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Rothenbächer 2013
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Transsexuelle
Menschen suchen meist dann erstmals Hilfe auf, wenn sie nicht mehr weiterwissen!
Transsexuelle Menschen suchen meist dann erstmals Hilfe auf,
wenn sie nicht mehr weiterwissen und wenn die Belastungen oder psychischen
Probleme zu groß werden, um alleine damit fertig zu werden. Erste Informationen
werden heute im Internet gesucht, früher waren es oft Fernsehberichte, die
erste konkrete Hinweise gegeben haben. Nach der ersten Erkenntnis, transsexuell
zu sein, ist es für Betroffene oft schwer, professionelle Hilfe zu finden.
Viele machen zuerst eher schlechte Erfahrungen, wenn sie auf Unkenntnis oder
Vorurteile stoßen. Dazu gibt es Erfahrungsberichte etwa im Internet oder es
wird in der Begutachtung darüber berichtet. In dem folgenden Beitrag wird
versucht, den Weg transsexueller Hilfesuchender darzustellen aus der Sicht
professioneller Helfer und anhand einiger Fallvignetten.
Michael Szukaj: Während meiner Assistenzarzttätigkeit an der
Psychiatrischen Universitätsklinik Münster ermutigte mich 1987 ein befreundeter
Psychologe, mit ihm eine Ambulanz für Transsexuelle aufzubauen. Die damalige
Situation war so, dass es nur wenige Ambulanzen für Betroffene in Deutschland
gab. Die nächsten in der Umgebung von Münster waren in Hannover, Frankfurt und
Hamburg. In unserer Klinik fanden sich ab und zu Patienten zur Begutachtung im
Rahmen des damals wenige Jahre alten Transsexuellengesetzes ein. Den
Begegnungen haftete etwas Exotisch-Bedrohliches an. Den Beschreibungen der
Betroffenen in der spärlichen damaligen sexualmedizinischen Literatur waren
gestörte stereotype Persönlichkeitsprofile auf Borderline-Niveau zu entnehmen.
Die Voreingenommenheit wurde dadurch nicht kleiner. Dennoch kam es mit
konzeptioneller Unterstützung von Friedemann Pfäfflin aus Hamburg zu ersten
Behandlungen, denen sich später auch eine Gutachtertätigkeit im Rahmen des TSG anschloss.
Auch nach meiner Niederlassung 1994 übe ich diese Arbeit schwerpunktmäßig
weiter aus, mittlerweile also seit über 20 Jahren.
Wenn ich da einmal so fragen darf: Wie viele transsexuelle
Menschen haben Sie inzwischen gesehen?
Ich habe etwa 700 Betroffene gesehen, von denen ich über 400
längerfristig begleitet habe. Aktuell sind es 50 fortlaufende Behandlungsfälle.
Und wenn es möglich ist, könnten Sie auf den Punkt bringen,
was aus Ihrer Sicht und Erfahrung „transsexuell” ist? Gibt es da etwas Typisches?
Das, was wir „transsexuell” nennen, ist im Wesentlichen
durch die unkorrigierbare Gewissheit der Betroffenen gekennzeichnet, dass das
biologische Geschlecht nicht zum empfundenen Geschlecht passt, sie sich also im
falschen Körper fühlen. Etwas Typisches ist bei allen individuellen
Unterschieden für die Mehrzahl durchaus feststellbar: ein Beginn der genannten
Empfindung in der frühen Kindheit, Betroffene sagen dazu oft „solange ich
denken kann”, mit lebenslang bestehender Konsistenz. Dann die Ablehnung des
Aussehens und des Verhaltens des eigenen biologischen Geschlechts und die
Übernahme der Attribute des Gegengeschlechts. Dann die erste krisenhafte
Zuspitzung im Rahmen der als aversiv erlebten pubertären Veränderungen mit
verbleibender Ablehnung der biologischen Geschlechtsmerkmale. Bei sogenannten
Mann-Frau-Transsexuellen, also biologisch männlichen Betroffenen, kommt es
zudem häufig bereits präpubertär zu heimlichem Tragen weiblicher Kleidung und
Unterwäsche, mitunter mit vorübergehenden Phasen sexueller Erregung und
Stimulation. Insgesamt intensiviert sich der körperliche Veränderungswunsch im
Verlauf, und bei nahezu 90 % der Betroffenen ist er bereits zu
Behandlungsbeginn Thema.
Daneben gibt es, nicht weniger typisch, die sogenannten
sekundären Verläufe, von denen überwiegend Mann-Frau-Transsexuelle betroffen
sind. Die spezifischen Erinnerungen an die Kindheit sind diffus, die pubertären
Veränderungen werden indifferent erlebt und Sexualität wird eine Zeitlang
mitunter lustvoll praktiziert. Damit verbunden ist häufig die Hoffnung auf eine
tragfähige psychosoziale Kompromissbildung, in deren Rahmen es zu Heirat und
Elternschaft kommen kann; nach Jahren wird dann doch, häufig mit
weitreichenden, oft tragischen Konsequenzen für Familie, Arbeit und Sozialstatus,
dem inneren Druck nachgegeben und der Weg der Veränderung beschritten. Die
damit einhergehenden Konflikte unterscheiden sich daher zum Teil sehr von den
sogenannten primären Verläufen. Und natürlich sind all diese Feststellungen nur
grobe Annäherungen, denn jeder Verlauf ist anders.
Gibt es denn eine Möglichkeit für Betroffene, diesem inneren
Druck irgendwie zu entkommen? Oder wie ist das zu verstehen? Und warum sollen
sie dann in eine Psychotherapie gehen?
Entkommen können die Betroffenen diesem Druck nicht. Es gibt
wohl vereinzelt Phasen verringerten Druckes, zum Beispiel bei manchen
Mann-Frau-Transsexuellen, die versuchen, durch Heirat und Familiengründung mit
Beseitigung aller weiblichen Kleidung davon frei zu werden. Die Hoffnung
erfüllt sich allerdings nicht. Früher oder später ist der übermächtige Druck
wieder da, doch dem inneren Empfinden gemäß leben zu müssen. Auch
Kompromissbildungen, bei denen aus beruflichen oder familiären Gründen
Angleichungswünsche bis etwa zur Rente oder der Volljährigkeit der Kinder
aufgeschoben werden, sind weiter von diesem inneren Leidensdruck gekennzeichnet
und schwer aushaltbar. Nachhaltige Linderung erfährt das nur dadurch, dass die
Betroffenen ihrem Empfinden so weit wie möglich Ausdruck verschaffen, also in
Aussehen, körperlicher und rechtlicher Angleichung. Auch die
geschlechtsangleichende Operation beseitigt ihn letztlich nicht vollständig,
sie nähert im günstigsten Falle lediglich sehr weit an das Erhoffte an.
Das hängt mit dem Wesen dieses inneren Druckes zusammen: Er
ist eben keine im üblichen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Sinne
behandelbare Symptombildung, die es zu beseitigen gilt. Es ist eben keine aus
krankhafter Verkennung der Realitäten entstandene irrige Annahme. In
realistischer Wahrnehmung des eigenen Körpers ist und bleibt die aus dem
Inneren der Persönlichkeit stammende Überzeugung: Hier passt etwas nicht
zusammen. Dieses nicht passende Geschlechtsidentitätsempfinden, das sich wie
ein Fremdkörper, wie falsch gepolt in den Rest der Persönlichkeit einfügt,
erzeugt die innere Spannung. Das übt natürlich in seiner Unerklärbarkeit einen
intensiven seelischen Druck aus und führt u. a. zu Schuld- und
Versagensgefühlen, zu Scham, Angst, Aggression, Ohnmacht und Verzweiflung.
Hieraus resultiert nach meinem Verständnis der überwiegende Teil
psychiatrischer Symptombildungen bei einem Transsexualismus, also als Folge der
ungeheuren Belastungen und nicht als deren Ursprung. Und hier setzt in erster
Linie die Psychotherapie an. Es geht darum die Betroffenen in ihrer Not
wahrzunehmen, als Opfer einer unfassbaren Anomalie, und ihnen nach einem
ausreichend langen kritischen diagnostischen Prozess zu einer Linderung dieses
inneren Leidensdruckes zu verhelfen, so gut es geht und so gut sie es vertragen.
Dann geht es also in der Psychotherapie nicht darum, diesen
inneren Wunsch zu beseitigen? Warum lässt sich das nicht wegtherapieren? Und um
was genau geht es dann in einer Psychotherapie? Braucht man denn eine
Psychotherapie?
Ich halte den primären Grund für dieses Erleben für einen
biologischen. Das den Betroffenen zum Teil bis heute anhaftende Stigma ist das
der Persönlichkeitsstörung, auf der alles beruhen soll. Die sich daraus
ergebenden Implikationen sind weitreichend, auch für die Gegenübertragung. Das
ist ein grundsätzliches und tragisches Missverständnis. Der eine biologische
Genese als möglich erachtende psychotherapeutische Zugang verändert die
therapeutische Begegnung von Beginn an. Die Betroffenen sind des Druckes
entledigt, sich rechtfertigen zu müssen. Die Gesprächsatmosphäre verändert sich
mitunter in nur wenigen Augenblicken. In dieser großen Not gesehen zu werden
und nicht als ein sich in unsere Fantasien einpflanzendes,
genitalienverstümmelndes Monster, das stellt den entscheidenden Zugang dar. Ob
das gelingt, bei aller gebotenen kritischen Zurückhaltung und Verteidigung
eines angemessenen therapeutischen Rahmens, entscheidet nicht selten, ob
Behandlung zustande kommt, mitunter ob die Betroffenen überhaupt weiterleben.
So wenig sich das biologische Geschlechtsidentitätsempfinden
wegtherapieren lässt, so sehr bedarf es doch andererseits der Psychotherapie
zur Auslotung des Machbaren: Wieweit kann ich als Betroffener eine Angleichung
an das Empfundene erreichen? Wie viel der damit einhergehenden Belastungen und
Frustrationen kann ich ertragen? Wie sehr kann ich perspektivisch „normal”
leben? Wie kann ich mich im Verlauf an Gefühle wieder heranwagen, die
vorübergehend auf der Strecke geblieben sind oder die ganz fremd scheinen? Man
weiß heute, dass diese psychotherapeutische Begleitung, durchaus in
unterschiedlichen Settings, entscheidend die Prognose beeinflusst. Die
Auswirkungen dieses Erlebens und die damit einhergehenden Konflikte bewirken
häufig zusätzlich Erkrankungen wie Depressivität, Angststörungen,
Abhängigkeitserkrankungen etc., die auch der Psychotherapie, nicht selten auch
einer vorübergehenden Medikation bedürfen. Bemerkenswert ist dabei die
erhebliche Reduktion der begleitenden Symptome, häufig auch beispielsweise das
vollständige Sistieren von Alkohol- und Drogenproblemen im Behandlungsverlauf.
Die Betroffenen werden, entlastet von dem ursprünglichen Leidensdruck,
schlichtweg gesünder.
Sehen Sie auch Kinder und Jugendliche?
Das früh beginnende Erleben macht nachvollziehbar, dass
bereits Minderjährige selber oder durch ihre Eltern Behandlungen anstreben. Da
die Kinder- und Jugendpsychiatrie sich bislang der Thematik wenig annahm,
kommen die Betroffenen der Region seit einigen Jahren auch zu mir, eine
Beobachtung, die andere Kollegen auch machen. Erstkontakte mit unter 14 Jahren
sind keine Seltenheit. Das verantwortbare Alter für einen Behandlungsbeginn
liegt aber angesichts der mit den pubertären Turbulenzen einhergehenden
Besonderheiten bei 14 Jahren. Die große Verantwortung und die besonderen
ethischen Aspekte verlangen eine besonders gründliche und ausreichend lange
Diagnostik und Überprüfung der Lebbarkeit, ehe eine Hormonbehandlung frühestens
mit etwa 16 Jahren beginnen kann. Die Miteinbeziehung der Eltern, häufig auch
der Schulen, ist obligat. Auch geschlechtsangleichende operative Eingriffe
sollten nicht vor dem 17. Lebensjahr erfolgen. Gut vorbereitet sind sie dann
aber möglich und, wie die bisherigen guten Erfahrungen eigener Patienten
zeigen, sinnvoll und sehr hilfreich. So bin ich fest überzeugt, dass auch die
Behandlung Minderjähriger in standardisierter Form zukünftig zunehmen wird.
Angesichts der zu vermutenden primären biologischen Genese des speziellen
Erlebens eine logische und richtige Entwicklung.
Können Sie etwas über die Technik der Psychotherapie bei
einer transsexuellen Entwicklung sagen? Ist das Verhaltenstherapie,
Psychoanalyse oder um was handelt es sich?
Methodisch basiert die Behandlungstechnik am ehesten auf
einem supportiv-stabilisierenden Vorgehen mit aktueller Konfliktbearbeitung im
Sinne einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. Daneben spielen
beratende Aspekte eine große Rolle, z. B. für somatische, rechtliche,
krankenkassentechnische und arbeitsrelevante Fragestellungen. Die Miteinbeziehung
von Bezugspersonen ist oft sehr wichtig, um, neben dem Erhalt
fremdanamnestischer Daten, beispielsweise durch Entlastung elterlicher
Schuldgefühle die familiäre Akzeptanz der Betroffenen zu verbessern und
Zukunftssorgen zu mindern. Verhaltenstherapeutische Aspekte können gerade zu
Beginn des Alltagstests zur Verbesserung der Selbstsicherheit hilfreich sein.
Der Behandlungsrahmen kann dabei sehr unterschiedlich sein
und im Verlauf Veränderungen erfahren: In nicht wenigen Fällen reichen
niederfrequente Kontakte in vier- bis sechswöchigen Abständen von zum Teil nur
halbstündiger Dauer mit erhöhter Frequenz bei besonderen Belastungen. Andere
brauchen die regelmäßige Richtlinienpsychotherapie wöchentlich. Diese kann,
erfolgt sie bei einem psychologischen Psychotherapeuten, kombiniert werden mit
niederfrequenten ergänzenden psychiatrischen Behandlungskontakten. Die
Behandlung richtet sich nach dem Bedarf der Betroffenen und damit auch nach
dem, was sie an therapeutischer Nähe ertragen können. Es geht also nicht darum,
imaginäre Psychotherapieauflagen zu erfüllen und damit beispielsweise durch 50
oder 80 Sitzungen die Unumkehrbarkeit des Begehrens bewiesen zu haben. Ich
halte Psychotherapie unter solchen Vorgaben genau genommen für undurchführbar.
Im Sinne der Betroffenen geht es stattdessen um eine gute
Differenzialdiagnostik und insbesondere um die Überprüfung der Lebbarkeit des
speziellen Erlebens. Hierfür empfiehlt sich bereits initial die Benennung eines
Mindestzeitraumes vor Einleitung etwaiger erster somatischer Maßnahmen, um
ständige Diskussionen darüber zu verhindern. Andererseits ist die womöglich vom
Behandler auf den Tag genau verlangte Einhaltung eines einjährigen Alltagstests
vor somatischen Indikationsstellungen ohne für den Betroffenen verständliche
Begründung absurd und willkürlich. Gemeinsam sich um die Erkenntnis der
Lebbarkeit und deren Ausgestaltung zu bemühen, ist die Aufgabe. Je größer die
Erfahrung im Umgang mit den Betroffenen, desto größer auch die Möglichkeit
bedarfsgerechter Behandlung. Nicht zuletzt auch wegen geringerer Ängste des
Therapeuten vor Fehlern und vor der wiederum mit eigenen Fantasien
einhergehenden größeren Nähe zu den Betroffenen. Dann entstehen die eigentlich
erforderlichen therapeutischen Arbeitsbündnisse.
Das klingt ja doch sehr interessant. Warum findet sich bei
vielen Psychotherapeuten eher eine Abhaltung, mit diesen Menschen zu arbeiten?
Sind das persönliche Dinge? Darf ich Sie dabei fragen, wie das für Sie
persönlich ist?
Die Grundproblematik im Umgang mit den Betroffenen liegt in
den durch das spezielle Begehren ausgelösten bedrohlichen Fantasien im
Therapeuten. Einem körperlich gesunden Menschen behilflich zu sein, sich
letztlich die Genitalien entfernen zu lassen, verlangt nicht nur eine intensive
Auseinandersetzung mit der speziellen Problematik, sondern konfrontiert uns
insbesondere auch mit unseren eigenen Geschlechtsrollenvorstellungen, sexuellen
Normen und tief sitzenden Ängsten weit über das Übliche hinaus. Das mag die
Abneigung vieler Kollegen verständlich machen. Wir haben zu Beginn an der
Psychiatrischen Universitätsklinik Münster aus diesem Grund wann immer möglich
jeden Patienten zu zweit gesehen, um uns im Anschluss über unsere heftigen
Gegenübertragungen auszutauschen. Unsere Ahnung, dass in der bewussten
Auseinandersetzung mit dieser Gegenübertragung ein Fundament für den
therapeutischen Zugang liegt, bestätigte sich fraglos.
Und dies öffnete den Blick für die Faszination und die oft
sehr befriedigende Arbeit mit den Betroffenen. Es gibt keine vergleichbare
Patientengruppe, bei der man in so vielen Fällen in derart kurzen Zeiträumen
solch entlastende Effekte und Reduktion verschiedenster Symptombildungen
erzielen kann. Das ist angesichts der sonst üblichen oft schwierigen
psychotherapeutischen Alltagserfahrungen sehr bemerkenswert und wiegt bei
Weitem die vielen assoziierten Probleme auf. Beispielsweise die Miteinbeziehung
insbesondere der neuen Partner der Betroffenen lehrt uns darüber hinaus
angesichts der nicht selten stabilen liebevollen Beziehungen gewisse
gesellschaftliche Fixierungen auf sexuelle Stereotypien zu relativieren und
toleranter und respektvoller mit diesen Ausdrucksformen tiefer Empfindungen
umzugehen.
Was die Betroffenen oft schon in jungen Jahren zu ertragen
haben, wie sie in aller Zerrissenheit ihren Weg suchen, nach allen
Frustrationen trotzdem wieder aufstehen und sogar lernen, Verständnis für die
Bedürftigkeiten ihrer „gesunden” Umgebung zu haben, ist neben vielem anderen in
diesem Bereich etwas, was mich unvermindert berührt und meine therapeutische
Haltung nach wie vor beeinflusst. Die vielen erfreulichen Verläufe tun ihr
Übriges.
Was Sie zu den Partnerbeziehungen sagen, bedeutet das, dass
die Transsexualität mit Sex nicht so viel zu tun hat, wie landläufig angenommen
wird?
Die Betroffenen wehren sich zum Teil nicht ohne Grund gegen
die Silbe „sex” im Transsexualismus. Es geht nicht primär um Sexualität. Auch
wenn diese gelebt wird, manchmal auch exzessiv zum Beispiel aus
Rollenunsicherheit und zur Verdrängung, geht es doch überwiegend um die sich in
der körperlichen Begegnung spiegelnde emotionale Bindung und die Annahme durch
den Partner. Nicht der Orgasmus steht im Vordergrund, sondern das umfassende
Körpererleben, das die erfolgreiche Angleichung in der Gesamtheit erlebbar
werden lässt, oder durch die Fantasie für Zukünftiges vorbereitet. So ist die
erfolgreich operierte Phalloplastik nur äußerst selten orgasmusfähig
berührungssensibel und doch ist es für die Betroffenen wichtig, die Partnerin
penetrieren und mitunter zum Orgasmus bringen zu können, um sich vollständig
und potent zu fühlen. Aus diesem Grund wird die Gefahr nachhaltiger
Orgasmusstörungen durch die geschlechtsangleichenden Operationen in aller Regel
bewusst in Kauf genommen, wenngleich diese mit unter 20 % bei
Mann-zu-Frau-Transsexuellen verhältnismäßig gering ausfallen. Nicht die
sexuelle Befriedigung zählt, sondern die körperliche „Wiederherstellung”.
Meinen Sie, dass transsexuelle Menschen immer eine
Psychotherapie brauchen, so wie es in den Leitlinien steht?
Die Betroffenen brauchen nicht immer eine Psychotherapie,
aber eine flexible Form der Begleitung mit psychotherapeutischem Charakter, die
Informationen vermittelt, Konflikte bewältigen hilft, für das Angestrebte
unterstützt und auch medikamentösen Hilfen gegenüber offen ist. Nur in einer
begrenzten Zahl der Fälle ist die sonst übliche relativ hochfrequente
Richtlinienpsychotherapie notwendig. Die Leitlinien sind mit ihren Empfehlungen
auch hierzu als Hilfestellungen gedacht und zur Orientierung sehr sinnvoll. Man
darf aber nicht vergessen, dass sie primär den Betroffenen dienen und uns als
Behandler nicht unserer eigenen Entscheidungsfindung und Verantwortung
entheben. Insofern fordern sie geradezu auch die individuell angepasste
Flexibilität sowie eine Verbesserung durch praktische Erfahrungen. Es ist
überaus erfreulich, dass sich diese Auffassung bei den interdisziplinär an den
Behandlungen und Begutachtungen Beteiligten immer mehr durchzusetzen scheint.
Hat Sie die Arbeit mit transsexuellen Menschen in Ihrer
allgemeinen psychotherapeutischen Arbeit beeinflusst? Hat das etwas bei Ihnen
verändert?
Die Eigenständigkeit, die mit dem Aufbau der Ambulanz
einherging, förderte neben konzeptionellem Denken aufgrund der spezifischen
psychotherapeutischen Erfahrungen vor allem die kritische Infragestellung
mancher damalig gültiger Überzeugungen über die Betroffenen. Dadurch wurde der
kritische Blick auch für andere Bereiche geschärft. Auch meine Zuversicht,
allgemein der emotionalen Nähe in der primären Patientenversorgung gewachsen zu
sein, beruht nicht unerheblich auf der Bewältigung der besonderen Anforderungen
im Kontakt mit den Betroffenen. Schließlich zu erleben, dass Psychotherapie
wirklich wirken kann - der Zweifel daran ist oft größer und hält länger an als
man denkt - ist ein weiterer sehr prägender Effekt gewesen.
Da ich erst am Anfang meines Weges stehr , halte ich mich lieber etwas bedeckt, doch der Anfang dieses Interviews ist ziemlich genau so vom mir erlebt worden.
AntwortenLöschenEbenfalls die Betäubung des Leidensdruck (Depression, Suizid-gedanken, stark verrigertes Selbstwertgefühl usw.) konnte ich nur Alkohol betäuben!
Erst als anfing ich selbst zu sein, nämlich mich als Frau zu fühlen war ich ENDLICH bereit zu versuchen Abstinent zu Leben.
Jetzt fsst zum Ende meiner Therapie ( drei Viertel Jahr) habe ich zu mir selbst gefunden.
Für diesen Bericht danke ich von ganzem Herzen, zeigt er doch , neben anderen dass ich nicht so alleine bin wie ich mich manches Mal fühle.
M.f.G Peter Zurek ( Ts.*F.) (Petra Marie ')