Samstag, 16. Juni 2012

Transsexualität und Vorgehen bei Geschlechtsangleichungen

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Transsexualität und Vorgehen bei Geschlechtsangleichungen

1965 präsentierte das John Hopkins Hospital in Baltimore/ USA als erste Klinik ein “Gender Identy Program”. Seitdem entstanden Zentren in vielen Ländern. Ebenso wurden Transsexuellen-Gesetze erlassen, wobei bis heute nur wenige gesetzliche Vorgaben bestehen. Dennoch hat sich in Deutschland ein Vorgehen entwickelt, welches den Betroffenen als Leitfaden dienen kann. Zunächst wird im Rahmen einer psychologischen Betreuung die Diagnose Transsexualität – die dauerhafte Gewissheit, sich dem anderen als dem angeborenen Geschlecht zugehörig zu fühlen – gestellt. In einem Alltagstest lebt die betroffene Person in der angestrebten Rolle, um einzuschätzen, wie die eigenen Vorstellungen in der Realität umgesetzt werden können. Parallel wird eine gegengeschlechtliche Hormontherapie eingeleitet. In der Regel erfolgt dann die Namensänderung (TSG §§ 1–7), anschließend operative Maßnahmen der Geschlechtsangleichung (TSG §§ 8–12). Sowohl für die Namensänderung als auch für die Operation sind Gutachten erforderlich. Erst nach operativen geschlechtsangleichenden Maßnahmen, die zur dauerhaften Fortpflanzungsunfähigkeit geführt haben müssen, ist die Personenstandsänderung möglich. Während die Geschlechtsangleichung von Mann zu Frau heute nahezu standardisiert ist und zu kosmetisch wie funktionell perfekten Ergebnissen führt, ist dies bei der Operation von Frau zu Mann nur eingeschränkt der Fall. Die aktuellen Methoden werden beschrieben
Lohnt es sich eine Geschlechtsangleichung zu machen
Lohnt es sich? Wird das Leben angenehmer? Ich kann nicht für andere antworten; es ist definitiv etwas, was man selbst für sich herausfinden muß. Ich kann aber einige Themen erwähnen, die ich und andere Transmänner durch die Jahre diskutiert haben. Laß mich hier ein paar Probleme und Freuden des Geschlechtswechsels beschreiben.
Eltern
Mit der Zeit erlangen die meisten Transmänner die Unterstützung ihrer Eltern. Aber viele Eltern haben anfangs Schwierigkeiten den Geschlechtswechsel zu akzeptieren, obwohl sie üblicherweise die Einzigen sind die wirklich eine Chance gehabt haben, das Problem über längerer Zeit zu sehen, und die schon seit der Transmann drei-vier Jahre alt war gesehen haben, daß dieses Kind kein gewöhnliches Mädchen ist.
Eltern können auch anstrengend für die Nerven sein, weil sie meistens die größten Schwierigkeiten haben den neuen Namen zu lernen und ”er” zu benutzen.
Ein anderes Problem ist, daß Eltern oft Schuldgefühle haben, und sich fragen ob sie irgendwas falsch gemacht haben. Es kann schwer sein, das richtige Mitgefühl zu zeigen, wenn man selbst strahlend glücklich ist, endlich sich selbst gefunden zu haben, während die Eltern unglücklich sind, weil die glauben einen Erziehungsfehler gemacht zu haben. Mit ”Fehler” meine ich, daß einige glauben sie hätten es verhindern können, daß das Kind transsexuell wurde, oder bereuen, daß sie ihrem Kind so viel Leiden verursacht haben, indem sie versucht haben es in die weibliche Geschlechtsrolle zu drängen. Ich kann nur empfehlen, daß man viel mit den Eltern redet, nicht auf Fragen wartet, sondern erzählt, tröstet und beruhigt. Man muß erklären, daß man keine bösen Gedanken hat, über das was gewesen ist, sondern sich jetzt einfach freut, daß es einem endlich richtig gut geht. Du hast gerade Deine Krise überwunden, Dein Coming-out gemacht und Du siehst das Licht. Die Krise Deiner Eltern hat gerade erst angefangen und sie brauchen auch Zeit um sich an die neue Situation zu gewöhnen.
Freunde
Fast kein Transmann, mit dem ich geredet habe, hat auf Grund seines Geschlechtswechsels einen Freund verloren. Wie es meine Freunde aufnehmen würden, war definitiv das was mir vor meinem Coming-Out am meisten Angst gemacht hat. Viele Freunde waren überrascht; noch mehr Freunde waren überhaupt nicht überrascht. Einige haben ein Bißchen gezögert, viele waren sehr positiv. Niemand hat sich von mir distanziert. Richtige Freunde sieht der Mensch unter der Haut. Viele hatten zwar nie daran gedacht, daß man transsexuell sein könnte, aber sind überhaupt nicht überrascht, wenn man es ihnen sagt. Denn man hat in der Regel jahrelang Hinweise und Andeutungen um sich gestreut.
Kollegen
Hier erzählen die Transmänner auch meistens Erfolgsgeschichten. Die Kollegen nehmen es mit der Ruhe und akzeptieren nach einiger, anfänglicher überraschung sowohl den neuen Namen als auch ein neues Aussehen. Das ist wohl eigentlich nicht so unerwartet, denn schließlich ist man da um eine Arbeit zu machen, und wie man dabei aussieht oder wie man heißt spielt keine Rolle. Schwieriger kann es werden, wenn man sich um einen neuen Job bewerben will. Viele sind unsicher was ein Geschlechtswechsel eigentlich ist, und stellen sicherheitshalber keine Transsexuellen ein. Die meisten Transmänner haben aber Beruf und Arbeit, die “Sozialfälle” sind nicht so viele.
In meiner Arbeit (etwa 200 Mitarbeiter) haben es alle gut aufgenommen. Die Ausländer und die Männer haben den Namenswechsel ohne Probleme geschafft, für die einheimischen Frauen ist es offensichtlich schwieriger. Ich hatte das Gegenteil erwartet, aber man lernt so lange man lebt...
Lebenspartner
Ich kann nicht behaupten, daß ich eine offizielle Statistik gesehen habe, aber mein Eindruck ist, daß, egal ob der Transmann mit einem Mann oder einer Frau gelebt hat, etwa 50% der Beziehungen den Umstieg zum Mann überstehen.
Wenn der Transmann mit einer lesbischen Frau lebt, begegnet ihr nicht nur das Problem, daß sich jetzt sein Aussehen und vielleicht auch seine Persönlichkeit ändern wird (üblicherweise wird man ruhiger, bekommt mehr Selbstvertrauen und/oder wird extrovertierter, nachdem man mit Testosteron angefangen hat), sondern ihre eigene Identität wird auch in Frage gestellt. Vielleicht hat sie schon hart mit sich selbst kämpfen müssen um ihre Homosexualität zu bejahen, sie hat ihre Freundinnen in der lesbischen ”Community” und fühlt sich in der Heterogesellschaft fremd. Wenn der Transmann als Mann gesehen wird, wird sie plötzlich gar nicht mehr als ”queer” von der Gesellschaft empfunden, sondern sie ist eine ganz normale Heterofrau. Das kann hart sein, nachdem sie für ihren Stolz als Lesbe hat kämpfen müssen.
Genauso schwer kann es für den Heteromann sein, festzustellen, daß er in den Augen der Gesellschaft jetzt in einer schwulen Beziehung lebt. Trotzdem sehen aber viele ein, nachdem sie mit sich selbst gerungen haben, daß es der Mensch ist, den sie lieben, auch wenn die Außenseite jetzt anders wird.
Sex
Es gibt vieles zu sagen zu diesem Thema, aber ich werde mich auf einige Aspekte beschränken.
Falls man sich daran gewöhnt hat, unvorbereitet mit neuen Bekannten ins Bett zu gehen, wenn es einem so gerade danach ist, dann wird das Sexleben sich vermutlich in negativer Richtung verändern. Ich meine damit nicht notwendigerweise, daß man ein total promiskuitives Leben geführt haben muß, man kann ja trotzdem ein unkompliziertes Verhältnis zu sexuellen Kontakten gehabt haben. Weil man aber als Transmann neuen Partner immer erzählen muß, daß man Transmann ist, und die meisten Transmänner nicht so gerne Unbekannten sagen, daß sie transsexuell sind, wird das Sexualleben etwas weniger spontan. Man möchte am liebsten zukünftige Bettkameraden genauer kennenlernen, bevor man ihnen sagt, daß man transsexuell ist. Bevor man so weit ist, wird es keinen Spaß im Bett geben.
Ein zweiter Aspekt ist rein technisch. Wenn man sich einen vollgroßen Penoiden operieren läßt, wozu taugt er dann? In Schweden werden keine Versteifungsimplantate benutzt, sondern die einzige Alternative um eine Penetration durchzuführen ist ein sogenanntes Stützkondom. Leider kenne ich niemanden, der ein Stützkondom benutzt hat. Für mich ist es schwer einzusehen, wo der Unterschied zwischen einem dicken Gummikondom und einem Dildo liegt …aber, Entschuldigung, ich habe wohl hier den Faden verloren.
In anderen Ländern werden Silikonstäbe und Pumpen implantiert. Für homosexuelle Transmänner ist es manchmal eine Enttäuschung, wenn sie erfahren, daß die medizinische Wissenschaft noch keinen Penoiden bauen kann, der einer analen Penetration standhält. Die Haltbarkeit bei vaginaler Penetration ist auch nicht immer die beste. Ein Transmann hat mir mal erzählt, daß sein Silikonstab durch die Haut gebrochen ist - eine Erfahrung die ich mir sowohl schmerzhaft als unerotisch vorstelle.
Da ist auch die Frage der Operationsergebnisse. Wer sich entmutigt fühlt ist entschuldigt. Ich habe mehrere Operationen gehabt und mehr OPs warten noch. Aber erstens sind die schwedischen Methoden wohl nicht die besten der Welt (auch nicht die schlechtesten), zweitens erfüllen sie sowieso nicht die heißesten Träume des Transmanns, sondern sind einfach notwendige Schritte um das Leben so erträglich wie möglich zu machen. Was man dabei für sich braucht, muß man selbst entscheiden.
Ich sollte hier vielleicht als Trost erwähnen, daß die meisten Transmänner, die ich kenne, ein feste Beziehung haben. Es gibt also keinen Grund zu verzweifeln.
Hat es sich für mich gelohnt?
Oooh, ja. Das Leben nach dem Geschlechtswechsel ist nicht das Paradies auf Erden. Man verliert nicht seine schlechten Gewohnheiten. Arbeit und Karriere sind genau so hart wie früher – in der Tat ist das meiste genau wie früher, aber es bedeutet eine enorme ERLEICHTERUNG: Nicht mehr Theater spielen zu müssen, nicht mehr von wohlwollenden Eltern, Verwandten, Freunden und Kollegen in eine weibliche Geschlechtsrolle gedrängt zu werden. Ich spüre auch, daß es für meine Umgebung eine Erleichterung bedeutet. Das irgend etwas bei mir falsch war, haben sie ja immer geahnt. Jetzt wissen sie genau, was da falsch war und wie sie sich dazu verhalten sollen.
Partnerprobleme hatte ich keine bei dem Umstieg, denn ich hatte keinen Partner. Bettgesellschaft hatte ich auch nie gefunden, bevor ich mit Testosteron angefangen habe, so hatte ich auch da nichts zu verlieren. Ich bin definitiv extrovertierter geworden und weniger feige. Mein Leben ist wirklich viel, viel einfacher. Ich bin immer noch ein pathologischer Pessimist, aber die Herbstdepris die mich früher gequält haben, alle Gedanken an das baldige Ende des Lebens, die sind komplett weg.


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