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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2013
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Transgender aus der
Sicht einer Aktivistin für das Recht auf Selbstbestimmung!
Die deutschen Standards sind insgesamt so gestaltet, daß das
Kongruenzgebot und das Unveränderlichkeitsgebot durch den Geschlechtswechsel
Transsexueller nicht in Frage gestellt werden.
Zwangstherapie und Zwangsoperation schließen ein auf
Lebenssituation, Biographie und Phantasie der betroffenen Person aufbauendes
Auffinden individueller Lösung aus. Es ist nicht vorgesehen, in
unterschiedlichem Ausmaß von Hormonen und operativen Veränderungen Gebrauch zu
machen.
Dass es aber genau um das Auffinden solcher individueller Lösungen
geht, wird durch die Transgenderbewegung deutlich, deren politisches coming out
in den USA zu einer Reihe von Veränderungen geführt hat, die von manchen -
vielleicht etwas voreilig - bereits als gender Revolution bezeichnet werden.
Doch selbst
wenn das Ausmaß der Veränderung noch nicht einer Revolution gleichkommt:
Das Paradigma der zweigeschlechtlichen Ordnung wird durch
Lebenspraxen und politische Forderungen von Transgenderisten in Frage gestellt.
Andere Möglichkeiten der Geschlechtsidentität werden somit
denkbar, zum Beispiel, als Frau mit Penis zu leben, oder das Geschlecht mehrere
Male zu wechseln. Oder auch, die Fruchtbarkeit im Ausgangsgeschlecht nicht
aufzugeben und so vielleicht als Mann mit Gebärmutter und Eierstöcken gebärfähig
zu sein.
Im Zentrum der
Forderungen und Lebenspraxen steht die Subjektivität der Betroffenen, die ihre
Geschlechtsidentität nicht länger dem "normalen" Verständnis von
Mann- und/oder Frausein unterordnen.
Als ein erster Erfolg der politischen
Transgenderbewegung kann die Abschaffung von Zwangstherapie und Zwangsoperation
in der überarbeiteten Fassung der klassischen Behandlungsstandards, der
"Standards of Care" von 1998 gewertet werden.
Mit dem Abrücken vom Kongruenz- und Unveränderlichkeitsgebot
werden zwei zentrale Säulen der zweigeschlechtlichen Ordnung untergraben.
Die Benjamin-Standards tragen der Tatsache Rechnung, dass es ein
Kontinuum von Geschlechtern gibt, in dem es auch zu ungewohnten Kombinationen
von Genitalien und Geschlechtsidentität kommt.
Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung der deutschen
Standards erschienen, stellt die fünfte überarbeitete Version der Standards of
Care for Gender Identity Disorders (kurz: Benjamin-Standards) der Harry
Benjamin International Gender Dysphoria Association (HBIGDA) einen
entscheidenden Schritt vorwärts auf dem Weg hin zu mehr geschlechtlicher
Selbstbestimmung dar.
Die bis 1998 gültige vierte Version der Benjamin-Standards
von 1990 - inhaltlich den deutschen Standards von 1997 sehr ähnlich - war seit
Beginn der 90er Jahre heftig diskutiert und kritisiert worden.
Die
Kritik der Betroffenen richtete sich zum einen gegen die von den Standards
unterstützte Definition von Transsexualität als Geisteskrankheit, zum anderen
ging es um das körperliche Selbstbestimmungsrecht von Transsexuellen.
Zu Beginn der 90er Jahre argumentieren die
Benjamin-Standards lediglich aus der Sicht der Medizin und stellen die
Einhaltung von bestimmten professionellen Standards ähnlich wie die deutschen
Standards von 1997 in den Mittelpunkt:
Auf der Grundlage einer genauen Diagnose erfolgt eine
Behandlung und somit ein körperlicher Eingriff, der das Befinden der Patientinnen
aller Voraussicht nach verbessern wird.
In der Version von 1998 dreht sich diese Perspektive in
ersten Ansätzen um. Nun wird von den Patientinnen ausgegangen: Voraussetzung
für jede Form von Eingriff ist deren Zustimmung, die auf der Grundlage
ausreichender Information erfolgt.
Mit der 98er-Version
der Benjamin-Standards kommt es zu einem Abrücken von der medizinzentrierten
Begründungsform.
Diese Veränderung kann als Ergebnis der
von Betroffenen geübten Kritik und als erster Erfolg einer Einmischung der
Transgendergemeinschaft in den wissenschaftlichen Diskurs gewertet werden.
Zu den Veränderungen
in der überarbeiteten Version gehört weiter, dass die Unterscheidung zwischen
"echten" und "falschen" Transsexuellen aufgegeben wird.
Das Kriterium der Unterscheidung zwischen echten und
nicht-echten Transsexuellen war der Operationswunsch, der in den deutschen
Standards immer noch festgeschrieben ist. Durch den Verzicht auf eine
Definition von Transsexualität umgehen die Benjamin-Standards das Problem der
Vereinheitlichung und Homogenisierung von Transsexuellen.
Weiterhin sind
Medizin und Psychiatrie nicht automatisch für die Behandlung von Unsicherheiten
und Problemen in Bezug auf Geschlechtsidentität zuständig, sondern nur dann,
wenn das Befinden einer Person dauerhaft beeinträchtigt ist.
Die Benjamin-Standards verweisen auf die vielen
unterschiedliche Formen, in denen es zu solchen Beeinträchtigungen kommen kann.
Unter denjenigen, die mit ihrer zugewiesenen Geschlechtsidentität unzufrieden
sind, gibt es lediglich einige, die den dauerhaften Wunsch nach einer
operativen Veränderung des Körpers besitzen.
Damit wird der in der
Transgendergemeinschaft gelebten Vielfalt von Körpern und Geschlechtern
Rechnung getragen. Die Operation ist nicht länger das ultimative Ziel jeder
Geschlechtsumwandlung.
Und die therapeutische Begleitung ist
nicht absolut notwendiger Bestandteil des Geschlechtswechsels.
Sie ist keine notwendige Voraussetzung für die Hormonvergabe
und auch nicht für eine eventuelle Operation. Therapeutische Betreuung wird
lediglich empfohlen.
Die
Festschreibung einer bestimmten Dauer der Therapie, wie sie die deutschen
Standards vornimmt (mindestens 1 Jahr vor der Vergabe von Hormonen, mindestens
11/2 Jahre vor einer Operation), wird abgelehnt, da eine solche Restriktion den
individuellen Unterschieden keinen Raum lässt.
Das Ziel der Therapie ist nicht die Bestätigung der Diagnose wie in den
deutschen Standards, sondern die Aufklärung der Betroffenen über verschiedene
Möglichkeiten, das Leben im Wunschgeschlecht zu realisieren.
Auch damit, daß die Benjamin-Standards explizit nicht vom Alltagstest,
sondern von der Alltagserfahrung sprechen, legen sie den Schwerpunkt auf die
Perspektive der Betroffenen.
Es geht nicht darum,
die eigene Diagnose zu testen, sondern darum, dass Betroffene Erfahrungen mit
dem Leben im neuen Geschlecht machen.
Ein
Alltagstest wird abgelehnt, da er die Fähigkeit zur erfolgreichen Anpassung an
das neue Geschlecht mit dem Vorhandensein einer Geschlechtsidentitätsstörung
gleich setzt. Über den Zeitpunkt, an dem das Leben in der gewünschten
Geschlechtsrolle auch im Alltag umgesetzt werden soll, entscheiden die
Betroffenen selbst.
Als Ziel der Behandlung insgesamt wird nicht die
Übereinstimmung von Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität definiert,
sondern die persönliche Zufriedenheit der behandelten Person.
Insgesamt orientieren sich die Benjamin-Standards stärker an
den Lebensproblemen der Betroffenen als die deutschen Standards.
Sie schreiben weder Therapie noch Operation vor.
Damit wird zugelassen, dass es Abweichungen von den
vorherrschenden Regeln über Geschlechtlichkeit gibt.
Transsexuelle, die ihr Geschlecht auch
ohne Therapie und/oder Operation leben können, werden nicht dazu gezwungen, den
Geschlechtswechsel durch den Bezug auf ein "eigentlich immer schon"
ungeschehen zu machen und den Körper und das Wunschgeschlecht den gängigen
Regeln nach miteinander zu kombinieren.
Seit 1997 ist die Transgendergemeinschaft durch die Wahl
zweier ihrer Vertreterinnen in den Vorstand der Harry Benjamin International
Gender Dysphoria Association (HBIGDA) auch institutionell verankert und
offiziell dazu eingeladen, sich an der Diskussion über die endgültige Version
der Benjamin-Standards zu beteiligen.
Damit findet die
jahrelange Ignoranz und Abwertung der Meinungen Betroffener zumindest in ersten
Ansätzen ein Ende.
Wie ist es zu dieser
Anerkennung und dem Einfluss auf den medizinischen Diskurs gekommen?
Ein neues Verständnis von Geschlecht,
besonders im Umgang mit Transsexualität, wurde im Verlauf der neunziger Jahre
an verschiedenen Orten sichtbar. So entstand Mitte der Neunziger die
International Bill of Gender Rights, die sich als Ergänzung zu den gängigen
Menschen- und Bürgerrechten versteht und die allen Menschen das Recht
zuspricht, ihre Geschlechtsidentität unabhängig von Chromosomen, Genitalien, Geschlechtszuweisung
bei der Geburt oder ursprünglicher Geschlechtsrolle frei zu wählen.
Auch
das Recht auf die Selbstbestimmung körperlicher Veränderungen wird hier
eingeklagt.
Ebenfalls Mitte der Neunziger wurden die sogenannten
"Health Law Standards of Care for Transsexualism" entworfen, die sich
als Alternative zu den Benjamin-Standards verstehen und von einem
Selbstbestimmungsrecht der geschlechtlichen Identität und der körperlichen
Veränderungen ausgehen.
Weiterhin sorgen eine ganze Reihe von Organisationen für die
Verbreitung der Transgender-Idee, so zum Beispiel der American Educational
Gender Information Service AEGIS, die International Foundation of Gender
Education, die Intersex Society of North America oder Press for Change aus
England, um nur einige zu nennen.
Neu ist, daß seit Beginn der 90er Jahre in der Wissenschaft
viele Beiträge von Leuten verfasst werden, die sich selbst zur
Transgender-Gemeinschaft zählen.
Als akademisches
Unterfangen haben die Transgender Studies sich zum Ziel gesetzt, anders als die
gängigen medizinisch-juristischen oder moralisch-wertenden Diskurse mit dem
Thema Geschlechtsidentität umzugehen.
Unter dem Label Transgender findet eine positive
Identifikation mit der eigenen Geschichte statt.
Ziel ist nicht länger, den Geschlechtswechsel unsichtbar zu
machen, um damit umso natürlicher als Mann bzw. Frau zu erscheinen.
Damit findet die jahrelange Praxis Transsexueller ein Ende,
nach dem Geschlechtswechsel möglichst völlig in der neuen Geschlechtsrolle
aufzugehen und die eigene Geschichte zu leugnen.
Der alte, zumindest die öffentliche Wahrnehmung bis vor kurzem
dominierende Umgang mit Transsexualität ließ (und lässt) sich ohne Probleme in
die zweigeschlechtliche Ordnung integrieren.
Selbst wenn es Leute gab, die anders mit ihrem
Wunschgeschlecht umgegangen sind, so traten sie nicht an die Öffentlichkeit.
Die offene Identifikation als Transgenderist ermöglicht es, auch nach dem
erfolgreichen Geschlechtswechsel für die Überwindung der binären
Geschlechterordnung einzutreten.
Neben die bislang erzählte Geschichte von Männern, die schon als kleine
Jungs am liebsten mit Puppen spielten, sich heimlich die Kleider ihrer Mütter
anzogen und für die eine Operation das Erreichen all ihrer sehnlichsten Wünsche
darstellte, treten nicht nur Darstellungen des Übergangs in die andere
Richtung, also von Mann zu Frau, sondern auch solche, die Ambiguität gegenüber
Kontinuität betonen.
Damit wird auch außerhalb der Wissenschaft und
Selbsthilfeorganisationen in den Medien eine andere Geschichte vom Übergang
erzählt und somit sichtbar.
Das trans bleibt nicht länger auf die Phase des Übergangs
von einem zum anderen Geschlecht beschränkt, es wird zu einer Identitätskategorie,
in die Differenz und Diskontinuität von Anfang an eingeschrieben sind. Es gibt
keine naturalistische Fundierung mehr von Geschlecht, und es gibt keine
eindeutige und dauerhafte Zuordnung nach dem Raster der Hetero- bzw.
Homosexualität.
… und der Rest?
Transgender ist eine politische Bewegung, deren Zeit
gekommen ist.
Bislang allerdings noch nicht in Deutschland. Hier gibt es
nur wenige Foren, wie http://trans-weib.blogspot.de/
in denen Transgenderisten für das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung
eintreten.
Besonders die Wahrnehmung von
Transsexuellen ist nach wie vor von der Idee des "falschen Körpers"
dominiert, den es auf jeden Fall zu korrigieren gilt.
Das zeigt sich u.a. auch daran, daß die Reaktion der
Betroffenen auf die in den deutschen Standards festgeschriebene Operation und
Therapie bestenfalls verhaltene Kritik (Transidentitas 1997), schlechtesten
falls offene Zustimmung war.
Die Zwangsoperation wird kaum in Frage gestellt, und auch
gegen eine Pathologisierung durch die Zwangstherapie sprechen sich bislang nur
wenige Betroffene aus.
Die deutschsprachigen Webpages zum Thema Transsexualität
sind dominiert von Tipps und Tricks für einen erfolgreichen Geschlechtswechsel
- erfolgreich im Sinne von im Nachhinein unsichtbar.
Ausnahmen wie http://trans-weib.blogspot.de/
sind rar, jedoch mit großer Wirkung auf die Bevölkerung!
Ein
weiteres Problem scheint zu sein, dass im Deutschen der Begriff Transgender synonym
mit Transsexualität verwendet wird.
Damit geht die Öffnung hin zu anderen Gruppen, die mit der
zweigeschlechtlichen Ordnung zu kämpfen haben, und damit auch die
grundsätzliche Infragestellung dieser Ordnung tendenziell verloren.
Wenn über
Möglichkeiten einer Transgenderbewegung in Deutschland nachgedacht wird, dann
sollte von Anfang an das gesamte Spektrum der potentiellen Bewegung in all
seinen Differenzen und Widersprüchen berücksichtigt werden.
So wird z.B. gerade
am Umgang mit Intersexuellen oder Zwittern die Brutalität, mit der die
Eindeutigkeit der zweigeschlechtlichen Ordnung immer wieder hergestellt wird,
besonders deutlich.
Für die USA zeichnet Cheryl Chase in "Hermaphrodites With Attitude"
(1998) anhand ihrer eigenen Geschichte nach, wie schmerzhaft Hermaphroditen die
Anforderungen der zweigeschlechtlichen Ordnung zu spüren bekommen.
Bei Kindern, die mit Uneindeutigen äußeren
Geschlechtsmerkmalen zur Welt kommen, wird durch die Medizin die Zuweisung
eines Geschlechts vorgenommen. In 90% der Fälle wird dabei das weibliche
Geschlecht gewählt, da dieses medizintechnisch "leichter"
herzustellen.
Der Körper wird operativ an das gewählte
Geschlecht angepasst, und dabei wird in Kauf genommen, daß viele Patientinnen
ihre sexuelle Empfindsamkeit einbüßen. Den Eltern wird normalerweise dazu
geraten, gegenüber dem Kind Stillschweigen über den wahren Charakter der
operativen und sonstigen medizinischen Eingriffe zu bewahren. Ab der Pubertät
und im Erwachsenenalter auftretende körperliche oder sexuelle Probleme können
so oft nur mit Mühe auf ihre eigentliche Ursache zurückgeführt werden, da die
medizinischen Unterlagen meist nur sehr schwer zugänglich sind.
In der BRD setzt sich die Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der
Pädiatrie und Gynäkologie, kurz AGGPG, für die Beendigung
geschlechtszuweisender Maßnahmen an Kindern ein.
Laut Michel Reiter, Mitbegründer der AGGPG, erfährt in
Deutschland etwa jedes 2000ste Neugeborene mediatisierte Zuweisungen .
Die Politik der AGGPG zeigt insofern erste Erfolge, als dass
es zur Zeit zu einer vermehrten Thematisierung der Existenz von Zwittern in den
Medien und damit im öffentlichen Bewusstsein kommt.
Die Forderung nach Selbstbestimmung tritt dabei
bedauerlicherweise oft hinter die Beschreibung von spektakulären
Einzelfallschicksalen zurück.
Auch im queeren Spektrum wird seit Anfang der 90er Jahre die
Forderung nach geschlechtlicher Selbstbestimmung nicht nur in Bezug auf das Begehren,
sondern auch auf den Körper, laut.
Es geht nicht mehr nur um die Anerkennung von
Homosexualität, sondern um das Zulassen von Geschlechtern und Körpern, die
innerhalb des homosexuellen Spektrums für Durcheinander sorgen.
So thematisiert Halberstam (1998)
mit dem Begriff der "Transgender Butch" die Schwierigkeiten,
überhaupt zwischen Frau-zu-Mann-Transsexuellen und Frauen, die als Lesben mit
einer männlichen Identität leben, zu unterscheiden.
Eine zunehmende Zahl von Lesben, die hart an der Grenze zum Passing
leben, also auf den ersten Blick eher als Mann denn als Frau gelesen werden,
treten mit ihrer Identität an die Öffentlichkeit.
Am Beispiel des Michigan Womyn's Music Festival, dem
größten, vorwiegend lesbischen Frauenfestival der USA, lässt sich ebenfalls
zeigen, wie trans und queer gängige Identiätsmuster unterwandern. Seit im Jahr
1991 Transsexuellen der Zugang zu diesem Festival verweigert wurde, gab es
beständige Auseinandersetzungen um die Frage, wer wann wie eine richtige Frau
sei und damit Zugang zum Festival hat. Aus Protest gegen ihren Ausschluss
organisierten Transgenderisten 1995 ein Camp Trans vor den Eingangstoren des
Festivals und protestierten damit gegen eine
"womyn-born-womyn-only"-Türpolitk. Sehr schnell verliefen die
Konfrontationslinien nicht mehr nur zwischen Festivalteilnehmerinnen und
Camp-Aktivistinnen, die Spannungen zwischen verschiedenen Varianten des "Frauseins"
kamen ebenfalls zu Tage.
So solidarisierten sich beispielsweise stone butches mit den
Transgenderisten, da ihre Geschlechtsdarstellungen ebenfalls mit einer auf
Weiblichkeit basierenden Ausschlusspolitik kollidieren.
Der Begriff queer trägt diesen Veränderungen und Spannungen
innerhalb der schwul-lesbischen Szene Rechnung und ist damit nicht als
einfaches Substitut für homosexuell zu verstehen. Er steht in beständiger
Spannung und in theoretischer wie politischer Verbindung zu Transgender.
Es gibt also
mindestens drei Perspektiven, die der Begriff Transgender umfasst:
Transsexualität, Intersexualität und Queer.
Die Gemeinsamkeit der
verschiedenen Strömungen und Bewegungen der US-amerikanischen
Transgenderbewegung liegt in der Kritik der hegemonialen zweigeschlechtlichen
Ordnung. Trotz dieser Gemeinsamkeit müssen jedoch auch die Differenzen sichtbar
bleiben:
Transsexualität
ist nicht dasselbe wie Intersexualität, und das Verhältnis zwischen Transgender
und Queer und der Lesben- und Schwulenbewegung wirft wiederum eigene Fragen
auf.
Wenn es also um die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten einer
Transgenderbewegung in Deutschland gehen soll, wären diese Verbindungen und
Spannungen sowohl theoretisch als auch praktisch von Anfang an zu reflektieren.
Auch hier wäre es an der Zeit, daß es zu einem Brüchig
werden der zweigeschlechtlichen Ordnung kommt. Und dies nicht nur im Interesse
von Mann-zz-Frau- und Frau-zu-Mann-Transsexuellen, drag kings und drag Queens,
Zwittern oder Schwulen und Lesben im queeren Spektrum, sondern auch im
"ganz normalen" Alltag.
Dies wird spätestens dann klar, wenn jede Frau und jedermann
sich mit der Frage nach den eigenen geschlechtlichen und körperlichen
Unstimmigkeiten im Vergleich zu dominanten Vorstellungen von "Frau"
und "Mann" konfrontiert und darüber nachzudenken beginnt, wie es um
die eigene geschlechtliche Identität und Praxis wohl bestellt sei, wäre es nie
zu Abstrafungen für nonkonformes Verhalten gekommen.
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