Freitag, 13. Juli 2012

Urlaub von der Männlichkeit


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Urlaub von der Männlichkeit

Überarbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

Stella ist seit drei Jahrzehnten verheiratet, hat zwei Kinder, ist berufstätig und trägt an sechs Tagen in der Woche gewöhnliche Männerkleidung. Nur an ihrem freien Mittwoch ist sie „en femme“ unterwegs, als Transvestit.
„Erwarten Sie bitte nichts Spektakuläres.“ Diese Worte hat Stella unserem Blind Date in einem Frankfurter Café vorausgeschickt. Vergebens sucht sie nun der Blick zwischen den überwiegend älteren Herrschaften, die sich um dampfende Kaffeetassen und üppige Kuchenstücke versammelt haben. Auf die Nelke im Knopfloch haben wir verzichtet.

Plötzlich steht Stella am Eingang. Blondes Haar, 1,83 Meter groß, eine Brillanten besetzte Brille, eine weiße Rüschenbluse und ein blaues Damenkostüm, das sich nahtlos in die modische Ausstattung der übrigen, eher betagten Cafébesucherinnen einfügt.
„Hallo, mein Name ist Stella“, sagt sie mit dunkler Stimme. Wir nehmen Platz. Verwunderte Blicke folgen uns, was nicht sonderlich überrascht, ist Stella doch eine außergewöhnliche Person. Außergewöhnlich genug jedenfalls, um auf ein Erkennungszeichen verzichten zu können. „Einen TV erkennt man immer“, hatte sie vorab geschrieben. Stella ist ein Mann, TV die Abkürzung für Transvestit
.
Ein Halsband verdeckt den Adamsapfel

Stella erzählt, dass sie jeden Mittwochnachmittag in diesem Café verbringt.
Die anderen Stammgäste kenne sie vom Sehen, so die zwei Herren, die neben uns sitzen und zu denen sich nach einiger Zeit stets ein Dritter hinzugeselle. Welches Make-up benutzt sie?
„Art Deco Camouflage“, antwortet sie, „weil es stärker deckt als herkömmliches Make-up.“ Frauen nähmen es, um Hautunreinheiten damit zu übertünchen.
Sie aber verwende es, um ihren Bartansatz zu verbergen. Was noch? Blauer Lidschatten, hortensiafarbener Lippenstift. Lidstrich und Wimperntusche sind schwarz, die Fingernägel pink lackiert. Natürlich trägt sie eine Perücke. Davon habe sie mehrere, alle in blond. Ihren Adamsapfel verdeckt sie mit einem Halsband aus Seide. Das sei bei Transvestiten so üblich.

„Mit der Kleidung ist es viel schwieriger“, verrät sie, „schließlich habe ich nicht den Körper einer Frau.“ Deshalb kauft sie ihre Kostüme in der Regel bei einem Versand. Dort könne man den Rock und das Jackett separat bestellen, bei einem Größenunterschied von vier Nummern sei das auch nötig.
In Frankfurt gebe es außerdem die Boutique „Transnormal“, die verwandlungshungrige Männer mit Damenkleidung und diversen Accessoires ausstattet.

Ihre Hüften polstert Stella aus, die männliche Brust wird mit einer Silikoneinlage im BH erweitert – Körbchen Größe B.
Gelegentlich trägt sie Abendkleider, die sie von einer Schneiderin umarbeiten lässt. „Die brauche ich für die Oper“, flüstert sie, „ich liebe klassische Musik.“ Natürlich müsse sie sich vorher rasieren. Behaarte Beine unter einem Kleid, das nur bis zu den Knien reicht, seien absolut tabu. „Die Körperrasur ist eine heikle Angelegenheit“, gesteht Stella, „mitunter sogar ein Scheidungsgrund.
“ Nur bis wenige Zentimeter oberhalb der Knie dürfen die Haare ab, so die eheliche Vereinbarung.

Arrangement mit der Ehefrau

Stella ist seit über drei Jahrzehnten verheiratet.
Sie hat zwei Kinder, ist berufstätig und trägt an sechs Tagen in der Woche gewöhnliche Männerkleidung.

Nur an ihrem freien Mittwoch ist sie „en femme“ unterwegs, eine Neigung zum „Crossdressing“, die sie schon im Kindesalter entwickelt hat: „Es fängt damit an, dass man die Kleidung der Mutter oder der Schwester anprobiert, dass man hin und wieder versucht, sich wie eine Frau zu schminken.“ Später verleugne man diese Neigung, man halte sich für unnormal.
„Meine Frauenkleider habe ich früher regelmäßig in den Müll geschmissen“, sagt sie.
Nach ein paar Wochen habe sie sich dann aber wieder neue gekauft.

Nach der Heirat musste Stella ihre Neigung verbergen: „Ich musste immer eine passende Gelegenheit abwarten.
Manchmal war es nur für ein paar Stunden, manchmal ist meine Frau einige Tage verreist.“ Wenn sie ihre Neigung nicht hin und wieder ausleben könne, werde sie aggressiv, geradezu unausstehlich, gelegentlich auch depressiv.
Vor sieben Jahren habe sie ihrer Frau endlich ihr Geheimnis offenbart.
Seitdem habe man sich arrangiert.
Stellas Kleiderschrank steht im Keller, die Männerkleidung darf im gemeinsamen Schlafzimmer bleiben. „Damit entfällt auch dieses ständige Versteckspiel“, sagt sie.

Manche Transvestiten kleiden und schminken sich in ihrem Auto auf einem Parkplatz, damit die Frau oder die Kinder nichts bemerken.
Sogenannte Kammertransvestiten trauen sich erst gar nicht aus dem Haus und verbringen den Abend in Damenkleidung allein vor dem Fernseher.
Stella musste einmal zwei Stunden in ihrem Haus warten, weil sich die Nachbarn auf der Straße in ein längeres Gespräch vertieft hatten.
Am schlimmsten aber sei das schlechte Gewissen gegenüber der Gattin, sagt sie.

„Transvestiten sind nicht schwul“

Stella bestellt einen Kirschsaft. Wir kommen auf Klischees zu sprechen.
Stella klärt auf: „Transvestiten sind nicht schwul.
“ Viele Travestiekünstler dagegen seien homosexuell, auch viele „Drag Queens“, Transvestiten, die sich meist übertrieben-glamourös in Szene setzen.
In ihrer Vereinigung seien solche Leute allerdings unwillkommen.
Stella spricht von der „Transvestiten Vereinigung Frankfurt“, einer Selbsthilfegruppe für Crossdresser und solche, die es werden wollen.
Die Gruppe gibt es seit 1985. Sie besteht aus einem harten Kern von zehn Mitgliedern. Mittwochabends treffen sie sich in einem Café, gelegentlich stehen Ausflüge auf dem Programm. „Freundinnen und Ehefrauen sind bei uns sehr willkommen“, sagt Stella.

Um Missverständnisse zu vermeiden, sprechen Transvestiten auch von „Bio-Frauen“, was nichts mit Ökologie, sondern mit der rein biologischen Identität der Frau zu tun hat.
Fast alle Mitglieder sind verheiratet, einige haben Kinder.
Die Metamorphose empfinden viele als Befreiung von den üblichen Rollenerwartungen, sei es in der Familie, sei es im Beruf: Travestie oder, wie man ganz korrekt sagen müsste, Transvestitismus als Urlaub!
.
Wir brechen auf zu einer gemeinsamen Shopping-Tour.
Stella kauft sich zuerst einen BH, den sie zuvor ohne Probleme in der Damenumkleide anprobieren durfte.
Anschließend einen Augenbrauenstift und einen Nagellackentferner für die Gattin.
Die Verkäuferinnen sind sehr diskret. Stella erhält sogar ein Werbegeschenk.
Später im Café, wo wir Claire, Lorina und Andrea aus der Gruppe treffen, erzählt Stella: „Wenn ich, en femme‘ unterwegs bin, möchte ich auch als Frau behandelt werden.

Wehe, die haben mir wieder einen Herrenduft eingepackt.“ Daraufhin öffnet sie das Werbegeschenk: ein „Anti-Aging-Make-up für natürliche Ausstrahlung“. Glück gehabt.

Persönlich habe ich viele dieser Gespräche wahrgenommen und mir Enorm viele Gedanken
gemacht!
Es gibt Unzählige Internet Seiten in welchen man solche Geschichten nachlesen vermag, jedoch es ist nie das selbe es persönlich Erlebt zu haben!
Nichts an diesem was hier geschildert wurde, ist Verwerflich noch Unmoralisch es ist Leben und das mit gutem Recht!
Denn jeder hat das Recht auf Persönlichkeit-Entfaltung wenn man aus "Normen" sprich "Normalität" ausbricht, ist es nicht Verwerflich oder Unmoralisch sondern Zeichen von Selbstbewusstsein und einer geformten Persönlichkeit welche Selbstsicher ist!

Mit freundlichen Grüßen
Nikita Noemi Rothenbächer 2012  


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