Donnerstag, 23. August 2012

Eine Aktivistin mit Hertzblut und einem Jurastudium! Rechtsanwältin Frau Maria Sabine Augstein



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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

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Eine Aktivistin mit Hertzblut und einem Jurastudium!

Rechtsanwältin Frau Maria Sabine Augstein

Es gibt einige Aktivisten unter der Minderheit von Trans-Gender, einer der besonderen Klasse ist und bleibt Maria Sabine Augstein.

Persönlich war ich mehre male in Kontakt mit dieser aus diesem Grund ist es für mich eine besondere Ehre hier über dieses tolle Wesen beichten zu können!

Rechtsanwältin Frau Maria Sabine Augstein ist mit wenn nicht die Hauptverantwortliche das wir in Deutschland ein TSG haben, viel hat Sie dafür kämpfen müssen, viel davon hat Sie Erstreiten müssen, dank Ihrem Einsatz für diese Minderheit, können nicht wenige heute ein durch aus angenehmes Leben führen, dafür ein Dankeschön!

Nikita Noemi Rothenbächer

Maria Sabine Augstein (61), Rechtsanwältin in Tutzing, wurde von Augsteins erster Ehefrau, der „Spiegel“-Mitarbeiterin Lore Ostermann, als Junge geboren. Mit 28 Jahren wechselte Stefan Augstein Geschlecht und Namen.

"Ich bin als Maria Sabine neu geboren"

Der Weg zum ältesten Augstein-Kind ist ein verschlungener. Irgendwo in der Nähe des Starnberger Sees biegt ein Pfad ab.
Der Weg zum ältesten Augstein-Kind ist ein verschlungener. Irgendwo in der Nähe des Starnberger Sees biegt ein Pfad ab. Nach einigen hundert Metern durch dichten Tannenwald taucht eine Lichtung auf. Und ein rot-weißes Forsthaus: außen blaue Sprossenfenster, hinten ein angebauter Wintergarten, drum herum Wiesen und Bäume.

Innen betritt man eine Welt, in der nichts Überflüssiges herumsteht. Die Böden aus hellem Holz, Kunstfotografien an den weiß gekalkten Wänden. Die Wolldecke auf dem fliederfarbenen Wildledersofa ist ordentlich gefaltet. Neben der Fernbedienung liegt eine Biografie des größten deutschen Journalisten, des "Spiegel"-Gründers und Herausgebers Rudolf Augstein.

Augstein hatte vier Kinder von drei Frauen: Jakob, 39, wie der Vater Verleger und Publizist, und die Journalistin Franziska, 42, aus der Ehe mit der Übersetzerin Maria Carlsson. Julian, 33, Künstler, aus der Ehe mit der Schriftstellerin Gisela Stelly. Und Maria Sabine, 57, von seiner ersten Frau Lore Ostermann, der Journalistin und Regieassistentin. Maria Sabine sieht dem Vater am ähnlichsten, doch man weiß von ihr am wenigsten. Das hat seine Gründe.

Geboren wurde Augsteins erstes Kind in Hannover, wo der Verleger vor 60 Jahren den "Spiegel" gründete. Es war kaum ein Jahr alt, da trennten sich die Eltern. Augstein und sein "Spiegel" zogen nach Hamburg. Mutter und Kind nach München. Als Lore Ostermann einen schweren Autounfall hatte, kam das Kind mit fünf in ein Kinderheim. Zwei Tage vor seinem achten Geburtstag zog es zu Pflegeeltern: zu Augsteins Schwester und deren Mann.

Heute arbeitet Maria Sabine Augstein als Anwältin, spezialisiert auf das Recht für Lesben, Schwule und Transsexuelle. Ein ungewöhnliches Rechtsgebiet. Maria Sabine Augstein ist auch eine ungewöhnliche Frau. Sie wurde als Junge geboren. Ihr Kampf gegen die Diskriminierung von geschlechtlichen Minderheiten ist auch ein persönlicher. Außerdem ein erfolgreicher. Bis hoch zum Bundesverfassungsgericht kennt man längst ihren Namen. Sie war es, die 1992 für das erste prominente Lesbenpaar, Hella von Sinnen und Cornelia Scheel, das Aufgebot bestellte, das damals jedoch abgelehnt wurde.

In Karlsruhe setzte sie unter anderem durch, dass die Mindestaltersgrenze von 25 Jahren für Menschen, die ihren Vornamen und ihre Geschlechtszugehörigkeit ändern wollen, aufgehoben wird. Durch sie wurde jüngst im Bundestag über den Geschlechtsvermerk in Pässen diskutiert: Wenn etwa ein verheirateter Mann sich zur Frau operieren lässt, kann er zwar seinen Vornamen ändern, nicht jedoch seine weibliche Geschlechtszugehörigkeit rechtlich anerkennen lassen. Dafür müsste er sich erst scheiden lassen. Sonst wäre es eine vollwertige Ehe zwischen Gleichgeschlechtlichen. "Daher stand auch weiterhin ein ,m' in seinem Pass. Das war menschenunwürdig und verfassungswidrig", sagt Maria Sabine Augstein. Seit 2003 stritt sie für die Anpassung. Im Oktober 2006 hatte sie es geschafft.

Die 57-Jährige schaut ernst durch ihre große Hornbrille. Ihr Blick erinnert an ihren berühmten Vater. Sie hat ihre Wimpern dezent getuscht, die Farbe auf ihren Fingernägeln ist die ihres Lippenstiftes: zartrosa. Mit ihrem Pagenkopf hat sie etwas Liebenswertes. Sie ist 1,68 Meter groß und schlank. Ihr Körper ist leicht nach vorn gebeugt, als wolle er sie vor etwas beschützen. Ihre Stimme klingt ungewöhnlich dunkel und stets etwas aufgeregt, ihre Sprache bestimmt. "Es geht mir um die Akzeptanz", sagt sie. "Man muss nicht alle Menschen verstehen. Aber nur, weil Transsexuelle anders sind, dürfen sie nicht durch ein bürokratisches Raster fallen." Sie weiß, wovon sie spricht. Nur ungern mag sie sich erinnern an die Zeit, als sie noch ein Mann war. Nicht einmal ihren damaligen Namen will sie noch gedruckt sehen. "Diese Zeit ist für mich abgeschlossen. Das war zu schmerzvoll. Ich bin mit 28 Jahren als Maria Sabine Augstein neu geboren." Maria - nach ihrer Cousine aus der Pflegefamilie, Sabine nach der Frau ihres Vetters.

Rund 6000 Transsexuelle gibt es laut Schätzung in Deutschland. 0,005 Prozent aller Menschen, heißt es, empfinden sich im falschen Körper. Friedemann Pfäfflin, Psychiater an der Universität Ulm sagt: "Warum und wann genau ihre Umorientierung stattfindet, ist nicht endgültig erforscht. Die Antwort vermuten Mediziner irgendwo zwischen genetischer Vererbung und sozialen Prägungen."

Maria Sabine Augstein hatte keine leichte Jugend. Mit sieben Monaten hatte sie eine Gallenstein-Operation. "Mein Leben hat mit einer Narbe begonnen, und die wuchs mit mir mit." Heute ist sie 20 Zentimeter lang und eine Art Überlebensmerkmal für sie. Ihre Eltern, sagt sie, habe sie kaum erlebt. Und wenn, dann eher als Negativbeispiel. "Die vielen Scheidungen meines Vaters und auch meiner Mutter, die dreimal verheiratet war, fand ich furchtbar. Wenn, dann waren meine Pflegeeltern mein Vorbild, obwohl mein Pflegevater sehr streng sein konnte."

Das Gefühl, anders zu sein, begann mit fünf. Das erste Kleid war weiß, mit Margeriten am Kragen. Alle Jungs im Kinderheim schliefen im Schlafanzug, der Augstein-Sohn "borgte" sich heimlich Nachthemden von den Mädchen. "In der fünften Klasse, habe ich mir Tennisbälle unters T-Shirt gesteckt. Einmal sagte der Kunstlehrer: ,Na, Fräulein Augstein?' Das gefiel mir."

Sie habe immer gefühlt, dass sie anders war, sagt Maria Sabine Augstein. "Ich wusste nur nicht, was mit mir los war. Ich fühlte mich zerrissen und unverstanden. Ich hätte so niemals weiterleben können. Mit 17 war mir plötzlich klar: Ich fühle als Frau. Und ich will eine Frau sein." Nicht allerdings, um dann einen Mann zu lieben - sondern eine Frau. "Ich gehörte sozusagen gleich zwei Minderheiten an: Ich war lesbisch, im Körper eines Mannes."

Sie brauchte neun Jahre. Mit 26 stand sie auf der Terrasse ihres Vaters an der Hamburger Elbchaussee. Lange hatte sie mit sich gerungen. "Er wusste ja nichts von meiner Neigung." Als es dann endlich heraus war, schwieg er. "Über Transsexualität hatte er genug gelesen, das konnte er sogar noch nachvollziehen. Dass ich aber auch noch lesbisch war, davon hatte man noch nie gelesen. Damit kam er nicht klar." 1977 ließ sie sich in Singapur operieren. Ihr Vater übernahm die Kosten.

Jahre später schrieb er ihr, "dass er meinen Weg schließlich akzeptieren könne, weil er wisse, dass ich nur so glücklich bin. Er hat mich über meine Arbeit respektiert. Ich glaube, es hat ihn beeindruckt, was für Prozesse ich führte. Ihm gefiel natürlich, dass ich bei den höchsten deutschen Gerichten tätig war. Nur mich als Mensch verstehen konnte er nicht. Aber das hätte ich ja auch nie von ihm verlangt", sagt Maria Sabine Augstein. Damit konnte sie leben.

Transsexualität ist nicht messbar, sie lässt sich nicht wegtherapieren. Sie hat nichts mit sexueller Orientierung zu tun oder Kostümierung. Transsexuelle sind nicht mit Transvestiten zu verwechseln, die in ihrer zeitweiligen Verkleidung einen Kick erleben. Transsexuellen geht es um die Identität. Sie wollen das ganz normale Leben des anderen Geschlechts führen.

Doch der Weg dahin ist qualvoll. Da ist nicht nur der komplizierte chirurgische Eingriff, sondern auch das soziale Umfeld, Angst vor dem Outing. Viele flüchten sich in die Isolation bis zur Depression, einige in den Selbstmord. Maria Sabine Augstein kennt furchtbare Geschichten ihrer Mandanten. "Transsexuelle in Deutschland haben lange am Rande der psychosozialen Katastrophe gelebt. Die meisten fanden keine Arbeit, und wenn, dann nur in bestimmten Milieus, meist im Nachtleben. Gott sei Dank ist man bei der Bundeswehr heute so weit, dass ein Offizier nach einer Geschlechtsumwandlung seinen Dienst weiter ausführen kann", sagt sie. Täglich bekommt sie Anrufe, E-Mails, Briefe. Die Betroffenen wissen, dass sie den Weg gegangen ist, den sie noch vor sich haben.

Die operative Umwandlung vom Mann zur Frau ist leichter als umgekehrt. Im ersten Fall dauert die Operation fünf Stunden. Wer bei Michael Krueger in der Potsdamer "Klinik Sanssouci" die "All-in-one"-Behandlung wählt, liegt neun Tage stationär. Dabei kann auch der Adamsapfel verkleinert, die Brust mit Silikon aufgebaut werden. Kosten: 28 000 Euro. Bart und Haare an Armen und Beinen werden oft vorher per Laser entfernt. Die Stimme jedoch bleibt, trotz Hormonbehandlung.

Für die Augstein-Geschwister war die Umwandlung vom Bruder zur Schwester kein Thema. "Die haben irgendwann gehört, ach so, der ist jetzt eine Frau. Das war alles. Der Kontakt war aber nie eng", sagt Augstein. Einmal nur fragte ihre Schwester sie, ob sie sich denn nicht rasieren müsse. Einzig die Mutter konnte die Entscheidung der Tochter nie akzeptieren.

Anwältin Augstein kämpft weiter, auch für Ausländer, die dauerhaft in Deutschland leben, und nach einer Umwandlung hier Namen oder Geschlecht rechtlich ändern wollen. "Sie sollen die gleichen Rechte haben wie Deutsche", fordert sie. "Das Verfassungsgericht gab uns im Herbst 2006 Recht, bis Sommer 2007 soll es ein neues Gesetz geben". Sie weiß, wie existenziell wichtig diese Paragrafen für die Identität sind.

In Tutzing lebt die Anwältin mit der Augsburger Malerin und Fotografin Inea Gukema-Augstein, 59, zusammen. Kennen gelernt haben sich die beiden in einer Frauenkneipe in München vor 29 Jahren, ein Jahr nach der Geschlechtsumwandlung. Inea Gukema-Augstein war Mitbegründerin des ersten feministischen Frauenbuchverlages in Deutschland. Maria Sabine fiel ihr auf. "Eine Persönlichkeit, stark, trotzdem warmherzig, ein bisschen verrückt, aber im positiven Sinne." Die Künstlerin hat die Anwältin immer als Frau und Freundin gesehen, nicht als Problem: "Marias Stimme irritiert manche Menschen. Macht nichts. Wir reden offen über uns", sagt sie. Sie trägt einen goldenen Ring am kleinen Finger. Maria Sabine trägt den gleichen. Am 2. November 2001 haben sie geheiratet. Die Lebenspartnerschaftsurkunde der sogenannten Homo-Ehe war ihnen wichtig. Jeder Hochzeitstag wird gefeiert. Da gehen die Damen ins Münchner "Tantris" schön essen. "Ich habe mich immer nach einer festen Beziehung gesehnt, in der ich mich aufgehoben fühle", sagt Maria Sabine Augstein.

Am Starnberger See leben die Augstein-Frauen ihr ganz normales Familienidyll. Die Rollenverteilung scheint klar: Im ersten Stock kämpft die Anwältin. Unterm Dach malt die Künstlerin. "Mich hat die klassische Frauenrolle eingeholt: Ich bin Köchin, Gärtnerin, Chauffeurin. Ich finde das okay." Sie schaut zur Partnerin, die nickt, greift zur Thermoskanne: "Noch Kaffee, die Herrschaften?"

Eine Fotografie an der Wand zeigt Maria Sabine Augstein mit Hörnern. Die Künstlerin erklärt ihr Bild: "Es steht für den Kampf, den meine Frau gekämpft hat. Für ihre Arbeit braucht sie Hörner. Ich habe meine Aufgabe immer auch darin gesehen, sie zu beschützen. Ich habe sie unter meine Fittiche genommen."

Zum 40-jährigen "Spiegel"-Jubiläum hat Maria Sabine Augstein ihrem Vater zum ersten Mal ihre Frau vorgestellt, 1987 in der Fischauktionshalle in Hamburg. "Er hat unsere Begegnung sehr positiv aufgenommen. Zu Weihnachten hat er angerufen", freut sich die Schwiegertochter. "Er wollte uns immer hier besuchen. Leider hat das vor seinem Tod nicht mehr geklappt."

Im ersten Stock steht ein großer Vogel aus Holz. Er stand früher in Rudolf Augsteins Büro, das nach seinem Tod an das Bonner Haus der Geschichte ging. Diesen Hornraben hat er - wie das Haus in Tutzing - seiner Tochter vererbt. Er steht für Gemeinsinn und Schutz. Und hat jetzt seinen Platz in ihrer Kanzlei.

Rechtliche Aspekte

Bei der Änderung des Geschlechts spielen rechtliche Aspekte eine wichtige Rolle.
Namen- und Personenstandsänderungen werden durch das Transsexuellengesetz geregelt.
Die Kostenübernahme für medizinische Eingriffe durch die gesetzlichen Krankenkassen richtet sich nach dem Sozialgesetzbuch Teil V. Bei den privaten Krankenkassen sind die Vertragsbedingungen der jeweiligen Kasse maßgeblich.

Das deutsche  Transsexuellengesetz (TSG) wurde im Jahre 1980 mit Wirkung ab 1. Januar 1981 unter dem vollen Titel „Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen” (Transsexuellengesetz – TSG) verabschiedet, um Menschen mit von ihrem körperlichen Geschlecht abweichender Geschlechtsidentität die Möglichkeit zu geben, in der zu ihrer Geschlechtsidentität passenden Geschlechtsrolle leben zu können.
Es sieht entweder nur die Änderung der Vornamen oder dazu auch die Änderung des Geschlechtseintrages  im Geburtenbuch und der Geburtsurkunde vor (Personenstandsänderung).

Namensänderung

Die Voraussetzungen für eine Vornamensänderung nach §1 TSG sind:
• die Diagnose Transsexualität; seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang stehen, den transsexuellen Vorstellungen entsprechend zu leben (was nicht bedeutet, seit drei Jahren schon so gelebt haben müssen) • die Prognose, dass sich das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.

Dies müssen zwei Gutachter bestätigen, die das Gericht auswählt. Das Gericht kann auch von dem/der Antragsteller/in vorgeschlagene Gutachter beauftragen.
Bei geringem Einkommen gibt es die Möglichkeit der Verfahrenskostenhilfe (VKH), auch mit Ratenzahlungsanordnung gemäß einer Tabelle, wenn das Einkommen für die Bewilligung  ratenfreier VKH zu hoch ist.

Ausländische Transsexuelle können das TSG in Anspruch nehmen, wenn sie sich aufgrund einer unbefristeten oder verlängerbaren Aufenthaltserlaubnis rechtmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, und wenn das Recht des Heimatstaates keine vergleichbaren Regelungen kennt.

Personenstandsänderung

Die rechtliche Zuordnung zum neuen Geschlecht nach §8 TSG ist unter denselben Voraussetzungen möglich wie die Vornamensänderung. Verheiratete Transsexuelle müssen sich nicht scheiden lassen. Transsexuelle müssen sich seit 2011 auch keiner geschlechtsanpassenden Operation unterzogen haben und auch nicht dauernd fortpflanzungsunfähig sein. Diese Erfordernisse hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als verfassungswidrig beanstandet und für unwirksam erklärt.

Das BVerfG hat weiterhin festgestellt, dass Verfahren nach §8 TSG nicht bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ausgesetzt werden dürfen, sondern dass den Anträgen entsprochen werden muss, wenn die Voraussetzungen des §1 TSG vorliegen. Es empfiehlt sich daher, Vornamens- und Personenstandsänderung gleichzeitig zu beantragen oder den Antrag auf §8 TSG zu erweitern, wenn die Gutachten einschränkungslos positiv ausgefallen sind.

Gesetzliche Krankenkassen

Maßgeblich für die Übernahme der Kosten einer geschlechtsangleichenden Operation ist noch immer das Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) von 1987. Neben der Diagnose Transsexualität verlangt das BSG einen krankheitswertigen Leidensdruck sowie, dass es zur Behebung/Milderung dieses Leidensdruckes keine andere Behandlungsmöglichkeit gibt als die  geschlechtsanpassende Operation. Zum Nachweis dieser Voraussetzung ist eine psychotherapeutische Behandlung vor der Operation zwingend erforderlich.
Die Klage einer Betroffenen, die sich ohne vorherige Psychotherapie operieren ließ, wurde rechtskräftig abgewiesen.

Die Betroffenen müssen in jedem Fall vor der Operation einen Antrag auf Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse stellen und deren Entscheidung abwarten, sei sie nun positiv oder negativ.
Werden diese Vorgaben nicht beachtet, ist die Krankenkasse schon aus formalen Gründen leistungsfrei. Eine vorherige  Zustimmung der Kasse zur Kostenübernahme ist dagegen nicht erforderlich. Nach einer Ablehnung können die Betroffenen sich operieren lassen,  den Rechtsgang antreten und Widerspruch einlegen und dann auf Kostenerstattung vor dem Sozialgericht klagen. Für die Hormonbehandlung gilt dieses Erfordernis dann nicht, wenn ein Kassenarzt die Medikamente auf Kassenrezept verordnet. Denn es gibt generell keine Genehmigungspflicht für Medikamente.
Die Leistungspflicht besteht für die primäre genitaltransformierende Operation. Für Frau-zum-Mann-Transsexuelle  gehört dazu neben der Brustreduktion und der Entfernung der inneren Geschlechtsorgane auch die Phalloplastik einschließlich Hodenplastik.

Umstritten

Für weitergehende Maßnahmen kommt es darauf an, ob diese noch medizinisch notwendig oder schon dem kosmetischen Bereich zuzuordnen sind. Besonders strittig ist die Brustvergrößerung bei Mann-zur-Frau-Transsexualität. Nach einem neuen Urteil des LSG Baden Württemberg vom Januar 2012 besteht eine Kostenübernahmepflicht nur dann, wenn trotz Hormontherapie überhaupt keine Brust gewachsen ist, nicht jedoch wenn „lediglich“ eine Vergrößerung der Brust angestrebt wird.

Epilation

Die Kostenübernahmeverpflichtung umfasst auch die Epilation der Barthaare im Gesicht bei Mann-zur-Frau-Transsexuellen, allerdings nicht im Wege der Laserepilation, da diese keine vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannte Behandlungsmethode ist. Bei der Nadelepilation besteht das Problem darin, dass die wenigsten Hautarztpraxen diese anbieten. Selbst wenn sich eine Hautarztpraxis findet, wird aus gebührenrechtlichen Gründen nur für 5 Minuten pro Sitzung epiliert, da pro Sitzung nur ca. 5 Euro vergütet werden. Die Behandlung zieht sich dann unzumutbar in die Länge.
Am besten wäre die Epilation in einem darauf spezialisierten Kosmetikinstitut, da dort über größere Zeiträume am Stück epiliert werden kann. Viele Krankenkassen haben eine solche Behandlung bewilligt. Die Rechtsprechung hat es jedoch bislang abgelehnt, einen entsprechenden Anspruch gegen die Krankenkasse anzuerkennen.
In einem Verfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen konnte ein Vergleich geschlossen werden, dass zwar die Nadelepilation in einer Hautarztpraxis durchgeführt wurde, die Krankenkasse aber eine Abrechnung nach einem Stundensatz akzeptierte.
Vorsicht bei Privatklinik
Eine Kostenübernahmepflicht besteht grundsätzlich nicht für eine Behandlung in einer Privatklinik. Obwohl z.B. die Privatklinik Sanssouci in Potsdam bei Geschlechtsumwandlungen von Frau zum Mann (Penis- und Hodenplastik, Erektionsprothese) über größte Erfahrungen verfügt, hat es die Rechtsprechung bis hin zum BSG bislang abgelehnt, die Krankenkasse zur Kostenübernahme/Kostenerstattung für eine Behandlung in dieser Klinik zu verpflichten.

Private Krankenkassen

Ein spezifisches Problem bei privaten Krankenkassen, das bei gesetzlichen Krankenkassen nicht auftritt, besteht darin, dass Krankenkassen sich gerne darauf berufen, dass die Transsexualität in den Gesundheitsfragebögen nicht angegeben wurde. Sie fechten dann den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an oder treten vom Vertrag zurück.
Es kommt dann darauf an, ob sich die Betroffenen zu diesem Zeitpunkt der Transsexualität bewusst waren. Je weniger Zeit zwischen den Angaben zu den Gesundheitsfragen  und Offenbarung der Transsexualität gegenüber der Krankenkasse vergangen ist, desto schwerer wird es, glaubhaft darzulegen, dass ihnen die Transsexualität nicht bewusst war.

Bei berechtigter Anfechtung bzw. berechtigtem Rücktritt stehen die Betroffenen ohne Krankenversicherung da. Auch wenn eine neue private Krankenkasse den Abschluss der Versicherung nicht ablehnen darf, muss sie für Leistungen aufgrund Transsexualität nicht eintreten.
Denn nach dem Versicherungsvertrags Gesetz besteht grundsätzlich keine Leistungspflicht für Krankheiten, die schon beim Vertragsschluss vorhanden waren.

Bei den gesetzlichen Krankenkassen besteht dieses Problem nicht, da die Mitgliedschaft durch Erfüllung gesetzlicher Tatbestände (z.B. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung) oder durch einseitige Erklärung (Beitritt, Fortsetzungsantrag)) erfolgt und nicht durch Vertragsschluss.
Nach einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes von 1995 müssen private Krankenkassen Leistungen aufgrund Transsexualität erbringen, wenn die Betroffenen einen Beschluss nach § 8 TSG erreicht haben.

Auch hier gilt, dass die Eintrittspflicht nur für medizinisch notwendige, nicht jedoch für kosmetische Maßnahmen besteht. Die Behandlung muss nicht vorher bei der Krankenkasse beantragt werden. 
Privat Versicherte können natürlich eine Privatklinik aufsuchen. Die Abrechnung muss jedoch nach der privatärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) erfolgen. Pauschalhonorare sind unzulässig und können auch nicht rechtswirksam vereinbart werden. 

Zur Nadelepilation gibt es leider ein ablehnendes Grundsatzurteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf von 1988, nach dem eine private Krankenkasse wegen der hohen Kosten diese Behandlung  nicht zu bezahlen braucht, und zwar auch dann nicht, wenn eine Hautarztpraxis diese durchführt. Für eine Laserepilation ist die Krankenkasse dagegen nach einem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/M. von 1996 leistungspflichtig.
Ob der Gemeinsame Bundesausschuss eine neue Behandlungsmethode anerkannt hat, ist für private Krankenkassen ohne Belang, da das Sozialgesetzbuch für diese nicht gilt.

Maria Sabine Augstein · Rechtsanwältin






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