Montag, 23. Mai 2016

On the issue of compensation this should ever come? /// Zur Frage der Entschädigung sollte diese jemals kommen?


Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle Rechte vorbehalten!
Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2016

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Christiane Völling ist 1959 mit AGS bei xx-chromosomalem Geschlecht zur Welt gekommen. Ihr wurde das männliche Geschlecht zugewiesen. 2009 zog sie wegen der an ihr vorgenommen chirurgischen Eingriffe und medizinischen Behandlungen, die ohne vorige Aufklärung und ausreichende Diagnostik stattfanden, mit einer Schadensersatzklage vor Gericht. In diesem Artikel erläutert sie die eigenen Erfahrungen sowie die dadurch entstanden Folgen und geht auf Möglichkeiten ein, zwischengeschlechtliche Menschen, denen Unrecht widerfahren ist, zu entschädigen.
Der Begriff „Intersexuelle Menschen“ beschreibt eine Gruppe von Menschen, die wegen ihrer angeborenen individuellen geschlechtlichen Realitäten und ihrer Entwicklung scheinbar besonders ist. Dabei erkennt man, wenn man genauer hinsieht, dass sich doch:
1. Jeder Mensch individuell entwickelt.
2. Jede menschliche Varianz besonders ist.
3. Dass es mehrere menschliche Ausprägungen gibt, die sich wieder zu mehreren „Normgruppen“ zusammenfassen lassen, ich nenne es mal „geschlechtliche Normgruppen“. Eine solche Gruppe ist die Gruppe „Intersexuelle Menschen“. Unter diesem Begriff werden verschiedene sehr kleine „Normgruppen“ subsumiert.
Es gibt Menschen mit starkem Haarwuchs, Menschen mit dünnen Haaren und solche, die keine Haare haben. Wir kennen Menschen mit blauen, braunen, grauen, grünen, schwarzen und sogar unterschiedlichen Augen. In unserem Kulturkreis werden Menschen geboren mit weißer Haut, Menschen mit bronzenem und dunklem Hauttyp. Alle genießen den gleichen staatlichen Schutz der Unverletzlichkeit ihrer Würde, der körperlichen und psychischen Unversehrtheit, alle dürfen frei glauben, frei reden, frei denken, sie dürfen sein wie sie sind, ja, auch ihre Identität ist geschützt. Alle Menschen sind gleich vor dem Gesetz und für alle Menschen gelten die gleichen Regeln, solange sie sich an die Regeln halten (und die intersexuellen Menschen, die ich kenne, halten sich an diese Regeln). Der Staat wacht über die Einhaltung der Regeln.
Dass diese Regeln des Schutzes gegenüber einer bestimmten Gruppe von Menschen offenbar nicht eingehalten wurden, und das ist das Bemerkenswerte, dass es immerhin mehr als 90 Prozent der Gruppe der “Intersexuellen Menschen“ sind, bei denen die staatliche Kontrolle und die Regeln des Anstandes, der guten Sitte, der Standesrechte, der Schutzpflichten des Staates und des Grundgesetzes Artikel 1 bis 3 keine Anwendung fanden und dies zudem einen Berufszweig schützt, ist Indiz genug, hier von struktureller Fehlleistung und Gewalt zu sprechen.
Die staatliche Ordnung soll nun wieder hergestellt werden, der Dialog mit der Gruppe der intersexuellen Menschen ist ein guter Anfang.
Die Opfer der Vergangenheit sind für das Leid, die Pein und das genommene Recht zu entschädigen. Entscheidend ist, dass die Schäden irreversibel sind, nicht mehr umkehrbar. Was ist ein Leben wert?

Wie könnte diese Entschädigung aussehen?
Will die Gesellschaft und allen voraus die Bundesrepublik Deutschland den Opfern weiteres Leid durch die Demütigung jahrelanger Prozesse durch die Instanzen zumuten? Die Täter schützen, damit sie weiterhin die Opfer verhöhnen? Akten und Patienteninformationen vorenthalten, bis die Verjährungen greifen? Sollen die Opfer die Risiken und Kosten für jahrelangen Rechtsstreit durch die Instanzen, der zudem das deutsche Gerichtssystem belastet und viel Geld kostet , aufgebürdet werden?
Vielen intersexuellen Menschen ist dies gar nicht möglich, weil die Schäden so schwer sind, dass sie weder aus eigener Kraft noch aus eigenen Finanzmitteln einen solchen Prozess durchstehen könnten. Wer ist in der Lage den Opfern beizustehen? Welchen Gesichtsverlust wird unser Land für Jahre hinnehmen?  Wer wird einem Arzt noch trauen? Wo bleibt die Verantwortung des Staates, dass er diese Menschenversuche bis heute zulässt?
Und noch ein offenes Wort: Wenn ein Opfer, das sich aus der Opferrolle befreit hat, wieder Opfer wird – ist dem alles zuzutrauen.
Mein Leben sah vor meinem Zivilprozess mit all den Schäden hoffnungslos aus. Der Prozess war ein Befreiungsschlag.
Durch die rechtswidrige Kastration aller meiner gesunden, vollständig angelegten inneren weiblichen Geschlechtsorgane habe ich den Totalverlust meines gesamten weiblichen Lebens, physisch, psychisch, sozial und rechtlich zu beklagen. Darüber hinaus stellt das mir dafür ersatzweise aufgezwungene, scheinbar männliche Leben, das „Mann-Sein-Müssen“ kein Ausgleich, sondern eine zusätzliche Schädigung dar.
Die an mir vollzogene medizinische Behandlung ist somit als der unaufgeklärte und unkontrollierte Menschenversuch einer völligen Geschlechtsumkehr von weiblich nach männlich zu bewerten.
Schäden hervorgerufen durch die rechts-und sittenwidrige Kastration:
1. Abrupter und lebenslänglicher Totalausfall meiner körpereigenen Hormonproduktion
2. Vorzeitiges Eintreten und lebenslänglich anhaltende klimakterische Störungen, eine sich daraus ergebene Labilität des vegetativen Nervensystems in Form von z. B. Hitzewallungen, Stimmungslabilität, Depressionen, Schlafstörungen, Tachykardien, vorzeitiger Osteoporose
3. lebenslängliche Medikamentenabhängigkeit
4. schweres Kastrationstrauma mit nicht absehbaren, nicht einschätzbaren psychischen Langzeitfolgeschäden
5. Verlust meiner Fortpflanzungsfähigkeit und daraus resultierende psychische Schäden in Form von z. B. Depressionen, Schlafstörungen, Minderwertigkeitskomplexen
6. Verlust meiner Sexualität und somit ein Leben in Einsamkeit.
Irreversible Folgen der unaufgeklärten, paradoxen jahrzehntelangen hoch dosierten Testosterongabe, ermöglicht durch die zuvor durchgeführte Zwangskastration und vorsätzlichen Falschaufklärung:
1. Schädigung der Schilddrüse (Autoimmun-Thyreoiditis)
2. Schädigung der Hypophysen- und Hirntätigkeit, chronische Hirnstoffwechselveränderungen
3. Schädigung der Knochen, Knochenveränderungen
4. Störung des körperlichen Empfindens (insbes. Temperatur)
5. Entwicklung einer typisch männlichen Körperbehaarung, männlicher Bartwuchs
6. androgenbedingter Verlust meines kompletten Kopfhaares
7. Vermännlichung meiner ehemals weiblichen Stimme
8. Heranzüchtung von männlichen Gesichtszügen und eines männlich aussehenden Körperbaus bei weiblichen Anlagen, dadurch totale Zerstörung meiner verbliebenen weiblichen Ressourcen
9. Verstärkung der bereits durch die Kastration eingetretenen, irreversiblen Störungen der Stoffwechselfunktionen mit entsprechenden Organveränderungen, Störungen des Immunsystems mit erhöhter Infektanfälligkeit, Anämie
10. chirurgische vermännlichende Genitalkonstruktion zum Aufbau eines künstlichen Penoids, daraus resultierende weitere irreversible Schädigungen in Form von chronischen, fast antibiotikaresistenten Harnwegsinfekten, Blasenentleerungsstörungen, Stenosen- und Narbenbildungen
11. Verlust meines angeborenen Geschlechtsempfindens und –verhaltens
Die Folgen aus dem obig Gesagten sind eine stark reduzierte Lebensqualität mit erheblichem Mangel an sozialen Kontakten, eine Verunmöglichung von Beziehungen oder Partnerschaften sowie eine Einschränkung meiner beruflichen Leistungsfähigkeit und einem sich daraus ergebenden Mangel an beruflichen Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten und somit finanzielle Verluste.
Für dieses nicht gelebte Leben, verursacht durch die operative Zwangszuweisung, betrachte ich eine Entschädigung in Höhe von mindestens einer Millionen Euro als angemessen.
Eine staatliche große Lösung hätte Vor- und Nachteile, doch die Vorteile überwiegen für alle Seiten. Und die Chancen auf eine baldige Lösung, auf den Sieg der Wahrheit und eines Friedens birgt sie auch. Der Verein Intersexuelle Menschen e.V. hat im Zusammenhang mit den Parallelberichten zu den Staatenberichten Möglichkeiten aufgezeigt:
Der Staat behält seine Glaubwürdigkeit in seiner Eigenschaft als oberste Macht, ordnende Institution in unserem Staatsgefüge. Er schützt alle und sorgt für einen Ausgleich und Gerechtigkeit. Der soziale Frieden wird in einem Teil wieder hergestellt.
Der medizinische Betrieb (Ärzte, Kliniken, Krankenkassen, Standesverbände) könnte sich in einem vorgegebenen Zeitfenster entlasten, indem er einmalig den Kehraus macht, indem er seinerseits seine Akten sichtet und die Akten intersexueller Menschen in ein Archiv gibt, von wo aus die betroffenen Menschen ermittelt und verständigt werden, dass sie dort ihre Patientenakten einfordern können, aber nicht müssen.
Die Wahrheit käme ans Licht, eine Aufarbeitung wäre möglich. Hier wären auch die Haftungsfragen zu klären.
Eine Rehabilitation der Opfer, die gesellschaftliche Integration der Opfer, eine Einmalzahlung und eine Rentenregelung sind eine Minimalforderung.  Die Schaffung einer Stelle, an die sich Opfer wenden können, besetzt mit einem intersexuellen Menschen, gestützt durch die Bundesministerien, ist anzustreben.
Ich bitte auch zu bedenken, dass diese Menschen einen langen Leidensweg gehen, der lebenslange Wirkung hat. Menschliche Solidarität, ein Stück soziale Sicherheit und die Chance des Aufeinanderzugehens steckt in einer solchen großen Lösung.
Übrigens: Eine Entschuldigung des Staates bei den Opfern ist längst überfällig.

Quelltext:http://diskurs.ethikrat.org/2011/07/zur-frage-der-entschadigung/

Das Recht auf freie Selbstbestimmung

Als Teil des weltweiten Amnesty-Netzwerks setzt sich MERSI (Menschenrechte und sexuelle Identität) bereits seit 15 Jahren für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender weltweit ein. Denn in vielen Ländern der Welt werden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität diskriminiert, misshandelt, vergewaltigt, inhaftiert, gefoltert und ermordet. Seit einigen Jahren arbeitet die Hamburger MERSI Gruppe zum Thema Menschenrechtsverletzungen an Intersexuellen. Amnesty International nahm bislang keine Position zum Thema ein. Auf Initiative von MERSI Hamburg setzt sich die deutsche Sektion von Amnesty nunmehr auf internationaler Ebene für eine klare Positionierung ein, bei der schwere Menschenrechtsverletzungen an Intersexuellen definiert werden. In diesem Artikel beschreiben MERSI Hamburg ihre Einschätzung zum geführten Diskurs und zum Thema Menschenrechte.

Mit großer Freude haben wir beobachten können, wie sich im Verlauf des Diskussionsprozesses allmählich eine Tendenz herausschälte, die sich im Kern mit der von uns vertretenen Position deckt und unsere Argumente unterstützt – so wie es die ‚Erste Einschätzung’ des Ethikrats Mitte Juni im Wesentlichen formuliert. Neben dem Menschenrecht auf Nicht-Diskriminierung sind dies vor allem: das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit und die Suprematie des Selbstbestimmungsrechts gegenüber dem Elternrecht, wie sie insbesondere im Falle von operativen Genitalkorrekturen (ohne Einwilligungsfähigkeit) im frühen Kindesalter entscheidend ist.
Beide decken sich mit den Yogyakarta-Prinzipien (Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität) von 2006, die insbesondere das ‚Recht auf Schutz vor medizinischer Misshandlung’ (Prinzip 18) formuliert: „Die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität eines Menschen sind keine Erkrankung und sollen daher nicht behandelt oder unterdrückt werden“.
Diese Prinzipien sind in gleicher Weise von der UN-Kinderrechtskonvention abgesichert.
Als Vertreter einer Menschenrechtsorganisation sehen wir einen gesellschaftlich verantwortungsbewussten Umgang mit Intersexualität darin, dass es hier vorrangig darum geht, Menschenrechte von intersexuellen Menschen einzufordern, weil das Entscheidende ist, wie und unter welchen Bedingungen intersexuelle Menschen ihre geschlechtliche Identität hier und heute in Würde und ohne Diskriminierung leben können. Dieser menschenrechtliche Grundgedanke erscheint uns im Diskurs des Ethikrates nicht die ihm gebührende Beachtung gefunden zu haben.
Wie immer man das ‚Phänomen’ Intersexualität unter juristischen, medizinischen, psychologischen, soziologischen und anderen Aspekte auch definiert, bleibt für uns die einfache Tatsache, dass es sich hier um Menschen handelt, entscheidend. Intersexuelle werden als intersexuelle Menschen geboren und bleiben es ihr Leben lang. In dieser spezifischen geschlechtlichen Identität besteht ein wesentlicher Aspekt ihrer Persönlichkeit, der auch mit Mitteln medizinischer, chirurgisch-kosmetischer Korrekturen nicht zu ändern ist. Des Weiteren gehört die Freiheit, sich offen und ohne Diskriminierung zu der eigenen geschlechtlichen Identität bekennen zu können, zu den Kernbereichen des Menschenrechtsgedanken.
Letztlich geht es um das Recht auf freie Selbstbestimmung: darum, intersexuelle Menschen selbst bestimmen zu lassen, wie sie leben wollen. Aus diesem Grund sind für uns die Forderungen der betroffenen Menschen und deren Organisationen auch die Richtschnur für unsere Position. Während des Diskurses hatten wir allerdings den Eindruck, dass die Themen der Diskussion eher von den ‚Experten’ vorgegeben wurden, statt von den Betroffenen selber, die die Probleme am eigenen Leibe erfahren.
Dass jedoch die Ansichten in den Diskussionsbeiträgen von Betroffenen inzwischen auch von vielen Vertretern verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen geteilt werden, ist für uns eine erfreuliche Bestätigung und bestärkt uns in der Erwartung, diese nunmehr mit großer Dringlichkeit auch im Rahmen gesetzgeberischer Tätigkeiten praktisch umgesetzt zu sehen.
Dem Deutschen Ethikrat gebührt große Anerkennung, dass zum ersten Mal ein öffentlicher Diskurs auf größerer interdisziplinärer Basis unter Beteiligung der Betroffenen über ein lange gesellschaftlich hoch tabuisiertes Thema geführt wurde.
Quelltext: http://diskurs.ethikrat.org/2011/08/das-recht-auf-freie-selbstbestimmung/#more-923


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