Dienstag, 14. August 2012

Transsexualität als gesellschaftliche Chance



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Neu-Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

Transsexualität als gesellschaftliche Chance

Eine neue Sicht von Transsexualität

Heute sprechen wir im Zusammenhang mit Heroinsüchtigen nicht mehr von einem Drogenproblem, sondern von einem Suchtproblem, und die Junkies betrachten und behandeln wir nicht nur als individuelle Suchtkranke, sondern werten sie als sichtbaren Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Suchtproblematik, welche zur Hauptsache aus Millionen von Alkohol-, Nikotin- und Medikamentensüchtigen mit Tausenden Toten jährlich und Milliardenschäden für die Volkswirtschaft besteht.

Analog kann auch die gesellschaftliche Funktion der Transsexuellen, als Sichtbarmachung einer grundlegenden, gesellschaftlichen Sexismus-Problematik gedeutet werden. Dies bedeutet ein Abrücken von der Definition des Transsexualismus als ein reines psychologisches Problem einzelner Individuen, hin zu einer soziologischen und geschlechter-politischen Deutung dieses Phänomens.

Transsexuelle machen -gesellschaftlich gesehen- auf eine sehr spektakuläre Art das Unbehagen sichtbar, welches auch viele nicht-transsexuelle Menschen bei der Erfüllung ihrer sozialen Geschlechterrollen empfinden.

Körperbilder und Körpermodifikation

Transsexualität, so wie sie sich in den meisten Fällen äußert, und wie sie in den Medien immer wieder dargestellt wird ("im falschen Körper") ist ein Produkt des Sexismus. Die tiefe Sehnsucht vieler Transsexueller, ihren Körper mit chemischen (Hormonen) und operativen Maßnahmen dem anderen Geschlecht anzupassen, entspringt der Überzeugung, dass man erst dann eine "richtige Frau" oder ein "richtiger Mann" ist, wenn der Körper auch dementsprechend geformt ist und die entsprechenden Merkmale aufweist. Denn Transsexuelle unterliegen den gleichen gesellschaftlichen Körperidealen wie Nicht-Transsexuelle.



Auch unter Nicht-Transsexuellen ist es weit verbreitet, den Körper gemäß den gängigen Körperbildern zu gestalten:
Frauen gehen ins Solarium und zum Friseur, epilieren sich Oberlippe, Beine und Bikinizone, lassen sich Permanent-Make-Up stechen, künstliche Fingernägel applizieren, machen Diät, hungern, lassen sich Fett absaugen, das Gesicht liften und die Brüste Vergrößern oder verkleinern. Männer machen Sport, Bodybuilding, nehmen Anabolika und Designer-Food, um den Muskelaufbau zu beschleunigen, lassen sich die ausgefallenen Haare auf dem Kopf re-implantieren. Es gibt auch mehr oder weniger zweifelhafte Methoden zur Penisvergrösserung und Viagra stellt –wenigsten vorübergehend- das verlorene Körperideal wieder her. Weitere sehr populäre Körpermodifikationen für beide Geschlechter sind Tätowierungen und Piercings. Nur in bestimmten Subkulturen sind Implantate (Stahlprofile, Stahlkügelchen) und Amputationen üblich. Die Beschneidung der Knaben ist integraler kultureller Bestandteil des Judentums und des Islams. Außereuropäische und historische Kulturen kennen für unser Verständnis kaum nachvollziehbare Formen von geschlechtlichen Körper-Modifikationen, wie das Einbinden der Füße der Frauen im alten China, die "Giraffenhals-Frauen" in Burma oder die Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen in weiten Teilen Afrikas.

Alle diese Beispiele sollen aufzeigen, wie stark bzw. wie ausschließlich die Wahrnehmung von Ästhetik und Bedeutung des menschlichen Körpers kulturell bestimmt ist. In keiner Kultur und in keiner historischen Epoche wird und wurde der menschliche Körper so hingenommen, wie ihn die Natur geschaffen hat, sondern immer wird und wurde er aufgrund von kulturell bestimmten Körperbildern und nach bestimmten Idealen und Bedeutungs-Normen gestaltet.

Denken wir daran, wie stark Menschen darunter leiden, wenn ihr Körper nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht. Die Frau mit kleinen, erschlafften oder in einer Krebsoperation entfernten Brüsten fühlt sich nicht als richtige Frau. Bulimie und Anorexie sind die pathologischen Folgen des Schlankheitswahns. Männer von kleiner Körpergröße, mit einem kleinen Penis oder mit Erektionsstörungen leiden und Minderwertigkeitskomplexen. Und zu was allem wären nicht-transsexuelle Menschen nicht bereit, um ihren abweichenden Körper wieder mit dem gesellschaftlichen Körperbild in Einklang zu bringen.

Dieses Leiden Nicht-Transsexueller an ihrem unadäquaten Körpers kann durchaus mit dem Leiden der Transsexuellen an ihrem geschlechtlich verkehrten Körper verglichen werden. So gesehen sind die von Transsexuellen gewünschten Hormontherapien und Genitaloperationen nur weitere –zugegeben sehr tiefgreifende- Maßnahmen im Katalog der unendlichen Möglichkeiten der Körpermodifikationen.

Eine Chance des Transsexualismus besteht darin, uns drastisch vor Augen zu führen, wie stark Körperbilder unsere Selbstwahrnehmung und unser Wohlbefinden in und mit unserem Körper beeinflussen.

Biologie ist nicht Schicksal

"Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht", schrieb Simone de Beauvoir 1949 und legte damit den Grundstein für die moderne Konzeption der Geschlechter. Die feministische Geschlechterforschung hat gezeigt, wie Geschlecht als eine soziale Konstruktion etabliert wird, als ein künstliches Konglomerat von Körperbildern, Rollenvorschriften, Bedeutungen, Wertigkeiten, Rechten und Pflichten. Zum sozial konstruierten Geschlecht gehört auch dessen Naturalisierung, also die künstlich hergestellte Überzeugung dass die Geschlechter natürlich und biologischen Ursprungs sind.

Als prominenteste Vertreterin der post-modernen Geschlechtertheorie gilt wohl die amerikanische Philosophin Judith Butler, Professorin an der Berkley Universität und Ikone der Queer-Bewegung. Um die soziale Produktion von Geschlecht zu erklären, hat Butler den Begriff der "Performanz" geprägt. Performanz ist die Darstellung von Geschlecht, und zwar nicht als Ausdruck eines inneren Geschlechterkerns, sondern umgekehrt, als ritualisierte Wiederholung von Verhaltensvorschriften, welche auf die Dauer die Illusion einer Geschlechtsidentität erzeugt.

Butler bestreitet die Existenz einer essentiellen, dh. von Geburt an und natürlich gegebenen Geschlechtsidentität, welche sich in den Handlungen, Gesten und Sprache der Menschen, je nach Mann oder Frau unterschiedlich, ausdrückt. Vielmehr beschreibt sie, wie als allererstes bei der Geburt des Kindes seine Geschlechtszugehörigkeit durch die logische Zuordnung zu einer der beiden Geschlechtskategorien anhand seines anatomischen Geschlechts initiiert wird: "Ist es ein Junge oder ein Mädchen?", der Blick zwischen die Beine liefert die Antwort. Im Verlaufe des Lebens wird das Gefühl der Geschlechtszugehörigigkeit durch ritualisierte Wiederholung von Konventionen erzeugt. Die fortdauernde Performanz der Geschlechtszugehörigkeit, auch "doing gender" genannt, erzeugt rückwirkend die Illusion einer natürlich gegebenen Geschlechtsidentität als Mann oder Frau.

Butler unterscheidet nicht zwischen echter und imitierter Geschlechterperformanz. Die Inszenierung des Transvestiten, also des biologischen Mannes, der eine Frau darstellt, ist genau so echt bzw. kopiert, wie die "normale" Frau-Darstellung der biologischen Frau. Jede Darstellung von Geschlecht ist immer nur eine individuell interpretierte Nachahmung einer Fiktion. Die Vorlagen sind, durch gesellschaftliche Diskurse erzeugte, normative Bilder von Mann und Frau, die von Instanzen und Institutionen wie Staat, Wirtschaft, Kirche, Kultur, Familie etc. hergestellt und zB. über Medien verbreitet werden.
Sprache als Mittel zur geschlechtlichen Selbstbestimmung

Die Sprache strukturiert unser Denken. Die sogenannte "Sapir-Whorf-These" vom linguistischen Determinismus geht davon aus, dass die Art und Weise, wie wir über die Wirklichkeit sprechen, nicht nur unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit verändert, sondern die Wirklichkeit selber.

Was wir mit einem Wort bezeichnen, erhält eine kulturelle Relevanz. Was nicht bezeichnet wird, kann nicht gedacht werden und existiert deshalb nicht bewusst. Beispielsweise benennen Kartoffelbauern in den Anden bis zu 70 Kartoffelsorten und kennen deren Eigenschaften, wo wir gerademal noch zwischen Raclette Kartoffeln, Frühkartoffelen und Bintje unterscheiden. Durch die differenzierte Benennung einer Einheit wird diese Einheit in ihrer Differenziertheit sichtbar gemacht und wird aufgespalten in neue Bedeutungseinheiten.

Übertragen auf die sprachliche Repräsentation und Produktion von Geschlecht heißt dies: solange wir als Bezeichnung für die Geschlechter nur Mann und Frau kennen und benutzen, können neue Geschlechter nicht gedacht und nicht gelebt werden, und das weit verbreitete geschlechtliche Unbehagen wird anhalten.
Deshalb ist es nötig, neue Bezeichnungen zu finden, um neue geschlechtliche Existenzweisen zu schaffen. Die Worte Lesbe und Schwuler sind Schritte in dieser Richtung. Weil die Begriffe Frau und Mann die Hetero-Sexualität implizieren, war es nötig, die homosexuelle Frau und den homosexuellen Mann neu zu bezeichnen.

Das Wort Transfrau bezeichnet eine Frau mit Penis, also eine Frau mit einem biologisch männlichen Körper, die aber trotzdem eine "richtige" Frau ist. Das Wort Frau kann eine Frau mit biologisch weiblichen oder biologische männlichen Körper bezeichnen. Wenn explizit eine biologische Frau bezeichnet werden soll, so muss dies ausgedrückt werden mit biologische Frau, Bio-Frau oder Cisfrau. Das gleiche gilt analog bei den Männern.

Wenn das Wort Transfrau mit der Bedeutung "Frau mit Penis, also eine 'richtige Frau', genauso wie die Frau mit Vagina", in der Sprache verankert ist, so entfällt die Notwendigkeit zur Genitaloperation bei Transsexuellen. Anstatt die Anatomie operativ anzupassen wird der scheinbare Widerspruch zwischen sex und gender, zwischen Körper und Geschlecht, durch Sprache normalisiert, indem ein Ort in der Sprache geschaffen wird, wo Transsexuelle sich daheim fühlen.

Das im Zusammenhang mit der Behandlung von Transsexuellen sehr oft verwendete Wort "Geschlechtsanpassungsoperation" oder gar "Geschlechtsumwandlungsoperation" suggeriert die Option, das Geschlecht mittels Operation zu wechseln. Das ist nicht möglich, denn Geschlecht ist eine soziale Konstruktion und kann nur mittels sozialer Prozesse, in denen Sprache eine zentrale Rolle spielt, rekonstruiert werden. Dabei ist ein wichtiges Element der Vorname, der immer auch Geschlechtsbezeichner ist. Die Schweizerische Gesetzgebung lässt es nicht zu, einen Vornamen anzunehmen, der ein anderes als das biologische Geschlecht markiert. Erst nach erfolgter Genitaloperation, sind die Personenstandsänderung und der Namenswechsel möglich. Diese Praxis ist wiederum sexistisch, denn sie suggeriert, dass das –durch den Vornamen bezeichnete- Geschlecht dem Körper folgt, und dass es möglich sei, das biologische Geschlecht eines Menschen mittels eines vergleichsweise simplen kosmetischen Eingriffs am Genital zu wechseln. Dies ist jedoch nur eine männlich-arrogante Allmachtsfantasie, denn das biologische Geschlecht ist primär das genetische (oder chromosomale) Geschlecht (xx / xy) und ist unveränderlich.

Transsexuelle als Avantgarde für die geschlechtliche Befreiung der Nicht-Transsexuellen?

Das Ziel der "Heilung" von Transsexualität kann letztendlich nur darin bestehen, den inneren Frieden zu finden. 
Ich plädiere für eine geschlechtliche Selbstbestimmung, welche den Menschen ermöglicht, unabhängig von gesellschaftlichen Normen und Zwängen sich selbst zu finden
Ob und mit welchen Körpermodifikationen diese Selbstfindung einhergeht, soll jeder Person selbst überlassen werden. Zentral ist jedoch, dass wir uns nicht behandeln und operieren lassen, weil es die Kultur, das Gesetz oder die Gesellschaft verlangt, sondern weil wir es wollen und aus freiem Willen so wählen. Die große Herausforderung besteht darin, das echte Eigene aus den tief ins Unterbewusstsein eingeprägten gesellschaftlichen Normen und Bildern herauszufiltern. Der erste Schritt dazu ist, sich immer wieder bewusst zu machen, wie Sexismus in unseren Gesellschaften wirkt, und selbstkritisch zu beobachten, wie wir davon beeinflusst werden.

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„Wenn man den Geist nicht so verändern kann, dass er zum
Körper passt, dann sollten wir uns vielleicht dazu
entschließen,
den Körper so zu verändern, dass er dem Geist entspricht.“


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