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Auswirkungen von
Sexualhormonen auf die Psyche
Schon beim Ungeborenen werden Sexualhormone aktiv und
beeinflussen dadurch Struktur und Funktion des Gehirns. Eine Beeinflussung, die
einem lebenslangen Prozess unterworfen ist. Denn Östrogen, Progesteron und
Testosteron wirken unterschiedlich auf die Gehirnaktivität und steuern durch
ihren schwankenden Spiegel Psyche und Geist.
Der Einfluss der Sexualhormone auf das Gehirn beginnt
bereits im Mutterleib. Hat der Embryo ein Y-Chromosom, wird er in der sechsten
bis achten Schwangerschaftswoche Hoden ausbilden, welche hohe Mengen an
Testosteron produzieren. Testosteron führt zur Ausbildung männlicher
Geschlechtsmerkmale und zu einer männlichen Organisation des Gehirns und ist
damit das geschlechtsbestimmende Hormon. Bleibt die Testosteronwirkung aus,
entwickelt sich der Fötus weiblich.
Das hormonelle Milieu in der Entwicklung bestimmt die
Ausbildung geschlechtsspezifischer Merkmale im Gehirn. Die Auswirkungen sind in
jenen Gehirnregionen am deutlichsten, die eine hohe Zahl an Bindungsstellen für
Sexualhormone, und hier insbesondere männliche Sexualhormone (Androgene),
besitzen. Dazu gehört der Hypothalamus, eine Region, die für die Regulation der
Hormonausschüttung verantwortlich ist.
Im Hypothalamus sind Geschlechtsunterschiede insbesondere in
präoptischen Kernen, (Ansammlung von Nervenzellkörpern) zu beobachten,
einschließlich des „Sexuell Dimorphen Nukleus“ (SDN), der bei Männern bis zu
viermal größer sein kann als bei Frauen. Diese Regionen spielen neben anderen
wichtigen Funktionen im Stoffwechsel auch eine Rolle in der Sexualität in Bezug
auf Aktivität, sexuelle Präferenz und Geschlechtsidentität. Die
hypothalamischen Kerne im Gehirn transsexueller Männern können beispielsweise
eher einen weiblichen als männlichen Strukturaufbau („Organisation“) aufweisen.
Andere Gehirnregionen, die ebenfalls Geschlechtsunterschiede
aufweisen, wären beispielsweise der Mandelkern (Amygdala), eine zentrale
Schaltstelle für die Emotionsverarbeitung einschließlich der Sexualität, der
Balken (Corpus callosum), eine Brücke aus Nervenfasern, die beide Gehirnhälften
verbindet, oder das sogenannte Planum temporale im Schläfenlappen, ein Areal,
das mit Sprachprozessen befasst ist.
Auch die allgemeine Organisation des Gehirns, wie
Nervenzelldichte, Ausformung der Gehirnoberfläche und Anzahl der Nervenzellen
und deren Verbindungen unterscheidet sich zwischen Frauen und Männern. Diese
primären, durch hormonelle Effekte im Mutterleib ausgelösten Veränderungen des
Gehirns führen dazu, dass Mädchen im Kleinkindalter tendenziell zu Spielzeugen
wie Puppen greifen und kooperative Spielsituationen schaffen, während Buben
eher zu Spielzeugautos greifen und konkurrierende Spielvarianten wählen. Dies konnte
auch bei jungen Affen (Primaten) gezeigt werden, um eine Überlegenheit
biologischer Ursachen über den soziokulturellen Kontext nachzuweisen.
Geschlechtsspezifische Unterschiede
Zu den robustesten psychischen Geschlechtsunterschieden
zwischen Frauen und Männern zählen die im Durchschnitt bessere räumliche
Vorstellungskraft der Männer und die bessere Wortflüssigkeit der Frauen, also
z.B. die Fähigkeit viele Worte zu einem bestimmten Thema oder mit einem
bestimmten Anfangsbuchstaben zu assoziieren und zu generieren. Diese
Unterschiede scheinen nicht nur von genetischen und epigenetischen Einflüssen
und dem hormonellen Milieu während der Entwicklung verursacht, sondern auch vom
aktuell vorherrschenden alltäglichen hormonellen Milieu abhängig.
Ersichtlich wird dies unter experimentellen Bedingungen.
Hier konnte man zum Beispiel feststellen, dass es während des menstruellen
Zyklus zu Schwankungen der kognitiven und emotionalen Fähigkeiten kommt, wobei
hohe Östrogenkonzentrationen zu tendenziell weiblicheren Leistungen in
psychologischen Tests führen.
Bei Transsexuellen, die sich einer gegengeschlechtlichen
Hormontherapie unterzogen, hat man ebenfalls eine Umkehrung gefunden.
Transsexuelle Männer, die hohe Dosen der weiblichen Sexualhormone Östrogen und
Progesteron über längere Zeit mit dem Zweck der Geschlechtsumwandlung
einnehmen, verbessern sich in den Wortflüssigkeitsaufgaben und verschlechtern
sich in Aufgaben, die das räumliche Vorstellungsvermögen erfordern. Bei
transsexuellen Frauen, die hohe Dosen an Testosteron einnehmen, verhält es sich
genau umgekehrt. Dies unterstreicht die Tatsache, dass auch im Erwachsenenalter
Sexualhormone modulierend auf die Funktionsweise des Gehirns einwirken können.
Im Gegensatz zur „Organisation“ des Gehirns durch Hormone
während der Entwicklung spricht man hier von „Aktivierung“. Sexualhormone und
deren synthetische chemische Abkömmlinge (Derivate), die zur
Empfängnisverhütung eingesetzt werden, gelangen mit dem Blutstrom in das Gehirn
und docken an spezifische Bindungsstellen an. Diese sind, wie oben erwähnt, in
unterschiedlichen Gehirnregionen in einer bestimmten Konzentration vorhanden
und vermitteln lokal je nach Dichte den Einfluss der Hormone in den jeweiligen Hirnregionen.
Gehirnaktivierende Wirkungen
Sexualhormone wirken im Gehirn auf zweifache Weise. Zum
einen gelangen sie in den Nervenzellkörper, binden an den dort vorliegenden
Genstrang (DNS) und beeinflussen damit die Bildung von Eiweißstoffen (Proteine),
die für die Signalübertragung der Nervenzellen notwendig sind und diese
verändern können. Zum anderen beeinflussen sie die Signalübertragung direkt und
modulieren die Wirkung verschiedener Botenstoffe. Dabei sind die jeweiligen
Wirkungsweisen der Hormone spezifisch:
Östrogen
Östrogen wirkt im Allgemeinen aktivierend. Die hemmenden,
müde machenden und auch angstlösenden Botenstoffe wie die
Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) werden durch Östrogen vermindert, während
aktivierende Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Glutaminsäure
eher verstärkt arbeiten.
Serotonin wird auch als „Glücksbotenstoff“ bezeichnet. Eine
zu geringe Menge an Serotonin im Gehirn kann zu Depressionen und
Angsterkrankungen führen, während eine Anhebung von Serotonin durch
Antidepressiva angstlösend und stimmungsaufhellend wirkt.
Hohe *Dopamin*spiegel wirken euphorisierend, können aber
auch zu Denkstörungen und Halluzinationen, also Symptomen wie bei Schizophrenie
führen.
Noradrenalin wirkt antreibend und hebt die körperliche
Aktivität und die Stimmung.
Glutaminsäure schließlich ist der vorherrschende Botenstoff
des Gehirns, mit einer zentralen Rolle für das Denken. Unser
Abstraktionsvermögen, Sprache oder Lernen sind davon abhängig. Glutaminsäure
ist der Gegenspieler zu GABA, sie aktiviert das Gehirn und regt das Denken an,
verbessert Konzentration und Gedächtnis.
Vereinfachend gesagt, wirkt Östrogen durch die Beeinflussung
dieser Prozesse im Allgemeinen euphorisierend, lustfördernd, aktivierend. Die
Lust an Sex steigt, und da sich die Östrogenmenge mit dem Zyklus verändert, ist
sie besonders groß, wenn die Östrogenspiegel hoch sind, d.h. Mitte bis Ende der
ersten Zyklusphase (der „follikulären“ Phase) bis zum Eisprung.
Progesteron
Progesteron hat eine gegenspielerische Wirkungsweise. Es
beeinflusst hauptsächlich den oben erwähnten Botenstoff Gamma-Amino-Buttersäure
(GABA). Progesteron hat an den Bindungsmolekülen von GABA eine eigene
Bindungsstelle und kann so die Dauer und Intensität der GABA-Wirkungen
verstärken. Auf diese Weise wirkt es dämpfend und einschläfernd (es kann sogar
als Narkosemittel benutzt werden), aber auch angstlösend und entspannend. So
kann es seine Funktion in der Erhaltung der Schwangerschaft gut erfüllen: durch
verminderte Aktivität und Umtriebigkeit der Frau wird das Risiko einer
Fehlgeburt gemindert.
Auch die anderen Funktionen von Progesteron im Körper
verstärken die dämpfende psychische Wirkung: es kommt zu Wassereinlagerungen
und Gewichtszunahme. Entsprechend fühlen sich Frauen in der zweiten Zyklusphase
(der „lutealen“ Phase) tendenziell etwas müder, aber auch ruhiger, als in der
euphorischen Östrogenphase.
Auch Frauen, die zur Empfängnisverhütung oder als
Hormontherapie im Wechsel Progesteron einnehmen, fühlen sich weniger aktiv, als
Frauen die nur Östrogen einnehmen müssen. Sind die Progesteronwirkungen für die
Frau eher unangenehm, kann man als Alternative zum Absetzen oder Wechseln des
Präparates grundsätzlich auch eine Zugabe oder Erhöhung von Östrogen erwägen.
Dieses hebt viele negative Progesteronwirkungen auf.
Testosteron
Testosteron ist das männliche „Glückshormon“, analog dem
Östrogen bei Frauen. Es wirkt stark aktivierend, antreibend und luststeigernd.
Negativ fällt die Erhöhung der Aggressionsbereitschaft ins Gewicht. Über die
genaue Wirkungsweise im Gehirn ist weniger bekannt, als bei Östrogen und
Progesteron. Allerdings muss man bedenken, dass Testosteron nicht nur an
Androgenbindungsstellen wirkt, sondern auch enzymatisch in Östrogen umgewandelt
werden und entsprechend auf die Nervenzellen wirken kann.
Sowohl Frauen als auch Männer haben nach der Pubertät
relativ konstante Testosteronspiegel. Erst im Alter kommt es zu einer langsamen
Reduktion der Testosteronmenge, mit der Konsequenz einer Abnahme von Antrieb
und Libido. Sehr kontrovers wird diskutiert, ob Testosteron das „Lebenselixier“
des Mannes sei, das bei zusätzlicher Zufuhr seine Tatkraft und Aktivität bis
ins hohe Alter erhalten könnte.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Schwankungen der
Hormonspiegel von Östrogen und Progesteron sowie die Menge an Testosteron im
Körper das Denken, Fühlen und natürlich das Lustempfinden deutlich beeinflussen
können. Dies spüren vor allem Frauen aufgrund der starken hormonellen
Schwankungen, denen ihr Körper einerseits monatlich, andererseits spezifisch in
der Schwangerschaft und in den Wechseljahren ausgesetzt ist. Entsprechend
manifestieren sich hier die Auswirkungen der Hormone auf die Psyche am
stärksten und sollen im Folgenden näher behandelt werden.
Menstrueller Zyklus
Viele Frauen kennen Stimmungsschwankungen, die mit ihrer
monatlichen Blutung zusammenhängen. Sprichwörtlich heißt es auch oft, wenn eine
Frau irritiert oder reizbar wirkt, „Sie hat wohl ihre Tage“.
Dies ist nicht überraschend, hatten die Sexualhormone doch
entwicklungsgeschichtlich eine wichtige Funktion, um die Frau in ihren
fruchtbarsten Tagen zur Kontaktaufnahme mit Männern und sexueller Aktivität
anzuregen. In Phasen, in welchen sie nicht schwanger werden konnte und eher
infektionsgefährdet war, nämlich während der menstruellen Blutung, sollte sich
eher die Tendenz zu geschlechtlichem Abstand verstärken.
Erste Zyklushälfte: Energiehoch durch Östrogen
So beobachten auch viele Frauen am Beginn ihres Zyklus einen
Aufschwung der Energie und verstärktes Interesse am Gegengeschlecht während des
Eisprungs. In der follikulären, also ersten Phase des Zyklus, wenn der
Eissprung in den Ovarien vorbereitet und initiiert wird, ist die starke Wirkung
des Östrogens zu beobachten. Es wirkt euphorisierend, stimmungsaufhellend und
verstärkt die Kontakt – und Bindungsfreudigkeit sowie Interesse am
Gegengeschlecht.
Zweite Zyklushälfte: Gedämpft durch Progesteron
In der zweiten Zyklushälfte, nach dem Eisprung also, wenn
die Frau sich auf eine potentielle Schwangerschaft vorbereitet oder nicht
befruchtet wurde, dominiert das Progesteron. Dieses wirkt dämpfend und
beruhigend. Hier gilt es für die Frau, sich zurückzuziehen, auf sich zu schauen
und sozial eher Abstand zu halten. Das Interesse am Gegengeschlecht sinkt. In
Aufgaben, die die Merkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und räumliches
Vorstellungsvermögen der Frauen testen, unterscheiden sich Frauen in dieser
Phase weniger von den Männern, als während der ersten Zyklusphase.
Das prämenstruelle Syndrom (PMS)
Etwa die Hälfte der Frauen beschreibt im Zusammenhang mit
dem Zyklus eine veränderte körperliche und emotionale Wahrnehmung. In der
zweiten Zyklushälfte, mit Abfall des Östrogens und Anstieg des Progesterons,
berichten Frauen vermehrt über erhöhte Müdigkeit, Brustspannen,
Gewichtszunahme, Wasser in den Beinen, Konzentrationsstörungen, Sensitivität,
Weinerlichkeit und Reizbarkeit. Der Höhepunkt der Beschwerden liegt in der
Woche vor dem Einsetzen der Blutung. Der Grund liegt vermutlich in der
spezifischen Relation der Hormonspiegel im Blut zueinander (Anstieg und Abfall
von Progesteron bei Mangel an Östrogen) und der veränderten Sensitivität der
Bindungsstellen für diese Hormone.
Prämenstruelle dysphorische Störung
Etwa 3-5% aller Frauen erleben das prämenstruelle Syndrom
auf eine besonders gravierende Weise. Man spricht von einer „prämenstruellen
dysphorischen Störung“ (PMDS), die psychiatrisch fachärztliche Betreuung
benötigt. Abgesehen von körperlichen Beschwerden stehen hier schwere psychische
Probleme im Vordergrund, die die betroffenen Frauen in einem so großen Ausmaß
betreffen können, dass die berufliche und familiäre Betätigung deutlich
beeinträchtigt ist. Zu den Symptomen der PMDS gehören laut dem amerikanischen
psychiatrischen Diagnosemanual „DSM-IV“ eine depressive Stimmungslage oder
Dysphorie (Reizbarkeit, Verärgerung, Missgestimmtheit), Angst oder Anspannung,
Schwankungen der Stimmung, Irritabilität, vermindertes Interesse an üblichen
Aktivitäten, Konzentrationsschwierigkeiten, Energieverlust, Gefühl der
Überforderung, übermäßiger Schlaf oder Schlafstörungen und Veränderungen des
Appetits (oft Verlangen nach zuckerhältigen Speisen, z.B. Schokolade, da diese
den „Glücksbotenstoff“ Serotonin anheben).
Ursachensuche
Die Ursache für diese Störung ist weitgehend unbekannt. Da
die Hormonspiegel der betroffenen Frauen normal sind, spielen hier vermutlich
die oben erwähnte spezifische Relation der Hormone gegen Ende des Zyklus
zueinander mit einer spezifischen Sensitivität des Gehirns der betroffenen Frauen
zusammen. Insbesondere der Serotoninstoffwechsel ist vermutlich verändert, da
Frauen mit PMDS besonders gut und auch schneller als Patientinnen mit
Depressionen und Angststörungen auf „Selektive
Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren“ („SSRI“s) reagieren (SSRIs erhöhen den
Serotoningehalt im Gehirn und wirken so angstlösend und antidepressiv).
Lange Zeit behauptete sich auch die Lehrmeinung, dass der
Progesteronabfall vor der Regel zu psychischen prämenstruellen Symptomen führen
könnte, aufgrund des Wegfalls seiner angstlösenden und entspannenden Wirkungen.
Entsprechend werden Frauen mit PMDS häufig mit hohen Progesterongaben kurz vor
der Regel behandelt. Allerdings zeigen letzte Ergebnisse, dass diese Behandlung
in der Gesamtzusammenschau der Studien nur wenig Erfolge aufweisen kann.
Außerdem passt diese Theorie nicht mit der Beobachtung zusammen, das sich
Frauen eher während der Einnahme von Progesteronpräparaten psychisch unwohl
fühlen, als während der Einnahme von Östrogenen.
Wechseljahre
Nach den Wechseljahren, in der sogenannten „Postmenopause“,
kommt es bei Frauen eher zu einer Abnahme von Depressionen und
Angsterkrankungen. Diese sind während der fruchtbaren Jahre noch 2-3 Mal so
häufig bei Frauen als bei Männern. In der Postmenopause gleichen sich die
Häufigkeiten dieser Erkrankungen in etwa an. Als Grund vermutet man die stabile
Hormonlage, die Stimmungsschwankungen mildert.
Anders verhält es sich im „Wechsel“ selbst. Im Schnitt ab
dem 45.-50. Lebensjahr kommt es zu starken Schwankungen im menstruellen Zyklus
sowie einer kontinuierlichen Abnahme der Sexualhormonproduktion. In dieser Zeit
sind Frauen für psychische Belastungen besonders verletzlich („vulnerabel“).
Sie leiden unter Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Reizbarkeit und expressiven
Verstimmungen. Häufig kommt es zu Angststörungen und Depressionen und bei
Schizophrenie besteht ein Häufungsgipfel der Erkrankung.
Während der reproduktiven Jahre scheint Östrogen einen
Schutz gegen Psychose zu bilden, welcher in den Wechseljahren immer mehr
abnimmt und schließlich wegfällt. Da sich Sexualhormone und insbesondere
Östrogen positiv auf Konzentration und Merkfähigkeit auswirken, führt deren
Wegfall außerdem vermehrt zur Gedächtnisstörungen und begünstigt die
Entwicklung einer Demenz. Bei der Behandlung dieser Erkrankungen müssen durch
den psychiatrischen Facharzt/-ärztin verordnete Psychopharmaka angewendet
werden. Aber auch eine Hormonersatztherapie kann einen Benefit bringen.
Insbesondere die Östrogengabe wird experimentell als potentielles
„Psychopharmakon“ untersucht.
Schwangerschaft und Geburt
In der Schwangerschaft kommt es zu einer langsamen und
kontinuierlichen Steigerung der weiblichen Hormonproduktion. Entsprechend der
jeweiligen Hormonkonstellation erleben die Frauen eine „Achterbahn der
Gefühle“. Starke Schwankungen zwischen Euphorie und Depression sind für
Außenstehende oft schwer nachvollziehbar und können zu Konflikten führen.
Tendenziell überwiegt jedoch die lustvolle und stärkende
Aktivität des Östrogens, die sich idealerweise mit der Entspannung und
Angstlösung des Progesterons paart, sodass Frauen häufig angeben, sich während
der Schwangerschaft glücklicher und ausgewogener als vor der Schwangerschaft zu
fühlen.
Etwas anders verhält es sich nach der Geburt („post partum“).
Der rasche Abfall der Hormonproduktion führt bei bis zu 70% der Frauen 4-7 Tage
nach der Geburt zu einer (im Volksmund „Heultage“ genannten) depressiven
Nachschwankung. Ein bis drei Tage lang fühlen sich die Frauen verstimmt,
reizbar und weinerlich, ohne sich das erklären zu können. Dieser Zustand
braucht keine Behandlung, allein Zuneigung und Verständnis des Partners und der
Familie bis das Stimmungstief von selbst vergeht.
Ausnahme sind jene Frauen, die post partum schwere
psychiatrische Erkrankungen entwickeln. Man kann von etwa 10% Betroffenen
ausgehen, die entweder im Rahmen einer zyklischen psychischen Erkrankung eine
Verschlechterung (Exazerbation) dieser erleben oder erstmalig eine Depression
oder Psychose erleiden. Diese können sich noch bis zu sechs Monate nach der
Geburt entwickeln und brauchen rasche psychiatrische Hilfe um Störungen der
Mutter-Kind-Interaktion vorzubeugen.
Die genauen Zusammenhänge zwischen Einfluss der
Sexualhormonschwankungen und Bedeutung der Veränderung der Lebenssituation bzw.
Überforderungsgefühl werden noch erforscht.
Zusammenfassung
Sexualhormone
werden bereits im Mutterleib aktiv und beeinflussen durch ihre Aktivität die
Struktur und Funktion des Gehirns. Im Laufe des Lebens moduliert die
schwankende Produktion der Sexualhormone die Signalübertragung und
Nervenzellverbindungen im Gehirn.
Dabei
entfalten die jeweiligen Hormone spezifische Wirkungen auf die Gehirnaktivität:
Östrogen wirkt aktivierend und euphorisierend, Progesteron wirkt angstlösend
und entspannend, Testosteron wirkt aggressions- und lustfördernd.
Bei Frauen
werden diese Wirkungen insbesondere während des menstruellen Zyklus deutlich.
Auch sehr starke Veränderungen der Hormonproduktion während der Schwangerschaft
und im Wechsel wirken sich auf das Denken (Kognition) und emotionale Zustände
der Frauen aus.
In extremen
Ausprägungen kommt es zu psychiatrischen Krankheitsbildern wie der
Prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS), der Post-Partum-Depression oder
der Post-Partum-Psychose. Auch die Entwicklung anderer psychiatrischer
Erkrankungen wie der manisch-depressiven Erkrankung, Angststörungen,
Schizophrenie und dementieller Erkrankungen wie Morbus Alzheimer wird durch Sexualhormone
beeinflusst. Die Behandlung erfolgt mit Psychopharmaka, kann aber durch
Hormongabe ebenfalls positiv beeinflusst werden.
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