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transgender
Developmental pathways, psychosocial situation and health care
transgeschlechtlicher people are described in the following article.
Transgender
Entwicklungswege,
psychosoziale Situation und Gesundheitsversorgung transgeschlechtlicher
Menschen werden im folgenden Beitrag geschildert.
Begriffsdefinition
Mit dem Begriff Transsexualität wird
häufig die Metapher vom »Leben im falschen Körper« assoziiert (eine Frau,
gefangen im Körper eines Mannes, respektive ein Mann, gefangen im Körper einer
Frau).
In der Regel ist jedoch gar nicht der
komplette Körper gemeint, der »falsch« ist, sondern viel mehr die Ausprägung
der körperlichen Geschlechtsmerkmale, die nicht mit dem Erleben der eigenen
Geschlechtszugehörigkeit, respektive der Geschlechtsidentität, in Einklang zu
bringen ist (vor allem hinsichtlich Brust- und Genitalbereich, Körper- und
Gesichtsbehaarung und Stimmhöhe).
Von vielen wird daher der Begriff der
Transidentität bevorzugt. Andere wiederum kritisieren auch diese Beschreibung
mit dem Argument, nicht die Geschlechtsidentität weiche vom Körper ab, sondern
der Körper von der Geschlechtsidentität. Dieser Perspektive folgend,
präferieren sie den Aus druck Transgeschlechtlichkeit. Ein weiterer,
ursprünglich nicht-klinischer Terminus ist der Begriff Transgender, der heute
häufig als Überbegriff für Menschen verwendet wird, die sich nicht eindeutig
einem Geschlecht zuordnen oder deren Erleben von dem bei Geburt zugewiesenen
Geschlecht abweicht. Als jüngster Begriff der Community gilt Trans* (sprich:
Trans-Sternchen), der für die Szene ebenfalls als Überbegriff-fungiert. Er soll
allen Menschen einen Bezugsrahmen bieten, deren Geschlechtserleben nicht (bzw.
nicht komplett und/oder dauerhaft) mit dem bei Geburt Zugewiesenen Geschlecht
über einstimmt.
Erlebt eine Person ihre körperlichen
Geschlechtsmerkmale nicht in Übereinstimmung mit der Geschlechtsidentität, wird
neuerdings auch von Geschlechtsinkongruenz gesprochen. Der Leidensdruck, der
daraus resultieren kann, wird mit dem Begriff Geschlechtsdysphorie bezeichnet.
Bis zur 11. Version der Internationalen
statistischen Klassifikation der Krankheiten (International Classification of
Diseases: ICD), deren Erscheinen gegenwärtig für das Jahr 2017 geplant ist,
stellt im deutschen Gesundheitssystem die ICD-10 (Dilling/Mombour/Schmidt 2005)
die verbindliche Grundlage somatischer und/oder psychotherapeutischer
Behandlungen dar. Dabei soll die Diagnose des Transsexualismus (ICD-10: F64.0)
den Zugang zu geschlechtsangleichen den Versorgungsleistungen wie
Hormonbehandlung und Operationen dann ermöglichen, wenn das Geschlechts erleben
nicht mit den körperlichen Geschlechtsmerkmalen bzw. dem anhand dieser bei
Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt und die Person sich dem anderen
Geschlecht zugehörig fühlt.
Nach den diagnostischen Kriterien für
Geschlechtsdysphorie im Rahmen des neuen diagnostischen und statistischen
Manuals psychischer Störungen (Diagnostic and Statistical Manual of Mental
Disorders, DSM-5; APA 2013) erfolgt die Erfassung ausschließlich über das
Vorhandensein des spezifischen Leidensdrucks, der sich aus der
Geschlechtsinkongruenz (für einen Mindestzeitraum von sechs Monaten) ergibt. Damit
wird erstmals in der Geschichte der Diagnosen aus dem Spektrum Transsexualität
explizit anerkannt, dass sich eine Person in ihrem Geschlechtserleben auch
außer halb bzw. unabhängig von der Norm der Zweigeschlechtlichkeit verorten
kann. Durch die Verwendung des Begriffs Dysphorie besteht zudem keine
Implikation, was normativ ungestört bzw. kongruent sein soll; Erlebens- und
Verhaltensweisen bzw. die (Trans-)Identität der Betreffenden werden nicht mehr
per se in einen Zusammenhang mit (psycho)pathologischen Entwicklungen gestellt.
Indem Geschlechtsdysphorie allerdings weiterhin als krankheitswertiges Störungsbild
gefasst wird, sollen Versorgungsleistungen durch das Gesundheitssystem gedeckt
bleiben.
Historie
Im Verlauf der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts etablierte sich im englischen Sprachraum die begriffliche Trennung
biologischer und psychosozialer Faktoren der Geschlechtsentwicklung (sex und
gender). Auf dieser Grundlage entfaltete sich eine medizinisch dominierte
Diskussion über Typologien und Verlaufsformen sowie um Selektionskriterien zur
Auswahl geeigneter Personen für geschlechtsangleichende Behandlungen. Neben der
getrennten Betrachtung der häufig als exklusiv aufgefassten zwei Geschlechter
(Mann versus Frau) wurden vor allem Differenzierungsmöglichkeiten auf Basis der
sexuellen Orientierung und des Alters zum Zeitpunkt der Erstmanifestation der
Geschlechtsinkongruenz diskutiert. Die Klassifikation nach der sexuellen
Orientierung wurde bis zur Jahrtausendwende teilweise als Kriterium zur
Diagnose und Indikationsstellung verwendet. Blanchard (1989) entwickelte in
diesem Zusammenhang den Ansatz, dass es bei Personen mit männlich zugewiesenem
Geschlecht nur zwei fundamentale Arten einer Transgender Entwicklung gebe.
Hierzu zählte er transgender Frauen, die er als homosexuell (sexuell hingezogen
zu Männern bzw. androphil) oder als Autogynäphilie ein gestuft (sexuell erregt
von dem Gedanken, eine Frau zu sein). Die sogenannte Autogynäphilie wurde dabei
als Paraphilien angesehen, die einer transvestitisch-fetischistischen
Entwicklung sowie bestimmten transgender Entwicklungen von Mann zu Frau
zugrunde liege. In der Folge wurden ausschließlich jene transgender Personen,
die in Bezug auf ihr Geschlechts erleben eine heterosexuelle Orientierung
vorgaben, als »echte Transsexuelle« diagnostiziert (Becker 2006). Auch im
Hinblick auf die jeweiligen Behandlungsmaßnahmen wurde der Weg als
vorgezeichnet betrachtet: Wenn schon transsexuell, dann äußerlich eindeutig als
Frau bzw. eindeutig als Mann – Lösungswege mit einer uneindeutigen äußeren
Erscheinung, die sich außerhalb der Binarität von Geschlecht (entweder Mann
oder Frau) verorteten, waren nicht vorgesehen und nicht erwünscht
(Nieder/Richter-Appelt 2011). Im Kontext dieser klinischen Perspektive entstand
für transgender Menschen wiederum häufig der Druck, im klinischen Setting ein
entsprechend eindeutiges, männliches oder weibliches Geschlechtserleben zu
demonstrieren bzw. zu zeigen, dass sie »eigentlich« das andere Geschlecht seien
und schon immer waren (vgl. Nieder/Cerwenka/Richter-Appelt 2013). Gleichzeitig
war es »vorteilhaft«, eine darauf bezogene heterosexuelle Orientierung zu
zeigen, um Zugang zu gewünschten somatischen Behandlungen zu erhalten. So waren
in der klinischen Praxis stereotype Erwartungen an das
Geschlechtsrollenverhalten von Mann und Frau häufig auf Seiten der
Therapeut_innen, aber auch auf Seiten der transgender Menschen präsent.
Nach dem Konzept des Zeitpunktes der
Erstmanifestation der Geschlechtsinkongruenz (engl. age of onset) werden vor
allem für Personen mit männlichem Zuweisungsgeschlecht zwei unterschiedliche
Verlaufsformen diskutiert. Bei Personen mit einem frühen Beginn (early onset)
zeigt sich die Geschlechtsinkongruenz bereits im Kindesalter, bei Personen mit
einem späten Beginn (late onset) wird das anders geschlechtliche
Identitätserleben bzw. Rollenverhalten erst während oder nach der Pubertät
sichtbar (vgl. Lawrence 2010).
Aktuelle Forschungsbefunde
Seit Januar 2007 wird am Institut für
Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums
Hamburg-Eppendorf (UKE) eine multizentrische Studie (vgl. Kreukels et al. 2012)
in Kooperation mit den Gender-Kliniken in Amsterdam/Niederlande, Gent/Belgien
und Oslo/Norwegen durchgeführt. Im Rahmen eines standardisierten Diagnostik und
Behandlungsprozesses haben mittlerweile mehr als 1000 Jugendliche und
Erwachsene, die erstmals psychotherapeutische und/oder medizinische Behandlung
im Rahmen einer Transgender-Entwicklung suchten, an der Studie teilgenommen.
Für die Jahre 2007 bis 2009 wurde bereits eine Katamnestische Untersuchung im
Zuge einer Online-Studie durchgeführt, bei der von 139 Personen mit der DSM-IV
Diagnose, einer sogenannten Störung der Geschlechtsidentität (89 transgender
Frauen und 50 transgender Männer), längsschnittliche Daten zur sexuellen
Orientierung erhoben wurden. Bei Beginn der Behandlung gaben 53 % der
transgender Frauen an, sich sexuell zu Frauen hingezogen zu fühlen, 16% zu
Männern, 18% zu beiden Geschlechtern und 13 % zu einem anderen, im Fragebogen
nicht näher bezeichneten Geschlecht. 34 % der transgender Frauen zeigten ein
early onset, 48 % ein late onset und bei 18 % konnte der Zeitpunkt der
Erstmanifestation nicht eindeutig zugeordnet werden (residual). Transgender
Männer fühlten sich bei Behandlungsbeginn mit 72 % überwiegend sexuell zu
Frauen hingezogen. Als androphil, zu Männern neigend, erlebten sich 6%, 10 %
fühlten sich zu beiden Geschlechtern hingezogen und 12 % gaben eine andere
sexuelle Orientierung an. Der größte Anteil der transgender Männer zeigte mit
82% einen early onset (12% late onset, 6% residual). Durchschnittlich fünf
Jahre später hatte sich bei insgesamt 44 % der Transgender Frauen und bei 30 %
der transgender Männer die sexuelle Orientierung geändert. Dabei zeigte sich
die Änderungswahrscheinlichkeit in beiden Gruppen unabhängig von der sexuellen
Orientierung bei Erstuntersuchung wie auch vom Zeitpunkt der Erstmanifestation
der Geschlechtsinkongruenz (Cerwenka et al. 2014b).
Aus heutiger Sicht erscheint die
prognostische Validität von sexueller Orientierung als Spezifikationsmerkmal
unterschiedlicher Verlaufsformen daher begrenzt (vgl. hierzu auch
Cohen-Kettenis/Pfäfflin 2010). Vielmehr scheint es sich um ein über die
Lebenszeit veränderliches Phänomen zu handeln – ebenso wie bei Menschen, die
sich nicht Geschlechtsdysphorisch erleben (vgl. Diamond/Butterworth 2008).
Allgemein gewinnt die Nutzung
multifaktorieller Erkenntnismethoden gegenüber Klassifizierungsansätzen
zunehmend an Bedeutung. Zwar können Typologien in der klinischen Praxis Rahmen
und Halt geben, in der Realität können diese jedoch der Pluralität von
Transgender-Entwicklungen kaum gerecht werden.
Verbreitung
Angaben zur Prävalenz unterscheiden sich
stark, je nach zugrunde liegenden Definitions- und Außenkriterien. Wenn die
Entscheidungen zur Vornamens- und Personenstandsänderung nach dem sogenannten
Transsexuellengesetz (TSG) zu Rate gezogen werden, liegt die Anzahl der transgender
Frauen (also Personen, die sich weiblich erleben und bei Geburt dem männlichen
Geschlecht zugewiesen worden waren) in Deutschland bei 5,5 auf 100 000 (Meyer
zu Hoberge 2009). Wenn die Anzahl genitalangleichender Operationen erhoben
wird, liegt die Prävalenz von transgender Frauen in Belgien und den
Niederlanden bei 7,8 bzw. 8,4 auf 100000 (Bakker et al. 1993; De Cuypere et al.
2007). Hinsichtlich der transgender Männer (also Personen, die sich männlich
erleben und bei Geburt dem weiblichen Geschlecht zugewiesen worden waren) liegt
die Zahl bei 3,1 auf 100000 in Deutschland (Meyer zu Hoberge 2009) und
vergleichbaren Zahlen in Belgien sowie in den Niederlanden (Bakker et al. 1993;
De Cuypere et al. 2007).
Daten aus einer nichtklinischen Stichprobe
aus den Niederlanden (N=8064; 4052 Männer, 4012 Frauen) deuten jedoch eine weit
höhere Prävalenz von transgender Menschen an. So zeigte sich, dass sich 4,6%
der befragten Männer und 3,2% der befragten Frau en in unterschiedlichem Ausmaß
ambivalent gegenüber der eigenen Geschlechtszugehörigkeit erleben
(Kuyper/Wijsen 2013). Mit der Einführung breiterer diagnostischer Kriterien
könnte demnach zukünftig mit einer Zunahme klinischer Prävalenzen zu rechnen
sein. Aus der vorliegenden Literatur lassen sich keine einheitlichen Befunde
zur Prävalenz psychischer Störungen bei transgender Menschen ableiten. Während
einige Studien auf mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbare Prävalenzraten
hindeuten, (z.B. Gomez-Gil et al. 2009), finden andere Studien höhere
Prävalenzen (z.B. Hepp et al. 2005), ins besondere betreffend unipolare
affektive Erkrankungen und Störungen aus dem Angstspektrum (Heylens et al.
2013).
Psychosoziale Aspekte
Im Kontext heteronormativer
Geschlechtsrollenerwartungen stellt die Frage nach der eigenen Geschlechtszugehörigkeit
als Mädchen oder Junge bzw. Frau oder Mann sowie die Bewusstwerdung der
Geschlechtsinkongruenz Betreffende vorvielfältige Herausforderungen
hinsichtlich sozialer Rollenbezüge und Einbindungen im Alltag. Diese können mit
schwierigen Entwicklungsbedingungen verbunden sein und differenzierte
Integrations- und Anpassungsleistungen erfordern. Die Adoleszenz Phase stellt
dabei in Verbindung mit körperlichen Reifungsprozessen wie dem Einsetzen von
Menarche und Brustwachstum, Stimmbruch und beginnender Gesichtsbehaarung sowie Geschlechts
spezifischen Veränderungen der Körperstatur und der eigenen Identitätsfindung
eine besonders kritische Phase dar. Kinder und Jugendliche erleben sich im
Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Erwartungen an ihr
Geschlechtsrollenverhalten und dem eigenen Geschlechtserleben häufig besonders
unter psychischem Druck und sehen vor dem Hintergrund der Angst vor Ablehnung
oft ihre Möglichkeiten eingeschränkt, sich Gleichaltrigen gegenüber
anzuvertrauen (Coming-out). Das Risiko, von wichtigen sozialen und
Gruppenerfahrungen mit Peers ausgeschlossen zu sein, ist damit besonders
ausgeprägt. Mangelnde soziale Unterstützung und Diskriminierungserfahrungen
können einhergehen mit niedrigem Selbstwertgefühl sowie Depressionen,
Substanzmissbrauch, Suizidgedanken, suizidalen Handlungen und anderen
psychischen Problemen (z.B. Toomey et al. 2010). Im Vergleich zur allgemeinen
Population sind transgender Menschen besonders häufig von Arbeitslosigkeit und
Arbeitsplatzverlust betroffen (Franzen/Sauer 2010). Sich in der Schule oder am
Arbeitsplatz zu offenbaren und in der bevorzugten Geschlechtsrolle aufzutreten
stellt aufgrund von Ängsten, diskriminiert oder ausgeschlossen zu werden,
häufig eine große Hürde dar. Erlebte verbale und körperliche Belästigung oder
Bedrohung infolge von Transnegativität (definiert als Diskriminierung von
Individuen, die den Erwartungen an den stereotypen Ausdruck ihrer
Geschlechtlichkeit widersprechen) scheinen in Europa nach wie vor weit
verbreitet (Council of Europe 2011; Richter-Appelt/Cerwenka 2011). Der Wechsel
in die bevorzugte Geschlechtsrolle ist insbesondere für transgender Frauen
häufig mit großen Schwierigkeiten und Ängsten verbunden, da sie befürchten,
aufgrund ihrer körperlichen, geschlechtsspezifischen Voraussetzungen (bspw.
Stimme, Bart, Körperbau) von der Umwelt weiterhin als Männer wahrgenommen zu
werden.
Im Zuge des Coming-outs und des
Geschlechtsrollenwechsels kommt es häufig zum Zerbrechen von Partnerschaften
oder zu Scheidungen (z.B. Alegría 2010). Transgender Männer profitieren dagegen
meist von der gesellschaftlich größeren Toleranz für eher männlich konnotierte
Verhaltensweisen innerhalb der weiblichen Geschlechtsrolle. Sie leben auch ohne
geschlechtsangleichende Maßnahmen entsprechend ihrem Geschlechtserleben
häufiger in der männlichen Rolle und sind in stabilen Partnerschaften, in denen
sie sich als Männer wahrgenommen und akzeptiert fühlen (Cerwenka et al. 2013).
Der Zugang zu positiven Erlebens- und Verhaltensweisen im Rahmen der partnerschaftlichen
Sexualität erscheint jedoch wegen der als unstimmig erlebten körperlichen
Geschlechtsmerkmale eingeschränkt (Cerwenka et al. 2014a).
Transgender Gesundheitsversorgung
Für transgender Menschen, die Hilfe im
klinischen Kontext suchen, steht meist der Wunsch im Vordergrund, die an
gestrebte Geschlechtsrolle Lebbar(er) gestalten zu können und vom Umfeld dem
Geschlechtserleben entsprechend anerkannt zu werden. Der Prozess der
sogenannten Transition kann dabei unter anderem das Coming-out, den öffentlichen
Geschlechtsrollenwechsel (going-public) sowie geschlechtsangleichende
Behandlungsmaßnahmen umfassen.
Dabei handelt es sich in der Regel um die
Gabe von Sexualhormonen bzw. deren Unterdrückung sowie chirurgische
Veränderungen im Brust- und Genitalbereich. Bei transgender Frauen kommen die
Epilationsbehandlung vor allem der Gesichtsbehaarung, häufig aber auch die
chirurgische Verkleinerung des Kehlkopfes, seltener phonochirurgische
Veränderungen sowie Maßnahmen zur chirurgischen Feminisierung des Gesichts
hinzu. Der individuelle Verlauf kann dabei sehr unterschiedlich sein – nicht
alle transgender Menschen können oder wollen alle genannten Schritte
(insbesondere die chirurgisch möglichen Behandlungen) vollziehen. Jede Maßnahme
sollte individuell indiziert und bei Bedarf und vorheriger Absprache
psychotherapeutisch begleitet werden.
Zur Vorbereitung auf die Indikationsstellungen
möglicher somatischer Behandlungen im Verlauf einer Transgender-Entwicklung ist
es von zentraler Bedeutung, Überlegungen anzustellen, aus welchen Faktoren sich
die Geschlechtsdysphorie im Einzelnen speist. Im Rahmen einer
psychotherapeutischen Begleitung wird erarbeitet, welche Bereiche des Körpers,
des Erlebens und/oder Verhaltens am ehesten Bedingungen des Leidensdrucks darstellen
und welche Behandlungen zur Verringerung der Geschlechtsdysphorie geeignet sein
können (Nieder/Briken/Richter Appelt 2014). Eine wichtige Aufgabe stellt zudem
die Unterstützung beim Umgang mit Schwierigkeiten und Herausforderungen im
Alltag bzw. im Rahmen der Alltagserfahrungen in der angestrebten
Geschlechtsrolle dar. Befunde zeigen insgesamt, dass der individuellen und
bedarfsgerechten Kombination von psychotherapeutischen, Endokrinologische und
chirurgischen Behandlungen eine maßgebliche Bedeutung zukommt, um die
individuelle Geschlechtsdysphorie nachhaltig zu reduzieren und die subjektive
Zufriedenheit der Betreffenden mit ihrer Lebenssituation signifikant zu erhöhen
(Murad et al. 2010). Mithilfe eines ganzheitlichen psychosozialen Ansatzes und
multiprofessioneller Zusammenarbeit mit beteiligtem Fachpersonal anderer
Bereiche wie Schulpersonal, Berufsberater_innen, Jobcoaches,
Paartherapeut_innen etc. kann ein bedarfsgerechtes Versorgungsnetzwerk
zusätzlich unterstützt werden (Cerwenka 2014). Neue multiprofessionelle
Versorgungsansätze wie das Interdisziplinäre Transgender Versorgungscentrum
Hamburg, das als Zusammenschluss verschiedener Disziplinen 2013 am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf gegründet wurde (u. a. Sexualmedizin,
Gynäkologie, Urologie, Endokrinologie, Dermatologie und Plastische Chirurgie),
sollen neben den transitionsrelevanten auch allgemein gesundheitsbezogenene
Versorgungsangebote für transgender Menschen gewährleisten und insgesamt eine
ganzheitliche, individuelle und bedarfsgerechte Transgender
Gesundheitsversorgung anbieten.
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