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Bearbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2013
Bitte kopiert den Link und gebt
diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
“Intersex-Genitalverstümmelungen –
Geschichte und Gegenwart”
Daniela Truffer eine Aktivistin mit Herzblut für diese
Minderheit von Intersex Wesen welche es in der ganzen Welt gibt!
Jedoch wie könnte es sein, das wir keinen Platz für eine
solche Aktivistin in unserem Blog hätten!
Ihr weiterhin das Beste der Welt in der Hoffnung das
diesen Kampf welchen Sie führt auch Früchte tragen möchte, bravo Daniela
Truffer!
«Zur Frau umgebastelt»
Daniela Truffer wurde als Zwitter geboren und zum Mädchen
umoperiert. Heute kämpft sie für das Recht zwischengeschlechtlicher Menschen
auf Selbstbestimmung.
Gestern hat Daniela Truffer mit einem Grüppchen
Gleichgesinnter vor dem Berner Inselspital protestiert. Es ist der Ort, wo ihr
Leben kaputt gemacht wurde, wie sie sagt. Dort habe man sie «zurechtgestutzt»
und «zur Frau umgebastelt». Gegen solche Zwangsoperationen richtet sich die
Aktion der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org. Sie will die
Öffentlichkeit über die Langzeitfolgen solcher Eingriffe aufklären: dass solche
Operationen lebenslängliche, die Gesundheit schädigende Hormonersatz-Therapien
notwendig machen. Dass sie das sexuelle Empfinden der Betroffenen vermindern
oder gänzlich zerstören. Und dass sie nach Meinung namhafter Experten ethische
Grundsätze verletzen und auch strafrechtlich nicht haltbar sind.
Daniela Truffer ist ein Zwitter, ein Hermaphrodit, eine
Intersexuelle. Zwitter ist der Ausdruck, den sie bevorzugt. Weil er direkt und
ehrlich ist. Nach Jahrzehnten von Schmerz und Scham hat sie sich dazu
durchgerungen, «die elende Last der Lüge» nicht länger auf sich zu nehmen,
sondern die Dinge beim Namen zu nennen. So hat Truffer die
Selbsthilfeorganisation Zwischengeschlecht.org mitbegründet.
«Kastriert hat man mich»
Und sie erzählt ihre Geschichte: Wie sie 1965 ohne
«eindeutige Geschlechtsmerkmale» geboren wird – mit einem männlichen
Chromosomensatz, einem Mikropenis und einem wenig ausgebildeten Hodensack, der
Schamlippen ähnlich sieht. Wie andere Zwitterkinder wird sie so früh wie möglich
einem bestimmten Geschlecht zugewiesen – für ihr Wohl, damit sie in Familie und
Gesellschaft ihren Platz finden kann. Meist entscheiden sich die Ärzte in
solchen Fällen für das weibliche Geschlecht, weil diese Operation einfacher
ist. Daniela entfernt man mit nur zweieinhalb Monaten die gesunden Hoden.
«Kastriert hat man mich», sagt sie. Als Daniela 7 ist, wird der Mikropenis zur
Klitoris verkürzt, mit 18 bekommt sie eine künstliche Scheide. Es sind
schmerzhafte Eingriffe, die nie mehr rückgängig zu machen sind.
Die Eltern wissen, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt.
Sie schämen sich und geben diese wortlose Scham an Daniela weiter. Diese sieht
selbst, wie verschieden sie von ihrer Schwester ist und verinnerlicht, dass
über all das, was immer es ist, nicht gesprochen werden darf. Zu Hause nicht
und erst recht nicht vor Aussenstehenden.
Die Ärzte speisen die Familie mit Halbwahrheiten ab. Die
erste Operation wird mit «verkümmerten Eierstöcken» erklärt, die entfernt
werden mussten. Mit den fehlenden Eierstöcken wird später begründet, dass das
Mädchen ab 12 Jahren Hormone schlucken muss. Als Daniela im Auftrag der Mutter
es einmal wagt, den Hausarzt zu fragen, ob die Entfernung der Eierstöcke
wirklich nötig gewesen sei, schleudert der ihr an den Kopf, es seien ihr ja die
Hoden wegoperiert worden, und stürmt aus dem Raum. In der Krankenakte, die er
liegen lässt, sieht Daniela erstmals schwarz auf weiss bestätigt, was sie
längst vermutet hat: «Pseudohermaphroditismus masculinus» steht da. Abartig ist
sie also. Abnormal. Wertlos.
Im Internet entdeckt Truffer, dass sie mit ihrem Leid
nicht allein ist. Dass einer von rund 2000 Menschen intersexuell geboren wird –
in der Schweiz sind es pro Jahr um die 40. Dass ein Drittel der Betroffenen
Selbstmord begeht. Dass es Zwitter-Selbsthilfegruppen gibt. Sie fängt eine
Psychoanalyse an und findet aus ihrer selbstzerstörerischen Scham heraus. Sie
verliebt sich, lernt, «aussen hübsch und unauffällig, nur innen ruiniert»,
einen Mann kennen, der sie als Frau sieht, aber auch als Zwitter akzeptiert.
Vielleicht wäre sie Vater geworden
Nie wird sie wissen, wie es gewesen wäre, mit dem Körper
zu leben, der ihr genommen wurde. Wie sie wäre, wäre sie nicht als Mädchen
sozialisiert worden und hätte nicht jahrelang weibliche Hormone schlucken
müssen. Grösser wahrscheinlich, muskulöser, kantiger, männlicher. Vielleicht
wäre die Spermaproduktion genügend gross gewesen, damit das Zwitterwesen, das
sie einst war, Vater geworden wäre. Es sind Möglichkeiten, die man ihr
vorbehalten hat. Und die Wut darüber gibt ihr die Kraft, dafür zu kämpfen, dass
in Zukunft kein Zwitter ohne seine Einwilligung operiert wird. Es ist kein
vergeblicher und kein einsamer Kampf: In Deutschland hat eine Intersexuelle
letzte Woche in dritter Instanz den Prozess gegen den Arzt gewonnen, der ihr
die Fortpflanzungsorgane wegoperiert hatte. Andere Prozesse sind in
Vorbereitung.
Viele Spitäler betonen, heute werde niemand mehr
zwangsoperiert. Truffer bestreitet dies. Es werde immer noch unnötig
eingegriffen. Natürlich gebe es Fälle, wo Operationen nötig sind, um das Leben
eines Kindes zu erhalten, sagt Tuffer. Wenn beispielsweise die Harnröhre
verkümmert und der Harnabfluss verhindert ist. Doch in den meisten andern
Fällen könne mit einem «geschlechtszuordnenden Eingriff» zugewartet werden, bis
die Betroffenen im Stande sind, sich selber zu entscheiden.: «Nur das», sagt
Truffer, «wäre Liebe und Respekt vor dem Leben.»
Etwa jedes 1000. Kind wird mit „atypischen“ körperlichen
Geschlechtsmerkmalen geboren (Zwitter, Hermaphroditen, Intersexe). Bis heute
werden 90% aller Betroffenen als Kinder ohne medizinische Notwendigkeit oft
mehrfach kosmetisch genitaloperiert, mehr als die Hälfte davon in den ersten 3
Lebensjahren. Bis in die 1980er Jahre wurde eine „zu große“ Klitoris kurzerhand
amputiert, laut den Medizinern angeblich ohne Auswirkungen auf das sexuelle
Empfinden. Auch nach mittlerweile 60 Jahren gibt es immer noch keine Evidenz
dafür, dass diese massiven Eingriffe für die Betroffenen selbst irgendwelche
Vorteile hätten, oder nur schon seriöse Langzeitstudien, die beweisen würden,
dass die Behandlungen halten, was die Mediziner den Eltern versprechen.
Seit 20 Jahren klagen Betroffene die massiven physischen und
psychischen Folgen dieser Operationen an, die sie als Genitalverstümmelungen
und Folter empfinden, und fordern ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und
Selbstbestimmung. Mittlerweile anerkennen auch Menschenrechtsorganisationen wie
Terre des Femmes, Amnesty International und das UN-Komitee gegen Folter das
Unrecht der „Genitalkorrekturen“. Trotzdem wird weiteroperiert. Jeden Tag
landet allein in Deutschland ein wehrloses Kind in einer Kinderklinik auf dem
OP-Tisch – auch in Frankfurt.
Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org, bestehend
aus Betroffenen und solidarischen Nicht-Zwittern, kämpft seit 5 Jahren gegen
kosmetische Genitaloperationen in Kinderkliniken.
Bub oder Mädchen? In seltenen Fällen haben weder Eltern noch
Ärzte darauf eine Antwort, weil das Neugeborene weder eindeutig männlich noch weiblich
ist. Was die Medizin "Disorders of Sex Development" nennt, heisst
politisch korrekt Intersexualität. Umgangssprachlich spricht man von Zwittern
oder Hermaphroditen.
Weil Eindeutigkeit her müsse, richte sich die Medizin auch
heute noch nach den Grundsätzen des US-Sexualforschers John Money, sagt die
Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org. Money stellte in den 50er-Jahren
den Grundsatz auf, Ärzte und Eltern sollten einem intersexuellen Kind ein
Erziehungsgeschlecht zuweisen und operativ Tatsachen schaffen. Dies, möglichst
ohne dem Kind davon zu erzählen. "Unter den psychischen und physischen
Folgen leiden die Betroffenen lebenslang", sagt Daniela Truffer,
Gründungsmitglied der Menschenrechtsgruppe.
Als Säugling kastriert
Gegen solche "Zwangsoperationen" protestierte die
Menschenrechtsgruppe gestern nachmittag vor dem Inselspital. Und dafür, dass
die Politik das dritte Geschlecht in amtlichen Dokumenten anerkennt. Auch
Daniela Truffer ist betroffen. Sie kam 1965 zur Welt - mit einem schweren
Herzfehler und uneindeutigem Geschlecht. Nach der Geburt wurde sie drei Monate
lang im Inselspital untersucht. Erst Jahrzehnte später, nach langen Kämpfen um
die Herausgabe ihrer Krankenakte, erfuhr Truffer, was damals mit ihr geschah.
"In meinem Bauch fanden die Ärzte gesunde Hoden. Zudem stellten sie fest,
dass ich über einen männlichen Chromosomensatz verfügte." Truffer hatte
auch einen kleinen Penis. Oder, worauf sich die Ärzte einigten, eine
vergrösserte Klitoris. Sie beschlossen, aus dem Kind ein Mädchen zu machen.
"Trotz meines lebensbedrohenden Herzfehlers wurde ich im Alter von
zweieinhalb Monaten kastriert", sagt Truffer.
Das Schweigen der Ärzte
Erst verschwiegen die Ärzte den Eltern die Operation. Aus
Truffers Krankenakte: "Entgegen dem früheren Entschluss, den Eltern nichts
über die genitale Situation zu sagen, kamen wir nach reiflicher Überlegung
überein, den wahren Sachverhalt trotzdem mit den Eltern zu besprechen, (…)."
Zudem wiesen sie die Eltern an, wie sie ihr Kind zu erziehen hätten. "Das
Kind ist ein Mädchen (…), die ganze Erziehung hat sich danach zu richten. Mit
niemandem ausser den Eltern und dem Arzt (…) soll über die Geschlechtsfrage
weiter diskutiert werden." Die verantwortlichen Ärzte sind inzwischen
verstorben.
Blick zwischen die Beine
Durch die Kastration produzierte Daniela Truffers Körper
keine lebenswichtigen Hormone. Seit sie 12 Jahre alt ist, schluckt sie deshalb
künstliche Hormone. Mit sieben Jahren operierten die Ärzte das Kind endgültig
zum Mädchen. Glück im Unglück: Bei der Operation wurde Daniela Truffers
Penisschaft, nicht aber die Eichel entfernt, sexuelle Gefühle sind möglich. Sie
leidet jedoch an der inneren Zerrissenheit und an den gesundheitlichen Folgen
der Hormonpräparate.
Daniela Truffers Jugend war vom Blick zwischen ihre Beine
geprägt. Ständig wurde sie untersucht, "begrapscht" und nach den
Operationen im Genitalbereich von Schmerzen geplagt. "Ich wusste, dass mit
mir etwas nicht stimmt. Darüber gesprochen hat niemand." Die Folgen
vergleicht Truffer mit jenen eines sexuellen Missbrauchs. "Sexualität,
mein weibliches Geschlecht, das wurde für mich zu etwas Dunklem. Ich habe mich
vor mir selber geekelt."
Heute lebt die 44-Jährige in einer Beziehung mit einem Mann,
der ihre Öffentlichkeitsarbeit im Kampf um Wiedergutmachung und Anerkennung für
Intersexuelle unterstützt.
Nach neun Jahren Psychotherapie kann Daniela Truffer nun
auch mit sich selber leben. Das Verhältnis zu den Eltern ist wieder inniger.
Auf die Frage, ob sie sich als Frau oder als Mann fühlt, findet sie nur schwer
eine Antwort. "In meiner Fantasie habe ich mich immer als Vater
gesehen", sagt sie, die weder Kinder zeugen noch empfangen kann. Den Raum,
sich zu fragen, wer sie ist, hatte sie nie. "Ich bin zwangsoperiert",
sagt Daniela Truffer. "Meine Genitalien, etwas vom Intimsten überhaupt,
wurden mir genommen und verwaltet."
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