Montag, 5. Oktober 2015

Discrimination is rampant // Diskriminierung ist an der Tagesordnung

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2015
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Diskriminierung ist an der Tagesordnung
Stell dir vor du hast ein Ziel vor Augen. Nicht irgendein Ziel, sondern das Ziel endlich du selbst sein zu dürfen. Dass du dich endlich der Welt so zeigst wie du bist. Für viele Menschen ist das augenscheinlich kein Problem, gerade hier in einem so gut entwickelten und aufgeschlossenen Land wie Deutschland bzw. in der ganzen EU, oder?

Wenn wir Amnesty International glauben können, ist das eben nicht der Fall. Gerade Transsexuelle bzw. transidente Menschen haben es schwer. Nur wenige Länder, wie Norwegen, Dänemark sowie Malta und seit kurzem auch Irland, haben die behördlichen Hürden gesenkt. In anderen Ländern ist die Diskriminierung dieser Menschen trauriger Alltag.

Zwangsscheidung zum Beispiel ist auch in Deutschland ein Muss. Sprich wenn in einer Ehe ein Partner transident ist und seine geschlechtliche Zugehörigkeit offiziell, also amtlich, ändert, dann muss die bestehende Ehe zwangsgeschieden werden. Warum? Nun ganz einfach, weil in Deutschland, wie auch in vielen anderen Ländern der Welt, die gleichgeschlechtliche Ehe nicht gestattet ist.

Ein anderer Kritikpunkt ist der sogenannte „Alltagstest“. Das bedeutet, dass eine Person 7 bis 12 Monate lang beweisen muss, dass sie im anderen Geschlecht leben kann bzw. will. Sprich eine Transfrau (geboren im männlichen Körper) muss sich komplett als Frau geben, kleiden, vorstellen usw. Das kann natürlich am Arbeitsplatz Probleme hervorrufen, denn rein rechtlich ist man noch ein Mann.  Der Arbeitgeber darf einen geschlechtsspezifischen Dresscode vorgeben und gerade wenn es um Jobs mit direktem Kundenkontakt geht, kann dies für die transidente Person spürbare Folgen haben.

Ich muss ehrlich sagen, das Ganze hat eher den Charakter eines Spießrutenlaufes als einem wirklichen Alltagstest. Wir haben da eine Transfrau oder einen Transmann. Bedingt durch die Geschlechtshormone, die man bisher produzierte und noch immer produziert, hat sich ein Körper entwickelt, der nicht zum empfundenen Geschlecht passt. Und nun soll man sich total locker und selbstsicher im anderen Geschlecht geben, so als wäre es nie anders gewesen. Mal simpel gesprochen ein Mann zieht sich ein Kleid an, eine Frau einen Anzug, statt Jens sagt man Jasmin, statt Sandra Sandro und  – Schwuppes – weiß man wie es mal sein kann? So wird dann also der Alltag sein? NEIN!

Das Ganze ist extrem diskriminierend. Wenn jemand weiß, dass das empfundene Geschlecht ein anderes ist als das  angeborene, dann weiß diese Person das einfach. Der „Alltagstest“ ist, so finde ich, eine enorme Hürde auf dem Weg zur Selbstverwirklichung. Und es ist ja nicht die einzige. Ich habe noch kein Wort über diverse Gutachten verloren, die man sich von mehreren Psychologen bzw. Psychiatern erkämpfen muss oder die Kosten, die man selbst tragen muss, da die Krankenkasse keine Kosten übernimmt, die mit der Änderung von Personendaten zu tun haben wie bspw. Ändern des Namens, Anpassen von Urkunden etc.

Es wird einem, auch in Deutschland also, ein riesiger Stein in den Weg gelegt. Na wobei, es sind schon mehrere. Als Transsexuelle/r muss man sich also auf Diskriminierung einstellen, hohe Kosten und ein langes Procedere. In dem angesprochenen Bericht von Amnesty International, der den bezeichnenden Namen „THE STATE DECIDES WHO I AM“ trägt, wurden Transidente und Transsexuelle in Deutschland befragt, ob sie sich im Alltag diskriminiert fühlen. 54% antworteten mit „Ja“. Wer möchte, kann sich den Report Amnesty International hier in verschiedenen Sprachen herunterladen, leider nicht auf Deutsch.

Immerhin kann sich Deutschland beim Thema Zwangssterilisation leicht auf die Schulter klopfen. Es ist nicht zwingend gefordert, dass man sich sterilisieren lässt wenn man sein Geschlecht amtlich ändert. In anderen Ländern, bspw. Polen, Finnland oder auch Belgien, ist dies aber eine gesetzliche Anforderung!

Hier gibt es einen „schönen“ Film, der einen spüren lässt welchen Blicken und Torturen man sich als transidenter Mensch auszusetzen hat, um endlich das Ziel zu erreichen.
Ich denke, dass nach Irland, Norwegen, Malta und Dänemark auch noch mehr Länder nachziehen werden, was die Selbstbestimmung angeht. Ich hoffe Deutschland wird mit dabei sein und es so einer großen Gruppe Menschen ermöglichen endlich frei und ohne große Auflagen leben zu können. Leider wird es  auch einige Länder geben, die nicht so weit sind. Und seien wir ehrlich, nur weil wir ein Gesetz machen, dass es verbietet  Menschen wegen ihrer Sexualität oder ihrer Identität zu diskriminieren, heißt das nicht, dass wir damit allen Menschen den Kopf waschen und eine Einsicht einkehrt.

Aber nun komme ich vom Hundertsten ins Tausendste. Es gibt noch viel zu tun bis in Deutschland endlich alle Menschen gleich sind und so leben können, wie sie es möchten.


Gleichberechtigung passiert im Kopf, nicht auf Papier
Alle reden davon, jeder versteht um was es geht, aber leben wir danach? Hast du dich schon mal dabei ertappt, wie du dir dachtest „Ach, typisch …! War ja klar.“, oder lebst du die Werte der Gleichberechtigung schon?

Vor etwa 100 Jahren begannen tausende Frauen für Ihre Rechte zu kämpfen und dafür auf die Straße zu gehen. Das  Bild, das über dem Beitrag steht, zeigt eine Parade von 1917 auf der die Frauen in den USA das Wahlrecht fordern. Auf jedem der weißen Banner stehen tausende Unterschriften vieler Frauen aus dem ganzen Land. 1920, also 3 Jahre später, wurde das bisherige Gesetz als Diskriminierung abgegolten und den Frauen das volle Wahlrecht auf sämtlichen Ebenen zugestanden. Zum Wahlrecht kamen natürlich im Laufe der Zeit viele weitere Forderungen, denen mehr oder weniger nachgegeben wurde. Rein gesetzlich sind Frauen in allen westlichen Ländern, rein vom Gesetz, den Männern gleichgestellt.
Aber fühlt es sich wirklich so an? Ich sage nein! Und ich habe Beweise! Im Jahre 1967 veröffentlichte MB-Spiele das  Brettspiel Schiffe versenken. Auf dem Cover sah man Vater und Sohn, wie sie sich in einer Partie duellieren. Unscheinbar im Hintergrund die Mutter und Tochter, wie sie scheinbar freudig den Abwasch machen während sich die Herren im Haus amüsieren.

Natürlich stellt das Bild nur eine Art Momentaufnahme dar. Ich glaube auch nicht, dass MB-Spiele das Frauenbild zurück in graue Vorzeit werfen wollte noch ein solches Bild verherrlichen mochte. Dennoch bildet es die Realität dieser Zeit ab. Obwohl also seit 1920 Frauen de facto dieselben Rechte wie Männer hatten, gab es ein großes Umdenken in den Haushalten noch lange nicht.
Es ist ein langer Prozess, der wachsen muss, und zwar in der Gesellschaft selbst. Es ist natürlich schön, dass die Politik ein Fundament legen kann, doch solange keiner umdenkt, passiert auch nichts.

Wie ist die Situation heute? Nicht nur in den USA, sondern an sich in der westlichen Welt? Noch immer sind Unterschiede spürbar. Ich möchte da auch gar nicht so sehr in die Gehaltsdiskussion rutschen als viel mehr darüber reden, was Frauen sich bspw. in Männerdomänen anhören dürfen. Branchen wie der Maschinenbau oder auch die IT sind nach wie vor durch Männer geprägt. Einige Frauen wagen den Sprung in das Becken und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie manche Männer  über ihre weiblichen Kollegen sprechen.

Ich arbeite selbst in der IT und musste da schon Zeuge der dämlichsten Sprüche werden. Würden Kollegen genau so abwertend über die Person sprechen, wenn es ein Mann wäre? Ich glaube nein. Denn oft kommt neben der harschen Kritik noch dieser böse Beisatz „typisch Frau“ hinterher, oder schlimmer, „die hat wohl ihre Tage“. So etwas erschreckt mich, denn es zeigt, dass auch noch 100 Jahre nach dessen Beginn, der Kampf der Frauen noch nicht beendet ist.

Und was ist mit Homosexuellen? Transsexuellen? Gruppen, die ja schon politisch nicht gleichgestellt sind. Keine Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Zwangsscheidungen für Partner eines Transmannes bzw. einer Transfrau. Kein gemeinsames Adoptionsrecht für homsexuelle Paare.

Während junge Generation in der Frage Mann/Frau schon lange keine Unterschiede mehr machen und sich die Vorurteile in den Köpfen langsam verwaschen, so wird es in der LGBT Szene noch lange dauern. Erst wenn die Politik eine Basis bietet, auf der wirklich alle Menschen gleich sind, erst dann kann so ein Gedanke in den Köpfen keimen und wachsen.

Male ich die Welt grad wieder etwas schwarz? Ich denke nicht. Ich möchte einfach nur zeigen, dass wir keine Quantensprünge erwarten sollten von den Bemühungen der letzten Jahre und Jahrzehnte. Es dauert eben bis manche Ideen Früchte tragen. Und auch wenn wir selbst noch immer hart für unsere Rechte und Anerkennung kämpfen müssen, so ist das der richtige Weg um künftigen Generationen ein schöneres Leben zu ermöglichen.

Ach übrigens, 1971, also 4 Jahre nach dem sexistischen Cover von MB, wurde eine neue Auflage herausgegeben. Das neue Cover zeigte ein Mädchen und einen Jungen, die gemeinsam das Spiel spielen und diesmal muss keiner Abwaschen :)



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