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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2013
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Schikanen im Büro und beim Arzt, Pöbeleien und Angriffe in der Öffentlichkeit: Homosexuelle, Bisexuelle und Transgender werden in Europa immer noch diskriminiert. In einer Umfrage der EU berichten mehr als 90.000 Teilnehmer vom Ausmaß der Schikanen.
Akzeptanz von Homosexuellen, Bisexuellen und Transgender ist in Europa keine
Selbstverständlichkeit.
Noch immer werden sie diskriminiert, sozial isoliert oder offen angegriffen. Zu diesem Ergebnis kommt die bisher größte Studie der EU-Grundrechte-Agentur (FRA) zu dem Thema. Die Umfrage zeigt, dass sich viele LGBT-Personen nicht offen zu ihrer Neigung bekennen können. Das Akronym steht für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender.
Noch immer werden sie diskriminiert, sozial isoliert oder offen angegriffen. Zu diesem Ergebnis kommt die bisher größte Studie der EU-Grundrechte-Agentur (FRA) zu dem Thema. Die Umfrage zeigt, dass sich viele LGBT-Personen nicht offen zu ihrer Neigung bekennen können. Das Akronym steht für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender.
Fast die
Hälfte der Befragten (47 Prozent) gab an, im vergangenen Jahr eine
Diskriminierung wegen ihrer sexuellen Orientierung erlebt zu haben. Deutschland
liegt mit 46 Prozent einen Punkt unter dem EU-Schnitt. Etwa jeder vierte
Teilnehmer berichtete, in den vergangenen fünf Jahren Opfer tätlicher Angriffe
oder von Gewaltandrohungen geworden zu sein.
Sechs
Prozent der Befragten erzählten von körperlichen Angriffen in den vergangenen
zwölf Monaten, die zum Teil in der eigenen Familie stattfanden. Frauen wurden
außerdem häufiger Opfer von sexuellen Übergriffen. Transgender berichten der
Erhebung zufolge, dass sie durchweg weniger Toleranz erfahren als Homo- und
Bisexuelle.
Die Umfrage
ist der Grundrechte-Agentur zufolge die bislang umfangreichste zum Thema. Die
Daten wurden online erhoben, rund 93.000 Personen aus den Ländern der
Europäischen Union und Kroatien nahmen teil. Alle Befragten waren über 18 Jahre
alt und bezeichneten sich als Transgender, homo- oder bisexuell. Mehr als
20.000 der Antworten kamen aus Deutschland - mehr als aus jedem anderen Land.
"Mein
Verhalten in der Arbeit beinhaltet einiges an Selbstzensur"
Da der
Anteil der LGBT-Personen an der Gesamtbevölkerung nur geschätzt werden kann,
weist die Grundrechte-Agentur darauf hin, dass die Ergebnisse nicht als
repräsentativ für alle LGBT-Personen in der Europäischen Union gelten können -
aber immerhin als größte empirische Datensammlung zu dem Thema bislang.
Die
Befragten
Alter Teilnehmer Lesben Schwule Bisexuelle
Frauen Bisexuelle Männer Transgender
18-24 28.110 5625 14.782 3359 3359 2270
25-39 39.939 6759 25.260 2547 2790 2583
40-54 20.236 2399 14.224 447 1597 1569
55+ 4794 453 3182 71 543 545
Total: 93.079 15.236 57.448 6424 7200 6771
Quelle:
European Union lesbian, gay, bisexual and transgender survey
Diskriminierung
und Verheimlichen der eigenen Neigungen ziehen sich demnach durch alle
Lebensphasen und -bereiche.
Schule: In
zwei Drittel der Fälle verheimlichen die Befragten ihre sexuelle Ausrichtung,
in Deutschland liegt dieser Anteil bei 68 Prozent. Die große Mehrheit der
Teilnehmer kann sich an Schikanen gegen LGBT-Personen während ihrer Schulzeit
erinnern. Viele Befragte bezeichneten die Schulzeit als "Hölle". 91
Prozent gaben an, sie hätten erlebt, dass Mitschüler schlecht behandelt wurden,
nur weil sie für schwul oder lesbisch gehalten worden seien. In Deutschland lag
dieser Anteil nur um einen Prozentpunkt niedriger.
Alltag: Zwei
Drittel der Befragten gaben an, es nicht zu wagen, in der Öffentlichkeit die
Hand ihres gleichgeschlechtlichen Partners zu halten; bei homo- und bisexuellen
Männern lag dieser Anteil bei 75 Prozent. Die Hälfte der Befragten meidet
gewisse Orte - öffentliche Gebäude oder Plätze oder öffentliche Verkehrsmittel
- aus Angst, dort wegen ihrer sexuellen Ausrichtung belästigt, bedroht oder
angegriffen zu werden.
Arbeit: Etwa
jeder fünfte Teilnehmer (19 Prozent) fühlt sich im Beruf oder bei der
Stellensuche diskriminiert.
"Mein
Verhalten in der Arbeit beinhaltet einiges an Selbstzensur und zurückhaltendes
Auftreten." 31-jähriger schwuler Mann, Deutschland
"Ich
fühle mich jetzt stark genug, mit der Belästigung auf der Straße
fertigzuwerden, aber es bringt mich aus der Fassung, dass ich meinen Lebensstil
gegenüber jedem Arzt rechtfertigen muss. Es ist alarmierend, dass Mediziner
absolut kein Bewusstsein für Bedürfnisse von LGBT haben, nicht einmal
Gynäkologen." 30-jährige lesbische Frau, Tschechien
"Ein
Kollege sagte mir, er respektiere mich, aber er denke, ich sei abnormal ... in
wenigen Worten, meine sexuelle Orientierung sei seiner Meinung nach
widernatürlich." 28-jährige lesbische Frau, Italien
"Ich
erlebe so viel Diskriminierung, Belästigung und Gewalt, dass es zu meinem
Alltag geworden ist." 25-jähriger bisexueller Transgender, Litauen
"Ich
wurde von einem Türsteher in einem Nachtclub angegriffen. Er sprach mich an,
als ich gehen wollte. Er sagte, ich solle mit ihm nach Hause gehen, ich
antwortete, ich sei nicht interessiert. Er packte meine Jacke und irgendwann
habe ich ihm gesagt: 'Ich habe kein Interesse, ich bin lesbisch'. Danach haben
er und sein Kollege mich auf den Kopf geschlagen, ich bin bewusstlos geworden.
Als ich aufwachte, war mein Bein gebrochen." 27-jährige lesbische Frau,
Rumänien
Von den
Behörden erwarten die Betroffenen offenbar nur in Ausnahmefällen Hilfe.
"Es würde nichts geschehen oder sich ändern", ist der am häufigsten
genannte Grund, weshalb nur etwa jeder fünfte Übergriff oder Fall von
Diskriminierung bei der Polizei angezeigt wurde. Auch die Aussagen "Das
passiert doch ständig" oder "Ich wollte meine sexuelle Orientierung
und/oder Gender-Identität nicht offenlegen" wurden häufig genannt.
Vorbilder
Dänemark, Schweden und Großbritannien
Die
Grundrechte-Agentur fordert deshalb, dass Polizisten verstärkt geschult werden,
um mit der Thematik besser umgehen zu können. Sollte es zu Übergriffen wegen
der sexuellen Orientierung kommen, sollte dies erschwerend bei der Strafe
berücksichtigt werden - ähnlich wie es bei rassistisch motivierten Taten
bereits in einigen Ländern der Fall sei.
Vorreiter in
Europa, was die Rechte für Homosexuelle und Transgender angeht, sind Dänemark,
Schweden und Großbritannien.
Dort setzte die Politik bereits eigene Aktionspläne um. Trotzdem gibt es laut den Studienautoren auch dort noch Nachholbedarf.
Dort setzte die Politik bereits eigene Aktionspläne um. Trotzdem gibt es laut den Studienautoren auch dort noch Nachholbedarf.
Der Studie
zufolge spielen prominente Vorbilder eine große Rolle. Außenminister Guido
Westerwelle (FDP), der offen zu seiner Homosexualität steht und in einer
eingetragenen Partnerschaft lebt, wirke in Deutschland als Leitfigur: "Das
macht natürlich einen positiven Unterschied zu anderen Ländern", sagte die
Sprecherin der FRA, Waltraud Heller. In Ländern, in denen sich Politiker selbst
abwertend über Homosexualität äußerten, fühlten sich Befragte häufiger
diskriminiert.
Auch die
eigene Offenheit kann laut Studie zu mehr Akzeptanz führen: Geoutete Menschen
in allen Ländern berichteten demnach von weniger Diskriminierung als jene, die
nicht offen mit ihrer Neigung umgingen. Die Ergebnisse der Studie werden am
Freitag - dem Tag gegen Homophobie - in Den Haag vorgestellt. FRA-Direktor
Morten Kjaerum sagte, Maßnahmen seien nötig, um "Barrieren einzureißen,
Hass zu beseitigen und eine Gesellschaft zu schaffen, in der jeder seine Rechte
voll genießen kann".
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