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Rothenbächer 2012
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So entstehen Männer,
Frauen und alles dazwischen
Ein einziges Chromosom sorgt dafür, ob ein Mädchen oder ein
Junge zur Welt kommt. Danach wird es kompliziert. Typisch wirkende
Verhaltensweisen scheinen in die Wiege gelegt. Oder sind sie doch anerzogen?
Und manchmal sind Neugeborene weder eindeutig männlich noch weiblich.
Was ist es?" So lautet häufig die erste Frage im
Kreißsaal. Das Geschlecht ist ein fundamentaler Kern unserer Persönlichkeit,
den die meisten vom Kindesalter an als naturgegeben und unveränderlich
empfinden. Eng verknüpft damit sind Stereotypen: Männer gelten unter anderem
als stark und geltungsbewusst, Frauen als fürsorglich und mitteilsam. Auch wenn
in der Realität viele Mädchen ebenso gut in Mathematik abschneiden wie Jungen -
und sich Väter oft ebenso hingebungsvoll um ihre Kinder kümmern, wie es die
Mütter tun.
Erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts kam
mit dem Feminismus die Erkenntnis, dass die Rollenverteilung von Männern und
Frauen keineswegs so naturgegeben ist, wie seit Jahrhunderten angenommen. Das
ging hin bis zu der Meinung, dass allein ein Penis oder eine Vagina und die
entsprechende Erziehung einen Menschen zu Mann oder Frau machen. Seit den 90er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts lernen die Wissenschaftler zunehmend, dass
Geschlechtshormone schon im ungeborenen Kind wirken und die Entwicklung des
Gehirns beeinflussen. Ob Verhaltensweisen, die als typisch männlich oder
weiblich wahrgenommen werden, angeboren sind oder erlernt werden, sorgt noch
immer für Diskussionen unter Wissenschaftlern. Sicherlich spielen viele
Faktoren eine Rolle, die sich gegenseitig beeinflussen: Gene, Erziehung und die
Erwartungen der Gesellschaft formen in einem sehr komplizierten Zusammenspiel
Männer und Frauen.
Darüber hinaus gibt es Menschen, die körperlich weder
eindeutig männlich oder weiblich sind, die Intersexuellen. Transsexuelle haben
zwar anatomisch ein eindeutiges Geschlecht, fühlen sich aber wie im falschen
Körper. Vieles davon gilt noch immer als Tabu, doch immer öfter bekennen sich
die Menschen offen zu ihrer Andersartigkeit. Schwule und Lesben können heute
immer häufiger ein Leben frei von Scham leben - bei intersexuellen oder
transsexuellen Menschen könnte es einmal ähnlich sein.
Das Volk der Bugi kennt fünf Geschlechter
Manche Kulturen kennen schon von schon lange mehr als nur
zwei Geschlechter. Bei den nordamerikanischen Indianern gibt es die
"Two-Spirit-People", meist biologische Männer, die aber auch typisch
weibliche Verhaltensweisen zeigen und die mit anderen Männern Sex haben können,
ohne als homosexuell angesehen zu werden.
Das Volk der Bugi auf der indonesischen Insel Sulawesi
unterscheidet fünf Geschlechter. Neben normalen Frauen und Männern gibt es die
Calalai, anatomische Frauen mit typisch männlichen Vorlieben und die Calabai,
anatomisch Männer mit typisch weiblichen Vorlieben. Das fünfte Geschlecht nennt
man Bissu - es sind Menschen, die weder eindeutig Mann noch Frau, sondern eine
Kombination von beidem sind. Sie haben ihre eigene Kleidung, können anatomisch
weiblich, männlich oder intersexuell sein und gelten als Mittler zwischen den
Menschen und den Geistern.
Das genetische Geschlecht
Am Anfang steht der Zufall: Millionen Spermien konkurrieren
im Rennen um die Befruchtung. Sie enthalten entweder ein X- oder ein Y-förmiges
Chromosom. Nur eines erreicht die Eizelle mit ihrem X-Chromosom, bei der
Verschmelzung entsteht daher entweder die Kombination XX (Frau) oder XY (Mann).
Bereits in den ersten Wochen der Entwicklung sind bei
weiblichen und männlichen Embryos einige Gene unterschiedlich aktiv. Nach etwa
sechs Wochen nimmt auf einem kurzen Arm der Y-Chromosomen ein bestimmter
Bereich seine Arbeit auf. Es ist das SRY-Gen, das Kürzel steht für
"sex-determining region": Das Gen ist die Bauanleitung für ein
Eiweiß, das im Embryo weitere Gene aktiviert und das Startsignal für die
Bildung der Hoden gibt.
Die Hoden beginnen ab der 11. Schwangerschaftswoche,
männliche Sexualhormone zu produzieren, in erster Linie das Testosteron. Ohne
dieses Signal würde aus dem Embryo automatisch ein Mädchen entstehen.
Testosteron aber bewirkt, dass sich aus den frühen Genitalanlagen ein Penis
anstelle einer Klitoris bildet, und ein Hodensack anstelle von Schamlippen. Ein
anderes Hormon, das so genannte Anti-Müller-Hormon, das die frühen Hoden des
Embryos produzieren, unterdrückt die Ausbildung von Gebärmutter und Eileitern.
Die Kombinationen von XX- oder XY-Chromosomen sind der
Normalfall. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, denn bei der
Chromosomenverteilung in Eizelle und Spermien läuft nicht immer alles nach
Plan. Die häufigsten Abweichungen sind:
XXY-Männer (Klinefelter-Syndrom): Einer von 500 Jungen oder
trägt anstelle von XY die Geschlechtschromosomen XXY in sich. Sie wirken bei
der Geburt wie ganz normale Jungen, kommen in die Pubertät und fühlen sich in
der Regel zu Frauen hingezogen. Sie haben meist einen etwas weiblichen
Körperbau, weniger Bartwuchs und kleinere Hoden als durchschnittliche Männer.
Sie produzieren in der Regel zu wenig funktionsfähige Spermien, um Kinder
zeugen zu können.
XYY-Männer: Einer von 1000 Männern hat diese
Chromosomen-Kombination, die sich sehr unterschiedlich auswirkt. Viele Männer
merken ihr Leben lang überhaupt nichts davon. Im Durchschnitt sind die Männer
etwas größer und haben einen leicht niedrigeren Intelligenzquotienten. Auch
findet man bei ihnen etwas häufiger aggressives Verhalten.
X-Frauen (Turner-Syndrom): Eine unter etwa 2500 Frauen hat
in allen oder in manchen Körperzellen nur eines anstatt zwei intakter
X-Chromosomen. Die Frauen sind oft kleinwüchsig und haben geringere Mengen des
weiblichen Hormons Östrogen im Blut. Sie kommen daher häufig ohne Hormongaben
nicht in die Pubertät und können auch meist keine Kinder bekommen.
Das biologische Geschlecht
Während mehrerer Schwangerschaftswochen produzieren die
frühen Hoden des männlichen Embryos so viel Testosteron, dass die
Hormonkonzentration der von erwachsenen Männern entspricht. Auch zwei bis vier
Stunden nach der Geburt und im dritten Lebensmonat schütten die Hoden vermehrt
männliche Hormone aus. Dagegen findet gibt es im weiblichen Embryo oder bei
weiblichen Babies in dieser Zeit keine entsprechenden weiblichen Hormone. Unter
dem Einfluss von Testosteron entstehen schon im Embryo die männlichen
Geschlechtsorgane. Fehlen die männlichen Hormone, bilden sich die weiblichen
Geschlechtsorgane.
Allein ein Penis oder eine Vagina machen aber noch keinen
Mann oder Frau. Das zeigen zum Beispiel die Fälle, bei denen männliche Babies
als Mädchen aufgezogen wurden, nachdem sie durch einen Unfall ihren Penis
verloren hatten. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gingen
einige Ärzte dazu über, bei einem solchen Baby auch die Hoden zu entfernen und
durch Operationen eine künstliche Vagina herzustellen - bekannt ist der
John/Joan-Fall. Die Kinder wurden von ihren Eltern von klein auf wie Mädchen
behandelt und bekamen als Teenager zusätzlich weibliche Geschlechtshormone.
Allein durch den sichtbar weiblichen Körper und die Erziehung, so dachten die
Mediziner und Psychologen, würde sich ein solches Kind zur Frau entwickeln.
Das erwies sich aber als Irrtum. Wie man heute weiß, wirken
die männlichen Hormone schon früh auf das Gehirn. Sie beeinflussen so die
Geschlechtsidentität - das Gefühl ein Mann oder eine Frau zu sein. Die
verunglückten Jungen, die als Mädchen aufwuchsen, entwickelten sich häufig zu
so genannten Tomboys, also zu Mädchen, die die typischen, wilden Jungenspiele
bevorzugen. Sie fühlten sich später häufig zu Frauen hingezogen. Ohne, dass sie
verstanden warum, hatten einige von ihnen Gefühl, dass mit ihnen etwas nicht
stimme - sie fühlten sich wie im falschen Körper.
Das Intersex-Syndrom kann viele Ursachen haben
Ein ähnliches Phänomen kennt man auch von Menschen, bei
denen sich das Geschlecht nicht eindeutig entwickelt. Aus einer ganzen Reihe
von Gründen kann es dazu kommen, dass ein neugeborenes Baby weder eindeutig
weiblich oder männlich ist. Ein solches Intersex-Syndrom kann viele Ursachen
haben. So kann es zum Beispiel sein, dass bei einem männlichen Embryo zwar die
Hoden Testosteron ausschütten, aber der Rezeptor defekt ist, mit dem der Körper
das Testosteron-Signal normalerweise wahrnimmt (Androgeninsuffizienz). Es kommt
auch vor, dass eine Störung in der Hormonsynthese im weiblichen Embryo eine
Überproduktion von männlichen Hormonen auslöst (adrenogenitales Syndrom). Die
Folgen können sehr unterschiedlich sein. So kann zum Beispiel die Klitoris nur
etwas vergrößert sein, oder aber es kann auch ein "Pseudopenis"
entstehen.
Lange Zeit dachten Ärzte, es sei gut für solche
intersexuellen Kinder, wenn möglichst rasch über das Geschlecht entschieden
werde. Und da es leichter ist, durch eine Operation eine Vaginazu formen als
einen Penis, wurden Menschen mit Intersex-Syndrom in der Vergangenheit häufig
zu Mädchen umoperiert und ihnen dies verschwiegen. Inzwischen weiß man aber,
dass das Gefühl für die eigene Geschlechtsidentität auf sehr komplexe Weise
entsteht und zu einem Teil schon von Geburt an im Gehirn verankert sein kann.
Durch eine Operation kann man es nicht ohne weiteres festlegen.
Männer und Frauen unterscheiden sich nicht nur durch
Geschlechtsorgane, Körpergröße, Muskelmasse und Haarwuchs, auch in den Gehirnen
gibt es leichte Unterschiede. Entsprechend ihrer Körpergröße haben Männer im
Durchschnitt ein etwas größeres Gehirn. Darüber hinaus besitzen sie mehr Nervenzellen
in der Großhirnrinde als Frauen - das wirkt sich aber nicht aus: Frauen und
Männer schneiden bei Intelligenztests gleich gut ab. Bei Männern ist die
"präoptische Region" größer als bei Frauen. Bei Tieren ist diese
Region zuständig für den Sexualtrieb. Inwieweit sie beim Menschen eine Rolle
spielt, ist noch nicht eindeutig geklärt. Dafür sind bei Frauen bestimmte
Bereiche des vorderen Großhirns stärker ausgeprägt. Dazu zählt zum Beispiel
auch der Frontallappen, die Hirnregion, die direkt hinter unserer Stirn sitzt.
Dieser Hirnbereich sorgt dafür, dass wir unsere Handlungen planen und Probleme
lösen können. Das alles sind aber nur geringe Unterschiede, die noch sehr
umstritten sind und die man nicht in allen Fällen findet.
Das psychologische Geschlecht
Noch bevor ein Kind laufen und sprechen lernt, kann es
Männer von Frauen unterscheiden und zum Beispiel eine weibliche Stimme einem
weiblichen Gesicht zuordnen. Bis zu seinem dritten Geburtstag hat es begriffen,
dass es selbst ein Junge oder ein Mädchen ist. Und in den darauf folgenden
Jahren lernen Kinder, dass diese Eigenschaft ein unveränderlicher Kern der
Persönlichkeit ist, der nicht nur durch äußerliche Attribute wie zum Beispiel
Lippenstift zustande kommt. Inwieweit das Bewusstsein für das eigene Geschlecht
anerzogen oder angeboren ist, das trotz umfangreicher Forschung noch immer
nicht geklärt - vermutlich wirken hier viele Ursachen zusammen.
Welche Ursachen das sind, vermeinen Fachleute am besten an
Menschen erforschen zu können, die ihr biologisches Geschlecht nicht
akzeptieren, bei Transsexuellen. Obwohl manche Menschen genetisch, hormonell
und anatomisch eindeutig einem Geschlecht angehören, empfinden sie es subjektiv
anders. Transsexuelle Menschen fühlen sich, als wären sie im "falschen Körper
gefangen". Die Ursachen für eine solche
"Geschlechtsidentitätsstörung" verstehen die Wissenschaftler bislang
kaum. Manche Forscher wollen Unterschiede in einer bestimmten Hirnstruktur, dem
Hypothalamus, gefunden haben, und vermuten hier den Sitz der Geschlechtsidentität.
Es gibt auch Befunde, wonach Transsexualität durch eine Hormonstörung im
Mutterleib zustande kommen könnte, durch die sich das Gehirn anders als
vorgesehen entwickelt. Diese Theorien sind aber umstritten, denn die Befunde
sind nicht eindeutig. Andere Sexualforscher definieren Transsexualität gerade
dadurch, dass es im Gegensatz zur Intersexualität keine bekannte biologische
Ursache gibt.
Das soziale Geschlecht
Frauen können nicht einparken, Männer können nicht zuhören.
Solche Vereinfachungen bestimmen häufig unsere Vorstellung davon, was typisch
weiblich oder männlich ist. Doch obwohl uns die Unterschiede als groß und von
Geburt an festgelegt erscheinen, wird vieles von den Erwartungen der
Gesellschaft erst erzeugt oder zumindest verstärkt.
Viele Eltern berichten, dass ihre kleinen Jungen partout mit
Autos und Pistolen spielen wollen, Mädchen dagegen lieber den Puppenwagen
schieben. Immer wieder hört man, dies geschehe allein durch den Antrieb der
Kinder. Allerdings ist schwer nachzuweisen, ob die unterschiedlichen Vorlieben
wirklich auf angeborenen Unterschieden im Gehirn beruhen oder nicht doch durch
unbewusste Prägung entstehen. Menschen behandeln Babys vom ersten Tag je nach
Geschlecht anders, auch wenn ihnen das nicht bewusst ist. Das spätere typische
Rollenverhalten kommt auch auf diese Weise zustande. So kann man durch
Experimente zeigen, dass Kleinkinder besonders jene Spielzeuge bevorzugen, die
ihnen als passend für ihr Geschlecht suggeriert werden - auch wenn sie es
eigentlich nicht sind.
Die Entwicklung setzt sich in der Schule fort. Lehrer
reagieren auf Jungen anders als auf Mädchen. Zudem spielen Jungen und Mädchen
meist getrennt. Mädchen haben zwar im Durchschnitt die besseren Schulnoten,
Jungen sind tendenziell aber erfolgreicher in Mathematik und Physik. Allerdings
ist die Begabung für Mathe im Kindesalter nur geringfügig stärker ausgeprägt,
die Unterschiede werden erst ab der Pubertät deutlicher. Psychologen von der
Universität von Arizona haben nachgewiesen, dass Frauen ihre Schwierigkeiten
bei Matheaufgaben plötzlich überwinden, wenn sie glauben, einfach nur ein
Problem zu lösen und ihnen die mathematische Natur der Aufgabe nicht bewusst
ist. Ebenfalls verschwanden die Unterschiede zwischen Männern und Frauen, als
die Psychologen die Frauen zuvor eingehend darüber aufklärten, dass ihnen
vielleicht nur ihr Selbstverständnis als Frau bei den Matheaufgaben im Weg
steht.
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