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Nikita Noemi Rothenbächer 2015
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Geschlechtsidentität und Menschenrechte im
internationalen Kontext
Im internationalen Menschenrechtsschutz hat sich Vieles zum Positiven
entwickelt. Zugleich aber lässt die geschlechtliche Vielfalt und
Randständigkeit von Trans* und Inter* sie weiterhin zum Ziel von
Diskriminierung und Gewalt werden.
Einleitung
Über 47
Mitgliedsstaaten des Europarates war ich erschüttert über die Wissensdefizite
bezüglich der Menschenrechtsbelange von transgender Personen, sogar bei
politischen Entscheidungsträgern.
"Was Thomas Hammarberg, der ehemalige
Menschenrechtskommissar des Europarates, beobachtet hat, ist ein bis heute
ungelöstes Menschenrechtsproblem. Die rechtliche, medizinische und
gesellschaftliche Diskriminierung von Transsexuellen, Transidenten, Transgendern,
transgeschlechtlichen Menschen (kurz: Trans*), aber auch die von
Intersexuellen, Intersex, zwischen- oder intergeschlechtlichen Menschen (kurz:
Inter*) ist vielfach belegt, politisch umstritten und menschenrechtlich nur
ungenügend thematisiert.
Das verwundert nicht,
steht doch nicht weniger als das gesellschafts- und staatstragende
Zweigeschlechtersystem auf dem Spiel.
Sieht man genauer hin, entdeckt man hinter der Einfalt
des Systems jedoch eine Vielfalt von Menschen, die - gleich welchen
Geschlechtes - als Rechtsträger_innen in ihren Selbstbestimmungs- und
Persönlichkeitsrechten bis heute nahezu überall auf der Welt massiv
eingeschränkt sind.
Dieser Artikel bietet einen kurzen Abriss der Geschichte internationaler Menschenrechte in Bezug auf Geschlechtsidentität sowie globale Einblicke in die Lebens- und Diskriminierungssituation von Trans* und Inter*.
Dieser Artikel bietet einen kurzen Abriss der Geschichte internationaler Menschenrechte in Bezug auf Geschlechtsidentität sowie globale Einblicke in die Lebens- und Diskriminierungssituation von Trans* und Inter*.
Als deutsches Autor_innen-Team haben wir uns
entschieden, mithilfe von lokalen Selbstzeugnissen internationaler Aktivist_innen
den Weg von Unsichtbarmachung, Ausschluss und Unterdrückung hin zum
Sichtbarwerden und zu wertschätzender Anerkennung von geschlechtlicher und
körperlicher Vielfalt zu beschreiben.
Vielfalt von Geschlecht - ohne Recht?
Was meint eigentlich diese Vielfalt geschlechtlicher Identitäten genau, die nicht zu verwechseln ist mit dem deutschen Konzept der "sexuellen Identität"?
Letzteres findet im Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz Anwendung und umfasst Homo-, Bi- Trans- und
Intersexuelle, wird allerdings im internationalen Sprachgebrauch eher mit dem
Begriffspaar sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität (SOGI)
wiedergegeben.
Global und auf der Ebene der Vereinten Nationen (VN)
setzt sich zunehmend die Definition des englischen gender identity, wie in den
Yogyakarta-Prinzipien (YP) formuliert, durch: "Unter 'geschlechtlicher
Identität' versteht man das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der
Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, das mit dem Geschlecht, das der betroffene
Mensch bei seiner Geburt hatte, übereinstimmt oder nicht übereinstimmt; dies
schließt die Wahrnehmung des eigenen Körpers (darunter auch die freiwillige
Veränderung des äußeren körperlichen Erscheinungsbildes oder der Funktionen des
Körpers durch medizinische, chirurgische oder andere Eingriffe) sowie andere
Ausdrucksformen des Geschlechts, z.B. durch Kleidung, Sprache und Verhaltensweisen,
ein."[
Indem die YP bewegungspolitische Formulierungen aufgreifen, geben sie trans* und inter* Menschen die Definitionsmacht über ihr ureigenes geschlechtliches Empfinden und dessen Ausdrucksform(en) zurück.
Indem die YP bewegungspolitische Formulierungen aufgreifen, geben sie trans* und inter* Menschen die Definitionsmacht über ihr ureigenes geschlechtliches Empfinden und dessen Ausdrucksform(en) zurück.
Damit
stehen die YP am Ende einer über 60-jährigen, kontroversen und bis in die
jüngste Vergangenheit vorwiegend medizinisch-psychologisch geführten Debatte
zur Identitätsbestimmung, die Trans- und Intersexualität nach wie vor
pathologisiert.
Die YP wurden 2006 von einem international besetzten
Gremium von Menschenrechtsspezialist_innen aus dem Globalen Süden und Norden in
der indonesischen Stadt Yogyakarta entworfen und abgestimmt.
Die Rechtsexpert_innen verfassten darin einen Katalog
von 29 Prinzipien zu verschiedenen Schutzbereichen aus spezifischer trans* und
inter* Sicht.
Sie sind nicht bindend, werden aber mittlerweile als
Lehrmeinung internationaler Völkerrechtler_innen neben völkerrechtlichen
Verträgen, Völkergewohnheitsrecht und allgemeinen Rechtsgrundsätzen als
Hilfsmittel zur Feststellung von Völkerrecht herangezogen.
Ein begleitender rechtswissenschaftlicher Kommentar
stellt klar, dass sie keine neuen Rechte schaffen, sondern lediglich bestehende
verbindliche Menschenrechtsstandards und Schutzmechanismen aus
SOGI-Perspektive(n) zusammenfassen.LSBTI-Bewegungsorganisationen entwickelten
zu ihrer Umsetzung einen aktivistischen Leitfaden, um die Adaption der YP
voranzubringen.
Gerade westliche Staaten, die den globalen Süden und
Osten gerne auf Menschenrechtskonformität in Bezug auf SOGI-Fragen drängen,
machen sich unglaubwürdig, wenn sie sich den YP fortgesetzt verweigern.
Hierzu zählt leider nach wie vor auch Deutschland.
Wie gestaltet sich nun der aktuelle internationale Diskriminierungs- und Menschenrechtsschutz? Die Anerkennung und der Schutz von Geschlechtsidentität sind in den VN-Menschenrechtsverträgen selbst nicht explizit genannt, dennoch ist ein allgemeines Diskriminierungsverbot gegeben, das alle Menschen - also auch Trans* und Inter* - umfasst.
Wie gestaltet sich nun der aktuelle internationale Diskriminierungs- und Menschenrechtsschutz? Die Anerkennung und der Schutz von Geschlechtsidentität sind in den VN-Menschenrechtsverträgen selbst nicht explizit genannt, dennoch ist ein allgemeines Diskriminierungsverbot gegeben, das alle Menschen - also auch Trans* und Inter* - umfasst.
Die Anerkennungsgeschichte von sexueller Orientierung
ist dabei der von Geschlechtsidentität vorgängig und verläuft teilweise
überlappend.
Der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellte schon 1981 und damit als erste
internationale gerichtliche Instanz fest, dass die Verfolgung von
einvernehmlichen homosexuellen Handlungen unter Erwachsenen
menschenrechtswidrig sei.
Diesem Urteil folgten zahlreiche weitere
Entscheidungen bezüglich der Legalisierung homosexueller Praktiken. Aus
Perspektive von trans* oder inter* Personen mag der sexualitätsbezogene Aspekt
des internationalen Menschenrechtsschutzes auf den ersten Blick nicht relevant
erscheinen. Aber da in vielen Ländern der Welt die juristische und/oder
medizinische Anpassung an das Identitätsgeschlecht nicht vorgesehen ist, können
sie sich im Falle der Strafbarkeit von gleichgeschlechtlichen Handlungen jener
schuldig machen - selbst wenn sie heterosexuelle Kontakte und Partnerschaften
suchen.
Allgemein geraten trans* und inter*
Selbstrepräsentationsweisen häufiger in Konflikt mit Geschlechterstereotypen,
weil ihr Geschlechtsausdruck meist nicht eindeutig ist, das heißt, sie werden
in Zusammenhang mit Partnerschaften oft als schwul oder lesbisch interpretiert
und entsprechend sanktioniert.
Von mindestens fünf Staaten ist bekannt, dass sie ein drittes Geschlecht anerkennen beziehungsweise in Reisepässen als Geschlechtseintrag ein "X" vorsehen (Indien, Pakistan, Nepal, Australien, Neuseeland).
Von mindestens fünf Staaten ist bekannt, dass sie ein drittes Geschlecht anerkennen beziehungsweise in Reisepässen als Geschlechtseintrag ein "X" vorsehen (Indien, Pakistan, Nepal, Australien, Neuseeland).
In Bezug auf völkerrechtliche Abkommen fanden sexuelle
Orientierung und Geschlechtsidentität 2009 in der Allgemeinen Bemerkung Nr. 20
des VN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte erstmals
Erwähnung.
Jener bekräftigte darin, dass sexuelle Orientierung
und Geschlechtsidentität in die Kategorie des sonstigen Status (Artikel
2.2) des internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte fallen. Damit fand gleichzeitig das Konzept der Geschlechtsidentität als
verbotener Diskriminierungsgrund zum ersten Mal Eingang bei den VN.
Die Einführung der ersten Resolution zu sexueller
Orientierung und Geschlechtsidentität führte über drei vergebliche
Resolutionsanläufe und erhebliche Widerstände hinweg 2011 schließlich zum
Erfolg. Auf Initiative von Südafrika und besonders dank intensiver NRO-Arbeit
der auf internationaler Ebene noch sehr jungen Trans*-Organisationen fand sich
am 17. Juni 2011 im VN-Menschenrechtsrat zwar eine äußerst knappe, aber zum
ersten Male eine Mehrheit für eine SOGI-Resolution, die den allgemeinen
Diskriminierungsschutz für LSBTI betont.
Auf regionaler Ebene finden im interamerikanischen Menschenrechtssystem der Organisation Amerikanischer Staaten erste Auseinandersetzungen mit beiden Merkmalen der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität statt.
Auf regionaler Ebene finden im interamerikanischen Menschenrechtssystem der Organisation Amerikanischer Staaten erste Auseinandersetzungen mit beiden Merkmalen der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität statt.
Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte
und ihr Gerichtshof befassten sich bisher "nur" mit sexueller
Orientierung.
Die afrikanische Charta der Menschenrechte der
Afrikanischen Union ist seit 1986 in Kraft, seit 2004 gibt es auch einen
afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte, allerdings war die Frage der
Geschlechtsidentität bisher noch nicht Gegenstand von Rechtsprechung oder
Erlassen.
Im asiatisch-pazifischen Raum hat 2009 das
Asien-Pazifik-Forum die Annahme der Yogyakarta-Prinzipien beschlossen, die
seitdem Leitprinzip sind.
Im europäischen Menschenrechtssystem hat das zwar nicht bindende, aber Grundlagen schaffende Themenpapier zu Geschlechtsidentität und Menschenrechten von Thomas Hammarberg zentrale Bedeutung und wird von trans* Aktivist_innen geschätzt.
Im europäischen Menschenrechtssystem hat das zwar nicht bindende, aber Grundlagen schaffende Themenpapier zu Geschlechtsidentität und Menschenrechten von Thomas Hammarberg zentrale Bedeutung und wird von trans* Aktivist_innen geschätzt.
Hier wurden 2009 insbesondere für trans* Personen
wegweisende menschenrechtliche, aber auch gesundheitliche und soziale Standards
formuliert - inter* Perspektiven jedoch größtenteils vernachlässigt. 2010
folgten die Verabschiedung von Empfehlungen im Ministerrat und ein Beschluss
der Generalversammlung des Europarates, die sich gegen die Diskriminierung auch
aufgrund von Geschlechtsidentität wenden.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich
der Europarat als die weltweit erste zwischenstaatliche Einrichtung schon 1989
zu den Bedingungen von Transsexuellen äußerte. Er sprach Empfehlungen wie die
Ermöglichung von geschlechtsangleichenden Maßnahmen an die Mitgliedstaaten aus,
die allerdings größtenteils folgenlos blieben.
Der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte (EGMR) behandelt Diskriminierung aufgrund von
Geschlechtsidentität seit 2002 als "Verletzung von Persönlichkeitsrechten,
also von Freiheitsrechten".
Anders als der Europäische Gerichtshof (EuGH), der
alle Klagen von trans* Menschen als geschlechtsspezifische Benachteiligung
abgeurteilt hat, sieht der EGMR keinen Zusammenhang mit der Benachteiligung
"wegen des Geschlechts".
Die Diskriminierung von Inter* wurde bisher an keinem
der beiden Gerichte behandelt.
Das mag an ihrer besonderen Marginalisierung und den
Entmachtungspraxen in Recht und Medizin liegen.
Lebenslagen und Diskriminierung von Intersexuellen und Transsexuellen
Weltweit sind viele Trans* und Inter* trotz der sich allmählich verbessernden internationalen Menschenrechtslage nach wie vor Ziel von Diskriminierung und Gewalt bis hin zu Kapitalverbrechen.
Gesundheit.
In den meisten Ländern dieser Welt ist eine juristische sowie medizinische Geschlechtsangleichung an das Identitätsgeschlecht versagt beziehungsweise ist an hohe und entmündigende Hürden geknüpft.
Dies können zwingend vorgeschriebene Operationen, die
Sterilisation oder auch hohe Behandlungskosten sein.
Die derzeit international anerkannten
Klassifizierungssysteme für Krankheiten führen die Diagnose
"Geschlechtsidentitätsstörung" entweder als psychische
Gesundheitsstörung (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders,
kurz: DSM) oder listen Transsexualität als Geistes- und Verhaltensstörung
(International Statistical Classification of Diseases and Related Health
Problems, kurz: ICD).
Die medizinischen Diagnosen Transsexualität und Intersexualität werden einerseits dazu benutzt, Trans* und Inter* als abweichend und krank zu stigmatisieren. Andererseits bildet der Krankheitsstatus beziehungsweise der Leidensdruck an der gesellschaftlichen Reaktion in manchen Ländern die Basis für die Kostenerstattung medizinischer Maßnahmen. Zugang zu medizinisch überwachter und bezahlbarer Hormontherapie und geschlechtsangleichenden Maßnahmen gibt es nur in wenigen Ländern.
Die medizinischen Diagnosen Transsexualität und Intersexualität werden einerseits dazu benutzt, Trans* und Inter* als abweichend und krank zu stigmatisieren. Andererseits bildet der Krankheitsstatus beziehungsweise der Leidensdruck an der gesellschaftlichen Reaktion in manchen Ländern die Basis für die Kostenerstattung medizinischer Maßnahmen. Zugang zu medizinisch überwachter und bezahlbarer Hormontherapie und geschlechtsangleichenden Maßnahmen gibt es nur in wenigen Ländern.
Qualitätsstandards für Operationen existieren häufig
nicht.
In Ländern, in denen keine trans*- oder inter*-spezifische gesundheitliche Betreuung existiert, und dort, wo Trans* und Inter* nicht die Vorbedingungen für eine medizinische Behandlung erfüllen, besorgen sie sich häufig die Hormone auf dem Schwarzmarkt und nehmen diese ohne medizinische Betreuung ein.
In Ländern, in denen keine trans*- oder inter*-spezifische gesundheitliche Betreuung existiert, und dort, wo Trans* und Inter* nicht die Vorbedingungen für eine medizinische Behandlung erfüllen, besorgen sie sich häufig die Hormone auf dem Schwarzmarkt und nehmen diese ohne medizinische Betreuung ein.
Ebenso ohne medizinische
Aufsicht spritzen viele Transfrauen industrielles Silikon zum Brustaufbau ein
oder lassen Genitalanpassungen (vor allem Emaskulationen) ausführen - mit oft
gravierenden gesundheitlichen Schäden bis hin zur Todesfolge.
In Indien wird Trans* häufig unterstellt, HIV-positiv beziehungsweise an AIDS erkrankt zu sein.
In Indien wird Trans* häufig unterstellt, HIV-positiv beziehungsweise an AIDS erkrankt zu sein.
Aufgrund der so projizierten vermeintlichen
Übertragungs- und Ansteckungsgefahr für andere Menschen sind oft nur
Sterilisations- beziehungsweise Kastrationsmethoden und geschlechtsangleichende
Maßnahmen außerhalb von Krankenhäusern verfügbar, die nicht sicher sind und
meist zu Komplikationen, mitunter zum Tod führen.
Sind trans* und inter* Menschen tatsächlich
HIV-infiziert, sind sie oft Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt.
Während Trans* häufig unter der Verweigerung gewollter medizinischer Behandlung leiden, werden Inter* durch Zwangsbehandlungen traumatisiert.
Während Trans* häufig unter der Verweigerung gewollter medizinischer Behandlung leiden, werden Inter* durch Zwangsbehandlungen traumatisiert.
Sie werden vor allem in den ausdifferenzierten
Gesundheitssystemen des globalen Nordens, aber auch vermehrt im Süden, im
nicht-einwilligungsfähigen Alter ohne tatsächliche medizinische Notwendigkeit
geschlechtszuweisend operiert.
Kleinkindliche Genitale gelten bis zu einer gewissen
Größe als "uneindeutig" und werden operationstechnisch bedingt meist
als weiblich angelegt.
Traumatisierende Weiterbehandlungsmethoden (etwa
Bougieren, das künstliche Weiten der Neo-Vagina) sind die Folge. Die meisten
Neo-Genitale weisen - entgegen medizinischer Machbarkeitsversprechen - keine
oder keine ausgeprägte Sensibilität auf, Unfruchtbarkeit ist oft eine weitere
Konsequenz.
Medizinische Fehler oder Fehlbehandlungen können kaum
nachvollzogen werden, da eine Akteneinsicht vor allem für im Säuglingsalter
vorgenommene Eingriffe oft nicht gewährleistet ist beziehungsweise
Verjährungsfristen greifen.
Inter* Aktivist_innen bezeichnen diese in vielen
Ländern gängige Praxis als Genitalverstümmelung, die den betreffenden
Personen die Möglichkeit zur freien geschlechtlichen und sexuellen
Selbstentfaltung nimmt.
Darüber haben wir in unserem Blog http://trans-weib.blogspot.de/ mehr
als einmal Berichtet!
Die wichtigste Forderung für eine verbesserte
Situation für Inter* lautet daher, gesundheitlich nicht zwingend erforderliche
medizinische Eingriffe nur im einwilligungsfähigen Alter vorzunehmen.
Nach dem Prinzip der vorherigen informierten
Zustimmung sollten Inter* selbst wählen können, ob, wann und welche
geschlechtsangleichende Maßnahmen sie durchführen lassen möchten.[
Klinische Ethikkommissionen, bestehend aus Psycholog_innen, Medizinethiker_innen, Endokrinolog_innen und weiterem Fachpersonal, sollen neuerdings etwa in Brasilien Eltern bei der Geburt eines als DSD klassifizierten Kindes in ihrer Entscheidung unterstützen.
Klinische Ethikkommissionen, bestehend aus Psycholog_innen, Medizinethiker_innen, Endokrinolog_innen und weiterem Fachpersonal, sollen neuerdings etwa in Brasilien Eltern bei der Geburt eines als DSD klassifizierten Kindes in ihrer Entscheidung unterstützen.
Betroffenenorganisationen lehnen Fremdentscheidungen
jedoch grundsätzlich ab. Sie kritisieren zudem, dass der neue medizinische
Terminus DSD für Intersex darauf ausgelegt ist, immer mehr Intersexvarianten,
beispielsweise auf genetischer Basis, zu identifizieren und unzutreffenderweise
als behandlungsbedürftig darzustellen. Es besteht auch die Befürchtung,
dass mittels pränataler Diagnostik Eltern bei DSD entweder eine pränatale Hormonbehandlung
oder gar der Schwangerschaftsabbruch nahegelegt wird.
In Australien und Kolumbien haben Gerichtsurteile das elterliche Zustimmungsrecht anstelle ihrer geschäftsunfähigen Kinder bei geschlechtszuweisenden Eingriffen bereits stark eingeschränkt - aber nicht unmöglich gemacht.
In Australien und Kolumbien haben Gerichtsurteile das elterliche Zustimmungsrecht anstelle ihrer geschäftsunfähigen Kinder bei geschlechtszuweisenden Eingriffen bereits stark eingeschränkt - aber nicht unmöglich gemacht.
Auch in Deutschland konnte sich der Deutsche Ethikrat
nicht zu dem von Intersex-Verbänden dringend geforderten Moratorium für solche
Operationen durchringen.
Die unkritische Einführung solch westlicher
medizinischer Standards gefährdet Inter* zunehmend auch im globalen Süden.
Dies gilt vor allem für die wenigen noch vorhandenen
vorkolonialen Gesellschaften, die von der Zweigeschlechtlichkeit abweichende
sozioreligiöse Strukturen kennen, in denen Inter* und Trans* geschützt leben
können.
Personenstand und rechtliche Lage.
Um diskriminierungsfrei im Identitätsgeschlecht zu leben, ist für viele Trans* und manche Inter* der Zugang zu Verfahren für die Geschlechtseintragung und Vornamensänderung entscheidend.
Personenstand und rechtliche Lage.
Um diskriminierungsfrei im Identitätsgeschlecht zu leben, ist für viele Trans* und manche Inter* der Zugang zu Verfahren für die Geschlechtseintragung und Vornamensänderung entscheidend.
Ausweisdokumente weisen oft das bei der Geburt
zugewiesene Geschlecht aus. Verfahren zur Änderung sind, wenn überhaupt
vorhanden, langwierig und bürokratisch. In dieser Zeit sind Trans* und Inter*
häufig in ihrer Teilhabe an Bildung, dem Arbeitsmarkt, an Sozial- und
Gesundheitssystemen eingeschränkt und in ihrer Bewegungs- und Reisefreiheit
gehindert.
Im Rahmen des Transrespekt-versus-Transphobie-Projektes wurden 61 Länder unter anderem auf die Möglichkeit hin untersucht, den Vornamen sowie die Geschlechtseintragung rechtlich zu ändern. In 30 Ländern sind Änderungen möglich, allerdings sind diese an jeweils variierende Bedingungen geknüpft, in der Regel jedoch psychiatrische Gutachten, geschlechtsangleichende Maßnahmen und mitunter auch die Unfruchtbarmachung umfassen.
Auch in den meisten afrikanischen Ländern fehlt bisher eine geschlechterspezifische Antidiskriminierungsgesetzgebung. Eine Ausnahme bildet die Gender Recognition Legislation in Südafrika. Das Problem liegt hier allerdings in der Umsetzung des Gesetzes: In der Realität stoßen viele Trans* und Inter* ohne operative geschlechtsangleichende Maßnahmen, die im Gesetz zwar nicht explizit gefordert werden, trotzdem auf Probleme bei den Behörden. Diese können häufig erst dann gelöst werden, wenn mit Hilfe von Selbsthilfegruppen Anwälte eingeschaltet werden oder dies angedroht wird. Allerdings haben viele Trans* (wie auch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Inter*) häufig keinen Zugang zu den wenigen Beratungsangeboten und wissen demnach nicht, wie sie die grundsätzlich gute Rechtslage zu ihrem Schutz einsetzen können.
In vielen Ländern werden trans*- und inter*-spezifische Bedürfnisse kaum von nicht-trans* oder -inter* Menschen, der Öffentlichkeit und auch der Politik wahrgenommen werden.
Im Rahmen des Transrespekt-versus-Transphobie-Projektes wurden 61 Länder unter anderem auf die Möglichkeit hin untersucht, den Vornamen sowie die Geschlechtseintragung rechtlich zu ändern. In 30 Ländern sind Änderungen möglich, allerdings sind diese an jeweils variierende Bedingungen geknüpft, in der Regel jedoch psychiatrische Gutachten, geschlechtsangleichende Maßnahmen und mitunter auch die Unfruchtbarmachung umfassen.
Auch in den meisten afrikanischen Ländern fehlt bisher eine geschlechterspezifische Antidiskriminierungsgesetzgebung. Eine Ausnahme bildet die Gender Recognition Legislation in Südafrika. Das Problem liegt hier allerdings in der Umsetzung des Gesetzes: In der Realität stoßen viele Trans* und Inter* ohne operative geschlechtsangleichende Maßnahmen, die im Gesetz zwar nicht explizit gefordert werden, trotzdem auf Probleme bei den Behörden. Diese können häufig erst dann gelöst werden, wenn mit Hilfe von Selbsthilfegruppen Anwälte eingeschaltet werden oder dies angedroht wird. Allerdings haben viele Trans* (wie auch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Inter*) häufig keinen Zugang zu den wenigen Beratungsangeboten und wissen demnach nicht, wie sie die grundsätzlich gute Rechtslage zu ihrem Schutz einsetzen können.
In vielen Ländern werden trans*- und inter*-spezifische Bedürfnisse kaum von nicht-trans* oder -inter* Menschen, der Öffentlichkeit und auch der Politik wahrgenommen werden.
Es existieren kaum Informationsangebote, verschiedene
Geschlechtidentitäten und sexuelle Orientierungen werden von den wenigen, die
sensibilisiert sind, unter der Kategorie LSBTI zusammengefasst und in der
öffentlichen Wahrnehmung häufig mit Homosexualität gleichgesetzt - und sexuelle
Handlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen sind in einer Vielzahl von
afrikanischen und islamisch geprägten Staaten kriminalisiert, die Strafen gehen
bis hin zur Todesstrafe.
Insgesamt ist ein besorgniserregender Trend zur
Kriminalisierung auch von trans* Ausdrucksweisen zu beobachten.
Obwohl hierzulande vor allem von Ethnolog_innen oft als Positivbeispiel zitiert, kämpft auch die trans*, inter* und hijra-Community in Indien nach wie vor um eine rechtliche Anerkennung ihrer Identität(en). 2009 wurden die Begriffe sexuelle Orientierung und LSBT in die indische Verfassung aufgenommen.
Obwohl hierzulande vor allem von Ethnolog_innen oft als Positivbeispiel zitiert, kämpft auch die trans*, inter* und hijra-Community in Indien nach wie vor um eine rechtliche Anerkennung ihrer Identität(en). 2009 wurden die Begriffe sexuelle Orientierung und LSBT in die indische Verfassung aufgenommen.
Geschlechtsidentität und Trans*/Inter*/hijra werden
jedoch nicht explizit genannt.
In Dokumenten, wie dem Pass, der
Wähleridentifikationskarte oder auch im Zensus können sich Trans* inzwischen
als "andere(s)" Geschlecht eintragen, wenn sie sich nicht als Mann
oder Frau identifizieren. Individuelle Trans*-Identitäten können jedoch nicht
angegeben werden.
Ebenso kann das Geschlecht auf Geburtsurkunden nach
wie vor nicht geändert werden. Am fortschrittlichsten innerhalb Indiens ist die
Gesetzgebung für Trans* im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu.
Dieser verfolgt eine offene Politik gegenüber
Transfrauen/hijra und hat eine Reihe unterstützender Maßnahmen
eingeführt, unter anderem eine besondere Zuständigkeit für Trans* in den
sozialen Sicherungssystemen.
Die National Legal
Services Authority hat die Transgender inzwischen in die Definition
marginalisierter Gruppen integriert. Dies ermöglicht Trans* beispielsweise die
Inanspruchnahme eines kostenlosen Rechtsbeistands.
Obwohl auf nationaler Ebene gesetzlich nicht kriminalisiert, sind in Argentinien travesti, Transsexuelle und Transgender ähnlichen lokalen Regelungen unterworfen, die zum Beispiel das Tragen der Kleidung des anderen Geschlechtes in der Öffentlichkeit oder das Anbieten von Sex-Dienstleistungen - oft die einzige Einnahmequelle - im Namen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Moral und Ordnung unterbinden.
Obwohl auf nationaler Ebene gesetzlich nicht kriminalisiert, sind in Argentinien travesti, Transsexuelle und Transgender ähnlichen lokalen Regelungen unterworfen, die zum Beispiel das Tragen der Kleidung des anderen Geschlechtes in der Öffentlichkeit oder das Anbieten von Sex-Dienstleistungen - oft die einzige Einnahmequelle - im Namen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Moral und Ordnung unterbinden.
Gleichzeitig verfügt
Argentinien über den derzeit weltweit fortschrittlichsten Gesetzentwurf zur
rechtlichen Anerkennung der Geschlechtsangleichung. Die Personenstandsänderung
ist qua Eigenerklärung möglich und verzichtet auf eine pathologisierende
Diagnose. Zusätzlich gewährt er Trans* auf Basis der freien, informierten
Zustimmung Zugang zu allen gewünschten medizinischen Maßnahmen innerhalb eines
staatlich finanzierten Gesundheitssystems.
Aufgrund der noch kaum existenten inter*-Bewegung und der allgemeinen Unsichtbarkeit von Inter* werden nur äußerst selten Fälle von Diskriminierung aktenkundig.
Aufgrund der noch kaum existenten inter*-Bewegung und der allgemeinen Unsichtbarkeit von Inter* werden nur äußerst selten Fälle von Diskriminierung aktenkundig.
Einer der wenigen ist der Fall Muasya in Kenia. Die
intersexuelle Person, die als Mann lebte und wegen der Teilnahme an der
Gruppenvergewaltigung einer Frau verurteilt wurde, reichte gegen die für sie
als falsch empfundene Unterbringung im Männergefängnis Klage ein.
Ohne die Gründe für die Verurteilung in Abrede zu
stellen, verdeutlicht dieser Fall die generelle Problematik der
Geschlechtertrennung in öffentlichen Einrichtungen für Inter* wie für Trans*.
Sozioökonomische Situation.
Armut und Arbeitslosigkeit stellen für trans* Personen überall auf der Welt eine elementare Sorge dar.
Sozioökonomische Situation.
Armut und Arbeitslosigkeit stellen für trans* Personen überall auf der Welt eine elementare Sorge dar.
In den meisten Ländern des Globalen Südens sind sie
damit automatisch in ihrer Existenz bedroht. Viele sehen aufgrund ihrer extremen
Stigmatisierung keinen anderen Ausweg als Sexarbeit oder die Arbeit in anderen
illegalen oder gefährlichen Untergrundökonomien.
Sind Trans* berufstätig, sind sie an ihrem
Arbeitsplatz Diskriminierung im Sinne von Mobbing und Schikanen durch die Arbeitgeber_innen
oder Kolleg_innen ausgesetzt.
In Indien können viele trans* und inter* Menschen
nicht zur Schule gehen und nicht legal arbeiten, da sie auf allen
gesellschaftlichen Ebenen diskriminiert werden. Akzeptanz finden transfrauen/hijra und
inter* Menschen nur in traditionellen, aber stigmatisierten "Berufen"
wie Segnungen (gegen Geld oder Geschenke) und Betteln. Auch in Südost- und
Ostasien leiden Trans* besonders unter Armut.
Gewalt, gesellschaftliche Diskriminierung und Stigmatisierung.
Gewalt, gesellschaftliche Diskriminierung und Stigmatisierung.
Transphobie überschneidet sich teilweise mit Homophobie, denn besonders Personen mit nicht geschlechtskonformen Auftreten sind Ziel von Diskriminierung und Gewalt
Die Dunkelziffern sind
sehr hoch. So wird zum Beispiel in Ländern des Balkans Gewalt zum Teil von den
eigenen Familien, aber vor allem von Polizei, extremistischen Gruppen und
Hooligans ausgeübt.
Auch in afrikanischen
Ländern ist das Maß an Diskriminierung und Gewalt sehr hoch: mitunter kommt es
zu Folter und Morden. Eine Ursache könnte in der erhöhten Sichtbarkeit und
internationalen Thematisierung von lesbisch-schwulen Anliegen liegen, die
Gegenreaktionen auslöst.
Von politischen Entscheidungsträgern und anderen wird die Gewalt entweder propagiert oder sie verhalten sich nicht dazu. Nur selten finden sich öffentliche Fürsprecher, die sich für den Schutz der Menschenrechte von LSBTI einsetzen.
Von politischen Entscheidungsträgern und anderen wird die Gewalt entweder propagiert oder sie verhalten sich nicht dazu. Nur selten finden sich öffentliche Fürsprecher, die sich für den Schutz der Menschenrechte von LSBTI einsetzen.
All dies schafft ein gesellschaftliches Klima der
Kriminalisierung und Stigmatisierung.
In verschiedenen Ländern wie dem Senegal wurden Trans*
von der Polizei inhaftiert, misshandelt und missbraucht. Auch in Indien werden
sie häufig von Polizisten zum Sex gezwungen - ohne eine Möglichkeit, Beschwerde
einzulegen oder sich rechtlich dagegen zu wehren.
In Tansania wurden mehrere Trans* exhumiert und deren
Körper tagelang öffentlich zur Schau gestellt. Straflosigkeit bis offene
Unterstützung bestärkt die Täter in ihrem Verhalten. Die menschenrechtlichen
Garantien auf Schutz vor willkürlichen Festnahmen, Folter und unmenschlicher
Behandlung werden von Polizei und Sicherheitskräften missachtet.
Die Förderung der Menschenrechte von "T" und "I" wäre jedoch unvollständig, würde sie nur den globalen Süden und Osten in den Blick nehmen. Die westliche Introspektive zeigt schnell: Selbst in den Ländern des Nordens sind LSBTI weder rechtlich noch gesellschaftlich vollkommen gleichgestellt - auch nicht in Deutschland, wie die fortgesetzte Ungleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft, der medizinisch-rechtliche Umgang mit Zwittern sowie das erst 2011 vom Bundesverfassungsgericht als Menschenrechtsverletzung außer Kraft gesetzte Sterilitätsgebot im Transsexuellengesetz verdeutlichen. Das niederländische Transsexuellengesetz schreibt die Sterilität nach wie vor zwingend vor und ruft internationale Menschenrechtsorganisationen auf den Plan.
Die Förderung der Menschenrechte von "T" und "I" wäre jedoch unvollständig, würde sie nur den globalen Süden und Osten in den Blick nehmen. Die westliche Introspektive zeigt schnell: Selbst in den Ländern des Nordens sind LSBTI weder rechtlich noch gesellschaftlich vollkommen gleichgestellt - auch nicht in Deutschland, wie die fortgesetzte Ungleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft, der medizinisch-rechtliche Umgang mit Zwittern sowie das erst 2011 vom Bundesverfassungsgericht als Menschenrechtsverletzung außer Kraft gesetzte Sterilitätsgebot im Transsexuellengesetz verdeutlichen. Das niederländische Transsexuellengesetz schreibt die Sterilität nach wie vor zwingend vor und ruft internationale Menschenrechtsorganisationen auf den Plan.
Bewegungspolitik stärken
Die Menschenrechtsverletzungen sind eindeutig, der Menschenrechtsschutz noch nicht.[37] Ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Diskriminierungslagen von Trans* und Inter* herzustellen ist eine internationale Menschenrechtsaufgabe, die alle gleichermaßen leisten müssen. Trans* und Inter* haben ähnliche aber auch unterschiedliche Probleme. Gemeinsamkeiten liegen zum Beispiel im Mangel an geschlechtlicher Selbstbestimmung, in der fehlenden Akzeptanz von Zwischengeschlechtern und der Pathologisierung. Unterschiede finden sich vor allem darin, dass es für Trans* keinen oder einen mit hohen Hürden versehenen Zugang zu gewünschter und nötiger medizinischer Versorgung gibt, wohingegen Inter* ungewünschte und unnötige Eingriffe abwehren müssen.
Aktuelle Menschenrechtsinstrumente und an LSBTI gerichtete Programme verfolgen unter Verwendung des Begriffes Geschlechtsidentität eine einbeziehende Strategie, wobei jedoch die konzeptionelle Schärfe und Tiefe unterschiedlich sind. Meist herrscht die rein rhetorische Einbeziehung in SOGI ohne inhaltliche Entsprechung der Problemlagen von trans* und inter* Personen vor. Selbst wenn Geschlechtsidentität inhaltlich ausgestaltet ist, finden sich dann vor allem die Bedürfnisse von Trans* wieder. Inter*, ihre Anliegen und ihre körperliche und geschlechtliche Vielfalt sind selbst im Geschlechtsidentitätskonzept randständig bis unsichtbar - eine konzeptionelle Leerstelle, die sich auch im Ausbleiben von Fördermitteln widerspiegelt.[38] So existiert beispielsweise keine empirische Forschung zu den Lebens- und Diskriminierungslagen von Inter* und nur wenig zu Trans*. Solche Forschungsvorhaben sollten partizipativ erfolgen: Sogenannte betroffenenkontrollierte Ansätze zielen darauf, dass die Menschen, deren Erfahrungen Gegenstand der Untersuchung sind, an der Konzeption, Ausführung, Auswertung und Veröffentlichung teilhaben, dass ihr spezielles Wissen in die Forschung einfließt, und dass die Forschung für sie nützlich sein muss. Daran sollten die jeweiligen Bewegungen beteiligt werden.
Sowohl die Trans*- als auch die Inter*-Bewegung werden von der großen LSB(TI)-Bewegung marginalisiert, es finden sich kaum trans* und inter* Repräsentant_innen. Während eine sich gerade formierende Trans*-Bewegung, die sich zunehmend auch international organisiert, erste Emanzipationsgewinne verzeichnen kann, steht die Inter*-Bewegung noch ganz am Anfang. Trans* und Inter* kämpfen manchmal zusammen - manchmal getrennt. Gemein ist beiden jungen Emanzipationsbewegungen, dass sie dringend mehr (bewegungs-)politische Aufmerksamkeit, Geld und Öffentlichkeit erhalten müssen. Denn sie allein sind in der Lage, die Entpathologisierung, Entstigmatisierung und als oberstes Primat die Selbstbestimmungsrechte ihrer Mitglieder durchzusetzen.
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