Dienstag, 7. April 2015

Gen für Transsexualität // "Das Gehirn ist ein Geschlechtsorgan"

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2015

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Gen für Transsexualität
Neben sozialen Faktoren spielt auch das Erbgut eine Rolle, wenn Männer sich als Frauen fühlen, berichten australische Forscher.
Mitunter denken Eltern, sie könnten es ihren Söhnen ausreden, wenn diese sich sehnlich wünschen, ein Mädchen zu sein.
Doch Sexualwissenschaftler vermuten längst, dass neben sozialen auch biologische Faktoren eine Rolle spielen, wenn kleine Jungen gerne die Unterwäsche ihrer Mutter anziehen, wenn sie in der Pubertät mit Neid auf die wachsenden Brüste der Mädchen blicken und wenn sie sich schließlich - oft nach einem langen Leidensweg - als Erwachsene für eine Umoperation zur Frau entscheiden.

Nun präsentieren Wissenschaftler aus Australien erstmals handfeste genetische Ursachen für Mann-zu-Frau-Transsexualität.

Die Forscher vom Prince Henry's Institute of Medical Research untersuchten die Gene von 112 weiblichen Transsexuellen, die als Mann geboren worden waren, sowie die von 258 gewöhnlichen Männern. In dieser bisher größten genetischen Studie zum Thema fanden sie heraus, dass die Transsexuellen häufig ein übermäßig langes Gen für den Androgenrezeptor besitzen - für ein Molekül also, das im Körper die Wirkung des männlichen Sexualhormons Testosteron vermittelt.

Ein langes Gen ist weniger tüchtig als ein kurzes. "Im Mutterleib könnten die Kinder daher weniger Testosteron ausgesetzt gewesen sein", vermuten die Forscher um Vincent Harley in der Fachzeitschrift Biological Psychiatry: Das Gehirn sei deshalb während der Fötal-Entwicklung feminisiert worden.

Dieser Interpretation stimmt auch Bernd Meyenburg von der Universität Frankfurt zu. Sie decke sich mit bisherigen Vermutungen. Der Experte für Transsexualität warnt allerdings davor, gleich zu Hormonkur und Skalpell zu greifen, sobald der Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung auftritt. Hintergrund seien auch nicht immer die Gene.

Wenn Jungen sich mit Mädchen identifizieren, liege das oft daran, dass ihre Mutter "emotional abwesend" sei - weil sie an Depressionen leidet zum Beispiel. "Die Transsexualität ist dann ein Ausdruck des Wunsches, die Nähe zur Mutter wiederherzustellen", sagt Meyenburg.



"Das Gehirn ist ein Geschlechtsorgan"
Kim Schicklang kam mit männlichen Genitalien auf die Welt - wusste aber immer, dass sie eine Frau ist. Von einem langen Weg zum eigenen Geschlecht und dem Kampf für Selbstbestimmung.
Das Bundesverfassungsgericht hat unlängst das Transsexuellengesetz für verfassungswidrig erklärt: Nun darf der Gesetzgeber von Betroffenen, die ihren Personenstand ändern wollen, nicht mehr verlangen, dass sie sich dafür vorher einer genitalen Operation unterzogen haben müssen.

"Ein Mensch weiß selbst, welches Geschlecht er hat"

Vielen mag dies als ein liberaler Schritt erscheinen. Betroffene sehen das anders: Kim Schicklang, 38, Jahre alt, ist Radiomoderatorin und 1. Vorsitzende des Vereins Aktion Transsexualität und Menschenrecht in Ludwigsburg bei Stuttgart. Sie hat sich selbst vor eineinhalb Jahr für eine Operation entschieden und kritisiert das Gesetz als menschenunwürdig.

sueddeutsche.de: Frau Schicklang, Sie sind eine Frau - aber als Mann geboren?

Kim Schicklang: Nein. Ich sage, ich bin als Frau geboren - aber da fangen die Probleme schon an. Richtig ist: Ich bin mit einem Penis auf die Welt gekommen. Und die meisten Menschen haben die Vorstellung, dass das Geschlecht so funktioniert wie bei Ken und Barbie: Wenn ein Kind auf die Welt kommt, ist es entweder ein Mädchen oder Junge - und das kann man an den Genitalien ablesen.

sueddeutsche.de: Und demnach wären Sie ein Ken?

Schicklang: Ich hatte männliche Genitalien. Aber die sagen meiner Meinung nach noch nichts über das Geschlecht aus. Das Geschlecht eines Menschen wird durch viele Faktoren bestimmt - nicht nur durch das Vorhandensein von Penis oder Vagina. Sondern auch durch Chromosomen und die Hormone, die in unterschiedlichen Konzentrationen in einem Menschen vorkommen. Damit haben wir schon drei Faktoren. Es gibt Studien aus der Biologie, der Neurowissenschaft und der Genetik, die belegen, dass verschiedene Faktoren eine Rolle bei der Ausprägung des Geschlechts spielen.

sueddeutsche.de: Jemand ist dann nicht eindeutig Mann oder Frau?

Schicklang: Bei der Mehrheit der Menschen gehen die meisten Faktoren in eine Richtung. Es gibt Polaritäten und die meisten Menschen sind relativ eindeutig ein Mann oder eine Frau. Es gibt aber auch kräftig gebaute Frauen mit stärkerer Gesichtsbehaarung und Männer, die sehr feminin aussehen. Und es gibt Menschen, die völlig uneindeutig sind.

sueddeutsche.de: Und welcher Faktor macht Sie eindeutig zur Frau?

Schicklang: Ein weiterer Faktor, der wichtiger ist als die anderen: das Gehirn.

sueddeutsche.de: Sie haben also ein weibliches Gehirn?

Schicklang: Ich vermute das, ja. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das Gehirn einer transsexuellen Frau - also jemand wie ich - tatsächlich eher dem Gehirn einer Frau entspricht. Auch das Gehirn des Menschen ist also ein Geschlechtsorgan, auch dort findet eine geschlechtliche Spezifizierung statt.

sueddeutsche.de: Was macht Sie so sicher? Woher wissen Sie, dass Sie eine Frau sind?

Schicklang: Sie wissen doch auch, dass Sie eine Frau sind, oder?

sueddeutsche.de: Ja, daran habe ich keinen Zweifel. Seit wann wissen Sie, dass Sie eine Frau in einem Männerkörper sind?

Schicklang: Gespürt habe ich schon immer, dass etwas nicht stimmt, dass etwas komisch ist. In der Kindheit hatte ich immer wieder die Vorstellung, wie es wäre, im richtigen Körper zu sein. Ohne Penis. In der Pubertät wurde es dann richtig schwierig. Der Sportunterricht war verheerend, alleine die Vorstellung, mich vor anderen umzuziehen.

sueddeutsche.de: War Ihnen klar, dass Sie transsexuell sind?

Schicklang: Ich hatte von Transsexualität gehört, und ich fand das total eklig. Ich dachte: "So verrückt bin ich nicht." Die Vorstellung, ich sei ein Mann, der sich zur Frau "um-operieren" lässt, erschien mir absurd. Ich wusste ja, dass ich kein Mann bin, sondern eine Frau!

sueddeutsche.de: Das sah Ihre Umwelt vermutlich anders.

Schicklang: Für die Menschen um mich herum war ich natürlich ein Mann. Und ich habe gemerkt, dass ich total verdreht wahrgenommen werde. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass das Gehirn das eine Geschlecht hat und der Körper ein anderes.

sueddeutsche.de: Hatten Sie Phasen, in denen Sie sich betont männlich gegeben haben?

Schicklang: Es gab eine Zeit, da hab ich mir alte Anzüge gekauft und hatte das Gefühl: "Was für eine lustige Karikatur!" Aber ich wollte auf Dauer keine Karikatur sein.

sueddeutsche.de: Und dann haben Sie Kleidung gekauft, die besonders weiblich war?

Schicklang: Nein, ich habe mir Kleidung gekauft, die mir gefallen hat. Von Klischees halte ich nichts. Die Sexualwissenschaftler und Psychoanalytiker, mit denen ich es zu tun hatte, leider schon.

sueddeutsche.de: Wann haben Sie diese Leute aufgesucht?

Schicklang: Nach dem Outing. Irgendwann stand ich vor einem spiegelnden Fenster und musste mir eingestehen: So unglaublich sich das anhört, ich bin eine Frau! Das war mit 33, und es war ein göttlicher Moment: Ich wusste auf einmal, dass ich mich selbst gefunden habe. Das ist ein Prozess der Befreiung. Dann habe ich mir Hilfe gesucht: Ich wollte wissen, welche medizinischen Schritte notwendig sind, damit ich nicht nur weiß, dass ich eine Frau bin, sondern auch wie eine aussehe.

sueddeutsche.de: Konnten Ihnen die Mediziner helfen?

Schicklang: Der Chirurg, der mich vor eineinhalb Jahren operiert hat, ja. Aber bis dahin war es ein harter Weg. Das große Problem ist: Eine Frau, die weiß, dass sie eine Frau ist, muss sich von verschiedenen Gutachtern untersuchen und sich zu einem Mann mit psychischer Störung erklären lassen. Transsexualität gilt in Deutschland immer noch - wie lange die Homosexualität auch - als Geisteskrankheit: Laut der "Internationalen Klassifizierung von Krankheiten" der Weltgesundheitsorganisation ist sie eine Form der Geschlechtsidentitätsstörung.

sueddeutsche.de: Und wie stellt der Gutachter eine psychische Störung fest?

Schicklang: Die meisten Gutachter kommen aus der Psychoanalyse - und die hatte schon immer ein Problem mit sexuellen Besonderheiten. Der Psychoanalytiker überprüft, wie man sich geschlechtlich zeigt. Das ist ein absoluter Seelenstriptease. Der Gutachter löchert einen mit Fragen über die Kindheit, die psychosexuelle Entwicklung, die ersten sexuellen Erfahrungen, die Pubertät.

sueddeutsche.de: Klingt nicht besonders angenehm.

Schicklang: Da kommt man auch nicht unbedingt heil raus. Betroffene erleben oft psychische Zusammenbrüche, weil es einfach viel zu heftig ist. Da werden Machtsituationen ausgenutzt. Wenn die Gutachter nicht besonders sorgsam mit einem umgehen, können sie damit ernsthafte psychische Schäden verursachen. Es hinterlässt immer einen Schaden, wenn man eine transsexuellen Frau, die weiß, dass sie eine Frau ist, daraufhin untersucht, ob sie nicht ein Mann mit Identitätsstörung ist. Deshalb halte ich diese Begutachtung für einen Verstoß gegen die Menschenrechte. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem neuen Transsexuellengesetz diese Sichtweise leider gestärkt.

sueddeutsche.de: Das neue Gesetz erlaubt aber nun eine Änderung des Personenstands, ohne dass sich Betroffene umoperieren lassen müssen. Ist das nicht positiv?

Schicklang: Die allgemein gängige Vorstellung des "Um-operierens" ist schon paradox: Kein Transsexueller hat den Wunsch, sich zu einem anderen Geschlecht "um-operieren" zu lassen - er möchte in seinem eigenen Geschlecht leben!

sueddeutsche.de: Einverstanden. Aber geht das Gesetz nicht in die richtige Richtung?

Schicklang: Nur auf den ersten Blick - der Gesetzgeber kann einen nun nicht mehr zwingen, die Operation zu machen, um im Pass das Geschlecht zu ändern. Bisher war es so: Man brauchte für die Änderung des Vornamens ein Gutachten, und ein zweites Gutachten für die Änderung des Personenstands. Dafür musste man die Operation vorweisen. Nun muss man das zwar nicht mehr - aber die zweite Begutachtung könnte schärfer werden.

sueddeutsche.de: Inwiefern?

Schicklang: Es könnte noch genauer überprüft werden, ob jemand möglichst unauffällig im vermeintlich "anderen" Geschlecht lebt. Da zählen dann Stereotype wie lackierte Fingernägel, oder Kleider und Röcke.

sueddeutsche.de: Nicht jede Frau läuft in Röcken und lackierten Fingernägeln herum.

Jeder Betroffene soll selbst entscheiden können

Schicklang: Eben. Das betrifft mein Recht auf freie Lebensgestaltung. Wenn man aber Pech hat und diesen Stereotypen nicht entspricht oder nicht entsprechen will, wird man nicht anerkannt. Und man darf nicht vergessen: Diese Gutachten kosten Geld - für diese ganze personenstandsrechtliche Anerkennung legt man mehrere tausend Euro hin. Und am Ende wird die Änderung unter Umständen trotzdem ablehnt und man läuft mit falschen Papieren rum.

sueddeutsche.de: Wie sollte es Ihrer Meinung nach geregelt sein?

sueddeutsche.de: Ich bin dafür, dass jeder Betroffene das selbst entscheidet. Ein Mensch weiß doch, welches Geschlecht er hat. Ich finde es ziemlich heftig, dass es Menschen gibt, die sich anmaßen zu bestimmen, wer transsexuell ist und wer nicht. Das ist völlig absurd, wer soll das von außen entscheiden können? Niemand kann in das Gehirn eines anderen hineinschauen. An welchen Klischees soll man das denn festmachen?

sueddeutsche.de: Sie sind also dafür, dass jeder seinen Personenstand ändern kann, wie man seine Adresse ändert?

Schicklang: Was spräche dagegen? Es würde doch kein Mensch, der nicht wirklich betroffen ist, aus Spaß seinen Personenstand ändern. Und es wäre sicher besser, als dass Menschen mit falschen Papieren herumrennen und die richtigen nur bekommen, wenn sie solche Verfahren über sich ergehen lassen. Ich verstehe ja, dass man das Geschlecht eines Kindes bei der Geburt eintragen lässt - aber man sollte es den Menschen, die sich irgendwann melden, nicht so schwermachen, das auch wieder zu ändern.

sueddeutsche.de: Haben Sie Ihren Personenstand geändert?

Schicklang: Nein, ich bin laut meiner Papiere männlich, obwohl ich keinen Penis mehr habe. Ich sehe nicht ein, dass mir irgendjemand das, was mir durch mein Outing bewusst wurde - nämlich dass ich eine Frau bin - zu einer psychischen Störung erklärt. Und schon gar nicht zur psychischen Störung eines Mannes! Ich soll mich zum geisteskranken Mann erklären, damit ich als Frau geduldet werde, die ich sowieso schon immer war? Nein, echt nicht. Dann sollen die Geschlechtseinträge lieber falsch sein, das ist mir dann auch egal.

sueddeutsche.de: Aber die Operation war trotzdem wichtig für Sie?

Schicklang: Durch die Hormonbehandlung und die Operation habe ich ein viel besseres Körpergefühl bekommen. Auch wenn die Spuren des Testosterons in meinem Körper noch zu sehen sind. Ich kann endlich in den Spiegel schauen - und sehe mich. Das Schönste an der Operation war: Die ganzen Märchen, man gehe als Mann zur OP und wache als Frau wieder auf, haben nicht gestimmt. Ich bin aufgewacht und habe festgestellt: Ich bin immer noch eine Frau.

Der Verein Aktion Transsexualität und Menschenrecht (ATME e.V.) ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation, die sich für Menschenrechte transsexueller Menschen einsetzt. Der Verein im Internet: www.atme-ev.de


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