogen.“ Der Vater sei in der Erziehung wenig präsent gewesen. Ob sie unter anderen Umständen auch als Mann glücklich geworden wäre, weiß sie nicht. Probiert hat sie es – und nahm dafür viele Jahre der inneren Zerrissenheit auf sich.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Das Menschliche

Und Sie wissen nicht, mit was Sie es zutun haben! Doch diese bekommen euch, ein Fakt!

Heute in den TV- Medien, die Massen - Vergewaltigung einer 15 jährigen Schülerin, angeblich "Gastarbeiter bzw. FLÜCHTLINGE auch Poliz...