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Sexuelle Abweichungen - Perversionen
- sexuelle Deviationen - Paraphilien - sexuelle Delinquenz –
Exhibitionismus - Fetischismus - Pädophilie -
Transvestitismus - Voyeurismus - Frotteurismus - Kleptomanie - Sado-Masochismus
- Sodomie - Erotophonie u.a.
Die Sexualität im Allgemeinen und sexuelle Störungen im
Besonderen erfreuen sich eines wachsenden Interesses, auch wenn so manches
künstlich aufgebauscht (weil kommerziell verwertbar) wird.
Schwerer einzuordnen sind die sexuellen Abweichungen,
früher Perversionen genannt, heute als sexuelle Variationen oder Deviationen
bzw. Paraphilien umschrieben. Auch sie stoßen auf Interesse, wenngleich
deutlich zwiespältiger. Noch negativer wird die sexuelle Delinquenz bewertet,
d. h. die kriminelle Seite sexueller Praktiken.
Gerade die sexuellen Variationen sind aber einem
erheblichen Wandel unterworfen, was die gesellschaftliche Einschätzung,
Bewertung, Toleranz und Akzeptanz anbelangt. So wird die früher im Brennpunkt
des ambivalenten Interesses gestandene Homosexualität heute nicht mehr als
sexuelle Abweichung empfunden, jedenfalls nach offizieller Einschätzung, was
noch nichts für den Alltag aussagt. Und sogar bei Exhibitionismus,
Fetischismus, Pädophilie, Transvestitismus, Voyeurismus, Frotteurismus,
Sado-Masochismus, Sodomie, Erotophonie u. a. dürfte sich in Zukunft in dem
einen oder anderen Fall noch manches ändern. Wichtig ist deshalb vor allem
das Wissen um diese Variationen sexuellen Verhaltens mit z. T. fließenden
Grenzen und unterschiedlicher Bewertung - je nach Epoche, Kultur,
individueller Einstellung bzw. öffentlicher (veröffentlichter?) Meinung.
Ein besonderes Problem scheint aber die sexuelle
Kriminalität (Delinquenz) zu werden, möglicherweise auf dem Boden einer
generell wachsenden Aggressionsbereitschaft, die keine Rücksicht auf den
anderen nimmt. Dies gilt auch für Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung
in der eigenen Familie, seien es Partner oder Kinder.
Nachfolgend deshalb eine etwas ausführlicheres Kapitel zu
diesem Thema.
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Erklärte Fachbegriffe:
Perversion - sexuelle Variationen - sexuelle Deviation -
sexuelle Abweichung - Paraphilie - sexuelle Delinquenz - Störung der
Sexualpräferenz - multiple sexuelle Störungen - Exhibitionismus -
Fetischismus - Kleiderfetischismus - weicher oder harter Materialfetischismus
- negativer Fetischismus - Pädophilie - Pädosexualität - Transvestitismus -
Travestie - Voyeuerismus - Voyeurtum - Frotteurismus - Kleptomanie mit
sexueller Komponente - sexuell motivierte Stehlsucht - Sadismus -
Infanto-Sadismus - sodomistischer Sadismus - polymorpher Sadismus -
destruktiv-aggressiver Sadismus - Masochismus - Automasochismus -
masochistischer Urethralismus - masochistischer Analismus -
sado-masochistische Subkultur - Sodomie - Zoophilie - sadistische
Tierschändung - Erotophonie - obszöne Telefonanrufe - Gerontophilie -
Nekrophilie - Perversion mit toten Körpern - Koprophilie - Koprophagie -
Urolagnie - Homosexualität - Homophilie - effeminierte Homosexualität -
Entwicklungs-Homosexualität - Pseudo-Homosexualität - Neigungs-Homosexualität
- Hemmungs-Homosexualität - Lesbiertum - Transsexualität - cross dressing -
Inzest - Kindesmisshandlung - innerfamiliärer sexueller Missbrauch -
familiäre Sexualdelinquenz - außerfamiliärer sexueller Missbrauch (
(Typologie) - sexueller Missbrauch als Waffe - Therapiemöglichkeiten u.a.m.
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Will man bestimmten Medien Glauben schenken, dann
interessieren, ja faszinieren weite Teile unserer Gesellschaft nichts so sehr
wie die Sexualität, vor allem aber sexuelle Perversionen. Das ist die eine
Seite, die sicher nicht der Realität entspricht. Ein anderes Problem ist die
Klassifikation, d. h. der Versuch, solche Störungen wissenschaftlich verwertbar
einzuordnen, was entsprechende Fachbegriffe voraussetzt.
Beides ist wichtig und nachvollziehbar, aber gerade im
Bereich der Sexualität nicht ohne Probleme. Denn die Klassifikation sexueller
Variationen (wie das erst einmal neutral ausgedrückt werden soll) ist noch
zeit- und kulturgebundener als die meisten anderen seelischen Krankheiten
einschließlich sexueller Funktionsstörungen (siehe das entsprechende Kapitel).
Oder wie es die Sexualwissenschaftler selber ausdrücken:
Jede Zeit und jede Kultur bezeichnet andere Begierden, Eigenheiten und sogar
"Abnormitäten" als verdreht, verrückt, abnorm oder krank. Manchmal
kommt man kaum mit, so schnell wandeln sich Vorstellungen und
Bewertungsmaßstäbe. Dazu die Eigenheit mancher Experten, Schulen oder
nationalen bzw. internationalen Verbände und Organisationen, jeweils eigene
Klassifikationen aufzustellen und möglichst noch mit eigenen Begriffen zu
belegen.
So irritieren vor allem im Bereich der Sexualwissenschaften
bisweilen die sonderbarsten Fachbegriffe, die - je nach Epoche, Ort und
Position - kurzfristig Bedeutung erlangen (können) - um aber bald wieder zu
verschwinden. Deshalb gilt es folgendes zu beherzigen:
Letztlich gibt es keine scharfe Grenze zwischen
"normaler", "üblicher" sowie "abnormer",
devianter Sexualität. Es sind vor allem die soziokulturellen Normen, die die
Grenzen setzen - und die immer häufiger zeitgebundenen Beurteilungsschwankungen
unterworfen sind. Auf jeden Fall werden sie in verschiedenen Epochen, Regionen
und sogar Nationen unterschiedlich beurteilt. Nicht jedes zunächst abnorm
anmutendes Sexualverhalten ist tatsächlich generell, d. h.
"überkulturell" abnorm, von dem für jede Epoche geltenden
Bewertungswandel ganz zu schweigen. Kurz: Die Grenzen waren stets variabel und
scheinen immer fließender zu werden.
Definitionen - Klassifikationen - Fachbegriffe
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Im Bereich der sexuellen Variationen gibt
also keine allseits anerkannten Definitionen, Klassifikationen und sogar
Fachbegriffe. Nachfolgend aber einige Vorschläge von Seiten jener
Sexualwissenschaftler, die sich vor allem an der Praxis orientieren.
Man unterscheidet zum Beispiel sexuelle Deviationen
(Paraphilie), sexuelle Perversionen und sexuelle Delinquenz. Im Einzelnen:
Eine sexuelle Deviation (Paraphilie) ist
ein Sexualverhalten, das auf ein unübliches Sexualobjekt gerichtet ist oder
eine unübliche Art sexueller Stimulierung anstrebt.
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Es ist jedoch sehr verbreitet, Phantasien mit unüblichen
sexuellen Inhalten zu haben und gelegentlich unübliche sexuelle Handlungen zu
begehen. Das ist noch nicht krankhaft. Davon spricht man erst, wenn solche
Phantasien und Handlungen immer einseitiger überwiegen oder wenn der Betroffene
fast ausschließlich darauf fixiert ist. Auf jeden Fall gerät diese Art von
sexuellem Verhalten immer stärker in ein stereotypes, ja ritualisiertes
Fahrwasser. Der Betroffene erreicht seinen sexuellen Höhepunkt nur, wenn er
seine sexuelle Abweichung durchleben kann, sei es in der Vorstellung, sei es in
der Realität. Der Partner wird meist zum Objekt; seine individuellen
Bedürfnisse sind zweitrangig. Von ihm wird erwartet, dass er eine bestimmte
Rolle spielt, er darf nur nicht er selber sein. Entscheidend ist das sexuelle
Ritual.
Der zweite, im Alltag leider immer bedeutsamer werdende
Begriff ist die sexuelle Delinquenz.
Eine sexuelle Delinquenz ist eine Handlung gegen die
sexuelle Selbstbestimmung des Partners, unabhängig davon, ob sie mit einer
sexuell "perversen" Praktik einhergeht oder nicht.
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Zur Problematik alter und neuer Fachbegriffe
Mit den neueren Fachbegriffen sexuelle Variationen als
neutralem Überbegriff, sexuelle Deviationen und sexuelle
Delinquenzkönnte man leben. Doch so einfach ist es nicht, denn den
interessierten Laien verwirren inzwischen gängige alte und weniger bekannte
neue Bezeichnungen. Auf was ist noch zu achten:
- Die sexuelle Perversion ist der
bekannteste Begriff, fachlich wie allgemein. Er ist jedoch nach und nach in ein
diskriminierendes Fahrwasser geraten (wie nebenbei andere psychiatrische
Begriffe auch, früher die Psychopathie, immer häufiger sogar die Schizophrenie,
siehe diese).
Mit "Perversion" werden inzwischen immer öfter
sämtliche Abscheulichkeiten schlechthin belegt, von der privaten Sphäre über
die Politik bis hin zu Krieg und Folter. Deshalb rückt man nach und nach davon
ab - eigentlich zum Bedauern mancher Sexualwissenschaftler. Denn zum einen
verfügt man über kein Wort, das letztlich weder "verlogen" noch
"verharmlosend" wäre, zum anderen schafft weder eine Diskriminierung,
noch der Wechsel entsprechender Wortmarken das Problem an sich aus der Welt.
So wird der Begriff Perversion wohl auch weiterhin benützt,
verbunden mit der Gefahr eines abschätzigen, empörten oder kriminalisierenden
Untertons, aber eben auch als stärkster und vor allem nach wie vor allgemein
verankerter Ausdruck. Als wissenschaftlich besser informiert zeigt man sich
allerdings mit den bedeutungsgleichen bzw. -ähnlichen Fachbegriffen Deviation
(aus der soziologischen Terminologie), Paraphilie bzw. Störung der
Sexualpräferenz (siehe unten).
- Paraphilie bedeutet sexuelle Deviation
oder Perversion in der Terminologie der Amerikanischen Psychiatrischen
Vereinigung (APA) und ihrem Lehrbuch, dem Diagnostischen und Statistischen
Manual Psychischer Störungen (DSM-IV). Es klingt am harmlosesten und dürfte
sich schon deshalb durchsetzen, weil die US-Amerikaner auch wissenschaftlich
weltweit den Ton angeben.
- Störungen der Sexualpräferenz ist dagegen
der Versuch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem Lehrbuch, der
Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), sexuelle
Deviation bzw. Perversion bzw. Paraphilie mit einem eigenen, bisher neutralen,
wenngleich etwas ungewöhnlichen Fachbegriff zu umschreiben.
Normalerweise ist es nicht Aufgabe dieser Serie, Begriffe
und Klassifikationen zu besprechen, besonders wenn sie noch ständig im Fluß
sind und miteinander konkurrieren. Da man aber gerade auf dem Gebiet der
sexuellen Störungen das Peinliche, zumindest aber Unangenehme des
"Vorfalls" durch die Verwendung möglichst neuer, bisher ungewohnter
Fachbegriffe zu kaschieren oder zumindest zu neutralisieren versucht, muss man
wenigstens darüber Bescheid wissen.
Die Klassifikation sexueller Deviationen
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Auch der Versuch, sexuelle Störungen in ein wissenschaftlich
sowie in Klinik und Praxis verwertbares Schema einzufügen, also eine
Klassifikation zu erstellen, ist gerade im Sexuellen ausgesprochen
problematisch. Nachfolgend dennoch der Versuch einer Einteilung, die sich aber
ständig ändert, je nach kulturellen, epochalen oder wissenschaftlichen
Bedingungen. Entscheidend dabei ist folgendes:
Sexuelle Deviationen sind keine abgrenzbaren Einheiten,
die mit einer jeweils typischen Auffälligkeit der entsprechenden Person
einhergehen, wie man das früher angenommen hat. Auch treten sie oft nicht
einmal isoliert, sondern kombiniert mit anderen Verhaltensabweichungen auf.
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Vor allem letzteres scheint immer häufiger zu werden: die
Kombination mehrerer Deviationen, weshalb man sie inzwischen alsmultiple
Störungen bezeichnet.
Nachfolgend nun die wichtigsten sexuellen Deviationen in
jener Häufigkeits-Reihenfolge, wie die Betroffenen Praxis oder
Poliklinik/Ambulanz aufsuchen. Das hat allerdings wenig mit der realen Häufigkeit
dieser Störungen in der Allgemeinbevölkerung zu tun. Ein treffendes Beispiel
dafür ist die Erotophonie, die obszönen Telefonanrufe, deren Vertreter
einerseits immer lästiger werden, andererseits aber als Patienten mit Bitte um
Hilfe kaum in Erscheinung treten.
Statistisch gesehen begeben sich also folgende Deviationen
in abnehmender Reihenfolge in Behandlung: 1. Exhibitionismus, 2. Fetischismus,
3. Pädophilie, 4. Transvestitismus, 5. Voyeurismus, 6. Frotteurismus, 7.
Kleptomanie, 8. Sado-Masochismus, 9. Sodomie, 10. Erotophonie. Im Einzelnen:
· Exhibitionismus
Exhibitionismus ist die sexuelle Erregung und
Befriedigung durch (meist anonymes) Zurschaustellen der Genitalien gegenüber
anderen Menschen, größtenteils des anderen Geschlechts. Betroffen sind
vorwiegend Männer jüngeren und mittleren Alters. In der Regel geht es darum, eine
Frau zu erschrecken. Etwas seltener der Wunsch, sie müsse fasziniert aus der
Distanz, z. B. bei der Masturbation (sexuellen Selbstbefriedigung) zuschauen.
Die Betroffenen führen gar nicht so selten ein sozial
unauffälliges Eheleben in sogar stabilen Ehen. Daneben gibt es den
Exhibitionismus bei instabilen, sozial wenig integrierten Persönlichkeiten.
Abzugrenzen vom Exhibitionismus im eigentlichen Sinne ist
ein ähnliches Verhalten minderbegabter Personen. Diese wollen
aufgrund eines nicht erlernten Umgangs mit der Sexualität durch das
Zurschaustellen des Genitalbereichs sexuellen Kontakt mit einem Partner
aufnehmen. Entscheidend ist der Umstand, dass sie nicht bereits durch diese
Handlung allein sexuelle Befriedigung erlangen, wie der eigentliche Exhibitionist.
Ihnen fehlt auch die von Exhibitionisten häufig beschriebene Einengung des
Bewusstseins im Augenblick der sexuellen Handlung. Für Exhibitionisten ist auch
die zumeist gewahrte Anonymität von großer Bedeutung, während der
exhibitionierende Minderbegabte durch seine Handlung Kontakt sucht.
· Fetischismus
Fetischismus ist die sexuelle Erregung und
Befriedigung durch Ersatzobjekte. Bei Männern handelt es sich entweder um einen
heterosexuellen oder homosexuellen Fetischismus. Fetischistische Neigungen
können sich aber auch bei gehemmten Jugendlichen und Männern zu Beginn ihrer
sexuellen Entwicklung zeigen. Gelegentlich hat der Fetischismus auch
forensische Bedeutung (Diebstähle, sehr selten Überfälle usw.).
In weniger dominierender Ausprägung kann der Fetischismus in
eine normale partnerschaftliche Sexualität eingebaut werden, z. B. wenn der
Fetisch direkt oder indirekt zur Person des Partners gehört ("normales
Fetischisieren").
Am häufigsten ist ein unbelebtes Fetisch-Objekt, meist ein
Bekleidungsgegenstand (Kleiderfetischismus: Wäsche, Strümpfe, Schuhe, Kleider,
Schürzen, Stiefel, Regenmäntel, Handschuhe, Uniformen usw.). Aber auch andere
Gegenstände wie Brillen, Taschentücher, Schmuck, Haarbürsten,
Sicherheitsnadeln, Schnuller, Peitschen, Hosen. Nicht selten auch einzelne
Körperteile (Haare, Fuß, Hand) und sogar Kunstglieder (Prothesen) und Perücken.
Letztlich ist jeder Gegenstand als Fetisch möglich, sogar Haus- oder
Fahrzeugteile.
Oft existieren aber auch spezifische Anforderungen. Daraus
resultieren wieder verschiedene Unterteilungen des Fetischismus: So gibt es
"harte" und "weiche" Materialfetischisten. Harte
Fetisch-Gegenstände sind z. B. aus Leder oder Gummi, weiche sind zart, gerüscht
oder flaumig wie Reizwäsche, Pelze, Seidentücher u. a. Darüber hinaus müssen
Kleider beispielsweise nass oder aufgeschlitzt, die Schuhe hoch glänzend oder
matt, weich oder knarrend sein. Mitunter handelt es sich um eng einschnürende
Bekleidungsstücke oder Schuhe.
Auch gibt es sogenannte "negative" Fetischisten,
die vor allem von einem nicht mehr vorhandenen Glied (siehe oben) angezogen werden,
bis hin zur sexuellen Erregung durch Verkrüppelung oder Amputation.
Am häufigsten finden sich Leder-, Gummi- und
Pelzfetischisten. Kleider sind besonders wichtig, und zwar weil sie
1. direkt mit dem Körper assoziiert werden, was besonders
jene strukturierten Kleidungsstücke so beliebt macht, die Formen und Teile des
Körpers unterstützend abgrenzen (z. B. Büstenhalter, Strümpfe)
2. weil es Objekte sind, die entwendet, gehortet und von
einer Person an die andere weitergegeben werden können.
Interessant ist aber nicht nur der Symbolgehalt bzw. die
erotische Botschaft des Materials, sondern auch die Farbe (meist schwarz, das
auf hellhäutigem Fleisch den stärksten Kontrast bildet).
Der Einfluss des Fetischismus auf die Mode unserer Zeit ist
nicht zu unterschätzen. Mitunter kann man fast schon von einer
fetisch-inspirierten Mode sprechen, die ihren Weg von den Modeseiten der
Magazine in die Geschäfte und damit auf die Straße gefunden hat. Allerdings
nicht unter dem riskanten Überbegriff "Fetischismus", sondern unter
"Glanzmode" oder auch nur ganz schlicht: "körperbewusst"
oder "sexy": z. B. hochhackige Juchtenlederstiefel, knie- oder
schenkelhoch, geknüpft oder geschnürt, lederne Ganzkörperanzüge (Catsuit), mit
oder ohne Korsettverschnürung, vom eindeutigen Tabu-Bruch ("punk-style in
revolt") bis zum anerkannten Modedesign mit reichhaltigen Accessoires
unserer Tage.
· Pädophilie
Pädophilie ist das Verlangen und die
Befriedigung durch sexuellen Kontakt mit Kindern des gleichen oder anderen
Geschlechts. Der Begriff gilt allerdings als zu beschönigend (heißt ja auch
übersetzt: Zuneigung, Hinwendung, Liebe zum Kind) und verharmlost damit
eigentlich die Risiken und sexuellen Entwicklungsfolgen, die damit verbunden
sein können, weshalb manche Sexualwissenschaftler lieber von Pädosexualität sprechen.
Pädophilie gibt es in homosexueller und heterosexueller
Form. Sie tritt meist bei gehemmten und kontaktschwachen Personen auf, die zu
erwachsenen Sexualpartnern keinen Zugang finden. Außerdem sind pädophile
Handlungen anzutreffen bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen, bei
Alkoholkranken, Geistesschwachen, gelegentlich bei Greisen. Die
Sexualhandlungen sind meist masturbatorisch (also - z.B. wechselseitige -
Selbstbefriedigung), oral (Mundverkehr), anal (Analverkehr) oder
exhibitionistisch (siehe das entsprechende Unterkapitel).
Die Schwierigkeit in der Abgrenzung zur
"Normalität" liegt einmal im Alter des Kindes. Dabei sind kulturelle
Unterschiede zu berücksichtigen. So ist eine Eheschließung mit sehr jungen
Mädchen in arabischen Ländern durchaus üblich. Auch in der klassischen
deutschen Literatur werden nicht selten erotische Beziehungen zu Mädchen
beschrieben, die nach den heutigen Bestimmungen im Schutzalter lagen. Sicher
muss man auch einen Unterschied in der Beziehung zu präpubertären Kindern und
postpubertären Jugendlichen machen. Letztere können durchaus selbst eine
eindeutig erotisch-sexuelle Zuneigung zum erwachsenen Partner entwickeln. Auch
kann sich ein sexueller Kontakt - welche juristischen Konsequenzen er auch nach
sich ziehen mag -, aus einer spezifischen Situation heraus ergeben, was dann
noch nicht grundsätzlich berechtigt, von einer Pädophilie zu sprechen.
Von einer Pädophilie im engeren Sinne sollte man deshalb
nur dann ausgehen, wenn eine Fixierung auf Kinder (meist vor der Pubertät)
eingetreten ist. Pädophil motivierte sexuelle Handlungen geschehen auch
innerhalb eines Familienverbandes, was dann schwer von Inzesthandlungen
(siehe später) abzugrenzen ist.
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· Transvestitismus
Transvestitismus (gelegentlich auch Travestie
genannt) ist die sexuelle Befriedigung durch das Anlegen und Tragen von
Kleidern oder Kleidungsstücken des anderen Geschlechts. Manchmal betrifft der
Kleiderwechsel nur die Unterwäsche. Transvestitismus tritt oft nur
vorübergehend auf und kommt wohl nur bei Männern vor. Sexuell motiviertes
Transvestieren von Frauen ist bisher nicht ausführlicher beschrieben worden.
Auch sogenannte effeminierte Homosexuelle, die
das weibliche Empfinden und Verhalten nachahmen, kleiden sich manchmal
weiblich, um leichter Kontakt mit gewünschten männlichen Partnern zu bekommen.
Das ist kein Transvestitismus. Der Kleiderwechsel wird von der homosexuellen
Ausrichtung bestimmt.
Im Gegensatz zur Transsexualität (siehe später) besteht beim
Transvestiten kein Verlangen, die Identität des anderen Geschlechts zu
übernehmen. Transvestiten sind fast ausschließlich heterosexuell orientiert.
Spiegel und Kamera spielen eine große Rolle, damit der Transvestit sich in
seiner Kleidung selber sehen kann. Damit wird die sexuelle Befriedigung erhöht.
Eigentlich kann man den Transvestitismus im Sinne eines Kleiderfetischismus
(siehe oben) als Extremform des Fetischismus betrachten.
Forensisch (gerichtlich) bedeutsam wird er mitunter durch
die Kombination mit Diebstahl von Kleidern, mit Exhibitionismus oder
Fetischismus (sogenannte multiple Störungen).
· Voyeurismus
Voyeurismus (auch Voyeurtum genannt)
ist die sexuelle Erregung und Befriedigung durch heimliches Belauschen und
Beobachten von Intimitäten anderer (An- oder Ausziehen, Baden, besonders aber
sexuelle Kontakte).
Dem Voyeur ist dabei die strikte Anonymität und Heimlichkeit
sehr wichtig. Das Gleiche gilt für die prickelnde Gefahr, entdeckt zu werden.
Am häufigsten sind Situationen, in denen Liebespaare im Freien belauscht oder
nachts durch Fenster oder (selbstgebohrte) Löcher beobachtet werden. Der
Voyeurismus ist wahrscheinlich häufiger als vermutet. Er kommt fast
ausschließlich bei Männern, insbesondere bei kontaktschwachen Menschen vor,
denen nahe Begegnungen auf üblichem Wege unmöglich sind.
Der Voyeur gilt zwar in der Allgemeinheit als
"Wüstling", was sich nicht zuletzt die Medien, insbesondere Theater,
Film und Fernsehen gerne als Situationskomik zu nutzen machen. Er könnte aber
angesichts einer gesellschaftlichen Entwicklung, in der voyeuristische
Komponenten immer mehr an Bedeutung gewinnen, ja förmlich gebahnt werden,
langsam aus der Liste der sexuellen Deviationen verschwinden. Jedenfalls ist
das eine jener (früheren) "Perversionen", die man immer häufiger eher
amüsiert, als empört zu registrieren scheint.
· Frotteurismus
Frotteurismus ist die sexuelle Erregung und Befriedigung durch
engeren Körperkontakt: sich reiben, sich drücken, anschmiegen, stoßen an andere
Menschen, vor allem an Frauen in dichtem Gedränge (Aufzug, Rolltreppe,
Warteschlangen, öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten), im
Besucher-Gegenstrom oder bei ähnlichen Gelegenheiten. Dadurch kann das
Sich-Reiben oder sich Eng-Anschmiegen an den "anonymen Partner"
kaschiert werden.
Auch der Frotteurismus ist nicht selten, insbesondere in
weniger ausgeprägter Form. Bisweilen wird er mit Exhibitionismus und
Fetischismus kombiniert gefunden (multiple Störungen).
Für die Sexualwissenschaftler hat er keine ernstere
Bedeutung, zumal sich die Betroffenen nur selten mit einem Therapiewunsch
melden. Auch der Frotteurismus dürfte zu den "aussterbenden
Perversionen" gehören, vor allem in "leichterer" Form. Aber
nicht weil er immer seltener vorkommt, sondern weil sich die Einstellung dazu
gewandelt hat, und zwar weniger im Sinne der früheren "Perversion",
mehr als "unangenehm", "unverfroren" usw.
· Kleptomanie mit sexueller Komponente
Die Kleptomanie (Stehlsucht) kann auch
sexuelle Erregung und sogar Befriedigung vermitteln. Sexuelle Erregung durch
Diebstahl ist eine der wenigen sexuellen Deviationen beim weiblichen
Geschlecht.
Das Besondere ist wieder die Anonymität und das Prickelnde
der Entdeckungsgefahr, meist als Ladendiebstahl. Kleptomanie wird aber auch
öfters als Schutzbehauptung für einen ganz gewöhnlichen Ladendiebstahl benützt.
· Sadismus/Masochismus
- Der Sadismus ist die sexuelle Erregung
und Befriedigung durch das Zufügen von Schmerzen bzw. durch die totale
Unterwerfung des Partners. Die Kombination mit weiteren sexuellen Variationen
ist möglich, und zwar in hetero- und homosexueller Form, auch als sogenannter Infanto-Sadismus (mit
Kindern) oder sodomistischer Sadismus (mit Tieren).
Schließlich sogar als polymorpher Sadismus in vielfältiger
Form.
Männer überwiegen. Meist geht es um Fesseln, Schlagen, aber
auch Beißen, Brennen, Schneiden usw. sowie verbale Unterordnung (Befehle).
Destruktiv-aggressiver Sadismus gewinnt als sexueller
Missbrauch von Kindern (einschließlich Inzest - siehe später) und durch
Tierschändung (in letzter Zeit gehäuft Pferde) offenbar an Aktualität.
Überschneidungen von sexuellem Sadismus im Sinne sexueller Devianz und nicht
sexueller Grausamkeit (Brutalität) sind möglicherweise häufiger als vermutet.
Ihre diagnostische Abgrenzung kann sehr schwierig werden.
- Der Masochismus ist das Gegenstück dazu:
sexuelle Erregung und Befriedigung durch Schmerzerleiden bzw. die totale
Auslieferung an den Partner. Meist geht es um die bereits oben geschilderten
Vorgehensweisen, aber auch Strangulation (Strick um den Hals mit allen
Gefahren), elektrische Reizung, Penisumschnürungen u. a. Der Masochismus kann
heterosexuell, homosexuell oder automasochistisch (mit sich selber) praktiziert
werden. Es gibt ihn bei beiden Geschlechtern, wobei sich die Methoden ähneln.
Beim Automasochismus können Gegenstände in
das Genitale eingeführt werden, z. B. in die Harnröhre (masochistischer
Urethralismus), in die Blase oder in den Mastdarm (masochistischer
Analismus).
Beide sexuelle Verhaltensabweichungen (nach Erzählungen,
Romanen und Theaterstücken des französischen Offiziers und Schriftstellers
Marquis D. A. F. de Sade und des österreichischen Lehrers und Schriftstellers
L. Ritter von Sacher-Masoch) können in voller Ausprägung nur miteinander
existieren: Der Sadist ist auf den Masochisten angewiesen und umgekehrt. Diese
Erkenntnis gilt allerdings nur für die quasi-kultivierten Formen und natürlich
nicht für aggressiven sexuellen Kindesmissbrauch, Tierschändung u. a.
In solchen "kultivierten" Formen
sado-masochistischer Beziehungen geht es nicht (so sehr) um Aggressivität,
sondern um erotisierende Stimulation durch Beherrschen bzw. Beherrscht-Werden.
Da Sadisten und Masochisten voneinander abhängen, kann es im Gegensatz zu allen
anderen bisher besprochenen Deviationen hier sogar zu stabilen
Partnerbeziehungen kommen.
In der Praxis des Arztes sprechen aber am ehesten Ehefrauen
von Sadisten vor, die nach anfänglicher Toleranz nicht mehr bereit sind, die
"sadistischen Spielereien" des Partners mitzumachen.
Es existiert jedoch sogar eine sado-masochistische
Subkultur. In Privatzirkeln, Bordellen u. ä. laufen dabei ritualisierte
Arrangements ab, in denen vorher - je nach Neigung - die Rolle des
"Herrn" oder der "Domina" bzw. die des "Sklaven"
oder "Dieners" festgelegt wird.
Relativ selten mündet eine sado-masochistische Ausrichtung
in ein kriminelles Delikt, kommt aber durchaus auch als sogenannter
"Lustmord" vor. Häufiger sind allerdings tödliche Unfälle, vor allem
bei Masochisten, wenn sie sich selber und vor allem alleine fesseln, knebeln
oder strangulieren und dabei die Kontrolle verlieren.
· Sodomie
Sodomie (auch Zoophilie genannt)
ist die sexuelle Befriedigung durch Sexualkontakte mit Tieren. Sie hat nichts
mit den sadistischen Tierschändungen zu tun, von denen man immer wieder liest
(z. B. Verletzungen im Genitalbereich von Pferden, insbesondere Stuten).
In ländlichen, sehr einsamen Gegenden kann bei Fehlen eines
geeigneten Sexualpartners sexueller Kontakt mit einem Tier eine Ersatzhandlung
sein. Nicht selten sind es einfach strukturierte oder schwachsinnige Menschen
(vor allem männlichen Geschlechts?) ohne normale Kontaktmöglichkeiten. Die
Grenzen sind auch hier fließend, besonders bei ausgeprägter Brutalität, im
Rausch und vor allem bei den schon erwähnten sadistischen Neigungen. In Europa
ist Sodomie nicht strafwürdig, es sei denn als Tierquälerei.
· Erotophonie
Erotophonie ist die sexuelle Befriedigung durch
anonyme Telefonate sexuell-erotischen Inhalts mit anonymen "Partnern",
die man wohl besser unfreiwillige "Adressaten" bzw. Opfer nennen
müsste. Diese obszönen und gelegentlich sogar aggressiven Telefonanrufe könnte
man auch als eine Sonderform des Sadismus bezeichnen, weil die Betroffenen (z.
B. freiwillige Mitarbeiterinnen der Telefonseelsorge) ihnen gleichsam hilflos
ausgeliefert sind.
Auch hier spielt die Anonymität, das Prickelnde der
potentiellen Entdeckung, vor allem die Reaktion des Opfers eine Rolle. Je
entrüsteter der andere reagiert, desto kompromittierender und vulgärer pflegt
die Sprache des Anrufers zu werden.
Weitere Formen sexueller Devianz
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Weitere Formen sexueller Devianz sind -
zumindest derzeit - eher selten in der ärztlichen Praxis (was allerdings keine
Aussage über ihren Anteil in der Bevölkerung ermöglicht, der ist und bleibt
schwer fassbar). Einige von ihnen werden vor allem im forensischen Bereich,
andere bei entsprechenden Fachärzten (z. B. Urologen, Gynäkologen) angetroffen.
Dazu folgende Beispiele:
- Gerontophilie: sexuelles Verlangen nach und
ggf. sexuelle Befriedigung im Kontakt mit Menschen sehr hohen Lebensalters
beiderlei Geschlechts. Dabei sind hetero- und homosexuelle Varianten möglich.
Wenn der Kontakt zu Greisinnen und Greisen gesucht wird, die ihre Zustimmung
aufgrund ihres Geisteszustandes nicht geben können, ist es eine Straftat gegen
die sexuelle Selbstbestimmung.
- Nekrophilie ist der Missbrauch eines toten
Körpers als Sexualobjekt, eine sehr seltene Perversion (hier kommt dieser
Begriff leichter von den Lippen), die gelegentlich noch mit anderen sexuellen
Fehlhandlungen kombiniert wird. Betroffen sind überwiegend Geistesschwache,
ferner Persönlichkeitsstörungen (z. B. antisoziale), anderweitig geistig,
seelisch oder körperlich Behinderte u. a., bei denen eine befriedigende
Sexualbeziehung erschwert ist. Dabei handelt es sich meist um ein forensisches
Problem (z. B. Mord und Leichenschändung).
- Koprophilie: sexuelle Erregung durch Umgang
mit Kot.
- Koprophagie: sexueller Lustgewinn durch Essen
von Kot.
- Urolagnie: sexuelle Erregung durch Umgang bzw.
sexuell bestimmtes Trinken mit/von Urin, nicht zuletzt angeregt durch bestimmte
Pornofilme niedrigsten Niveaus.
Weitere sexuelle Variationen
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Im Weiteren gibt es noch zwei besondere Aspekte sexuellen
Verhaltens, die gesondert besprochen werden sollen, zumal sie besonders
ausgeprägt gesellschaftlichen (d. h. "moralischen",
"ethischen") Wertungen unterlagen bzw. noch immer unterliegen. Dazu
gehören Homosexualität und Transsexualität. Im Einzelnen:
·
Homosexualität
Homosexualität (auch als Homophilie bezeichnet)
ist die erotische Liebe und der sexuelle Kontakt durch Personen des gleichen
Geschlechts. Dieser Begriff bezieht sich zumeist auf Männer. Homophile Kontakte
unter Frauen nennt man Lesbiertum.
Homosexualität wird heute nicht mehr als krankhaftes
Verhalten bezeichnet. Sie ist in den modernen Klassifikationssystemen
psychischer Krankheiten nicht mehr enthalten. Das war keine reibungslose
Entwicklung, die aber inzwischen als abgeschlossen gilt. Dies betrifft
allerdings vor allem den ärztlichen und wissenschaftlichen Bereich. Im
Meinungsbild der Allgemeinheit sieht das noch immer anders aus. So leiden
Homosexuelle heute eher unter der gesellschaftlichen Ablehnung ihrer sexuellen
Ausrichtung (besonders von den eigenen Angehörigen), als unter der
Homosexualität selber.
Erscheinungsformen der Homosexualität: gelegentliche
homosexuelle Kontakte sind häufig. Sie müssen jedoch nicht Ausdruck einer
grundsätzlich homosexuellen Ausrichtung sein. Entscheidend ist
- ob und wie sich jemand durch Personen oder Abbildungen von
Personen gleichen Geschlechts sexuell angeregt fühlt,
- ob und wie stark Masturbations-Phantasien (Onanie,
Selbstbefriedigung) auf Personen gleichen Geschlechts ausgerichtet sind,
- ob und wie stark die Betreffenden homoerotische
Tagesphantasien und/oder Träume haben.
Eine Bi-Sexualität mit gleich starker Ausrichtung
in homosexueller und heterosexueller Richtung ist wahrscheinlich selten. Häufig
steht hinter der Angabe: "Ich bin bisexuell" eine nicht-akzeptierte
eindeutige Homosexualität.
Für Diagnose und Beratung bei Homosexualität hat sich
folgende Einteilung bewährt:
- Entwicklungs-Homosexualität: homosexuelle Episoden
im Jugendalter.
- Pseudo-Homosexualität: situationsbezogenes
homosexuelles Verhalten, ohne dass sich der Beteiligte homosexuell empfindet.
- Neigungs-Homosexualität: Das erotische Interesse ist
von Beginn an überwiegend oder ausschließlich auf das gleiche Geschlecht
ausgerichtet. Das ist die größte Untergruppe.
- Hemmungs-Homosexualität: Bei dieser - umstrittenen
- Gruppe handelt es sich bezüglich ihrer Existenz um eine Art Ersatzverhalten
für die aus Angst verdrängte Heterosexualität mit dem anderen Geschlecht.
Mitunter handelt es sich um eine Kombination aus phobischem Verhalten
(zwanghafte Befürchtungen) gegenüber der Heterosexualität und einem
"homosexuellen Ersatzverhalten".
Die Ursachen der Homosexualität, insbesondere
der Neigungs-Homosexualität (siehe oben) sind auch heute noch nicht eindeutig
abgrenzbar. Offenbar sind bisher psychologische Aspekte eher überschätzt,
biologische Ursachenfaktoren (z. B. Anlage) eher unterschätzt worden.
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Transsexualität
Transsexualität ist in der ärztlichen Praxis
keine Seltenheit mehr. Dies jedoch wegen der liberaleren Einstellung der
Gesellschaft, nicht wegen einer mutmaßlichen echten Zunahme. Die modernen
Möglichkeiten operativer Geschlechtskorrektur tragen das ihre dazu bei. Was
charakterisiert die Transsexualität?
- Der/die Transsexuelle kann das eigene Geschlecht nicht
akzeptieren und identifiziert sich vollständig mit dem anderen: Körperlich
("anatomisch") eindeutige Männer fühlen sich als Frau, Frauen als
Mann. Die Transsexualität ist also keine sexuelle Deviation, sondern eine
Diskrepanz zwischen psychischer Geschlechts-Identität und körperlichem
Geschlecht. Diese Menschen wissen zwar um ihr Geschlecht, sind aber damit
unglücklich.
- Transsexuelle sind von dem intensiven Wunsch nach
Geschlechtswechsel völlig vereinnahmt. Deshalb streben sie nicht nur eine
geschlechtskorrigierende Operation, sondern auch eine Namens- und
Personenstandsänderung an. Dieses Ziel wird mit großer Beharrlichkeit verfolgt.
Transsexuelle wollen nicht nur biologisch, sondern auch im sozialen Status des
Gegengeschlechts anerkannt sein.
- Das Tragen der Kleider des anderen Geschlechts
(Fachbegriff: cross dressing) beginnt oft schon in der Kindheit. Im
Gegensatz zum Transvestiten (siehe oben) kommt es dabei nur selten zur
sexuellen Erregung; im Gegenteil, es wird als beruhigend beschrieben
("wenigstens der äußeren Hülle nach bin ich ...").
- Transsexuelle lehnen ihre eigen-geschlechtsspezifischen
Merkmale energisch ab. Das betrifft Brüste, Vagina (Scheide) und Menstruation
(Monatsblutung) bei der Frau, Penis und Bartwuchs beim Mann (bei dem sogar
Selbstkastrationen vorkommen).
Die Ursache der Transsexualität ist
unbekannt. Die bewusst erlebte Sexualität (Potenz, Sexualdrang, Lustempfinden)
spielt im Vergleich zur zentralen Problematik der Geschlechts-Identifikation
eine untergeordnete Rolle. Abweichende körperliche Befunde, die das genetische
(Erbanlage), gonadale (Geschlechtsdrüsen), morphologische (äußerer Aspekt) oder
hormonelle Geschlecht sowie die sekundären Geschlechtsmerkmale betreffen,
kommen nicht häufiger als bei anderen Personen vor.
Beim Transsexuellen ist es nach bisherigem Kenntnisstand am
wahrscheinlichsten, dass sowohl umweltbedingte (z. B. familiäre), als auch
hormonelle und genetische Einflüsse zusammenwirken.
Anhang: Inzest
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Die beklagenswerten, scheinbar derzeit gehäuften, in
Wirklichkeit aber einfach nicht mehr verdeckten und verleugneten Erscheinungen
von Gewalt gegen Frauen (Belästigung oder gar Vergewaltigung am Arbeitsplatz,
unterwegs, in der Ehe usw.) und gegen Kinder (Kindermisshandlung, Missbrauch
oder gar Sexualmord) sollten nicht darüber hinwegtäuschen: Es gibt auch eine
mediengeleitete "Themen-Konjunktur", eine modische Zentrierung auf
der einen Seite und eine Ausblendung auf der anderen, wenn sich das Thema
"verschlissen" hat. Und genau das ist der Punkt: Eigentlich sollte
man immer gegen solche Vergehen sensibilisiert bleiben und nicht nur dann, wenn
sich alle darüber empören. Das kann aber schwierig werden, wenn man phasenweise
mit entsprechenden Meldungen und Kommentaren überschwemmt wird, die dann
plötzlich anderen "aktuelleren" Themen weichen müssen. Kurz: Man
sollte grundsätzlich wachsam sein, besonders aber dann, wenn ein solches Thema
gerade in ein "Wellental des öffentlichen Interesses abtaucht". Dies
gilt nicht zuletzt für Inzest und sexuellen Missbrauch in der Kindheit.
Der Begriff Inzest ist heute weit
verbreitet und trotzdem unscharf gebraucht. Deshalb ist eine Differenzierung
nötig. Sexueller Kindesmissbrauch wird von unterschiedlichen Personengruppen begangen.
Man schlägt deshalb heute einen Überbegriff und zwei Unterformen vor, nämlich
- innerfamiliärer Missbrauch oder sogenannte familiäre
Sexual-Delinquenz mit Blutsverwandten, also Inzest im eigentlichen Sinne sowie
- außerfamiliären Missbrauch, also sexuelle Handlungen mit
Kindern, die nicht zur eigenen Familie gehören. Im Einzelnen:
Innerfamiliärer sexueller Missbrauch (Inzest)
Als innerfamiliären sexuellen Missbrauch oder Inzest bezeichnet
man alle sexuellen Handlungen an einem Kind durch einen Blutsverwandten, also
sowohl homo- als auch heterosexuelle Kontakte, mit und ohne vaginalen
Geschlechtsverkehr (Einführung des Penis in die Scheide). Dabei geht es
insbesondere um den andersgeschlechtlichen Elternteil. In einem erweiterten
Begriffsumfang werden dabei auch andere Verwandte oder verwandtschaftsähnliche
Personen einbezogen (z. B. Stiefvater, Freunde eines Elternteils usw.).
Der innerfamiliäre sexuelle Missbrauch wird in der
Allgemeinheit als die häufigste Form kindlichen Missbrauchs bezeichnet, der
sich zudem angeblich in äußerlich geordneten Familienverhältnissen abspiele.
Doch sowohl die Häufigkeit als auch die äußerlich geordneten
Familienverhältnisse treffen nicht oft zu. Wenn man unter Inzest alle
erotisch-sexuellen Kontakte mit Familienangehörigen (auch mit solchen derselben
Generation, d. h. vor allem mit Brüdern und seltener mit Cousins) versteht, so
sind etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Missbrauchsfälle Inzest. Davon
betrifft wieder die Hälfte gleichaltrige Verwandte und nicht ältere Angehörige.
Die Hälfte aller Kontakte in der Familie besteht in einem
einmaligen Übergriff (der allerdings auch schwer verletzen und erschrecken
kann). "Väter als Täter" sollen relativ selten sein. Halbwegs
verlässliche Daten sind jedoch nicht verfügbar. Ein wesentlich höheres Risiko
geht allerdings von Stiefvätern und unverheirateten Partnern der Mutter aus,
besonders wenn sie eine Stieftochter in der Vorpubertät oder Pubertät
antreffen.
Übergriffe der älteren Generation scheinen schwerwiegendere
Folgen zu haben, solche jüngerer männlicher Verwandter (Brüder, Cousins)
weniger traumatischen Charakter zu entwickeln.
Innerfamiliärer sexueller Missbrauch von Kindern, vor allem
im wiederholten Falle, ist ein Zeichen für ein ungünstiges familiäres
Umfeld. Auch weist er im allgemeinen auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis
zu den Eltern hin. Man sollte sich aber nicht mit dem gängigen Stereotyp der
starren, autoritären, fassadenhaft-moralischen Familie zufrieden geben. Viel
wichtiger ist auf unvollständige Familien in Notlagen, in Armut und mit
Alkoholismus-Gefahr, mit Verwahrlosung, Neigung zu Gewalttätigkeit, mit
Persönlichkeitsstörungen des Vaters, chronischer Krankheit der Mutter u. a. zu
achten.
Sexueller Missbrauch von Knaben ist seltener als derjenige
von Mädchen. Die Verführung von Knaben durch weibliche Familienmitglieder ist
wahrscheinlich selten, aber nicht auszuschließen. Für beide Geschlechter ist
die Vorpubertät der am stärkste gefährdete Zeitraum.
Inzesthandlungen sind in der Regel kein einmaliges Ereignis.
Sie werden über längere Zeit vollzogen. Dabei besteht und entwickelt sich ein
ganz besonderes Täter-Opfer-Verhältnis, vor allem geprägt durch eine starke
Abhängigkeit des Betroffenen vom Täter. Das Kind wagt nicht sich den sexuellen
Handlungen zu entziehen.
Inzestuöse Beziehungen sind meist eingebettet in ein
gestörtes familiäres Milieu. Oft sind andere Familienmitglieder sogar
informiert. So wissen beispielsweise Mütter von der Beziehung zwischen ihrem
Mann oder Freund und ihrer Tochter - und dulden sie aus den unterschiedlichsten
Gründen. Häufig ist die ganze Familie einbezogen. Deshalb muss bei einer
entsprechenden Therapie auch die ganze Familie in die Behandlung mit einbezogen
werden.
Zu einem besonders schweren Trauma wird
die sexuelle Handlung an Kindern durch einen belastenden und risikoreichen,
familiären Hintergrund, durch vollzogenen Geschlechtsverkehr oder ähnliche
Handlungen, durch Anwendung von Gewalt, durch Beginn im frühen Alter und
lange Dauer sowie durch ein Familienmitglied der älteren Generation.
Die Folgen sind ein erhöhtes Risiko für Angststörungen,
Ess-Störungen (Bulimie) und depressive Zustände, für bestimmte
Persönlichkeitsstörungen (z.B. Borderline-Störungen) sowie die Abhängigkeit
von legalen und illegalen Drogen.
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· Außerfamiliärer sexueller Missbrauch
Unter einem außerfamiliären sexuellen Missbrauch versteht
man sexuelle Handlungen mit Kindern durch Personen, die nicht zur Familie
gehören, ihnen also wenig oder überhaupt nicht bekannt sind. Die Täter gehen
aus ganz unterschiedlichen Beweggründen hervor, als Faustregel kann aber
gelten:
Je jünger das Kind, das zum Opfer wird, desto auffälliger
und schwerer gestört der Täter.
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Will man eine vereinfachende Typologie jener Personengruppen
aufstellen, die Kinder sexuell missbrauchen, dann kann man wie folgt vorgehen
(nach G. Kockott):
Personen mit einer sexuellen Deviation: Das sind
Menschen, die in ihrer sexuellen Ausrichtung vorwiegend oder ausschließlich auf
Kinder fixiert sind, also Pädophile (siehe oben). Sie können Sexualität nur im
sexuellen Kontakt mit Kindern erleben. Die üblichen sexuellen Beziehungen zu
erwachsenen Frauen oder Männern sind für sie gänzlich uninteressant oder
überhaupt nicht möglich. Deshalb versuchen sie mit Raffinesse und Geschick,
Kinder zu sexuellen Handlungen zu bewegen. Dabei kann es auch zu aggressiven
Übergriffen kommen, die aber nicht die Regel sind. Pädophile sind meist auf
eindeutig vorpubertäre Kinder fixiert. Etwa die Hälfte aller zur Anzeige
kommenden sexuellen Handlungen mit kleinen Kindern werden von ihnen ausgeführt.
Kontakte mit bereits pubertierenden Kindern kommen dagegen seltener vor.
Entgleisungen von sonst kompensierten Pädophilen: Hier
handelt es sich meist um Personen mit starker erotischer Zuneigung zu Kindern
und/oder Jugendlichen, die sich in der Heranbildung und Formung von Kindern und
Pubertierenden engagieren. Sie arbeiten oft in Berufen, die Kindern nahe sind:
Erzieher, Lehrer, Sportwarte u. a. Meist haben sie ihre erotische Zuneigung zu
Kindern gut unter Kontrolle, also diese Neigung gleichsam ins Pädagogische
überführt (Fachbegriff: sublimiert). Oft sind sie auch sehr beliebt, weil die
Kinder das Engagement spüren, mit dem sie sich für sie einsetzen.
Gelegentlich kommt es aber zu grenzwertigen Handlungen oder
gar echten "Grenzüberschreitungen", so dass diese Zuneigung in eine
sexuelle Handlung übergehen kann. Meist sind es einmalige Ereignisse, die nur
selten weiterführen. Die Kinder können dabei aber sehr gut unterscheiden
zwischen pädagogischer Zuneigung und erotisch-sexuellem Interesse. Sie erleben
einen solchen "Grenzübertritt" als befremdlich, unpassend und
unangenehm, pflegen ihn aber nicht selten zu verzeihen, wenn er sich nicht
wiederholt.
Sexuelle Handlungen älterer Männer mit Kindern sind
oft erklärbar aus einer herabgesetzten Selbstkontrolle. Möglich sind auch eine
Enthemmung (z. B. im höheren Lebensalter) oder eine Fehleinschätzung, was z. B.
die Zuneigung anbelangt, die verehrend, aber nicht erotisch gemeint war.
Ursachen sind bisweilen auch hirnorganische Abbauprozesse, die sich u. U. nur
in Form von Persönlichkeitsänderungen bemerkbar machen.
Kontaktarme, in der Entwicklung zurückgebliebene
Jugendliche: Meist handelt es sich um sexuell unerfahrene junge Menschen
mit Kontaktschwierigkeiten zum anderen oder gleichen Geschlecht. Oft sind sie
auch allgemein gehemmt, sozial aber relativ gut integriert. Sexuell sind sie
nicht auf Kinder fixiert. Das ist dann nur eine Ersatzhandlung. Ihr
eigentliches sexuelles Interesse gilt eher gleichaltrigen weiblichen
Jugendlichen, denen sie sich aber nicht zu nähern wagen. Aggressive Handlungen
kommen nur selten vor.
Sozial randständige Jugendliche stammen häufig
aus entsprechenden Familien, sind oft wenig intelligent und neigen zu
Aggressivität und Alkoholmissbrauch. Ihre Taten - nicht zuletzt in der Gruppe -
sind oftmals unvermittelte aggressive Sexualdelikte gegenüber einem fremden
Kind (was aber auch eine körperlich nicht kräftige jugendliche Frau oder
Erwachsene hätte sein können).
Männer im mittleren Lebensalter mit ausgeprägter sozialer
und psychischer Instabilität führen bisweilen ein unstetes Leben und
sind meist in keine Partnerschaft eingebunden. Sie wechseln häufig ihre
Arbeitsplätze und neigen zu Alkoholmissbrauch. Oft sind sie schon wegen anderer
nicht-sexueller Delikte vorbestraft. Bei sexuellen Handlungen mit Kindern ist
nicht selten eine deutliche aggressive Komponente erkennbar. Diagnostisch
handelt es sich in der Regel um sogenannte antisoziale bzw. dissoziale
Persönlichkeitsstörungen, die man früher auch als Soziopathen bezeichnete.
Die sozial randständigen Jugendlichen und Männer im
mittleren Lebensalter mit ausgeprägter sozialer und psychischer Instabilität
stellen den Übergang zu jenen Tätern dar, die aggressive Sexualdelikte
gegenüber Frauen jeglichen Alters begehen, also Attackieren, Vergewaltigen oder
gar Töten (Sexualmörder).
Innerhalb dieser Gruppe kann man wieder verschiedene Typen
erkennen:
1. Täter, die in ihrer Persönlichkeitsentwicklung
zurückgeblieben sind, also häufig sexuell unerfahrende
"Spätentwickler" oder Einzelgänger mit geringem Einfühlungsvermögen
in die Empfindungen anderer und mit erheblichen Problemen, was die zwischenmenschliche
Kontaktaufnahme anbelangt.
2. Relativ angepasste, sozial ausreichend integrierte und
zurückhaltende Täter mit aber versteckten Aggressionen gegenüber dem weiblichen
Geschlecht.
3. Sozial randständige, nicht in die Gesellschaft
integrierte, zu Aggressionen neigende Täter aus entsprechenden Familien mit
deutlicher Neigung zu Alkoholmissbrauch und häufig offen ausgedrückter
Geringschätzung und Aggressivität gegenüber Frauen.
Schlussfolgerung
Entgegen der öffentlichen Meinung ließen sich bisher keine
spezifischen Folgen sexuellen Missbrauchs exakt auf die entsprechenden
Belastungen zurückführen. Allgemeine Konsequenzen aber gibt es sicher oft,
besonders in schweren Fällen. Insofern gehören die Folgeerscheinungen zu den
sogenannten posttraumatischen Störungen (siehe das entsprechende Kapitel),
besonders erschwert durch die frühe und u. U. lange Einwirkung des Traumas (in
diesem Fall also einer seelischen Wunde) mit negativen Auswirkungen auf die
Persönlichkeit.
Das Argument des "verdrängten" oder
"vergessenen Missbrauchs" wird unter Experten kontrovers diskutiert.
Nach heutigem Wissenstand muss man eher annehmen, dass vor allem schwere und
langanhaltende Traumatisierungen durchaus erinnert werden und damit im Gedächtnis
verbleiben. Sie werden allerdings häufig nicht oder nur sehr spät mitgeteilt.
Vorsicht ist geboten, wenn das Thema "sexueller
Missbrauch" als Waffe in Scheidungsprozessen bzw. als letztes Argument
eingesetzt wird, um die Kindeszuteilung zu beeinflussen. Die Folgen eines
solchen Vorwurfs haben für alle Beteiligten weitreichende Konsequenzen; am
schlimmsten sind sie für die Kinder, die auch nach der Scheidung auf eine
Zusammenarbeit der Eltern dringend angewiesen wären.
Therapie sexueller Variationen
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Die Therapie sexueller Variationen ist ein
vielschichtiges und damit heikles und vor allem für alle Beteiligten
befriedigend schwer zu lösendes Kapitel. Das betrifft sowohl die weniger
schockierend erlebten Formen, die sogar nach und nach aus Klassifikationen und
Lehrbüchern verschwinden (werden) über die nach wie vor belastenden, quälenden
oder gar andere Menschen beeinträchtigenden "Perversionen" bis hin
zur sexuellen Delinquenz.
Entscheidend ist auch hier die Nutzung mehrerer
Behandlungs-Säulen: Zum einen die Psychotherapie, also die Behandlung mit
seelischen Mitteln, sei sie gesprächspsychotherapeutisch,
verhaltenstherapeutisch oder psychoanalytisch orientiert. Im Weiteren die
soziotherapeutischen Unterstützungsmaßnahmen und Korrekturen, die alles
einschließen, was im Umfeld des Patienten eine stabilisierende Hilfe sein
könnte, in welcher Form auch immer (z. B. Angehörige, Freunde,
Arbeitskollegen/Vorgesetzte, Behörden, Therapeuten u. a.). Eine dritte, wohl am
meisten umstrittene Behandlungs-Säule sind die körpermedizinischen Eingriffe und
Therapien bei sexuell auffälligen, "perversen" oder delinquenten
Männern: Psychopharmaka, Hormone und Antihormone sowie schließlich chirurgische
Maßnahmen (Kastration sowie stereotaktische Eingriffe in bestimmten
Gehirnstrukturen).
Eine besondere Problematik ergibt sich für jede Form der
Therapie unter gerichtlicher Behandlungsauflage. Oder konkret: Wie geht man mit
dem ja nachvollziehbaren Wunsch der Gerichte um, Männer einer Therapie (z. B.
Psychotherapie) zuzuführen, die wegen ihrer Perversion straffällig, also zu
sogenannten Sexualstraftätern geworden sind? Meist handelt es sich nämlich um
Patienten, die ohne diese Behandlungsauflage niemals auf die Idee gekommen
wären, sich einer Therapie zu unterziehen, auch wenn sie angesichts dieser
Chance natürlich damit einverstanden sind. Die entsprechenden Probleme, seien
es im ambulanten Bereich (Therapie beim niedergelassenen Arzt oder
Psychologen), sei es in der Behandlung von psychiatrisch zwangsverwahrten
Sexualstraftätern (den sogenannten Maßregelvollzug) sind letztlich ungelöst.
Unabhängig davon sind jedoch die heutigen therapeutischen
Möglichkeiten soweit verfeinert und damit effektiver geworden, dass sich ein
Therapieversuch lohnt, sofern sich der Betreffende auch wirklich um eine
Änderung seiner Situation bemüht (was scheinbar am häufigsten bei Pädophilen
und Exhibitionisten, gelegentlich auch bei Voyeuristen der Fall sein soll). Es
ist allerdings für viele Betroffene nicht einfach, in ihrer Nähe einen dafür
ausgebildeten Spezialisten oder gar eine entsprechende Beratungsstelle oder
Ambulanz zu finden. Andererseits wächst das Therapieangebot ständig, man muss
sich nur bei den entsprechenden Stellen informieren (z. B. Gerichte,
psychiatrische Kliniken, insbesondere deren forensische Abteilungen).
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