Mittwoch, 6. Februar 2013

Transgender aus der Sicht einer Aktivistin für das Recht auf Selbstbestimmung!



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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2013

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Transgender aus der Sicht einer Aktivistin für das Recht auf Selbstbestimmung!

Die deutschen Standards sind insgesamt so gestaltet, daß das Kongruenzgebot und das Unveränderlichkeitsgebot durch den Geschlechtswechsel Transsexueller nicht in Frage gestellt werden.
Zwangstherapie und Zwangsoperation schließen ein auf Lebenssituation, Biographie und Phantasie der betroffenen Person aufbauendes Auffinden individueller Lösung aus. Es ist nicht vorgesehen, in unterschiedlichem Ausmaß von Hormonen und operativen Veränderungen Gebrauch zu machen.
Dass es aber genau um das Auffinden solcher individueller Lösungen geht, wird durch die Transgenderbewegung deutlich, deren politisches coming out in den USA zu einer Reihe von Veränderungen geführt hat, die von manchen - vielleicht etwas voreilig - bereits als gender Revolution bezeichnet werden.

Doch selbst wenn das Ausmaß der Veränderung noch nicht einer Revolution gleichkommt:

Das Paradigma der zweigeschlechtlichen Ordnung wird durch Lebenspraxen und politische Forderungen von Transgenderisten in Frage gestellt.
Andere Möglichkeiten der Geschlechtsidentität werden somit denkbar, zum Beispiel, als Frau mit Penis zu leben, oder das Geschlecht mehrere Male zu wechseln. Oder auch, die Fruchtbarkeit im Ausgangsgeschlecht nicht aufzugeben und so vielleicht als Mann mit Gebärmutter und Eierstöcken gebärfähig zu sein.

Im Zentrum der Forderungen und Lebenspraxen steht die Subjektivität der Betroffenen, die ihre Geschlechtsidentität nicht länger dem "normalen" Verständnis von Mann- und/oder Frausein unterordnen.

Als ein erster Erfolg der politischen Transgenderbewegung kann die Abschaffung von Zwangstherapie und Zwangsoperation in der überarbeiteten Fassung der klassischen Behandlungsstandards, der "Standards of Care" von 1998 gewertet werden.

Mit dem Abrücken vom Kongruenz- und Unveränderlichkeitsgebot werden zwei zentrale Säulen der zweigeschlechtlichen Ordnung untergraben.

Die Benjamin-Standards tragen der Tatsache Rechnung, dass es ein Kontinuum von Geschlechtern gibt, in dem es auch zu ungewohnten Kombinationen von Genitalien und Geschlechtsidentität kommt.

Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung der deutschen Standards erschienen, stellt die fünfte überarbeitete Version der Standards of Care for Gender Identity Disorders (kurz: Benjamin-Standards) der Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association (HBIGDA) einen entscheidenden Schritt vorwärts auf dem Weg hin zu mehr geschlechtlicher Selbstbestimmung dar.
Die bis 1998 gültige vierte Version der Benjamin-Standards von 1990 - inhaltlich den deutschen Standards von 1997 sehr ähnlich - war seit Beginn der 90er Jahre heftig diskutiert und kritisiert worden.

Die Kritik der Betroffenen richtete sich zum einen gegen die von den Standards unterstützte Definition von Transsexualität als Geisteskrankheit, zum anderen ging es um das körperliche Selbstbestimmungsrecht von Transsexuellen.

Zu Beginn der 90er Jahre argumentieren die Benjamin-Standards lediglich aus der Sicht der Medizin und stellen die Einhaltung von bestimmten professionellen Standards ähnlich wie die deutschen Standards von 1997 in den Mittelpunkt:

Auf der Grundlage einer genauen Diagnose erfolgt eine Behandlung und somit ein körperlicher Eingriff, der das Befinden der Patientinnen aller Voraussicht nach verbessern wird.
In der Version von 1998 dreht sich diese Perspektive in ersten Ansätzen um. Nun wird von den Patientinnen ausgegangen: Voraussetzung für jede Form von Eingriff ist deren Zustimmung, die auf der Grundlage ausreichender Information erfolgt.

Mit der 98er-Version der Benjamin-Standards kommt es zu einem Abrücken von der medizinzentrierten Begründungsform.

Diese Veränderung kann als Ergebnis der von Betroffenen geübten Kritik und als erster Erfolg einer Einmischung der Transgendergemeinschaft in den wissenschaftlichen Diskurs gewertet werden.

Zu den Veränderungen in der überarbeiteten Version gehört weiter, dass die Unterscheidung zwischen "echten" und "falschen" Transsexuellen aufgegeben wird.

Das Kriterium der Unterscheidung zwischen echten und nicht-echten Transsexuellen war der Operationswunsch, der in den deutschen Standards immer noch festgeschrieben ist. Durch den Verzicht auf eine Definition von Transsexualität umgehen die Benjamin-Standards das Problem der Vereinheitlichung und Homogenisierung von Transsexuellen.

Weiterhin sind Medizin und Psychiatrie nicht automatisch für die Behandlung von Unsicherheiten und Problemen in Bezug auf Geschlechtsidentität zuständig, sondern nur dann, wenn das Befinden einer Person dauerhaft beeinträchtigt ist.

Die Benjamin-Standards verweisen auf die vielen unterschiedliche Formen, in denen es zu solchen Beeinträchtigungen kommen kann. Unter denjenigen, die mit ihrer zugewiesenen Geschlechtsidentität unzufrieden sind, gibt es lediglich einige, die den dauerhaften Wunsch nach einer operativen Veränderung des Körpers besitzen.

Damit wird der in der Transgendergemeinschaft gelebten Vielfalt von Körpern und Geschlechtern Rechnung getragen. Die Operation ist nicht länger das ultimative Ziel jeder Geschlechtsumwandlung.

Und die therapeutische Begleitung ist nicht absolut notwendiger Bestandteil des Geschlechtswechsels.

Sie ist keine notwendige Voraussetzung für die Hormonvergabe und auch nicht für eine eventuelle Operation. Therapeutische Betreuung wird lediglich empfohlen.

Die Festschreibung einer bestimmten Dauer der Therapie, wie sie die deutschen Standards vornimmt (mindestens 1 Jahr vor der Vergabe von Hormonen, mindestens 11/2 Jahre vor einer Operation), wird abgelehnt, da eine solche Restriktion den individuellen Unterschieden keinen Raum lässt.

Das Ziel der Therapie ist nicht die Bestätigung der Diagnose wie in den deutschen Standards, sondern die Aufklärung der Betroffenen über verschiedene Möglichkeiten, das Leben im Wunschgeschlecht zu realisieren.
Auch damit, daß die Benjamin-Standards explizit nicht vom Alltagstest, sondern von der Alltagserfahrung sprechen, legen sie den Schwerpunkt auf die Perspektive der Betroffenen.

 Es geht nicht darum, die eigene Diagnose zu testen, sondern darum, dass Betroffene Erfahrungen mit dem Leben im neuen Geschlecht machen.

Ein Alltagstest wird abgelehnt, da er die Fähigkeit zur erfolgreichen Anpassung an das neue Geschlecht mit dem Vorhandensein einer Geschlechtsidentitätsstörung gleich setzt. Über den Zeitpunkt, an dem das Leben in der gewünschten Geschlechtsrolle auch im Alltag umgesetzt werden soll, entscheiden die Betroffenen selbst.

 Als Ziel der Behandlung insgesamt wird nicht die Übereinstimmung von Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität definiert, sondern die persönliche Zufriedenheit der behandelten Person.

Insgesamt orientieren sich die Benjamin-Standards stärker an den Lebensproblemen der Betroffenen als die deutschen Standards.

Sie schreiben weder Therapie noch Operation vor.

Damit wird zugelassen, dass es Abweichungen von den vorherrschenden Regeln über Geschlechtlichkeit gibt.

Transsexuelle, die ihr Geschlecht auch ohne Therapie und/oder Operation leben können, werden nicht dazu gezwungen, den Geschlechtswechsel durch den Bezug auf ein "eigentlich immer schon" ungeschehen zu machen und den Körper und das Wunschgeschlecht den gängigen Regeln nach miteinander zu kombinieren.

Seit 1997 ist die Transgendergemeinschaft durch die Wahl zweier ihrer Vertreterinnen in den Vorstand der Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association (HBIGDA) auch institutionell verankert und offiziell dazu eingeladen, sich an der Diskussion über die endgültige Version der Benjamin-Standards zu beteiligen.

Damit findet die jahrelange Ignoranz und Abwertung der Meinungen Betroffener zumindest in ersten Ansätzen ein Ende.

Wie ist es zu dieser Anerkennung und dem Einfluss auf den medizinischen Diskurs gekommen?

Ein neues Verständnis von Geschlecht, besonders im Umgang mit Transsexualität, wurde im Verlauf der neunziger Jahre an verschiedenen Orten sichtbar. So entstand Mitte der Neunziger die International Bill of Gender Rights, die sich als Ergänzung zu den gängigen Menschen- und Bürgerrechten versteht und die allen Menschen das Recht zuspricht, ihre Geschlechtsidentität unabhängig von Chromosomen, Genitalien, Geschlechtszuweisung bei der Geburt oder ursprünglicher Geschlechtsrolle frei zu wählen.
Auch das Recht auf die Selbstbestimmung körperlicher Veränderungen wird hier eingeklagt.

Ebenfalls Mitte der Neunziger wurden die sogenannten "Health Law Standards of Care for Transsexualism" entworfen, die sich als Alternative zu den Benjamin-Standards verstehen und von einem Selbstbestimmungsrecht der geschlechtlichen Identität und der körperlichen Veränderungen ausgehen.
Weiterhin sorgen eine ganze Reihe von Organisationen für die Verbreitung der Transgender-Idee, so zum Beispiel der American Educational Gender Information Service AEGIS, die International Foundation of Gender Education, die Intersex Society of North America oder Press for Change aus England, um nur einige zu nennen.

Neu ist, daß seit Beginn der 90er Jahre in der Wissenschaft viele Beiträge von Leuten verfasst werden, die sich selbst zur Transgender-Gemeinschaft zählen.

Als akademisches Unterfangen haben die Transgender Studies sich zum Ziel gesetzt, anders als die gängigen medizinisch-juristischen oder moralisch-wertenden Diskurse mit dem Thema Geschlechtsidentität umzugehen.

Unter dem Label Transgender findet eine positive Identifikation mit der eigenen Geschichte statt.
Ziel ist nicht länger, den Geschlechtswechsel unsichtbar zu machen, um damit umso natürlicher als Mann bzw. Frau zu erscheinen.
Damit findet die jahrelange Praxis Transsexueller ein Ende, nach dem Geschlechtswechsel möglichst völlig in der neuen Geschlechtsrolle aufzugehen und die eigene Geschichte zu leugnen.
Der alte, zumindest die öffentliche Wahrnehmung bis vor kurzem dominierende Umgang mit Transsexualität ließ (und lässt) sich ohne Probleme in die zweigeschlechtliche Ordnung integrieren.

Selbst wenn es Leute gab, die anders mit ihrem Wunschgeschlecht umgegangen sind, so traten sie nicht an die Öffentlichkeit. Die offene Identifikation als Transgenderist ermöglicht es, auch nach dem erfolgreichen Geschlechtswechsel für die Überwindung der binären Geschlechterordnung einzutreten.

Neben die bislang erzählte Geschichte von Männern, die schon als kleine Jungs am liebsten mit Puppen spielten, sich heimlich die Kleider ihrer Mütter anzogen und für die eine Operation das Erreichen all ihrer sehnlichsten Wünsche darstellte, treten nicht nur Darstellungen des Übergangs in die andere Richtung, also von Mann zu Frau, sondern auch solche, die Ambiguität gegenüber Kontinuität betonen.

Damit wird auch außerhalb der Wissenschaft und Selbsthilfeorganisationen in den Medien eine andere Geschichte vom Übergang erzählt und somit sichtbar.
Das trans bleibt nicht länger auf die Phase des Übergangs von einem zum anderen Geschlecht beschränkt, es wird zu einer Identitätskategorie, in die Differenz und Diskontinuität von Anfang an eingeschrieben sind. Es gibt keine naturalistische Fundierung mehr von Geschlecht, und es gibt keine eindeutige und dauerhafte Zuordnung nach dem Raster der Hetero- bzw. Homosexualität.

… und der Rest?

Transgender ist eine politische Bewegung, deren Zeit gekommen ist.

Bislang allerdings noch nicht in Deutschland. Hier gibt es nur wenige Foren, wie http://trans-weib.blogspot.de/ in denen Transgenderisten für das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung eintreten.

Besonders die Wahrnehmung von Transsexuellen ist nach wie vor von der Idee des "falschen Körpers" dominiert, den es auf jeden Fall zu korrigieren gilt.

Das zeigt sich u.a. auch daran, daß die Reaktion der Betroffenen auf die in den deutschen Standards festgeschriebene Operation und Therapie bestenfalls verhaltene Kritik (Transidentitas 1997), schlechtesten falls offene Zustimmung war.

Die Zwangsoperation wird kaum in Frage gestellt, und auch gegen eine Pathologisierung durch die Zwangstherapie sprechen sich bislang nur wenige Betroffene aus.

Die deutschsprachigen Webpages zum Thema Transsexualität sind dominiert von Tipps und Tricks für einen erfolgreichen Geschlechtswechsel - erfolgreich im Sinne von im Nachhinein unsichtbar.

Ausnahmen wie http://trans-weib.blogspot.de/ sind rar, jedoch mit großer Wirkung auf die Bevölkerung!

Ein weiteres Problem scheint zu sein, dass im Deutschen der Begriff Transgender synonym mit Transsexualität verwendet wird.

Damit geht die Öffnung hin zu anderen Gruppen, die mit der zweigeschlechtlichen Ordnung zu kämpfen haben, und damit auch die grundsätzliche Infragestellung dieser Ordnung tendenziell verloren.
 Wenn über Möglichkeiten einer Transgenderbewegung in Deutschland nachgedacht wird, dann sollte von Anfang an das gesamte Spektrum der potentiellen Bewegung in all seinen Differenzen und Widersprüchen berücksichtigt werden.

So wird z.B. gerade am Umgang mit Intersexuellen oder Zwittern die Brutalität, mit der die Eindeutigkeit der zweigeschlechtlichen Ordnung immer wieder hergestellt wird, besonders deutlich.

Für die USA zeichnet Cheryl Chase in "Hermaphrodites With Attitude" (1998) anhand ihrer eigenen Geschichte nach, wie schmerzhaft Hermaphroditen die Anforderungen der zweigeschlechtlichen Ordnung zu spüren bekommen.

Bei Kindern, die mit Uneindeutigen äußeren Geschlechtsmerkmalen zur Welt kommen, wird durch die Medizin die Zuweisung eines Geschlechts vorgenommen. In 90% der Fälle wird dabei das weibliche Geschlecht gewählt, da dieses medizintechnisch "leichter" herzustellen.

Der Körper wird operativ an das gewählte Geschlecht angepasst, und dabei wird in Kauf genommen, daß viele Patientinnen ihre sexuelle Empfindsamkeit einbüßen. Den Eltern wird normalerweise dazu geraten, gegenüber dem Kind Stillschweigen über den wahren Charakter der operativen und sonstigen medizinischen Eingriffe zu bewahren. Ab der Pubertät und im Erwachsenenalter auftretende körperliche oder sexuelle Probleme können so oft nur mit Mühe auf ihre eigentliche Ursache zurückgeführt werden, da die medizinischen Unterlagen meist nur sehr schwer zugänglich sind.

In der BRD setzt sich die Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie, kurz AGGPG, für die Beendigung geschlechtszuweisender Maßnahmen an Kindern ein.
Laut Michel Reiter, Mitbegründer der AGGPG, erfährt in Deutschland etwa jedes 2000ste Neugeborene mediatisierte Zuweisungen .

Die Politik der AGGPG zeigt insofern erste Erfolge, als dass es zur Zeit zu einer vermehrten Thematisierung der Existenz von Zwittern in den Medien und damit im öffentlichen Bewusstsein kommt.

 Die Forderung nach Selbstbestimmung tritt dabei bedauerlicherweise oft hinter die Beschreibung von spektakulären Einzelfallschicksalen zurück.

Auch im queeren Spektrum wird seit Anfang der 90er Jahre die Forderung nach geschlechtlicher Selbstbestimmung nicht nur in Bezug auf das Begehren, sondern auch auf den Körper, laut.
Es geht nicht mehr nur um die Anerkennung von Homosexualität, sondern um das Zulassen von Geschlechtern und Körpern, die innerhalb des homosexuellen Spektrums für Durcheinander sorgen.

 So thematisiert Halberstam (1998) mit dem Begriff der "Transgender Butch" die Schwierigkeiten, überhaupt zwischen Frau-zu-Mann-Transsexuellen und Frauen, die als Lesben mit einer männlichen Identität leben, zu unterscheiden.
Eine zunehmende Zahl von Lesben, die hart an der Grenze zum Passing leben, also auf den ersten Blick eher als Mann denn als Frau gelesen werden, treten mit ihrer Identität an die Öffentlichkeit.

Am Beispiel des Michigan Womyn's Music Festival, dem größten, vorwiegend lesbischen Frauenfestival der USA, lässt sich ebenfalls zeigen, wie trans und queer gängige Identiätsmuster unterwandern. Seit im Jahr 1991 Transsexuellen der Zugang zu diesem Festival verweigert wurde, gab es beständige Auseinandersetzungen um die Frage, wer wann wie eine richtige Frau sei und damit Zugang zum Festival hat. Aus Protest gegen ihren Ausschluss organisierten Transgenderisten 1995 ein Camp Trans vor den Eingangstoren des Festivals und protestierten damit gegen eine "womyn-born-womyn-only"-Türpolitk. Sehr schnell verliefen die Konfrontationslinien nicht mehr nur zwischen Festivalteilnehmerinnen und Camp-Aktivistinnen, die Spannungen zwischen verschiedenen Varianten des "Frauseins" kamen ebenfalls zu Tage.
So solidarisierten sich beispielsweise stone butches mit den Transgenderisten, da ihre Geschlechtsdarstellungen ebenfalls mit einer auf Weiblichkeit basierenden Ausschlusspolitik kollidieren.

Der Begriff queer trägt diesen Veränderungen und Spannungen innerhalb der schwul-lesbischen Szene Rechnung und ist damit nicht als einfaches Substitut für homosexuell zu verstehen. Er steht in beständiger Spannung und in theoretischer wie politischer Verbindung zu Transgender.

Es gibt also mindestens drei Perspektiven, die der Begriff Transgender umfasst: Transsexualität, Intersexualität und Queer.

 Die Gemeinsamkeit der verschiedenen Strömungen und Bewegungen der US-amerikanischen Transgenderbewegung liegt in der Kritik der hegemonialen zweigeschlechtlichen Ordnung. Trotz dieser Gemeinsamkeit müssen jedoch auch die Differenzen sichtbar bleiben:

Transsexualität ist nicht dasselbe wie Intersexualität, und das Verhältnis zwischen Transgender und Queer und der Lesben- und Schwulenbewegung wirft wiederum eigene Fragen auf.

Wenn es also um die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten einer Transgenderbewegung in Deutschland gehen soll, wären diese Verbindungen und Spannungen sowohl theoretisch als auch praktisch von Anfang an zu reflektieren.
Auch hier wäre es an der Zeit, daß es zu einem Brüchig werden der zweigeschlechtlichen Ordnung kommt. Und dies nicht nur im Interesse von Mann-zz-Frau- und Frau-zu-Mann-Transsexuellen, drag kings und drag Queens, Zwittern oder Schwulen und Lesben im queeren Spektrum, sondern auch im "ganz normalen" Alltag.
Dies wird spätestens dann klar, wenn jede Frau und jedermann sich mit der Frage nach den eigenen geschlechtlichen und körperlichen Unstimmigkeiten im Vergleich zu dominanten Vorstellungen von "Frau" und "Mann" konfrontiert und darüber nachzudenken beginnt, wie es um die eigene geschlechtliche Identität und Praxis wohl bestellt sei, wäre es nie zu Abstrafungen für nonkonformes Verhalten gekommen.


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