Montag, 12. Oktober 2015

Bedroht - im Irak und in Berlin


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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2015
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Ich frage mich Tag täglich hey Nikita Noemi was machst Du hier, wo bleibt das Verständnis wo ist diese Solidarität geblieben von welchen sogerne Gesprochen wird.
Unsere Politiker fordern immer und immer wieder, jedoch Fordern alleine Reicht bei weitem nicht, sondern einfach mal Aufmerksam sein, die Ängste von vielen Deutschen "Transgendern" und diesen von anderen Ländern betrachten.
Es gibt Länder wie Indien oder Argentienien, Nepal usw. welche zwar viel Ärmer als Deutschland sind, aber dafür bei weitem Menschlicher!
Nikita Noemi

Bedroht - im Irak und in Berlin

14:33 UhrVon 
Als der IS Bagdad erreichte, fand Dania Patronenhülsen und einen Strick vor ihrer Wohnung. Weil sie transgeschlechtlich ist, wollte man sie töten. Angst trieb die 19-Jährige bis nach Berlin. Doch auch hier wird sie bedroht.
Danias rot geschminkte Lippen beben. Sie hält den Blick gesenkt. Zwei junge Männer in Jogginghosen schnalzen mit der Zunge, Mütter mit weinenden Babys auf dem Arm starren sie an, ein Familienvater spuckt vor ihr auf den Boden. „Du bist eine Schande“, ruft einer auf Arabisch.
Dania hört nicht hin. Sie ist es gewohnt, beleidigt zu werden.
Es ist Montagmittag, vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales, das als „Lageso“ für Trinkwassermangel, Chaos und Schlangen voller müder, zerlumpter Gestalten bekannt wurde. Dania muss sich hier, wie alle anderen neu in Berlin eingetroffenenFlüchtlinge, registrieren, um Unterkunft, Taschengeld und Mahlzeiten zu erhalten.

Heute hat Dania ihren Bodyguard dabei

Sie ist 19, kommt aus dem Irak und hat heute einen Bodyguard dabei. Einen deutschen Mann mit breiten Schultern, den sie nicht kennt, den Freunde von Freunden von Freunden ihrer Bekannten aufgetrieben haben. Vielleicht muss man erst erlebt haben, was Dania erlebt hat, um solche Hilfe annehmen zu können.
Dania ist eine Frau, die im Männerkörper zur Welt kam. Schon als Kind in Bagdad wusste sie, dass sie weiblich ist. Heute trägt sie grün-glitzernde Fingernägel, enge Jeans, langes Haar. Unter ihrem Top blitzen Reste von Brusthaar hervor, unter einer Schicht aus Make-up zeichnen sich Bartstoppeln ab.
Vor drei Wochen erreichte Dania Berlin mit dem Zug, man brachte sie in eine Notunterkunft am Olympiastadion. Sie landete dort neben hunderten Männern in einem Schlafsaal des Landessportzentrums. In ihrem Pass steht schließlich ein Männername. Wenn man wissen will, was dort geschehen ist, legt Dania beide Hände vors Gesicht, als könnte sie sich so vor der Frage verstecken.

Beleidigt und angerempelt

Bitte, was ist passiert? Sie gibt die Antwort in schnellen Worten. Sie habe lange gewartet, sich erst im Morgengrauen getraut zu schlafen. Sie sei dann zum Gelächter der anderen erwacht. „Du willst wohl gefickt werden, so wie du auf dem Bauch schläfst“, soll einer gesagt haben.
Dania floh in die Dusche. Auch hier war sie nie allein. Ein paar Tage später schubste sie einer im Flur. Das muss leicht gewesen sein, Dania ist zart. Sie fiel auf den Arm, das Smartphone-Display zersplitterte. Dania braucht das Handy, sie ist sonst noch einsamer hier. Die Schmerzen im Arm verdrängte sie.
Dania hatte geglaubt, sie sei in Deutschland in Sicherheit. Sie hat sich geirrt. Auch in der größten Not gibt es noch Unterschiede. Deshalb braucht sie heute einen Leibwächter. Letzte Woche, als sie sich das erste Mal hier registrieren wollte, war es noch schlimmer als heute. Sie rannte davon. Seitdem nimmt sie die Hilfe Fremder an.

Schutzzone am Lageso

Vor Haus D am Lageso, einem Backsteingebäude, lärmen Kinder jetzt mit Mundharmonikas aus Plastik. In der Ecke lehnt ein alter Mann auf einer Krücke. Auf einem Stuhl stiert eine schwangere Frau vor sich hin.
Die Caritas hat diese Schutzzone Anfang September eingerichtet. Schwer Traumatisierte, Kranke, aber eben auch Homosexuelle und Transmenschen wie Dania haben hier Zutritt. Sie gelten als Härtefälle. Kiezmütter und andere Ehrenamtliche sind auf dem Platz unterwegs, um den besonders Schutzbedürftigen zu einer schnelleren Registrierung zu verhelfen.
Die Caritas-Mitarbeiter schätzen, dass etwa 20 Prozent aller Flüchtlinge zu dieser Gruppe gehören, erfasst wird das nirgends. Es weiß auch niemand, wie viele der Geflüchteten in Deutschland schwul, lesbisch oder transsexuell sind – also queer.

Hunderte queere Geflüchtete

Der Berliner Lesben- und Schwulenverband geht von mehreren hundert queeren Flüchtlingen in der Hauptstadt aus. Weil viele in radikalislamischen Ländern bedroht sind, dürfte ihr Anteil besonders hoch sein.
Die Mitarbeiter der Caritas bitten Dania hinein. Sie soll ihren Namen und ihr Geburtsdatum nennen. Alles geht schnell. Die ganze Geschichte, die Geschichte ihres Lebens, muss sie heute noch nicht erzählen. Sie kann aufhören zu zittern.
Quelltext: http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/transgeschlechtliche-fluechtlinge-bedroht-im-irak-und-in-berlin/12431422.html





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