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Bearbeitet und Überarbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2012
Das
Vorwort von Sigusch ist zum Überlegen und Reflektieren!
Vorwort von Volkmar
Sigusch "Geschlechts Wechsel" 1995
Wir leben in einer Welt, in der es allem Anschein nach nur weibliche
und männliche Wesen, nur Frauen und Männer gibt. Begegnen wir einem Menschen,
ordnen wir in eines die beiden Kästchen ein, im Allgemeinen ohne zu überlegen.
Gelingt uns das einmal nicht automatisch, sind wir verwirrt. Denn
das Grundgesetz der Geschlechtlichkeit heißt in unserer Kultur nun einmal:
entweder weiblich oder männlich, entweder Frau oder Mann. Gewaltig ist deshalb
der allgemeine Druck, ebenso sichtbar wie unsichtbar, sich selbst einem der beiden
Geschlechter zuzuordnen. Und wehe denen, die das nicht
können. Der Druck ist so enorm, weil das Geschlecht etwas einfach Gegebenes zu
sein scheint, durch und durch natürlich und unverrückbar.
Tatsächlich aber ist im Allgemeinen nur das körperliche Geschlecht
einfach gegeben, nicht aber die letztlich entscheidende Geschlechtsidentität,
das heißt die seelische Gewissheit, diesem oder jenem Geschlecht anzugehören.
Doch wehe denen die das vorausgebebene Körpergeschlecht
nicht mit der danach entstandenen Geschlechtsidendität zusammenfügen können. Die setzen das Grundgesetz der Geschlechtlichkeit außer
Kraft, wenn auch oft nur vor übergehend, und berauben die Aussage "Das ist
entweder eine Frau oder ein Mann" ihrer gewissermaßen naturwüchsigen
Selbstverständlichkeit.
Was ist
weiblich bzw. männlich?
Es vergeht kaum ein Monat, in dem
nicht das Thema der Weiblichkeit unter MzF-Transidenten diskutiert wird. Was
bedeutet es, weiblich zu sein? Bist Du weiblicher als ich? Was muss man tun, um
endlich weiblich zu sein? Mehr weiblicher Busen? Die OP? Die Namensänderung?
Fragt man eine Frau, die als Frau geboren wurde, was sie denn zur
Frau macht, zuckt sie meistens nur verständnislos die Schultern, weil sie sich diese,
schwierige’ Frage wahrscheinlich noch nie gestellt hat.
Auch wenn sie noch so resolut, noch so burschikos auftritt,
wird sie doch nie daran zweifeln, eine Frau zu sein. Es wurde ihr ein Leben
lang bestätigt, dass sie weiblich ist. Ist es der Bart? Wie viele Frauen tragen
einen Damenbart vor sich her, ohne dass jemand daran zweifelt, dass es sich um
Frauen handelt. Auch Unfruchtbarkeit nehmen einer Frau nicht ihre Weiblichkeit,
denn wer weiß schon, ob eine Frau in der Lage ist, Kinder zu bekommen oder
nicht. Was also macht die Frau zur Frau?
Transidenten finden sich oft zwischen den
Geschlechtern wieder, denn Frauen zweifeln: Das soll eine Frau sein?' und
Männer: Das soll ein Mann sein?'
Die Antwort auf die Frage "Was ist weiblich?"
geben Vergleiche, in denen ähnliche Probleme auftauchen. , Beweis durch
Induktion', wie Mathematiker bemerken würden.
"Das sind die Russen!" erklärte Frau Schmitz Ihrem
Mann, als er fragte, wer denn nebenan eingezogen sei. "Das sind die
Deutschen!" sagten die Nachbarn zu den gleichen Deutsch-Russen, als sie
noch in Russland lebten.
Von den, Türken’ sprechen wir, auch wenn sie schon lange die
deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sich aber nur unter Türken aufhalten.
Die gleichen Menschen werden in Ihrem Geburtsland, die Deutschen' genannt, weil
sie ihre Muttersprache Türkisch nicht mehr beherrschen.
Die Zugehörigkeit zu einer kulturellen Gruppe wird also
hauptsächlich durch das behände Beherrschen der ihr eigenen Sprache und der
Pflege der gruppentypischen Gewohnheiten demonstriert bzw. anerkannt. Ein Deutscher
wird als Deutscher erkannt, wenn er akzentfrei Deutsch spricht und typisch
deutsche Gewohnheiten pflegt. Dabei ist es gleichgültig, ob er in Deutschland
geboren ist oder nicht und wenn das äußere Bild nicht zu sehr vom gewohnten
abweicht.
Das Mitglied einer Religionsgemeinschaft wird in der Gruppe
anerkannt, wenn es die typischen internen Ausdrücke pflegt und die Zeremonien
beherrscht. Ein Obdachloser, der es wagt, mit sauberer Kleidung unter
seinesgleichen aufzutauchen, wird ausgelacht. Vergleiche gibt es unendlich
viele und sie zeigen, dass der kulturelle Aspekt der Weiblichkeit mindestens so
wichtig oder sogar wichtiger als der körperliche Aspekt ist.
Das Tragen von Röcken oder eine OP macht also
noch keine Frau. Weiblich ist der Mensch, der von den Frauen trotz aller
Unvollkommenheiten als ihresgleichen erkannt ist.
Dabei sind Äußerlichkeiten natürlich wichtig, da viele
Frauen sich sehr genau gegenseitig beobachten. Weibliche Hormone helfen, die
Kurven zu verschönern und eine weibliche Brust wachsen zu lassen. Wichtiger
noch als die Brust ist das Aussehen des Gesichts, denn das Gesicht vermittelt
den wichtigen ersten Eindruck.
Das Zentrale an der Weiblichkeit ist
also das Beherrschen der weiblichen Kultur, bestehend Körpersprache, typischen
Themen und Verhaltensweisen. Nun gibt es nicht, die’ weibliche Kultur, sondern
je nachdem in welchen Kreisen man sich bewegen wird oder will, gibt es
unterschiedliche Kulturen, die es gilt, sich anzueignen, wenn man in den
gewünschten Frauenkreisen aufgenommen werden möchte. Wer sich unter Feministen
aufhalten möchte, hat eine andere Sprache zu lernen als jemand, der einen
Schönheitswettbewerb gewinnen möchte.
Wem es Vergnügen bereitet, sofort und überall als Transident
definiert zu werden, hat es allerdings recht einfach, er braucht kaum etwas
hinzuzulernen. Er sollte vielleicht noch lernen, sich im Minirock breitbeinig
auf einen Stuhl zu setzen. Aber die Erfahrung zeigt, dass es recht wenige unter
uns gibt, die so militant zum Cross-Dressing stehen.
Ein starkes Gefühl der
Integration überkam mich persönlich, als mir auf einer Party eine Frau
erzählte, dass sie gerade ihre Tage gehabt hatte und wie sie damit umging.
Hätte sie das unaufgefordert einem fremden Mann erzählt? Ein ähnlich freudiges
Gefühl beschlich mich, als sich bei einer anderen feierlichen Gelegenheit die
fußballbegeisterten Männer absonderten, um sich über Sport zu unterhalten und
sich die jungen Frauen in meine Ecke begaben, um sich über ihre Kinder zu
unterhalten. Ich konnte da fachlich zwar nicht mithalten, aber es zeigte mir,
dass sie mich kulturell integrierten.
Deswegen mein Appell an alle Neo-Frauen, die sich auf dem
langen Weg zur Weiblichkeit befinden: Nicht schicke Kleidung und weibliche
Hormone allein machen Seelig. Lernt die typische Sprache und subtile Kultur der
Frauen sprechen und leben und ihr werdet Euch bald als integrierte Frauen
erleben.
Was bedeutet Gestik wie Mimik das
Anpassungsvermögen in unterschiedlichen Kulturellenkreisen macht erst aus uns,
das was wir sein wollen, nicht der Rock nicht die OP oder die Hormone!
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„Wenn man den Geist nicht so verändern kann, dass er zum
Körper passt, dann sollten wir uns vielleicht dazu
entschließen,
den Körper so zu verändern, dass er dem Geist entspricht.“
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