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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2013
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diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Auch wenn viele darüber schon Gehört oder etwas Wahrgenommen haben hier noch mal ein
guter Bericht!
Gericht stoppt Verstümmelung von Transsexuellen
Das
Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Transsexuelle Menschen müssen sich ab
sofort nicht mehr operieren lassen, um den Personenstand ändern zu dürfen. Doch
warum hat das so lange gedauert?
"Jeder
hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit." - Grundgesetz
Artikel 2, Absatz 2
Wer sich mit
den Rechtsbestimmungen bezüglich Transsexueller beschäftigt, betritt wie meist
in juristischen Dingen staubiges Terrain. Doch das Thema birgt
Empörungspotenzial - und beginnt mit einer nüchternen Agenturnachricht vor
wenigen Tagen: "Transsexuelle Menschen dürfen auch ohne eine operative
Anpassung ihres Geschlechts eine Lebenspartnerschaft eingehen", hieß es
beim epd. Und weiter: "Anderslautende Vorschriften im Transsexuellengesetz
sind verfassungswidrig und dürfen ab sofort nicht mehr angewendet werden,
entschied das Bundesverfassungsgericht in einem vergangene Woche in Karlsruhe
veröffentlichten Beschluss (AZ: 1 BvR 3295/07)."
Die harmlose
Meldung kommt für Betroffene einem Erdbeben gleich. Konnten sie doch nach
bisher geltendem Recht weder heiraten noch eine gleichgeschlechtliche
Lebenspartnerschaft eingehen - es sei denn, sie waren dazu bereit, sich
operativ verstümmeln zu lassen. Was nach archaischem Ritual, überkommenen
Vorstellungen oder schlicht Barbarei klingt, ist in seiner Grausamkeit nur mit
der gewaltsamen Klitorisbeschneidung afrikanischer Mädchen vergleichbar - und
das mitten im aufgeklärten, zivilisierten Deutschland.
Tatsächlich
hat der Gesetzgeber vor die "Änderung des Personenstands", wie es im
Amtsdeutsch heißt, erhebliche Hürden gesetzt. Die wichtigsten sind die beiden
verlangten ärztlichen bzw. psychologischen Gutachten über das Empfinden der
Betroffenen und den "inneren Zwang, ihren Vorstellungen entsprechend zu
leben" sowie die Wahrscheinlichkeit, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden
zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird. Das soll ein beliebiges Wechseln
des Personenstands verhindern - ohne dass klar ist, welcher Schaden dadurch
entstünde.
Eindeutigkeit
als höchstes Gut
Das
Transsexuellengesetz (TSG), im Volltext "Gesetz über die Änderung der
Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen
Fällen" betitelt, konkretisiert: Antragsteller/innen dürfen nicht
verheiratet sein, müssen dauerhaft unfruchtbar sein sowie sich einer Operation
unterzogen haben, die das Erscheinungsbild der äußeren Geschlechtsmerkmale
ändert. Doch bereits im Juli 2008 verwarf das Bundesverfassungsgericht die zwingende
Voraussetzung der Ehelosigkeit als verfassungswidrig. Geklagt hatte eine
Transsexuelle, die zur rechtlichen Anerkennung ihres Geschlechts ihre seit 56
Jahren bestehende Ehe scheiden lassen sollte. Laut Verfassungsgericht
unzumutbar.
Geblieben
ist das Verlangen des Staates nach Eindeutigkeit, auch was zweigeschlechtlich
geborene Kinder oder erwachsene "Transidente" angeht, die sich als
zwischen den Geschlechtern angesiedelt erleben. Ein Offenhalten des
Geschlechts, bis sich der heranwachsende Mensch eindeutig zuzuordnen in der
Lage ist, ist hierzulande nicht vorgesehen - und erst recht kein
"intersexueller" Status zwischen Mann und Frau. Das würde vermutlich
schlicht die Verwaltung überfordern und zum Entsetzen der Verwaltungen
womöglich Tausende neuer Formulare mit einem dritten anzukreuzenden Kästchen
nötig machen.
Der Zwang
zur Eindeutigkeit bringt freilich manche Zumutungen mit sich. Nach geltendem
Recht kann nämlich bislang eine Lebenspartnerschaft nur zwischen
gleichgeschlechtlichen Personen eingegangen werden (übrigens auch nicht
zwischen einer Frau und einem Mann). Die fatale Logik, die daraus folgt:
Transsexuelle Menschen müssen als Voraussetzung für eine Lebenspartnerschaft
ihr Geschlecht operativ so anpassen, dass es identisch mit dem ihres Partners
ist: Männer müssen sich die Hoden und Frauen sich die Eierstöcke entfernen
lassen - bislang.
"Unzumutbare
Anforderungen"
2011 ist es
wieder eine ältere Frau, die mit ihrer Klage dagegen vor Gericht Erfolg hat.
Der Berlinerin wurde die Eingetragene Lebenspartnerschaft mit der Begründung
verweigert, sie verfüge noch über die männlichen äußeren Geschlechtsmerkmale,
auch wenn sie sich als Frau fühle und ihren männlichen in einen weiblichen
Vornamen geändert hat. Außerdem sei sie ja auch weiterhin fortpflanzungsfähig,
argumentierte das zuständige Standesamt. Die Beschwerdeführerin hielt dagegen,
sie könne wegen ihres Alters nicht mehr operiert werden.
Das
Bundesverfassungsgericht gab ihr Recht und schaffte nun Fakten, was der
Gesetzgeber sich bisher nicht traute. Die Richter stellten klar, dass mit den
bestehenden Regelungen die Rechte Transsexueller auf sexuelle Selbstbestimmung
und auf körperliche Unversehrtheit verletzt werden. Der Gesetzgeber verlange -
nach dem früheren Scheidungszwang - mit dem Nachweis der
geschlechtsumwandelnden Operation erneut eine unzumutbare Anforderung. Die
Karlsruher Richter betonten zudem, dass ein Eingriff ohne medizinische
Notwendigkeit nicht verlangt werden dürfe.
Gruppen wie
die Vereinigung "Menschenrecht und Transsexualität" weisen seit
langem darauf hin, wie sehr die deutschen Regelungen internationalen
Menschenrechten widersprechen. Bis zur jüngsten Verfassungsgerichtsentscheidung
fühlte man sich zudem fatal an die Zwangssterilisationen etwa von Behinderten,
Sinti und anderen "Lebensunwerten" unter der Naziherrschaft erinnert
- die der Bundestag erst Ende der 1980er Jahre rehabilitierte und, sofern sie
ihre Torturen überlebt hatten, mager entschädigte.
Störung der
Geschlechtsidentität?
Die
grausamsten Vorschriften des Transsexuellengesetzes fallen also, und womöglich
strebt in absehbarer Zeit auch der Gesetzgeber einen menschenfreundlicheren
Umgang mit transidenten Personen an. Dennoch wird "Transsexualismus"
in der "Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und
verwandten Gesundheitsprobleme" (ICD-10-Liste) der Weltgesundheitsorganisation
noch immer als "Störung der Geschlechtsidentität" geführt.
Dabei
basiert diese Geschlechtsidentität eben nicht nur auf körperlichen Merkmalen,
sie hängt auch nicht zwingend von der genetischen Ausstattung ab, sondern
wesentlich vom eigenen Empfinden und der Psyche. Manchmal stehen diese Faktoren
im scheinbaren Widerspruch zueinander, für die Betreffenden wie auch für ihre
Umwelt. So wie etwa ein ohne Hände geborener Mensch nicht von sich aus das
Gefühl hat, "falsch" zu sein und sich schon deswegen vehement gegen
diese Zuschreibung wehrt.
Transsexuelle
und Transidente (Menschen zwischen den Geschlechtern) haben dasselbe Recht auf
Selbstbestimmung und Nicht-Diskriminierung wie alle anderen; eigentlich eine
Selbstverständlichkeit, auch wenn sich daraus Umständlichkeiten für
Verwaltungsapparate ergeben sollten.
Man könnte
auch sagen: Gott hat sie so geschaffen.
Verbleibe wie immer mit freundlichen Grüßen
Nikita Noemi
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