Sonntag, 6. Januar 2013

Was ist eigentlich ein Kathoey?



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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2013

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Was ist eigentlich ein Kathoey?

Katoy (korrekter: Kathoey, auch Katoey, Thai: กะเทย, Aussprache: [kaʔ- tʰəːj]) ist die thailändische Bezeichnung für eine Transfrau, also einen Mann-zu-Frau Transvestit, Transgender oder Transsexuellen; oder auch einen homosexuellen Mann.

Die englische Bezeichnung lautet oft auch ladyman oder ladyboy. Homosexuelle als solche werden umgangssprachlich Khon Kaeh (Thai: คนเกย์, [kʰon keː]) genannt, abgeleitet vom englischen gay.

Was ist eigentlich ein Kathoey?

Was war los in der Ursuppe? War Gott ein Mann? Oder lacht Sie heute noch über so eine Vorstellung? Hat die Seele ein Geschlecht? Das sind letzte oder erste, aber durchaus ernste Fragen, deren religionsspezifische Antworten Generationen der Völker über Jahrhunderte in ihren Geschlechterrollen-Verhalten prägten.
Während die Abraham-Religionen recht patriarchalisch ausgerichtet sind - man bedenke die christliche Dreifaltigkeit: Vater, Sohn und der heilige Geist - beziehen sich Mon- (Urvolk in Thailand) und Lanna-Thai-Mythen über die Entstehung der Menschheit auf eine andere Trinität:

Am Anfang erschuf die große Mutter drei Lebewesen: den ersten Mann, die erste Frau, und den ersten Kathoey. - Dabei kommt der Kathoey - ein geschlechtsneutrales Wesen, dem griechischen Hermaphroditen ähnlich - im weiteren Verlauf der Geschichte nicht immer gut weg. Das ist aber gar nicht so wichtig oder sonderlich schlimm; Eva machte ja auch keine allzu glänzende Figur im Paradies. Bedeutend - auch für spätere sexuelle Spielformen der Menschen - ist, dass es in dieser asiatischen Region im gemeinsamen kulturellen Bewusstsein von Anfang an mehr gab, als nur die sexuelle Bi-Polarität Mann/Frau.

Seit Anbeginn war die Rolle des Kathoey, über die eher seltenen Fälle einer biologischen Doppelgeschlechtlichkeit hinaus, integraler Bestandteil des Spektrums der Verhaltensmuster nordthailändischer Gesellschaften. Kathoey zu sein war ein Privileg für Jungs. Insbesondere für die Jungs, die keine Lust auf die gesellschaftlich reglementierte Männerrolle hatten, war es eine gute Möglichkeit, sich den damit verbundenen (nicht nur ehelichen) Pflichten zu entziehen. Von der Familie wurde das traditionell ohne viele Worte akzeptiert, solange der Junge in die gesellschaftlich determinierte Rolle einer Frau schlüpfte. Fast jedes Dorf hatte seinen Kathoey oder gar mehrere. Meist hatten sie besondere Berufe. Oft wurden Kathoeys gar außergewöhnliche spirituelle Fähigkeiten nachgesagt, da sie das konträre männlich-weibliche Prinzip harmonisch aufheben, im idealistisch höchsten Fall alle Sexualität transzendieren.

Homosexualität stand bei der Frage, Kathoey zu werden, keinesfalls im Vordergrund. In der heutigen postmodernen, globalisierten Einheitswelt ist nun wieder alles anders. Eine westlich orientierte Schwulenbewegung, mit ihren vielfältigen Schubladen und Kategorisierungsbestrebungen, trifft in Thailand auf Widersprüche wie gegenseitiges Missverständnis. Homosexuelle mit dem Anspruch einer eigenen Identität oder gar "Schwul als selbständige Lebensform" gab es in Thailand nicht. Das heißt aber nicht, dass nicht dem Spaß an der Homosexualität ausgiebig gefrönt wurde. Sex fand im privaten, im nicht diskutierbaren Raum, statt. Denn es gibt im Buddhismus keinen restriktiven Gott, der körperliche Zärtlichkeiten reglementiert. Schwuler Sex unter Jungen, unter Männern war Bestandteil eines Spektrums der vielfältigen Möglichkeiten, ohne dass dafür neue gesellschaftliche Identitäten geschaffen werden mussten.

Das neue "Gay-Bewusstsein", welches sich in Thailand in den letzten Jahren immer stärker öffentlich artikulierte, steht in einem gewissen Widerspruch zu dem thailändisch, traditionellen "Greng-Djai"-Prinzip, welches in Fragen offener gesellschaftlicher Konfrontation Zurückhaltung fordert. Toleranz ist eben nicht Akzeptanz.

Doch die wahren Brecher mythologisch gefestigter Traditionen sitzen oft ganz oben in der Regierung. So ist die Idee der "Neuen Sozialen Ordnung", welche Homosexualität brandmarkt und mit polizeistaatlichen Methoden verfolgt, eher sehr un-thailändisch einer restriktiven chinesischen Familientradition entsprungen. Verantwortliche versuchen, ihre eigenen, sehr eng gefassten, sexuellen Phantasien zum allgemeingültigen, gesellschaftlichen Kodex durchzusetzen.

Das muss langfristig scheitern in einer Gesellschaft, für die der Kathoey schon immer das war, was er ist: Die Erinnerung daran, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, als nur Mann und Frau.

Kathoeys verstehen sich meistens als Frauen in Männerkörpern und streben entsprechend geschlechtsangleichende Maßnahmen an, um den Körper dem Identitätsgeschlecht anzupassen.

Kathoeys sind häufig im Rotlichtmilieu anzutreffen, auch weil es meist außerordentlich schwierig ist, eine andere Beschäftigung zu finden. Ebenso ist die Selbstmordrate unter Kathoeys signifikant höher als die der Restbevölkerung.

Verglichen mit westlichen Gesellschaften, wo Transgender und Transsexuelle erst seit relativ kurzer Zeit sichtbar sind und ihre Rechte einfordern, sind in Thailand die Kathoeys wesentlich sichtbarer und akzeptierter. Dies wird häufig auf die buddhistische Kultur zurückgeführt, die großen Wert auf Toleranz legt. Jedoch sind die Familien (insbesondere die Väter) manchmal enttäuscht, wenn ein Sohn zum Kathoey wird. Ebenso gibt es in Thailand bisher keine gesetzliche Anerkennung von Kathoeys, also keine juristische Möglichkeit der Änderung des einmal in den Identitätspapieren verzeichneten Geschlechts (zur rechtlichen Situation in Deutschland vergleiche Transsexuellengesetz (TSG)).

Eine der bekanntesten Kathoeys in Thailand ist Parinaya Charoemphol (früher: Nong Toom), ehemaliger Thai-Box-Meister.

Sie begann den Wechsel der Geschlechtsrolle und die Hormonbehandlung bereits, als sie noch aktiv im Ring stand, und beendete ihre Karriere 1999, als sie sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog.

Ihr Leben wurde im Film Beautiful Boxer von 2003 erzählt.

Ebenfalls filmisch wurde das Thema in Iron Ladies verarbeitet.
Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, als Mitte der neunziger Jahre eine von Kathoey dominierte Volleyballmannschaft ein wichtiges thailändisches Turnier gewann.

Thailand verbietet kosmetische Kastration

Wir hatten darüber berichtet, dass eine zunehmende Zahl von Jugendlichen die Kastration als ersten Schritt zur Geschlechtsumwandlung ansieht und durchführen lässt. Nunmehr hat die Regierung reagiert und Krankenhäuser und Kliniken angewiesen, keine Kastration an Minderjährigen aus kosmetischen Gründen mehr vorzunehmen.
In Thailand wird dieser erste Schritt als Billigversion einer kompletten Geschlechtsumwandlung angesehen. Und dies will nun die Regierung nach einem internationalen Aufschrei nicht mehr so kommentarlos stehen lassen. In einem Brief an 16.000 private Krankenanstalten, stellte die Regierung im Falle einer Kastration von Minderjährigen als ersten Schritt zu einer Geschlechtsumwandlung eine Gefängnisstrafe von 6 Monaten in Aussicht. Für eine Geschlechtsumwandlung schreibt das Gesetz eine umfangreiche pshychologische Betreuung und Beratung vor. Bisher war Kastration nicht als Geschlechtsumwandlung angesehen worden und daher ohne diese durchgeführt worden. Mit dem Brief erfolgte eine erforderliche Klarstellung.

Allerdings handelt es sich um eine vorübergehende Schnellaktion der Regierung. Tara Chinakarn vom Gesundheitsministerium stellte fest, dass die Kastration heutzutage ein so schneller und einfacher Eingriff sei, dass die Überwachung der Maßnahme kaum möglich ist. „Es ist schwer, solche Kliniken zu erwischen, dauert die Operation doch nur 15 bis 20 Minuten…“

Thailand hat weltweit die meisten „Ladyboys“ oder katoey wie sie in Thai genannt werden. Damit werden Transvestiten bis hin zu Personen mit komplett erfolgter Geschlechtsumwandlung beschrieben. Die Toleranz gegenüber diesem „Dritten Geschlecht“ hat das Land zu einem Ziel von Menschen werden lassen, die hier eine Geschlechtsumwandlung anstreben.

Also liebe Urlaubermänner, Vorsicht ist angesagt. Oft sind die hübschesten Frauen nicht, was sie zu sein scheinen. Ach ja, und einmal im Jahr wird der/die/das schönste Katoey gewählt.

Es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele Katoeys im täglichen Leben unerkannt eine Heimat im neuen Körper gefunden haben. Aber in jeder Seifenoper spielen Katoeys wichtige Nebenrollen. Sie sind ein selbstverständlicher Bestandteil der Gesellschaft.

Keine Röcke für Transsexuelle

Der Rat der Universitäts Presidenten von Thailand (CUPT) hat am Montag in einer Sitzung beschlossen, dass es Transsexuellen Abgängern der Abschlußklasse nicht erlaubt wird in Frauenkleidung bei der Abschlußzeremonie zu erscheinen. Der Vorsitzende der CUPT, Pirom Kamolratanakul, sagte, dass alle 23 Universitäten der Regelung zugestimmt haben.
Die Vereinigung der Transsexuellen hatte darum gebeten das Transsexuelle während der Zeremonie Frauenkleidung tragen dürfen.

Prof Pirom sagte, dass die Universitäten keine spezielle Regelung für die Kleidung in den Vorlesungen ausgegeben haben, aber sie müssen während der Zeremonie respektvoll gekleidet sein.

"So wie ich das sehen, haben sie das Recht ihre Meinung zu äußern," sagte er.

"An der Chulalongkorn Universität sind die Regeln nicht sehr strikt, aber sie müssen dem Institut gegenüber Respekt zeigen, denn das Institut respektiert auch deren Rechte."

Das Ladyboy-Phänomen

Wohl in keinem anderen Land der Welt sind Transsexuelle und weiblich agierende Männer so sichtbar wie in Thailand. Wie kam es zur vergleichsweise hohen Akzeptanz der Kathoeys?
1996 trat in Thailand trat eine Volleyball-Mannschaft aus Ladyboys zur nationalen Meisterschaft an - geschminkt und mit theatralischen Gesten galten sie zunächst als lustige Abwechslung. Doch die "eisernen Ladys", wie sie bald genannt wurden, konnten auch richtig gut spielen - und gewannen die Meisterschaft.

Wohl in keinem anderen Land sind Transsexuelle oder weiblich agierende Männer so sichtbar wie in Thailand. Ob in der Millionenstadt Bangkok oder auch im kleinen Dorf im der armen Isaan-Provinz - überfeminin agierende, teils wunderschöne Männer mit leichtem Hang zum Theatralischen und knapp geschnittener Kleidung shoppen auf dem Markt, arbeiten im Frisörsalon ebenso wie als Security-Guard in der Bank oder löffeln die Suppe in der Straßenküche. Während ihr Anblick in Berlin noch fremd oder ihre Anwesenheit in der ostdeutschen Provinz noch lebensgefährlich wäre, sind sie in der thailändischen Gesellschaft scheinbar gut integriert. Aber auch hier gibt es ein Stadt-Land-Gefälle: In Bangkok, Chiang-Mai oder Pattaya scheint es einen regelrechten Wettbewerb zu geben, wer der zickigste Ladyboy ist - in kleineren Orten verhalten sie sich zurückhaltender.

Berühmt ist Thailand auch für seine Ladyboy-Shows. Das "Tiffany", Pattayas berühmtesten und ältestes Transvestiten-Kabarett, ist weit über die Grenzen des Landes bekannt. 1974 hat die Tiffanny's-Show erstmals mit ganzen drei Ladys die Besucher begeistert; inzwischen haben Millionen internationaler Besucher die Veranstaltungen im "Palast der Dekadenz und Eleganz" besucht. In dem Kabarett wird auch jährlich der "Miss International Queen"-Contest ausgetragen.

Im Gegenzug lockt Thailand jährlich Hunderte Transsexuelle aus aller Welt an, die ihren Urlaub für eine Geschlechtsanpassung nutzen. Die plastischen Chirurgen des Landes gelten als ausgewiesene Experten auf diesem Gebiet, zudem kostet eine Operation in Thailand mit rund 6.000 Euro nur ein Bruchteil dessen, was man in Europa oder Amerika dafür hinblättern müsste. Preecha Tiewtranon, Thailands bekanntester Facharzt für plastische Chirurgie, hat selbst bereits über 3.000 Geschlechtsanpassungen vorgenommen. Rund 90 Prozent seiner Patienten kommen aus dem Ausland.

 Die Geschlechtergrenzen in Thailand sind fließend


Die Geschlechtergrenzen sind im ehemaligen Siam viel fließender als im Westen. Die Ladyboys oder Kathoeys, wie sie in Thailand auch genannt werden, passen so gar nicht in das gewohnte Schema von Trans-, Homo-, Bi- und Heterosexualität. Als Kathoeys bezeichnen sich heute sowohl Mann-zu-Frau-Transsexuelle als auch weiblich agierende Schwule.

Thailands Kathoeys kennen kein Coming-out: Auch der Thailand-Tourist kann im Straßenalltag beobachten, dass sich Jungs bereits lange vor der Pubertät eher weiblich verhalten - und das dann auch ausleben, während sich deutsche Transsexuelle eher verstecken und nicht zugeben wollen, dass sie anders empfinden als der Mainstream.

Leicht ist der Ladyboy-Alltag in Thailand nicht immer, wie ein Beispiel aus der Provinz Chiang Mai (600 Kilometer nördlich von Bangkok) zeigt: Nach Problemen sowohl in den Mädchen- als auch in den Jungstoilette hat eine Techniker-Berufsschule ein eigenes Kathoey-Klo eingerichtet. Die "rosa Lotosblume" getaufte Toilette darf nur von den 15 transsexuellen Schülern benutzt werden - für die anderen 1.500 Schüler ist der Raum tabu. Der Rektor hat die Änderung veranlasst, nachdem es immer wieder zu Zwischenfällen kam: "Die Transsexuellen haben zunächst die Damentoilette benutzt, aber die Mädchen waren genervt und haben Unfug mit ihnen getrieben", so Posaporn Promprakai, "die Jungs haben sie dann geneckt und verjagt. Dann kamen sie mit Tränen in den Augen zu mir gerannt." Mit dieser Entscheidung will er die Transsexuellen allerdings nicht politisch aufwerten: "Wir unterstützen nicht ihre Entscheidung, so zu sein, wie sie sind. Ich habe nur gesehen, dass es eine Gruppe gibt, die unglücklich an der Schule ist. Jetzt geht's ihnen aber viel besser."

 Kathoeys schon in Schriftstücken aus dem 13. Jahrhundert


Die Grund für die relative Akzeptanz von Tunten liegt in der Geschichte Thailands, die nicht von christlichen Dogmen bestimmt wurde wie hierzulande. Der australische Universitätsprofessor Peter A. Jackson - wohl der wissenschaftliche Experte in der Kathoey-Forschung - sieht die kann die historische Entwicklung Jahrhunderte zurückverfolgen. Er schreibt, dass sogar vor dem Siegeszug des Buddhismus im 13. Jahrhundert Ladyboys existiert haben. Allerdings gibt es nur wenige Quellen, da nicht viele Schriftstücke aus dieser Zeit erhalten sind. Er geht davon aus, dass es keine Schwulen nach modernem Verständnis gab. Es existierten zwar durchaus Männer, die miteinander schliefen - allerdings verhielt sich dann immer ein Part weiblich, ein anderer männlich.
Dieses geschlechtsgebundene Konzept der Sexualität wird daraufhin in der thailändischen Version des Buddhismus fortgeführt. Für Männer gab es nur zwei Geschlechtskategorien: "Phu-chai", bedeutet schlicht Mann und bezeichnet jeden "echten Mann", der sich männlich verhält und mit Frauen schläft. Die andere ist Kathoey - damit ist jeder gemeint, der sich nicht an diese Konvention hält. Anders als im Christentum kamen diese Männer in Thailand nicht auf den Scheiterhaufen; es existieren Berichte, in denen selbst von Mönchen die Rede ist, die die Geschlechtsnormen beugen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat der Einfluss des Westens diese strikte Unterscheidung aufgelöst. Neue Identitäten kamen hinzu, allen voran der als "gay" bezeichnete moderne schwule Mann. Zudem hielt das Wort "bai" Einzug (von bisexuell) - meist werden dort männlich agierende Schwule ohnehin für bisexuell gehalten, da angenommen wird, dass sie sowohl bei Frauen als auch bei Männern den aktiven Part übernehmen. Für sie gibt es sogar einen Namen: Seua-Bai (wörtlich: Bi-Tiger). Auch beim neuen Wort "Gay" ist die Unterscheidung zwischen aktiv und passiv wichtig: Als "Gay-Queen" wird der passive schwule Sexpartner bezeichnet, der sich zudem eher weiblich verhält. Sein Gegenstück ist der "Gay-King".

Ein Ladyboy boxt sich nach oben


Kathoeys müssen sich in Thailand nicht verstecken. Sie sind zwar nach wie vor oft in typischen "Tunten-Berufen" anzutreffen - aber sie können auch in Macho-Domänen vordringen, was in Deutschland derzeit undenkbar ist. Besonders faszinierend ist die Geschichte des Ladyboy-Boxers Nong Tum, der stets vorbildlich geschminkt im Ring erschien. Ein Henry Maske oder Dariusz Michalczewski wären wohl kaum gegen einen transsexuellen Boxer angetreten. In den neunziger Jahren heimste Nong Tum allerdings einen Preis nach dem anderen ein. Das Land lag ihm zu Füßen. "Mein Körper ist der eines Kämpfers, aber in meinem Herzen bin ich eine Frau", sagte er einmal in einem Interview. "Manchmal, wenn meine Gegner gut aussehen, fällt es mir schwer, sie niederzuschlagen".

Seine Geschichte, die auch im preisgekrönten Film "Beautiful Boxer" nacherzählt wird, ist durchaus typisch für Kathoeys: Schon als Kind in der thailändischen Provinz experimentiert Nong Tum mit Lippenstift und wünscht sich nichts sehnlicher als lange Haare zu haben. Während die Mutter noch Verständnis für die Gefühle ihres Sohnes aufbringt, tobt der konservative Vater und steckt ihn zur "Heilung" ins Kloster. Doch auch das hilft nichts. Die zufällige Begegnung mit einem Kick-Box-Trainer weckt in dem verwirrten Jungen dann verborgene Talente: Er hasst zwar Gewalt, steigt aber dennoch in den Ring - und siegt und siegt und siegt. Bald trägt er auch im Ring Schminke und verwirrt so seine Gegner. Das Ergebnis: 18 Knockouts in 22 Kämpfen. Mit dem Preisgeld unterstützt er seine armen Eltern - und legt sich etwas für eine Geschlechtsanpassung zur Seite. 1999 dann wird aus dem Boxer eine Frau. Nach langer Pause steigt sie Anfang 2006 im thailändischen Pattaya wieder in den Ring - und besiegt einen Japaner.

Neben erfolgreichen Sportlern sind in den thailändischen Medien Kathoeys nahezu allgegenwärtig. So gehören sie in Seifenopern oder Filmen stets dazu - mehr noch als hierzulande der Alibi-Schwule. Allerdings werden sie auch steroptyp überzeichnet. Kreischend und rastlos huschen sie über den Bildschirm. Alternativ stellen sie auch den Schurken dar, wie zuletzt im erfolgreichen Kinostreifen "Tom Yam Goong" ("Die Rache des Kriegers"). Dort herrscht die kalte und herzlose "Madame Rose" über die Unterwelt von Sydney.

Filme wie "The Adventures of Iron Pussy" sind die Ausnahme: In dem trashigen Agenten-Parodie-Musical von Apichatpong Weerasethakul ist die Tunte die unangefochtene Heldin, der alle Sympathien zu fallen. Im wahren Leben ein unauffälliger schwuler Kassierer in einem der unzähligen 7-Eleven-Shops in Bangkok, läuft Iron Pussy als Spitzenagentin im Dienst seiner Majestät zur Hochform auf. In Stöckeln, mit Perücke, Kleid und Make-Up kämpft sie gegen das Böse und für Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe. Ihre geschlechtliche Identität ist im Film kein Thema: Sie wird von allen Männern begehrt und von allen Frauen beneidet. Und nur eine einzige konservative Dame vom Geheimdienst nimmt es ihr übel, dass sie früher als Gogo-Boy gearbeitet hat.

Kaum körperliche, aber verbale Gewalt


Die Realität sieht freilich oft anders aus: Im kastenartigen Sozialgefüge Thailands nehmen die Kathoeys nach wie vor einen Platz ganz unten ein. Von außen gesehen, scheinen sie voll integriert zu sein. Übergriffe sind in Thailand weitgehend unbekannt. Aber es gibt Wege, Kathoeys das Leben zur Hölle zu machen: So wird über Ladyboys oft getratscht. Oder sie verlieren viel leichter ihren Job als andere. Besonders schlimm kann es in der eigenen Familie zugehen, die dort oft nach außen so abgeschirmt ist, dass weder Freunde noch die Polizei den Umfang der Misshandlungen erfahren - die von Vergewaltigungen bis hin zum Mord reichen können. Auch kleine Kinder rufen femininen Männern auf der Straße bereits "Kathoey Kathoey" hinterher.
Unterstützt wird diese Ablehnung vom Glauben mancher buddhistischer Geistlicher. Sie argumentieren, dass Kathoeys geboren werden, weil sie in einem vorherigen Leben eine schlimme Sünde begangen haben, die Schuld an dieser Wiedergeburt im falschen Körper. Dabei könnte es sich um Prostitution, Ehebruch oder auch Kindesmissbrauch handeln. Aber auch nach dieser Auslegung ist weder Homo- noch Transsexualität eine Sünde an sich. Damit wird lediglich eine Art "karmische Schuld" zurückgezahlt. Darum müssten Kathoeys eher bemitleidet werden als gehasst. Doch für viele Väter sieht die Sache anders aus, wenn ihr Sohn plötzlich mit Lippenstift experimentiert: Sie wollen - wie auch im Westen - lieben einen Sohn, der die Geschlechtergrenzen nicht durchbricht.

Seit den achtziger Jahren hat die Aids-Problematik das Klima für Katheoys verschärft. Kommentatoren und konservative Politiker argumentierten, dass homosexueller Verkehr ein Zeichen von mangelnder Selbstkontrolle ist. Außerdem stieg durch die wachsende Beliebtheit Thailands auch der Anteil von Ladyboys, die sich prostituierten - in einem Land, in dem Zurückhaltung als größte Tugend gilt, ist das aggressive Suchen von Ladyboys nach Freiern ein großes Problem. So wurde es für Katheoys gleichzeitig schwerer, einen regulären Job zu finden und einfacher, auf den Strich zu gehen, was in Thailand offiziell illegal ist. Auch Ladyboy-Gangs, die gezielt Touristen mit Hilfe von K.O.Tropfen ausrauben, haben am Image der Kathoeys gekratzt. Viele Reiseführer warnen pauschal vor jedem Kontakt mit dem dritten Geschlecht.

Diskriminierungsverbot aufgrund "anderer sexueller Identitäten" in der Verfassung


Auf der anderen Seite konnten im Kampf um Gleichberechtigung und Emanzipation einige Fortschritte erzielt werden. So hat die thailändische Regierung erst 2005 den Bann von Schwulen und Ladyboys im Militär aufgehoben. Auch Transsexuelle sind nun zum Wehrdienst in der Royal Thai Army zugelassen. In Thailand gilt eine allgemeine Wehrpflicht, durch Zufall ausgewählte Männer im Alter von 20 Jahren müssen für zwei Jahre dienen. Schwule und Kathoeys waren sowohl von der Pflicht- als auch der Berufsarmee bisher ausgeschlossen - durch Ärzte, die ihnen eine "Geisteskrankheit" diagnostizierten. Man reagiere mit der Entscheidung auf gesellschaftliche Entwicklungen, erklärten die Militärs lapidar. Größter politischer Erfolg ist das Diskriminierungsverbot aufgrund "anderer sexueller Identitäten" in der neuen thailändischen Verfassung von 2007.

Auch die große thailändische Optiker-Kette Top Charoen Optical hatte sich nach Medienveröffentlichungen und Protestaktionen bei den Ladyboys des Landes für einen diskriminierenden TV-Werbespot entschuldigen müssen. In dem Fernseh-Spot wurde eine Tunte zusammengeschlagen, weil sie einen Mann auf einer öffentlichen Toilette angesprochen hat. Der Ladyboy fragte erst nach der Zeit, bot aber nach der mürrischen Antwort des Mannes, dass er keine Uhr dabei habe, eine Armbanduhr zum Kauf an. Aus dem Off ertönte anschließend der Hinweis: "Wer jetzt eine Brille bei Top Charoen bestellt, bekommt eine Uhr gratis."

Immer mehr junge Thais verstehen sich als "gay"


Es ist schwer vorauszusehen, wie sich die Thailands Kathoey-Community in den nächsten Jahren weiter entwickelt wird. Im Westen hat der Einfluss der Travestie innerhalb der schwulen Community die letzten Jahrzehnte abgenommen. Mit dem Konzept der Homo-Ehe drängt die ehemals verabscheute Gruppe in die Mitte der Gesellschaft. Bleibt abzuwarten, ob junge Thailänder sich eher als "Gay" identifizieren und einen gleichgestellten Partner suchen - oder doch die Identität als Kathoey bewahren, die den Unterschied der Geschlechter betont. Bislang sind die Ladyboy-Shows aus Bangkoks Gay-Discos kaum wegzudenken. Und mit "Kathoey Hua Pook" (Skinhead-Ladyboy) gibt es im Szene-Slang bereits einen Begriff für Schwule, die sich männlich geben.

 Dank des prominenten Volkslied-Sängers Pooyfaay hat Thailand auch eine eigene kleine Ladyboy-Emanzipationshymne.

 In seinem Song "Kathoey" hat es Gruppe von Tunten satt, ständig diskriminiert zu werden, sie betont die schönen Seiten des Andersseins und fordert gesellschaftliche Akzeptanz. Natürlich mit der typisch thailändischen Gelassenheit: Wenn ein ignoranter Mottoradtaxi-Fahrer mal wieder keinen Ladyboy als Fahrgast akzeptiert, wartet man halt auf das nächste Tuktuk, das vom einen anderen Kathoeys gesteuert wird. Denn, so der Tenor des Songs: "Wir sind überall!"


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