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Geschrieben
und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2016
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diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Hey Du hast es und brauchst es,
deswegen Spende Blut, denn es fehlt in der ganzen Welt!
Ich habe Ihn, Du auch?
Organspenden können andere zum Leben verhelfen, sei stolz auf dich selbst mache
Ihn Dir den Organspende Ausweis!
Hey you have it and need it, so donating blood,
because it is missing in the world!
I
had him, you also? Organ donation can help others to life, be proud of your self
doing Him Get donor card!
«Ich dachte, ich bin das einzige Monster der
Welt»
Elisabeth Müller sieht aus wie eine Frau. Aber wer sie
so nennt, wird gleich gerügt. Denn sie ist ein Hermaphrodit, im Volksmund
schlicht Zwitter, und kämpft dafür, dass Menschen wie sie nicht operativ zu
Frau oder Mann manipuliert werden.
«Ich bin nicht Frau.» Wer Elisabeth Müller mit «Frau Müller»
anspricht, wird umgehend zurechtgewiesen. Wie dann? «Entweder Elisabeth Müller,
ich mache das auch gerne, dass ich Leute mit ihrem vollen Namen anspreche. Oder
Hermaphrodit Müller.»
Gut. Aber ist Müller nun Organistin oder Organist, leitet
sie oder er einen Chor in der Schenefelder Stephansgemeinde? «Ich bevorzuge
Kirchenmusiker, die neutrale Form. ‹Sie› und ‹Ihr› ist in Ordnung, man kann ja
auch nicht von ‹es› reden. Aber Frau geht nicht. Ich bin ein weiblicher
Hermaphrodit, aber noch lange keine Frau», betont sie.
In ihrem Ausweis steht eines der beiden Geschlechter,
«welches, können sie sich denken.» Das geht in Deutschland nicht anders.
Elisabeth Müller sieht auch aus wie eine Frau. Aber sie hat xy-Chromosomen wie
ein Mann, und bis zu einer Operation hatte sie auch kleine Hoden. Es gibt zwar
einen Scheideneingang, aber weder Gebärmutter noch Eierstöcke. «Erst, wenn die
Verstümmelungen und Menschenrechtsverletzungen an uns aufhören und wir eine
menschliche Würde anerkannt bekommen, ist mir das egal. Dann kann man gerne
Frau zu mir sagen.»
Im Umgang mit Hermaphroditen sind wir nicht geübt. Das liegt
schon daran, dass viele gar nicht wissen, dass es tatsächlich Menschen gibt,
die weder Mann noch Frau sind. Und dass das kein Fehler ist. Schuld daran sind,
da gibt es für Elisabeth Müller keinen Zweifel, die «Medizyner, so nenne ich
sie, weil sie zynisch sind». Rund 100.000 Menschen in Deutschland werden weder
als Frau noch als Mann geboren. «Es gibt unendlich viele Varianten, manche
reden von 4000. Xy-Frauen wie ich sehen wie Frauen aus, haben aber einen
männlichen Chromosomensatz.»
Andere haben weibliche Chromosomen und innere weibliche
Geschlechtsorgane, sehen aber männlich aus. «Das ist das sogenannte
Adrenogenitale Syndrom, die werden von Medizinern meist ziemlich brachial
verweichlicht: das Genital abgeschnitten, eine künstliche Scheide angelegt, die
Harnröhren, wie sie es für richtig halten. Sie wollen offenbar an der heiligen
Kuh festhalten, dass der Mensch nur ein Mensch ist, wenn er Mann oder Frau
ist.»
Dagegen wehrt sich Hermaphrodit Müller mit Händen und Füßen.
Seit 1997 kämpft sie mit der Selbsthilfegruppe xy-Frauen gegen die Bevormundung
durch die Medizin. Sie selbst war 24, als ein Arzt ihr die Hoden abnahm –
angeblich wäre das Krebsrisiko sonst extrem hoch gewesen. «Erwiesenermaßen
völlig falsch.» Durch die Behandlung sei sie erst krank geworden, betont sie,
zumal sie zusätzlich noch mit Östrogenen behandelt wurde, also mit weiblichen
Hormonen. «Die haben meinen Körper ganz kaputt gemacht. Er war ja Testosteron
gewohnt.»
Krank bedeutete Depressionen, Veränderungen im
Gehirnstoffwechsel, ein Gefühl wie weichgespült, Blutarmut. «Das Gehirn
verlangte nach sehr viel Süßem und ich habe stark zugenommen.» Jetzt nimmt sie
männliche Hormone, um die fehlende Produktion der Hoden auszugleichen. Das
hilft.
Ungut hatte sich Elisabeth Müller immer gefühlt. Schlimmer:
«Ich dachte, ich bin das einzige Monster auf der Welt.» Die ersten Erinnerungen
an ihr Anderssein, das sind ständige Besuche in der Hamburger Uniklinik. «Ein
unwürdiges Treiben, keiner hat richtig was dazu gesagt, aber ich habe gespürt,
dass etwas abartig ist.» Das einzige, was ihre Mutter ihr sagte war, dass es
Frauen gebe, die keine Kinder bekommen können. «Ich habe gespürt, dass ich
dazugehöre, und dass ich meine Tage nicht bekommen werde.»
Mit 16 Jahren gab ihr ein Psychologe ein Buch über Zwitter
und sagte die Schlagworte: «Männliche Keimdrüsen». Seitdem las sie viel und
sprach mit niemandem darüber. Aber ihr schwante, dass sie doch nicht die einzige
sein könnte, wenn es ein Buch über sie gab. «Ich konnte das logisch nicht
fassen, war gefangen im tabuisierten, unlogischen Bereich. Das war völlig irre,
hat mich moralisch kaputtgemacht», erzählt sie heute.
Hermaphrodit Müller ist heute hochdramatischer Sopran,
spielt Orgel bei Hochzeiten und Beerdigungen und leitet Chöre. «Ich habe sehr
hart gearbeitet, psychologische Schwerstarbeit», schildert sie ihren Weg dahin.
«Als klassischer Sänger muss man offensiv mit dem Körper arbeiten, das geht
auch psychisch ans Eingemachte, man muss sehr bei sich sein, sich sehr
annehmen», beschreibt sie.
Nach der verhängnisvollen Operation begann sie sich zu
öffnen, sprach mit Freunden, ihrer Mutter und mit ihrem Partner, mit dem sie
damals zusammenlebte. Der hatte sich bis dahin nur darüber gewundert, wie sie
so zuverlässig ihre Menstruation vor ihm verstecken konnte. Elisabeth Müller
lacht schallend, als sie das erzählt. Sie lacht auch über die Nachbarin, die
sie im Fernsehen gesehen hat und sich nicht so recht traut, das Wort «Zwitter»
auszusprechen, oder über die Gerüchte, sie sei «lesbisch».
Wenn sie den Leuten heute sagt, «ich bin nicht Frau»,
staunen fast alle. Aber die meisten kapieren es, nur einige beharren auf dem
weiblichen Vornamen. «Ich habe nie ernsthaft darüber nachgedacht, ihn zu
ändern. Ich möchte mir jetzt nicht auch noch meine ganze Herkunft kaputtmachen,
weil Mediziner sie kaputtmachen und Politiker das noch unterstützen», sagt sie.
Irgendwann hat ein Arzt damals einen anderen Betroffenen
rausgerückt, wie Müller es nennt. Das war der Anfang der Selbsthilfe. Heute
bieten die xy-Frauen telefonischen Erstkontakt für Menschen an, die
verunsichert sind, sich vielleicht auch als einziges Monster auf der Welt
fühlen.
So hat Elisabeth Müller auch Luzi Veit geholfen: Den
Hermaphroditen, der jetzt den Schattenbericht über zwischengeschlechtliche
Menschen an die Uno verfasst hat, im Rahmen des Cedaw-Berichtes, der regelmäßig
die Gleichstellung von Frauen dokumentieren soll. Ein großer Erfolg für
Hermaphrodit Müller und die Intersexuellen-Bewegung. Denn die Uno hat
Deutschland nun aufgefordert, innerhalb von zwei Jahren offenzulegen, was sie
gegen die Menschenrechtsverletzungen gegen Zwitter unternommen hat.
Die meisten Hermaphroditen leben völlig versteckt und isoliert.
Die Selbstmordrate wird bei 20 bis 30 Prozent vermutet. Ein großer Teil der
Hermaphroditen werde als Transsexueller behandelt, erklärt Müller. Dabei gebe
es etwa zehnmal so viele Zwitter wie Transsexuelle. «Es ist sowas von
erbärmlich, was da mit den Menschen gemacht wird», sagt sie. Und: «Es ist schon
Gnade, dass ich so weit gekommen bin, wie ich bin. Ich hatte ein
vergleichsweise leichtes Leben.»
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