Mittwoch, 24. Oktober 2012

“Staatlich angeordnete Geschlechtsangleichung”



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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

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“Staatlich angeordnete Geschlechtsangleichung”
Presseaussendung zur „staatlich angeordneten Geschlechtsangleichung“

Sehr geehrte Damen und Herren,
in den letzten Monaten wird in den österreichischen Medien vermehrt über Transgenderpersonen berichtet, die den Wunsch hegen, auch ohne Genital-Angleichung ihren gesetzlichen Personenstand, sowie den dazugehörenden geschlechtsspezifischen Geburtenbucheintrag ändern lassen zu wollen. In diesem Zusammenhang kommt es des öfteren zu Berichterstattungen, die auf betroffene transsexuelle Menschen sehr diskriminierend wirken. So wurde zum Beispiel am 01.02.2010 vom ORF eine Reportage zu genau diesem Thema mit dem Titel “Transsexuelle: Angeordnete Geschlechtsumwandlung” ausgestrahlt, bei der es um den Fall der “Michaela P” ging. Diese Person lebt nach eigenen Angaben bereits seit zwanzig Jahren in der sozialen Rolle einer Frau, beklagt sich aber, dass ihr bislang vom österreichischen Innenministerium aufgrund der fehlenden Genital-Angleichung an das entsprechende Geschlecht eine Änderung des geschlechtsspezifischen Geburtenbucheintrags verweigert wurde. In dieser Reportage erklärte der Anwalt dieser Michaela P.: “Meine Mandantin hat gesagt: Ich will mich nicht staatlich verordnet verstümmeln lassen”

Verehrte Damen und Herren der österreichischen und deutschen Presse. Dieser unglückliche, falsche Vergleich einer staatlich verordneten Verstümmelung bewog uns (ehemalige, bzw. noch in körperlicher Angleichung befindliche transsexuelle Menschen) uns an Sie zu wenden, mit der Bitte, sich unserem Anliegen anzunehmen und eine Gegendarstellung, bzw. Richtigstellung dieser Falschdarstellungen einer Genital-Angleichung aus der Sicht von wirklich betroffenen Menschen zu veröffentlichen.

Diese verzerrte Falschdarstellung einer Verstümmelung entspricht schlichtweg nicht den Tatsachen und diskriminiert in höchstem Maße betroffene transsexuelle Menschen. Bei der Mann-zu-Frau-Genital-Angleichung wird das bestehende Genital optisch und funktionell der Vulva einer Frau angeglichen. Sogar die Orgasmusfähigkeit wird erhalten. Betroffenen transsexuellen Frauen wird so unter anderem endlich eine Möglichkeit geboten, eine normale, weibliche Sexualität ausleben zu können. Tausenden transsexuellen Frauen in ganz Europa ermöglicht man mit solchen Operationen ein würdigeres und lebenswerteres Leben, ein bisschen mehr Normalität, ganz zu schweigen von dem passenden, dazugehörenden Körpergefühl. Welche Frau mag schon freiwillig mit männlichen Geschlechtsteilen und Gonaden leben wollen?

Keine dieser Frauen würde auf die Idee kommen, eine Vulva als staatlich verordnete Verstümmelung zu bezeichnen. All diese Frauen empfinden es als ungeheuerliche Qual, mit einem männlichem Genital und männlichen Gonaden leben zu müssen. Für diese transsexuellen Frauen ist es unvorstellbar und nicht nachvollziehbar, wie jemand Frau sein will, eine Vulva aber als staatlich verordnete Verstümmelung betrachtet. Das weibliche Genital mit einer Verstümmelung gleichzusetzen, ist absolut abzulehnen. Auch kann das weibliche Geschlechtsteil nicht nachrangig zum männlichen Geschlechtsorgan betrachtet werden.

Bei der Genital-Angleichung einer Mann-zu-Frau-Transsexuellen werden die männlichen Genitalien auch nicht etwa entfernt oder amputiert, wie öfters von nicht wirklich betroffenen, uninformierten Menschen behauptet und verbreitet wird. Bei einer Genital-Angleichung wird das bestehende Material operativ in ein gefühlsvolles, sensibles, weibliches Genital umgeformt, optisch und funktionell passend zu einer Frau. Eine solche Genital-Angleichung wird in der Regel von betroffenen transsexuellen Frauen angestrebt. Sie wollen ja nicht als körperliche Zwischenwesen ihr Leben fristen, entstellt und für immer und ewig als Freak lebend, halb-und-halb. Nein, diese transsexuellen Frauen bemühen sich, möglichst Normalität in ihr Leben zu bringen. Das Äußere muss natürlich auch zum Inneren passen. Deshalb lassen sie eine Genital-Angleichung an sich vornehmen. Sie machen das freiwillig, weil sie eben Frauen sind. Keine dieser betroffenen Frauen würde auf die Idee kommen, von staatlich verordneter Verstümmelung zu sprechen. Diese betroffenen Frauen sind im Gegenteil dankbar, dass es diese chirurgischen, medizinischen Maßnahmen heutzutage gibt. Die Möglichkeit der operativen Genital-Angleichung hat bisher schon viele, viele Menschenleben gerettet.

Deshalb ist es eine Diskriminierung, im Zusammenhang mit einer Genital-Angleichung von einer staatlich verordneten Verstümmelung zu sprechen. Es ist auch falsch, wenn man Begrifflichkeiten wie Zwangsoperationen verwendet. Eine solche Wortwahl wurde bislang nur mit den abscheulichen Verbrechen der Nazis und einigen totalitäre Staaten in Zusammenhang gebracht. Für wirklich betroffene transsexuelle Menschen ist dieser Vergleich einfach nur skandalös.

Eine solche Wortpolemik dient wohl einzig und alleine dazu, das österreichische Innenministerium unter Druck zu setzen. Eine Aufweichung der staatlichen, personenstandsrechtlichen Gesetze würde im übrigen unsere gesellschaftliche, bipolare Geschlechterordnung ad Absurdum führen. Ist unsere Gesellschaft dafür wirklich bereit?



Diese Presseaussendung ging an:
Die Presse, Kurier, Neue Kronenzeitung, Oberösterreichische Nachrichten, Kleine Zeitung, Niederösterreich Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Neues Volksblatt, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten, Wiener Zeitung, STANDARD, Verlagsgruppe NEWS, Austria Presse Agentur, dieStandard.at, ORF, Bundesministerium für Inneres, Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek

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