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Bearbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2012
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diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Im Zweifel gegen das Kind
Alex aus Berlin wurde als Junge geboren. Mit zweieinhalb Jahren
beschloss er, ein Mädchen zu sein. Seitdem streiten Eltern, Psychologen, Ämter
und Gerichte darüber, ob das überhaupt sein darf.
Über den kleinen Platz am Rathaus Zehlendorf dröhnt an
diesem sonnigen Apriltag Reggae-Musik. Etwa hundert Menschen stehen mit
Transparenten und Luftballons um einen Lautsprecherwagen herum. Auch Frauen in bunten Kleidern und mit
Bartansatz sind dabei.
„Hallo, Jugendamt! Ich hoffe, ihr könnt uns hören“, ruft ein
Mann in ein Mikrofon. „Unser Bündnis hat sich spontan gegründet, nachdem der
Fall von Alex* öffentlich geworden ist.“ Mehr als 30.000 Menschen, sagt der
Sprecher, hätten sich bereits einer Internet-Petition angeschlossen, in der
gegen die Zwangseinweisung des transsexuellen Kindes in die Psychiatrie
protestiert wird. Beifall brandet auf.
Auch wir von http://trans-weib.blogspot.de/ haben mehre male
Über diese Ereignisse berichtet, mehr noch haben uns mit Politischen Parteien
angelegt, worauf eine Unterlassungsklage anhängig wurde, jedoch abgewiesen
wurde!
Wir berufen uns
auf den Artikel 5 des Grund Gesetz Buches, Meinungsfreiheit ist etwas großes
und schönes wenn man Gehör findet!
Alex, zwölf Jahre alt, ist nicht zu sehen an diesem Tag. Das
Kind würde am liebsten seine Ruhe haben. Ein Kind unter vielen sein. Ganz
normal. Aber das scheint nicht mehr zu funktionieren, im Grunde hat es wohl nie
so richtig funktioniert.
Auf der
Geburtsurkunde des Kindes steht der Name Alexander.
In seiner Familie, in der Schule, unter Freunden wird es
seit Jahren Alexandra genannt. Das Kind, das als Junge geboren wurde, will ein
Mädchen sein. Ob das geht, darüber streiten seit sechs Jahren Eltern, Ämter,
Kinderpsychologen und Gerichte. Alex überfordert sie alle. Man weiß so wenig
über solche Kinder. Und trotzdem müssen Entscheidungen getroffen werden. Die
sogenannten Fachleute erscheinen dabei noch hilfloser als alle anderen
Überforderte Erwachsene
Mittlerweile ist Alex zu so einer Art Symbol geworden. Zu
einem Wesen, das uns alle vor die Frage stellt, was eigentlich normal sein
soll? Wäre Alex erwachsen, dann dürfte sie in dieser Frage selbst entscheiden.
Als Kind ist sie den überforderten Erwachsenen ausgeliefert. Das ist das
Problem.
Weil auch die Mutter nicht mehr weiter weiß, scheut sie
nicht mehr die Öffentlichkeit. Es soll bekannt werden, was ihrem Kind gerade
passiert. Das erste Treffen findet an einem neutralen Ort statt. In einem Haus
bei Bekannten der Familie. Ein schmales, langhaariges Mädchen in verwaschenen
Jeans und T-Shirt öffnet die Tür und streckt zur Begrüßung lächelnd die Hand
aus. Es dauert einen Moment, bis klar wird, dass das Alex ist.
Dann kommt auch die Mutter herbei. Eine große, schlanke Frau
mit Lockenmähne. Wenn die Mutter im Wohnzimmer diese ganze Geschichte erzählt,
wird Alex in einem anderen Zimmer sein. Das Kind soll von dem allen so wenig
wie möglich mitbekommen.
Die Mutter beginnt zu sprechen. Sie braucht etwas Zeit, um
in den Redefluss einzutauchen. Wenn sie von den frühen Jahren ihres Kindes
erzählt, dann spricht sie von ihrem Sohn. Später von der Tochter. Es ist, als
habe die Mutter selbst den Sprung längst getan, der den meisten anderen so
schwer fällt.
Keine fundierte Diagnose
„Ich hab mich bei Alex’ Geburt total über einen Jungen
gefreut“, erzählt die 41-Jährige und lacht. Nur blaues Zeug habe sie für das
Baby gekauft. Sie sei mit Brüdern aufgewachsen, „etwas jungenfixiert“. Als Alex
zwei Jahre alt war, sei ihr aufgefallen, dass er anders spielte als andere. „Er
hat seine Autos verheiratet und solche Sachen. Na gut, dachte ich, hast du eben
einen Softie.“
Mit zweieinhalb habe das Kind zum ersten Mal gesagt, es sei
ein Mädchen. „Ich habe das korrigiert und bin strenger geworden“, sagt die
Mutter. Sie habe begonnen, Mädchenspielzeug und -kleidung zu verbieten. Mit
vier habe sie Alex die Haare ganz kurz geschnitten. Damals sei Alex immer
stiller geworden. Sie konsultierte eine Psychologin. Die habe ihr geraten, dem
Kind zu erlauben, so zu sein, wie es möchte. „Nach einiger Zeit hatte ich
wieder ein fröhliches Kind.“
Seither lebt Alex als Mädchen. Und die Mutter ist zur
Expertin geworden für Transsexualität im Kindesalter. Sie hat Fachleute und
Betroffenen-Initiativen kontaktiert. Sie hat sich die Lebensgeschichten von
Transsexuellen angehört, kennt die kontroversen Expertendiskussionen.
„Natürlich frage ich mich, ob ich Fehler gemacht habe“, sagt
sie. „Immer wieder.“ Aber bis heute gebe es keine fundierte Diagnose, keine
Begutachtung von neutraler Stelle, warum dieses Kind so ist, wie es ist, und
wie es in seiner weiteren Entwicklung am besten zu begleiten wäre. Darum kämpft
sie seit Jahren.
Aber sie darf darüber nicht entscheiden. Für die Gesundheit
des Kindes sind das Jugendamt und eine „externe Ergänzungspflegerin“
verantwortlich. Sie wurde 2007 vom Gericht eingesetzt, weil der getrennt
lebende Vater, gestützt von einer ärztlichen Stellungnahme der Berliner
Charité, denkt, die Mutter habe dem Kind das Mädchensein nur eingeredet. Weil
sich die Eltern nicht einigen konnten, ist die Sache vor Gericht gelandet.
Und jetzt drängt die Zeit. In Kürze wird bei Alex die
Pubertät einsetzen. Das Berliner Kammergericht hat es zuletzt abgelehnt, der
Mutter das alleinige Entscheidungsrecht über die Gesundheit des Kindes
zurückzugeben. Das Gericht hat nach Aktenlage entschieden. Die Akten, das sind
mittlerweile mehr als tausend Seiten. Das Kind haben die Richter nicht gesehen
oder angehört. Auch nicht die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern.
Im Herbst 2006 hatten die Eltern sich zumindest noch einigen
können, bei der damals neu eingerichteten, inzwischen wieder eingestellten
„Spezialsprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Störungen der
Geschlechtsidentität“ Rat zu suchen. Solche Anlaufstellen gibt es sonst nur in
Hamburg und Frankfurt am Main.
Alex durchlief einige Tests. Anna Kaminski* nahm nach ihrer
Erinnerung an zwei Gesprächen teil und einem Verkündungstermin. Die angeratene
vollstationäre Behandlung des sechsjährigen Kindes in der Psychiatrie lehnte
die Mutter ab. Es muss auch zu Streitgesprächen gekommen sein. Erst später
erfuhr sie, dass den Psychologen ein vom Vater verfasster Bericht über die
längst zerbrochene Partnerschaft und das Familienleben vorlag, 170 Seiten lang.
„Mein Vertrauen in die Charité“, sagt sie, „ist seither zerstört.“
„Akute Gefährdung“
Im folgenden Sommer, als vor Gericht um Alex gestritten
wird, gibt die Charité eine Stellungnahme ab. Knapp drei Seiten lang. Über die
Verfassung des Kindes ist darin nur wenig zu erfahren. Intensiver setzt sich
der unterzeichnende Kinder- und Jugendpsychiater mit der Mutter auseinander. Er
beklagt deren Uneinsichtigkeit, diagnostiziert bei ihr psychische Störungen,
nennt Alex Geschlechtsidentitätsstörung „vermutlich durch die Kindsmutter
induziert“. Er warnt vor einer „akuten Gefährdung des Kindeswohles“, mahnt
„umgehenden juristischen Handlungsbedarf“ an.
Eine Einschätzung des von den Eltern etwa zur selben Zeit
konsultierten Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf klingt ganz anders. Sie
bezieht sich mehr auf das Kind. In seinem Verhalten und Aussehen wirke es „sehr
mädchenhaft und darin stimmig“. Auch belastende Loyalitätskonflikte gegenüber
den zerstrittenen Eltern werden erwähnt. Hinweise auf eine durch die Mutter
hervorgerufene Störung verneinen die drei unterzeichnenden Ärzte genauso wie
Anzeichen für psychische Erkrankungen bei Mutter und Kind.
Seit Ende vergangenen Jahres hat das Gericht eine neue
Ergänzungspflegerin eingesetzt. Die hat nach Aussage der Mutter nur ein
einziges Mal mit Alex gesprochen. Etwa eine Stunde lang. Und dann gab es noch
einen abendlichen Anruf, als Alex allein zu Hause war. Da soll die Therapeutin
dem Kind mitgeteilt haben, dass es nun bald zu einer längeren, stationären
Behandlung in die Charité komme und anschließend in eine nette Pflegefamilie
vermittelt werde.
Die Therapeutin äußert sich nicht zu der Angelegenheit. Das
dürfe sie auch gar nicht, sagt ihr Anwalt. Den hat sie sich genommen, weil die
heftige Kontroverse um Alex auch ihr mittlerweile Furcht einflößt. Seit über
den Fall berichtet wurde, hat er einen Furor im Internet ausgelöst.
Juristisch
kompliziert
In Betroffenen-Foren und juristischen Blogs debattieren
Hunderte, bis hin zu Amtsgerichtsdirektoren. Selbst in Besprechungen des gerade
angelaufenen, französischen Films „Tomboy“ über ein Mädchen, das sich als Junge
fühlt, sind Verweise auf Alex zu finden. Eine Flut von E-Mails ist
hereingebrochen über die befassten Gerichte, das Jugendamt, die Charité. Eine
Sprecherin der Charité stellte daraufhin klar: „Eine Aufnahme gegen den Willen
von Mutter und Kind würden wir klar ablehnen.“
Dass das Berliner Universitätsklinikum, eines der größten in
Europa, bei Betroffenen umstritten ist, hat nicht allein mit dem aktuellen Fall
zu tun. Hormontherapien vor dem 16. Lebensjahr werden dort abgelehnt. „Die
Diagnose Transsexualität im Kindesalter gibt es nicht“, sagt Michael Beier,
Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft.
Entsprechende Symptome würden sich meist wieder verlieren
und häufig zu einer gleichgeschlechtlichen Orientierung im Erwachsenenalter
führen. Blockiere man die Pubertät zu früh, meint Beier, bestehe die Gefahr,
eine homosexuelle Identitätsfindung zu unterbinden.
Früher lehnte auch Bernd Meyenburg Hormonbehandlungen bei
Minderjährigen ab. Heute hält er sie für teils geboten. Seit 1987 leitet er die
psychiatrische Spezialambulanz für Kinder und Jugendliche mit
Identitätsstörungen an der Frankfurter Uniklinik, die älteste bundesweit.
Im falschen Körper
Etwa 300 Kinder, die sich im falschen Körper fühlten, habe er
kennengelernt und viele von ihnen nachuntersucht, sagt er. „Bei Kindern, die
sich früh eindeutig ausgerichtet haben, ist mir nicht ein Fall bekannt, in dem
eine Rückkehr in das Geburtsgeschlecht stattgefunden hat.“ Eine stationäre
Diagnostik hält er in solchen Fällen für unangemessen und eine Induzierung des
gegensätzlichen Rollenverhaltens durch andere für ausgeschlossen.
„Mit der Pubertät beginnt meist die Leidenszeit“, sagt Meyenburg.
Stimmbruch und Bartwuchs setzten ein. „Ich kenne Betroffene, die haben sich
jedes einzelne Barthaar epiliert.“ Mit pubertätshemmenden Hormonen, deren
Wirkung noch reversibel sei, könne nach eingehender Diagnostik zumindest Zeit
für die Identitätsfindung gewonnen werden. Bestätige sich der eingeschlagene
Weg, würden später gegengeschlechtliche Hormone verordnet.
In Holland werden solche Behandlungen seit den späten
90er-Jahren ab dem zwölften Lebensjahr eingeleitet. Auch in Deutschland sind
sie nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und
Jugendpsychiatrie möglich, etwa in Frankfurt. „Man kann doch diese Menschen
nicht sehenden Auges in die falsche Entwicklung laufen lassen“, sagt Meyenburg.
„Sie haben es doch schwer genug.“
Auch der Vater von Alex macht sich große Sorgen. Er möchte,
dass sein Kind endlich von einem neutralen Experten untersucht wird. Aber wer
kann als neutral gelten, wenn selbst die Experten im Umgang mit Kindern wie
Alex in zwei Lager gespalten sind?
Öffentliche
Debatte unerwünscht
Alex hat unter Trennung und Scheidung der Eltern sehr
gelitten. Auch in der Zeit danach hat das Kind seinen Vater, der es nach wie
vor beim Jungennamen nennt, regelmäßig gesehen. Seit über einem Jahr hat es den
Kontakt abgebrochen. Wie es so gekommen ist, darüber redet sich der Vater fast
anderthalb Stunden am Telefon in Rage.
Aber er möchte nicht, dass das in der Zeitung steht. Er
möchte überhaupt nicht, dass die öffentliche Debatte um Alex anhält. Aber die
ist kaum zu stoppen. Die Mutter hat gegen die Entscheidung des Kammergerichtes,
der Ergänzungspflegerin freie Hand zu lassen, Beschwerde beim
Bundesverfassungsgericht eingelegt.
Alex kommt ins Wohnzimmer, zu Gebäck und Eistee, setzt sich
auf einen Sessel und zieht die Beine an. Sie ist zurückhaltend. Aber sie
spricht klar und sicher, wirkt unbefangen. Nein, ihr Anderssein habe sie nie
als Problem empfunden. In der Schule und bei ihren Freunden spiele das auch
kaum eine Rolle.
Alex ist gut in der Schule, Klassensprecherin. Nach den
Ferien wechselt sie auf das Gymnasium. Was sie sich am meisten wünschen würde?
„All die Leute, die mich nicht verstehen, sollen endlich weg sein“, antwortet
die Zwölfjährige schnell.
Sie weiß, dass ihr Körper sich bald verändern wird. Dass die
Pubertät ihre Entscheidung, ein Mädchen zu sein, noch schwerer lebbar machen
könnte. Sie fürchtet sich davor. „Ich habe Angst, dass mein Körper zu einem
Jungen wird“, sagt das schmale Kind. „Es gehört für mich dazu, dass ich nicht
nur die Seele eines Mädchens habe.“
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