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Nikita Noemi Rothenbächer 2015
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diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Nun meine lieben Leser wenn man diesen Bericht gelesen hat, stellt sich die Minderheit in Deutschland einige Fragen!
Verbleibe mit freundlichen Grüßen Nikita Noemi
Das Drama, in einem falschen
Körper zu leben
Transgender-Menschen lehnen ihr natürliches Geschlecht
ab. In Italien haben sie es schwer, sie werden diskriminiert. Dank eines
Kinofilms über ein ergreifendes Schicksal kommt Bewegung in die Debatte.
Catania, Sizilien. Davide Cordova befindet sich mitten in der Pubertät.
Doch für Mädchen interessiert er sich nicht. Während seine Klassenkameraden auf
dem Schulhof mit ihren ersten romantischen Erfahrungen prahlen, verzieht sich
Davide lieber allein in Musikläden. Er stöbert nach Platten seines Helden Boy
George.
Der britische Sänger sorgt Anfang der 80er-Jahre mit seiner Band
"Culture Club" und Hits wie "Do you really want to hurt me"
international für Furore. Boy
Georgeschminkt sich und kleidet sich kunterbunt.
"Warum mache ich das nicht auch?", fragt sich Davide.
Flucht vor der Hormontherapie
Der Vater ist über die Anwandlungen des
Sohnes höchst besorgt. Er schickt Davide zu einem Psychologen. Der verschreibt
ihm eine Hormontherapie. "Ich war einfach nur noch verwirrt",
erinnert sich Davide. "Dann erkannte ich, dass mir da etwas Schlimmes
angetan wurde." Er haut von zu Hause ab. Damals ist er 15 Jahre alt.
In den ersten Tagen schläft er in
öffentlichen Parks. Er schlägt sich bis Taormina durch. Dort begegnet er zwei
Herren, die die bekannteste Schwulenbar der Stadt leiten. In ihrem
Etablissement werden Travestie-Shows dargeboten, im Stil der 40er-Jahre,
inspiriert von Marlene Dietrich. "Das war meine Rettung", sagt
Davide.
Eine Frau im Körper eines Mannes
Davide ist heute 47 Jahre alt. Er steht
offen dazu, eine Frau zu sein, die im Körper eines Mannes gefangen ist. Sein
wahres Ich offenbart er auf der Bühne. "Fuxia Loka" heißt die Figur,
die er geschaffen hat. Eine imposante Dame, die sich knallig anzieht und
grellen Lippenstift aufträgt.
Die singt und tanzt und dem Schicksal
die Stirn bietet. "Fuxia" ist eine Anspielung auf das Wort
"fucsia", pink. "Ich hülle mich in diese kräftigen Farben, um
dem Grau des Lebens zu entfliehen", sagt Davide. Seine Geschichte hat das
Kino inspiriert. "Più buio di mezzanotte", heißt der Film, der dieses
Jahr angelaufen ist.
"Nach der Nacht kommt der Tag"
Der Titel ist eine Hommage an Davides
Großmutter. Wenn er traurig war, flüsterte sie ihm stets diesen Satz ins Ohr:
"Dunkler als zu Mitternacht kann's nicht werden." Also: "Nach
der Nacht kommt der Tag."
Der autobiografische
Film wirft ein Schlaglicht auf eine Bevölkerungsgruppe, die in der öffentlichen
Wahrnehmung Italiens in der Vergangenheit nahezu ausgeblendetwurde. Früher sprach
man gern von Transsexuellen. Heute hat sich die Bezeichnung
Transgender-Menschen, transgeschlechtliche Menschen oder einfach nur
Transmenschen durchgesetzt.
Das sind Männer oder Frauen, die sich
mit ihrem angeborenen Geschlecht nicht identifizieren können. Sie sehnen sich
danach, das Geschlecht zu wechseln, oder lehnen die klassische Zuordnung einer
Geschlechterrolle sogar ganz ab.
Ein Film machte das Thema
"Transgender" populär
In diesem Jahr ist Transgender in
Italien zu einem Thema geworden, das im Fernsehen, in Zeitungen und
Internetforen diskutiert wird. Neben dem Film Davides tragen dazu auch
Kampagnen bei. Der Transgender-Verband Movimento Identità Transsessuale (MIT)
schaltete im Internet und auf sozialen Netzwerken wie Facebook die Anzeige
"Un altro genere è possibile", was so viel bedeutet wie "Ein
anderes Geschlecht ist möglich".
Auf rosa und blauem Hintergrund sind
eine Mann und eine Frau abgebildet. Dazu steht geschrieben: "Frau im
Leben, Mann auf dem Papier" beziehungsweise "Mann im Leben, Frau auf
dem Papier". Die PR-Aktion richtet sich nicht nur an die Allgemeinheit,
sondern auch an Betroffene. Angegeben sind eine Mail-Adresse und eine
Telefonnummer.
Bekennender Homosexueller in der
Regierung
Die Politik ist aufgewacht. Hielten die
Parteien bislang kategorisch am traditionellen Modell Mann-Frau-Familie fest,
so ist eine vorsichtige Öffnung hin zu alternativen Lebensentwürfen und
sexuellen Identitäten erkennbar. Mit dem Sozialdemokraten Ivan Scalfarotto
rückte im Frühjahr ein bekennender Homosexueller in die Regierung von
Premierminister Matteo Renzi ein.
Ein Gesetz zu Lebenspartnerschaften wird im
Parlament behandelt. Francesca Pascale, die Freundin des ehemaligen
Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, setzt sich seit kurzem für die Rechte
von Schwulen und Lesben ein und wurde sogar Mitglied bei der
Interessenvertretung Arcigay.
Auch Transgender wird berücksichtigt.
Der sozialdemokratische Senator Sergio Lo Giudice brachte einen Gesetzesentwurf
ein, der die rechtliche Situation der Transmenschen stärken würde.
Pöbeleien und Diffamierungen
Das alles kann aber nicht darüber hinwegtäuschen,
dass Transgender-Menschen im katholischen Italien immer noch einen extrem
schweren Stand haben. Pöbeleien und Diffamierungen sind an der Tagesordnung.
Der rechtliche Rahmen ist streng. Wer das Geschlecht auf seinem Personalausweis
ändern lassen will, der muss einen chirurgischen Eingriff und eine
Sterilisation über sich ergehen lassen. Das schreibt ein Gesetz aus dem Jahr
1982 vor.
Auf dem Arbeitsmarkt werden
Transmenschen oft diskriminiert. "Arbeit zu finden ist derzeit nahezu
unmöglich. Selbst hervorragende Lebensläufe und Referenzen helfen nicht. Der
Personalausweis, auf dem ein Vorname verzeichnet ist, der mit dem dem äußeren
Erscheinungsbild nicht korrespondiert, stellt eines der größten Hindernisse
dar", sagt MIT-Präsidentin Porpora Marcasciano.
"Italien
schneidet im europäischen Vergleich schlecht ab", sagt Julia Ehrt,
Professorin für Mathematik an der Humboldt-Universität und Direktorin des
Verbands Transgender Europe. Das gelte sowohl für Gesetze, die die Änderung des
Vornamens und des Geschlechtseintrages beträfen, als auch für den Schutz vor Diskriminierung: "In Italien
gibt es keinen expliziten Schutz."
Italien ist vergleichsweise rückständig
Andere Länder wie
Deutschland, aber auch Dänemark, die Niederlande, Portugal und Schweden seien
da deutlich weiter. "Die Situation für Transmenschen hat sich in Europa in
den vergangenen 20 Jahren verbessert. Das Thema wird auf europäischer Ebene
nicht mehr als medizinisches, sondern alsMenschenrechtsthema behandelt",
sagt Ehrt. "Allerdings gibt es hier nach wie vor einen erheblichen
Nachholbedarf." Eben auch in Italien.
Dass sich aber etwas tut, beweist das Beispiel von Alessandra Bernaroli,
43. Die Angestellte einer Bank in der Region Emilia-Romagna hieß vor einigen
Jahren noch Alessandro und war seit 2005 glücklich mit Alessandra verheiratet.
Dann rang sie sich drei Jahre später zu einer Operation durch, aus Alessandro
wurde Alessandra.
Nach Geschlechtsumwandlung Ehe aufgelöst
Ein Gericht in Bologna erkannte die Geschlechtsumwandlung zwar an,
verhängte aber gleichzeitig, dass die Ehe aufgelöst wird. Dagegen begehrten
Alessandra und ihre gleichnamige Partnerin auf.
"Wir haben eine Liebesbeziehung. Sie lässt sich nicht auseinanderreißen,
wenn Schwierigkeiten auftreten. Das ist ein Lebensprojekt", sagt
Francesca. Doch anfangs stieß dem Paar Unverständnis entgegen, von
Gewerkschaften, Anwälten und Homosexuellen-Verbänden. "Alle dachten, ich
sei verrückt", erinnert sich Alessandra. "Ich musste mich im Zentrum
Bolognas hinstellen und ein Transparent hochhalten." Das Paar klagte sich
durch die Instanzen.
Zuerst in einem Zivilverfahren, dann bis vor das italienische
Verfassungsgericht. Fünf lange Jahre. Schließlich bekamen Alessandra und Alessandra
im Juni in einer denkwürdigen Entscheidung Recht. Das Verfassungsgericht hielt
es in seinem Urteil 170/2014 für unrechtmäßig, die Ehe aufzulösen, sofern dem
Paar keine andere vom Staat anerkannte Partnerschaft offen steht.
Lebenspartnerschaft muss in Gesetz gefasst werden
"Das ist ein sehr wichtiges Urteil", sagt Anwalt Michele
Giarratano, der Alessandra Bernaroli in den ersten Instanzen vor Gericht
vertrat. "Das Verfassungsgericht hatte zwar nicht den Mut, klar zu sagen,
dass die Ehe gültig bleibt. Aber es hat dem Parlament den Auftrag gegeben,
umgehend ein Gesetz auf den Weg zu bringen, dass Lebenspartnerschaften zwischen
Menschen gleichen Geschlechts regelt."
Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts müsse auch das Transgender-Gesetz
aus dem Jahr 1982 angepasst werden, fügt Giarratano an. Zwei Paragrafen seien
hinfällig geworden. Wirklich euphorisch ist er dennoch nicht. "Leider
lässt sich die italienische Politik die Agenda von den Gerichten
diktieren", sagt Giarratano. "Ich wünsche mir, dass das Parlament ein
Portion Würde beweist und aus eigenem Antrieb Gesetze auf den Weg bringt, die
dienlich sind."
Davide Cordova denkt langfristig. Er kümmert sich um junge Transmenschen,
die wie er einst selbst nach Orientierung und Halt suchen. "Fuxia
Loka" ist ruhiger geworden und drängt nicht mehr vors Publikum. "Das
habe ich viel zu lange gemacht", sagt Davide. Inzwischen macht er deswegen
immer häufiger auf der Bühne Platz für Nachwuchstalente.
Ermutigung für viele junge Menschen
In einer Stranddiskothek hat er die künstlerische Leitung übernommen. Er
legt das Programm fest und engagiert Sänger und Artisten aus dem ganzen Land.
"Ich wirke jetzt hinter den Kulissen und kümmere mich um andere
Aspekte", sagt er.
Ansonsten macht er
Werbung für seinen Film. Das Schönste seien nicht die Publicity, sondern die
Zuschriften. "Ich erhalte sehr viel Post von jungen Menschen. Sie haben
die gleichen Probleme, wie ich sie damals hatte. Durch den Film fühlen sie sich
ermutigt. Sie schreiben mir: 'Das kann ich auch schaffen'", erzählt
Davide. Dann sagt er: "Nützlich zu sein ist für mich die größte
Freude."
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