Sonntag, 14. Dezember 2014

Homosexuelle haben im Iran die Wahl zwischen Geschlechtsumwandlung und Tod

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2014

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Homosexuelle haben im Iran die Wahl zwischen Geschlechtsumwandlung und Tod
Soheil ist ein iranischer Flüchtling. In Istanbul hat er ein neues Zuhause gefunden. Seine dunklen Haare sind zu einem kleinen Zopf gebunden, die goldenen Stecker in seinem Ohr haben die Form von Playboy-Bunnys. Während er seine Geschichte erzählt, muss er seine Haare immer wieder aus dem Gesicht schieben. Soheil ist ein Flüchtling, aber er hat sein Land nicht verlassen, weil Krieg herrscht oder die Nahrung knapp ist.
Im Iran wird Homosexualität mit dem Tod bestraft!

Soheil ist homosexuell. Im Iran darf er als schwuler Mann nicht leben. Sein Heimatland leugnet, dass es so etwas wie Homosexualität gibt. Trotzdem ist es eins von sieben Ländern auf der Welt, das Schwule und Lesben mit dem Tod bestraft. Denn sie gelten als krank.

Der Staat bietet jedoch eine "Lösung" an, die absurder und menschenverachtender nicht sein könnte: Wer sein Leben retten will, lässt eine Geschlechtsumwandlung durchführen.
Hunderte junge Iraner und Iranerinnen werden jedes Jahr zu diesem Schritt gezwungen, von der Regierung und von ihren eigenen Familien. So absurd es auch klingen mag, in kaum einem anderen Land auf der Welt werden so viele Geschlechtsumwandlungen durchgeführt. Nach offiziellen Angaben sind es 400 im Jahr, mehr als vier Mal so viel wie zum Beispiel in Großbritannien.

Die Dunkelziffer muss weitaus höher sein.

Iran zwingt Hunderte Personen pro Jahr zur Geschlechtsumwandlung

Dr. Ali Hamedani ist im Auftrag von BBC Persia in die Türkei gereist und hat homosexuelle Flüchtlinge wie Soheil getroffen. Seit 2006 versucht er, über die Zustände im Iran aufzuklären.

“Ich habe mit einem Arzt aus einem bekannten Krankenhaus gesprochen. Er wollte anonym bleiben, aber er sagte mir, dass er selbst bis zu 200 dieser Operationen durchführt. Jedes Jahr”, sagte Hamedani.
“Es ist furchtbar. Ich habe in all den Jahren keinen einzigen Transsexuellen getroffen, der glücklich mit der Operation war, glücklich mit der neuen Situation, glücklich mit dem neuen Körper.”

Das größte Problem ist die mangelnde Aufklärung. “Diese jungen Menschen, insbesondere diejenigen, die in Kleinstädten leben, haben keinerlei Zugang zu Informationen. Man sagt ihnen, dass mit ihnen etwas nicht stimmt, dass sie krank sind. Sie haben keine andere Wahl, als sich der Operation zu unterziehen.”
Soheil hatte mehr Glück als viele andere homosexuelle Iraner. Mithilfe von ein paar Freunden gelang ihm die Flucht vor der Geschlechtsumwandlung und seiner Familie, die ihm mit dem Tod drohte. Soheil konnte fliehen, weil er wusste, dass er in anderen Ländern ein freies Leben führen kann. Viele Iraner wissen das nicht.

Zu ihnen gehört die 37-jährige Marie. “Maries Geschichte hat mich am meisten berührt”, sagt Hamedani. “Sie erzählte mir von ihrer Jugend, als sie noch ein Junge war. Sie beschrieb sich als femininen Mann, mit hübschen, langen Locken. Alle sagten ihr, sie sei so mädchenhaft, sie sollte ein Mädchen sein. Also stimmte sie der Operation zu. Ich fragte sie, ob ihr bewusst sei, dass sie in anderen Ländern wie Kanada als homosexueller Mann leben könnte. Plötzlich brach sie in Tränen aus. Sie konnte nicht glauben, was ich ihr erzählt hatte. Sie konnte nicht glauben, dass es eine andere Option gegeben hätte”, erzählt Hamedani.
Homosexuelle haben im Iran niemanden, an den sie sich wenden können. Shabnam (Name geändert), eine Psychologin in einer staatlichen Klinik im Iran, weiß, dass Homosexualität keine Krankheit ist. Doch das darf sie nicht sagen.

“Wir müssen ihnen sagen, dass sie krank sind und eine Behandlung brauchen”, sagt sie. “Wir verweisen Homosexuelle zuerst an Kleriker, die ihnen sagen, dass ihr Glaube zu schwach sei und sie ihre täglichen Gebete sprechen sollen. Wenn das nicht hilft, wird eine sexuelle Störung diagnostiziert, die mit einer Geschlechtsumwandlung behandelt wird.”
Der Prozess der Geschlechtsumwandlung dauert normalerweise Jahre und ist mit Medikamenten und psychologischer Betreuung verbunden. Im Iran wird der Prozess nicht nur stark beschleunigt, er wird sogar vom Staat finanziert.

“Der Staat verspricht legale Dokumente und vergibt Kredite an die Betroffenen”, sagt Shabnam.

Genau wie Soheil ist auch Marie inzwischen in die Türkei ausgewandert. Dort ist Homosexualität keine Straftat und Iraner brauchen kein Visa. Marie leidet unter der Geschlechtsumwandlung. Sie fühlt sich körperlich zerstört. Eine kurze Beziehung zu einem Mann ist in die Brüche gegangen. All die Hoffnungen, die sie in ein Leben als Frau gesetzt hat, erwiesen sich als falsch.

Dr. Hamedani hat bei den Arbeiten zu seiner BBC-Dokumentation viele unglückliche Transsexuelle getroffen, viele Geschichten von Menschen gehört, die gezwungen wurden, ihren Körper umwandeln zu lassen. Von staatlicher Seite hat sich in all den Jahren nichts geändert. Doch Hamedani erkennt den Wandel in der Gesellschaft.

“Die Gesellschaft ändert sich, insbesondere in den großen Städten. Die Menschen sind nicht frei, aber sie fangen an, offener über ihre Sexualität zu sprechen. Das ist dem Internet zu verdanken und anderen Dingen wie Satellitenfernsehen”, sagt Hamedani.

Es ist ein winziger Hoffnungsschimmer.

Quelltext:http://www.huffingtonpost.de/2014/11/08/homesexuelle-iran-geschlechtsumwandlung_n_6125450.html?utm_hp_ref=germany

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