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Ich bin kein Mann ich sehe nur so aus!
Überarbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012
Autorin Jula Böge
Bin ich eine Frau mit einem gewaltigen Genschaden? Oder doch
eher ein Mann mit einem gewaltigen Dachschaden? Oder einfach bloß ein Mensch
mit einem Körper und einer Psyche, die nicht zusammenpassen wollen?
Körpergefühl
Ich bin mein Körper?!
Was macht nach üblicher Anschauung einen Mann zum Mann und
eine Frau zur Frau? Nach der allgemeinen Anschauung ist es der Körper. Er
definiert üblicherweise das soziale Geschlecht für andere und in den meisten
Fällen auch für die jeweiligen Menschen. Sie nehmen Ihren männlichen oder
weiblichen Körper wahr und definieren sich entsprechend als Mann oder Frau.
Der Körper definiert Geschlecht und daraus folgt scheinbar zwangsläufig alles Weitere:
Der Körper definiert Geschlecht und daraus folgt scheinbar zwangsläufig alles Weitere:
Nach den gängigen Theorien zur
Persönlichkeits-/Identitätsbildung hängt die Identität von der Wahrnehmung des
eigenen Körpers ab. Dieser bestimmt wer oder was man ist. Man entdeckt sich als
Kind in Unterschieden und Gemeinsamkeiten zu seinen Eltern, und anderen
Kindern. So entwickelt man eine zu seinem Körper passende Identität. Man
versteht sich als Junge oder Mädchen und wächst zu Mann oder Frau heran, ohne daran
zu zweifeln, dass der Körper uns zu dem macht, was wir sind.
Es ist etwas passiert, was nach den skizzierten Theorien eigentlich gar nicht passieren kann.
Es ist etwas passiert, was nach den skizzierten Theorien eigentlich gar nicht passieren kann.
Ich habe meinen Körper nicht als Basis meiner
Identitätsentwicklung genommen.
Ich glaube ich habe das als Kind sogar probiert, aber es hat
eben nicht geklappt.
Ich habe unabhängig
von meinem Körper einen inneren Plan davon gehabt, wer ich eigentlich sein
sollte, nämlich ein Mädchen bzw. eine Frau.
Natürlich war mir
immer klar, dass ich einen männlichen Körper habe. Ich konnte diese Gegebenheit
aber nie als selbstverständlich nehmen, sondern fand diesen Umstand immer
falsch.
Und daran konnte ich auch mit heftigsten Bemühungen nichts
ändern.
Zur Erläuterung muss
ich wohl sagen, dass ich ein ziemlich normenorientierter Mensch bin. Ich bin
gerne brav und mache gerne alles richtig. Deshalb wollte ich auch lange Zeit so
sein, wie ich das wegen meines Körpers wohl sein musste. Es hat mir viel Zeit
und Kraft gekostet, bis ich diese Bemühungen schließlich als gescheitert
aufgeben musste und anerkannt habe, dass ich nun mal nichts daran ändern kann, dass
ich meinen Körper falsch finde.
Meinen männlichen Körper habe ich noch nie als selbstverständlich genommen. Aber ich habe mich sehr lange Zeit von den Fakten, die er nun mal schafft, einschüchtern lassen.
Das führte dazu, dass
ich glaubte, mein Geist sei irgendwie falsch und ich müsse mich dazu bringen,
so zu denken, wie das mein Körper impliziert.
Dass das Schicksal so fies war, mir diesen 190 cm hohen und 90 Kilogramm schweren Männerkörper zu verpassen, macht mich manchmal rasend, manchmal verzweifelt und manchmal traurig.
Die meiste Zeit nehme ich es jedoch schicksalsergeben hin
und versuche, mich mit den Realitäten, die ich nicht ändern kann, so gut es
eben geht zu arrangieren.
Dabei kann ich vernünftigerweise nicht sauer sein, denn der Körper ist im Prinzip nicht schlecht. Er ist robust und leistungsfähig.
Dabei kann ich vernünftigerweise nicht sauer sein, denn der Körper ist im Prinzip nicht schlecht. Er ist robust und leistungsfähig.
Groß sein und Mann sein sind
gesellschaftlich Vorzüge.
Mein Körper ist keine Hochleistungsmaschine. Für sportliche
Erfolge ist er nicht beweglich genug, nicht schnell und stark genug.
Doch er hat auch keine großen Macken.
Da sind keine
schlimmen Krankheiten oder Gebrechen, die mich einschränken würden. Ich bin mir
sicher, dass viele Menschen froh wären, wenn sie das über ihren Körper sagen
könnten.
Wirklich.
Für einen Männerkörper ist er nicht schlecht. Das einzige,
was ich also gegen meinen Körper sagen kann ist, dass er halt nicht zu mir
passt.
Eine Stimme tief in mir drin sagt, er sollte anders sein, weiblich. Und
diese Stimme macht alles anders. Dieser Körper, der für einen Mann Grund zu
Stolz und Selbstvertrauen sein sollte, ist für mich eine Quelle der Scham.
Er ist riesig und kantig und unbeholfen. Er produziert
Haare, wo keine sein sollten und lässt sie ausbleiben, wo sie wachsen sollten.
Wenn Frauen sich kritisch im Spiegel betrachten und Problemzonen
diagnostizieren, dann kann ich nur abwinken.
Mein Körper hat keine
Problemzonen, sondern er ist insgesamt eine Problemzone.
Man sollte eigentlich meinen, dass ich mich in all den
Jahren an meinen Körper gewöhnt hätte, Doch das ist nicht der Fall. Ich bin und
bleibe ein Bewegungsgünter. In räumlicher Enge stoße ich dauernd an.
Kellerräume, Toilettenkabinen, Eisenbahnwaggons, Kinositzreihen … Meine
Umwelterfahrungen sind von blauen Flecken und andern Blessuren geprägt. Die
Ausmaße und die Trägheit meines Körpers machen mich immer wieder ratlos.
Okay, vielleicht habe ich einfach kein Bewegungstalent. Aber
selbst da stellt sich mir die Frage, ob diese Minderleistung nicht tiefere
Ursachen hat.
Manchmal ist mein Körper schwer erträglich. Z.B. wenn ich in
einer Gruppe stehe und alle anderen überrage. Dann fühle ich mich viel, viel zu
groß, unsagbar plump und hässlich und ich weiß, dass mein Körper auch mit
hundert Operationen nicht so werden könnte, wie er nach meinem inneren Plan
eigentlich sein sollte.
Der trotzige Satz „Ich bin kein Mann, ich sehe bloß so aus!“ ist eine gute Beschreibung meiner Situation. Mein Körper ist unzweifelhaft männlich. Aber bedeutet das zwangsläufig, dass ich auch den Rest mit allen Inhabern männlicher Körper teilen muss?
Bestimmt das Y-Chromosom in meinen Zellen komplett, was ich
bin, obwohl es nur einen winzigen Prozentanteil meines Chromosomensatzes
ausmacht und selbst zum größten Teil nichts anderes ist, als ein
unvollständiges X? Es hat zwar dafür gesorgt, dass mein Körper so ist, wie er
ist. Aber bei der Entwicklung der Grundzüge meines Selbstverständnisses hat es
wohl gerade Pause gemacht.
Was mich prägt und aus meinem Inneren, meiner Identität
kommt, sind meine Bedürfnisse. Tückisch ist nun, dass wir gewohnt sind, die
Ursache von Bedürfnissen in der Physiologie zu suchen
.
Frauen
und Männer sind danach unterschiedlich und haben unterschiedliche Bedürfnisse,
weil ihre Körper unterschiedlich sind. Angefangen von den Geschlechtsorganen
über den Hormonstatus bis hin zur allgemeinen Statur des Körpers werden alle
spezifischen Bedürfnisse auf physiologische Unterschiede zurückgeführt. Damit
wird der Körper zur finalen Begründung für die Geschlechtsunterschiede und auch
zur Rechtfertigung für spezifische Bedürfnisse und Vorlieben.
Der Sachbuchmarkt voll von Büchern, die genau an dieser Stelle ansetzen und in trivialisierender Form geschlechtsspezifisch unterschiedliche Präferenzen auf körperliche Ursachen zurückführen. In weiten Teilen mag es sogar richtig sein, dass unser Verhalten und unsere Wünsche körperlich geprägt sind. Doch eben bloß „in weiten Teilen" und nicht vollständig.
Schon die Existenz des Phänomens der Homosexualität sollte als Beleg hinreichend sein, dass es noch einen unerklärten Rest gibt. Bedürfnisse, die ganz tief in uns stecken, aber keinerlei erkennbare physiologische Ursache haben.
Es gibt nach aktuellem Stand der
Wissenschaft keinerlei körperliche Unterschiede zwischen homo- und
heterosexuellen Menschen.
Trotzdem haben sie unterschiedliche Bedürfnisse, die sie nicht
verleugnen können. Ebenso ist es mit meiner Transidentität. Sie führt bei mir
zu Bedürfnissen, die ich nicht verleugnen kann.
Und ich habe für sie keinerlei körperliche Rechtfertigung.
So wie der Schwule nicht über seinen Körper rechtfertigen kann, warum er auf
Männer steht, kann ich nicht Besonderheiten meines Körpers anführen, warum ich
weiblich gesehen werden will
.
Auswirkungen
auf mich selbst
Dieser Widerspruch von Körper und nicht zu ihm passenden Bedürfnissen
ist zunächst für mich selbst ein Problem. Ich kann echt nicht fassen, wieso ich
mich als Frau sehe, obwohl ich diesen männlichen Körper habe.
Und die
Frau in mir findet es mindestens ebenso irritierend wie andere Menschen, wenn
sie sich selbst betrachtet und den großen, breitschultrigen Mann sieht, der im
Laden am Ständer mit den schulterfreien Sommerkleidchen mit verzweifelter
Hoffnung die Größen abschätzt.
Wieso
will der so was anziehen? Es passt nicht zu ihm! Wenn ich mich wie eine fremde
Person betrachte, dann finde ich meine in Widerspruch zum Körper und den daraus
abgeleiteten Erwartungen stehenden Bedürfnisse selbst abstrus.
Wenn ich aber wieder zu mir zurückkehre, dann spüre ich, dass ich
ungeachtet meines Körpers ebenso bin.
Dass meine Bedürfnisse an dieser Stelle auf die körperlichen Gegebenheiten
pfeifen und in offenen Widerspruch zu ihm gehen.
Wie kann ich weibliche Interessen bzw. ein weibliches Selbstbild haben, wenn doch der Körper das in keiner Weise stützt, sondern sogar negiert?
Die gängigen Theorien zur Identität und ihrer Entstehung gehen
davon aus, dass diese in Kongruenz zu dem Körper entsteht. Man erkennt sich,
insbesondere durch seinen Körper, identifiziert sich mit ihm und baut dann
darauf alles Weitere auf.
Dass der Körper
als fremd oder zumindest unpassend/falsch erlebt wird, kommt nach diesen
Theorien nicht vor bzw. sie können es nicht erklären.
Lange Zeit war ich selber dieser Meinung und zweifelte an meinem Verstand. Wie konnte ich Wünsche haben, die für meinen Körper so offensichtlich unangemessen waren. Inzwischen halte ich mich nicht mehr für irre.
Aber der Konflikt zu meinem Körper bleibt.
Mein Körper bringt mich dazu, dass ich meine eigenen Wünsche
und Empfindungen als unpassend empfinde. Dadurch komme ich in einen Zwiespalt
in mir selbst, eine innere Zerrissenheit. Mein Moralsystem (mit dem starken
Wunsch unauffällig zu sein) teilt mir mit, dass meine Wünsche für einen Mann
unangemessen und falsch sind. Ein Mann ärgert sich nicht über Bartwuchs im
Gesicht und an den Armen, er hadert nicht mit der Länge seiner Gliedmaßen, er
wünscht sich nicht „hübsch" sein zu können.
Diese Diskrepanz ist umso schwerer zu beschreiben, weil Menschen sie üblicherweise nicht haben. Es ist, als wenn man ein Gebäude betrachtet, dass schön, stabil und funktional ist. Und bloß ein einziger Mensch weiß, dass es falsch ist. Das ist der Architekt, auf dessen Plan es anders aussieht. Ich bin wie ein Bauleiter, der als einziger die Blaupause auf dem Tisch liegen hat und sieht, dass das Gebäude, das alle gut und richtig finden, falsch ist, weil es nicht dem Plan entspricht. Mein Körper entspricht nicht dem inneren Plan. Dabei weiß ich nicht mal, wer den Plan gemacht hat. Er ist einfach da, genau wie der Körper und die beiden passen nicht zusammen.
„Du bist dein Körper!“
Ach, wirklich?
Natürlich verwirrt mein Körper andere, wenn ich als Frau in der
Öffentlichkeit bin. Er verwirrt doch auch mich selbst.
Mein Körper ist auf eine perfide Weise falsch.
Und das ist deshalb für mich richtig schlimm, weil diese
Falschheit unsichtbar ist.
Alles wirkt so richtig, alles funktioniert. Körpergröße,
Figur, Aussehen, einfach alles passt für einen Mann.
Es gibt überhaupt keine äußerlichen Indizien für eine
irgendwo vorhandene Weiblichkeit.
Ich kann weder auf eine zarte Figur, eine feminine Stimme oder ein
weiblich-sanftes Wesen hinweisen, um einen Beleg für meine Besonderheit zu
haben. Ich habe keine Beweise. Ich kann bloß behaupten.
Dass ich selber jahrzehntelang mein Umfeld aktiv belogen und
den Anschein erweckt habe, alles wäre wirklich so, wie es aussieht, macht den
Ärger komplett. Ich bin selber mitschuldig und kann anderen nicht die Schuld
dafür geben, denn sie haben doch nur gesehen, was zu sehen war und was ich sie
sehen lassen wollte
.
So habe ich im Nachhinein meinen Erfolg in dieser Sache zu meiner
eigenen Niederlage gemacht.
Das Bild, das andere Menschen von mir haben, und daraus wiederum folgend deren Erwartungen an mich, entstehen auf Basis der diesen Menschen verfügbaren Informationen: Und diese beruhen zum weit überwiegenden Teil auf nonverbalen Signalen, insbesondere meinem Aussehen. Diese Informationen gelten sogar als besonders vertrauenswürdig, weil der Körper und die Körpersprache angeblich nicht lügen. Seinen Augen kann man üblicherweise nicht nur trauen, sondern man tut das auch unmittelbar und intuitiv.
Was mich an meinem Körper stört ist nicht allein, dass er so
groß und so geformt ist, wie er ist.
Was mich vor Allem stört ist, dass er die falschen kommunikativen
Signale aussendet.
Er schreit dauernd "Mann", wo er doch bloß mal die
Klappe halten sollte. Er diskreditiert durch seine nonverbale Präsenz mein
Inneres. Er setzt die Maßstäbe, an denen ich gemessen werde.
"Du bist doch ein Mann,
also ...!" Aber ich bin kein Mann! Ich sehe bloß so aus.
Im Bereich des Geschlechtes
werden Menschen ausschließlich durch ihren Körper definiert.
Dabei ist das bei anderen Merkmalen anders.
Unsere soziale Stellung wird zB. viel mehr durch Geld und Wohlstand
definiert, als durch den Körper.
Bloß beim Geschlecht scheint der Körper „alles“ zu sein
Ein männlicher Körper ist eben nicht bloß ein männlicher Körper. Der
Körper definiert das Geschlecht. Er macht mich auch sozial zum Mann.
Wenn es Menschen wie mich nicht gäbe, dann würde das sogar ausnahmslos stimmen.
Aber Menschen wie ich, bei denen die Identität nicht zum Körper passt,
sind der Beleg, dass die Gleichung Körper = Geschlecht eben nicht immer
aufgeht. Und die Frage „Wer ist ein Mann?“ differenzierter gesehen werden muss.
Bei genauer Betrachtung bin ich selbst ein Opfer des
Kurzschlusses, den ich gerade angeprangert habe.
Woher weiß ich überhaupt, dass ich ein Mann bin?
Von meinem Körper? Er wird von anderen Menschen und auch von
mir selbst so wahrgenommen und kategorisiert. Die Unterscheidung zwischen
„männlicher Körper“ und „Mann“ ist schon sehr spitzfindig. Lange Zeit habe ich
sie nicht vornehmen können. Weil ich diesen Körper habe, habe ich mich als Mann
verstanden und tue es zum Teil immer noch. Und aus dem Mann sein folgen dann
weitere Anforderungen, die so direkt gar nicht mehr dem männlichen Körper
zuzurechnen sind. Aber mit ihm fängt nun mal alles an.
Erwartungen und Verpflichtungen
Wesentlicher Teil meines Ärgers ist, dass mir mein Körper
Erwartungen und Verpflichtungen auferlegt, die mit meinem Selbstverständnis
nicht zusammenpassen.
Mein Aussehen weckt bei anderen Menschen Erwartungen an mich und mein
Verhalten, von denen viele richtig sind, aber einige wegen meiner Identität
aber auch grundfalsch.
Wenn ich diesen Erwartungen trotzdem entspreche, dann muss ich mich
ein Stück weit selbst verleugnen, was mich nervt. Oder ich enttäusche die
Erwartungen und provoziere damit einen Konflikt, zumindest aber
Erklärungsbedarfe.
Mein Körper ist schuld daran,
dass ich von allen Menschen als Mann gesehen werde. Sogar dann, wenn ich mir
die größte Mühe gebe, als Frau gesehen zu werden.
Die anderen Menschen definieren mich über meinen Körper.
Wenn ich in männlicher Version unterwegs bin sowieso. Vermutlich jedoch sogar
dann, wenn ich in weiblicher Version unterwegs bin und auch als Frau gesehen
werden will. Dann schaffe ich es zumindest, dass ich weiblich angesprochen und
behandelt werde. Aber wie weit reicht das? Durch die Offensichtlichkeit meines
Körpers wirkt meine gefühlte und gelebte Weiblichkeit wie eine
Geistesverwirrung. Eben wie ein Leugnen des Offensichtlichen, eine Verneinung
meiner Natur.
Mein Körper lügt!
Kennt ihr die Disney-Geschichte „Die Schöne und das Biest“?
Diese Geschichte hat für mich etwas Besonderes, denn ich kann mich mit beiden
Hauptfiguren ziemlich gut identifizieren.
Ich bin beide:
die Schöne und das Biest.
Blöd ist halt, dass meine Mitmenschen bloß das Biest sehen. Es ist
nämlich so groß und auffällig, dass die Schöne dahinter unsichtbar bleiben
muss.
Der Körper ist
eine permanente und penetrante kommunikative Botschaft an meine Mitmenschen.
Für sie bin ich und das was man von mir sozial erwartet,
fast ausschließlich durch meine körperliche Erscheinung geprägt. Mein Körper
vermittelt etwas über mich. Und das so intensiv und unmittelbar, dass ich mit
sprachlichen Mitteln dagegen praktisch nicht ankomme.
Da kann ich reden, was ich will,
mich verhalten, wie ich will, und für manche kann ich mich sogar stylen, wie
ich will. Trotzdem sagen sie, ich sei „in Wirklichkeit“ ein Mann.
Der Körper ist der limitierende Faktor für meine Versuche,
meinem Inneren Ausdruck zu verleihen.
Ich fühle mich
von ihm im Stich gelassen, weil er mir verweigert, wonach ich mich so sehr
sehne. Er gibt mich der Gefahr der Lächerlichkeit, auf jeden Fall aber der
Aufmerksamkeit preis. Das macht er natürlich nicht willentlich, aber im
Ergebnis macht das keinen Unterschied.
Andererseits gibt es aber auch Menschen, die mich - ohne es
böse zu meinen - unverdrossen weiter als Mann anreden, selbst wenn ich ihnen
geschminkt und im Rock gegenüberstehe.
Dass ich mich jenseits meines Körpers als sehr feminin empfinde, mögen
sie zwar wissen, aber es ist ihnen im Weiteren egal. Sie wollen mir sicher
nicht wehtun - aber sie tun es. Sie kratzen genau an der Stelle meiner Wunde,
an der es am Schmerzhaften ist.
Diese penetrante Identifizierei als Mann mag für die anderen
einfach nur bequem sein oder auch Gedankenlosigkeit.
Für mich ist sie ein Signal,
dass sie meinem Körper mehr glauben, als meinen Worten.
Bei der Entscheidung, ob ich Frau mit Genschaden oder Mann mit
Dachschaden bin, sind sie auf der "Mann mit Dachschaden"-Seite.
Sie mögen mich deshalb nicht weniger und sie akzeptieren
mich, aber sie werden zu Komplizen oder Opfern meines Körpers, dem ich das
wiederum übel nehme.
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