Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle
Rechte vorbehalten!
Geschrieben
und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
Bitte kopiert den Link und Gebt
diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Hey Du hast es und brauchst es,
deswegen Spende Blut, denn es fehlt in der ganzen Welt!
Ich habe Ihn, Du auch?
Organspenden können andere zum Leben verhelfen, sei stolz auf dich selbst mache
Ihn Dir den Organspende Ausweis!
Hey you have it and need it, so donating blood,
because it is missing in the world!
I
had him, you also? Organ donation can help others to life, be proud of your self
doing Him Get donor card!
Ein langer Text, ein Text welcher klar und deutlich zeigt wie Verdorben der Staat der USA mit Häftlingen umgeht!
Es ist eine Schande, das Menschenrechte mit Füßen getrehten werden, mehr in der USA wo Gefängnisse als Arbeitslobby betrieben werden! Ganze Städte entstehen rund um Gefängnisse, wo der Mensch zum Tier wird!
Donald Trump verschärft nun diese Situation noch viel mehr, ein Teufel im Pelzmantel schlimmer denn es ist nicht mehr Menschlich!
A long text, a text which clearly shows how corrupted the state of the US deals with prisoners!
It is a shame that human rights are being trampled, more in the USA where prisons are run as a working lobby! Whole cities are built around prisons, where humans become animals!
Donald Trump makes this situation even worse, a devil in a fur coat worse than it is no longer human!
900 Tage Hölle – Als Transgender in der
US-Abschiebehaft
Einer
Transfrau gelang die Flucht aus Mexiko, doch die Abschiebehaft in den USA hätte
sie fast nicht überlebt.
Gretta Soto
Moreno war sehr aufgewühlt, als sie in ihre Zelle zurückkehrte. Es war ein
unglaublich heißer Tag im Juni 2015. Eine ehrenamtliche Migrantenhelferin hatte
sie in der privaten Abschiebehaftanstalt Eloy im Süden von Arizona besucht.
Normalerweise munterten Besuche Gretta auf, aber heute hatte sie sich im
Besucherraum von einem anderen Häftling bedroht gefühlt. Männer in Eloy hatten
schwulen und transsexuellen Mitinsassen Drohbriefe geschrieben, und inzwischen
hatte sie wirklich Angst. Sie verdächtigte einen Wärter, von dem sie sagt, er
habe sie zuvor sexuell belästigt, die bedrohliche Situation absichtlich orchestriert
zu haben.
Zwei Jahre
lang hatte Soto Moreno ihre Gefühle versteckt: Die ständige Angst vor
gewaltsamen Übergriffen, die Wut über die Gleichgültigkeit der Verwaltung, die
Qual, nicht zu wissen, wann sie wieder rauskommen würde. Würde man sie auf
Bewährung entlassen? Würde man ihr Asyl gewähren und sie in das Leben
zurückkehren lassen, das sie sich in den USA im Laufe der letzten zehn Jahren
aufgebaut hatte – ihr Leben als Frau?
Wie betäubt
holte Soto Moreno die Rasierklinge, mit der sie sich sonst rasierte, aus ihrem
Versteck. Sie setzte sich wie zum Pinkeln auf die Toilette und blickte an sich
herunter, auf einen Teil ihrer selbst, den sie verabscheute.
"Ich
zog an meinen Hoden und schnitt und schnitt, bis sie ab waren", sagt sie
mir letzten Sommer. Ich habe die 44-jährige Transfrau aus Mexiko gerade
kennengelernt und fahre mit ihr zu einem Besuch in ein Abschiebegefängnis. Ihr
dunkles Haar ist zu einem hohen Dutt zusammengesteckt, der den Blick auf die
sorgfältig geschminkten, markanten Gesichtszüge freigibt.
Ich
versuche, ihren Gesichtsausdruck auszumachen, doch sie starrt geradeaus.
"Ich schrieb mit meinem Blut an die Wand: 'Bitte mehr Respekt für
LGBTs'", sagt sie. "Und an eine andere Wand dann noch: 'Mehr Respekt
für Transfrauen.'"
Ich frage,
ob sie das Bewusstsein verloren habe. Sie sagt Nein; sie sei da gewesen, aber
irgendwie auch nicht. Ein Betreuer habe gesehen, dass sie blutete, und habe
Hilfe geholt. Wärter bandagierten sie, wenig später kam ein Krankenwagen. Soto
Moreno wurde operiert und blieb drei Tage im Krankenhaus.
Als sie
wieder im Gewahrsam der Polizei- und Zollbehörde Immigration and Customs
Enforcement (ICE) war, steckte man sie in Eloy in eine Beobachtungszelle für
Selbstmordgefährdete. "Es war ekelhaft", sagt sie. "Überall in
der Zelle war Scheiße." Das Privatgefängnis in Eloy wird von der
berüchtigten Gefängnisfirma CoreCivic betrieben.
Soto Morenos
Geschichte mag extrem klingen, doch sie ist nicht ungewöhnlich. In
US-Haftanstalten herrschen insgesamt keine guten Zustände. Für Transpersonen
kommen oft besondere Belastungen hinzu, darunter lange Perioden der Einzelhaft,
körperliche und sexuelle Gewalt und mangelnde Möglichkeiten für
geschlechtsangleichende Maßnahmen. In Zukunft könnten diese Probleme in den USA
noch mehr Menschen betreffen, denn das Abschiebehaftsystem droht weiter
anzuschwellen: Unter Obama inhaftierte die ICE täglich bis zu 35.000 Migranten,
die Trump-Regierung ist Berichten zufolge dabei, diese Zahl auf 80.000 zu
erhöhen.
Im März 2016
veröffentlichte Human Rights Watch (HRW) die Ergebnisse einer umfassenden
Studie zum Missbrauch von Transfrauen in US-Abschiebegefängnissen. Basierend
auf den Aussagen 28 ehemaliger Insassen beschreibt der Bericht zahlreiche
sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen von Transfrauen durch
Gefängnispersonal und Mitinsassen. In mehreren Fällen sollen sich zudem
ICE-Beamte geweigert haben, angemessen auf die Vorfälle zu reagieren. Auch
verbrächten Transfrauen oft Wochen oder Monate in Einzelhaft – zu ihrem eigenen
Schutz, wie es heißt.
Seit einigen
Jahren testet die ICE eine neue Strategie im Umgang mit inhaftierten
Transfrauen. Ungefähr eine Woche nach ihrer Selbstverletzung wurde Soto Moreno
ins Büro des aufsichtführenden ICE-Beamten in Eloy gerufen. Er bot ihr an, sie
in eine für Schwule und Transfrauen designierte Abteilung eines
Abschiebegefängnisses im kalifornischen Santa Ana zu verlegen. Die Einheit
existiert seit 2011 und soll die Sicherheit von Transfrauen verbessern. Soto
Moreno sagte begeistert zu. Aber die Schaffung dieser Transeinheit war nicht
unumstritten: Manche Unterstützer von LGBT-Migranten und -Migrantinnen sprechen
sich vehement gegen diese Entwicklung aus. Sie stellen infrage, ob eine solche
Sondereinrichtung Transfrauen in US-Gefängnissen tatsächlich schützen kann.
Am 17. Juni
legte man Soto Moreno an einer Bauchkette fixierte Hand- und Fußschellen an und
setzte sie in einen Bus, danach in ein Flugzeug. "Mal sehen, was jetzt
passiert", dachte sie bei ihrer Ankunft in Santa Ana. "Wenn es hier
nicht besser wird, werde ich meinem Leben ein Ende setzen müssen."
Soto Moreno
wurde 1972 geboren und wuchs in dem Viertel Martín Carrera in Mexico City auf.
Als Kind sah sie von ihrem Fenster im ersten Stock aus zu, wie die
Straßendealer unten Drogen verkauften. Manchmal sah sie auch Transfrauen, die
auf den Strich gingen. Mit sieben hatte sie das erste Mal das Bedürfnis, sich
wie ein Mädchen zu kleiden. "Andere Kinder wussten sofort, dass ich anders
war – auch wenn meine Mutter mich als Junge anzog", sagt sie mir.
In der
Schule verprügelte man sie und zu Hause ging die Misshandlung weiter. Ihre
Mutter bat irgendwann einen Onkel, ihr beizubringen "wie sich ein
richtiger Mann benimmt". Gelegentlich trug sie trotzdem Frauenkleider und
Make-up, aber nur wenn es niemand mitbekam.
Mit Anfang
20 wurde sie eines Abends von einer Gruppe Polizisten angegriffen – einer von
ihnen hatte einen Rest Eyeliner bemerkt, den sie beim Abschminken übersehen
hatte. Die Beamten schlugen sie brutal zusammen. Ihr wurde klar, dass sie ihre
Identität in Mexiko nie würde ausleben können. Laut einem Bericht der NGO
Transgender Law Center von 2016 sind Transfrauen dort ständiger Gewalt ausgesetzt
und werden oft zur Zielscheibe des Militärs und der Polizei.
Im September
2003, mit 30, beschloss sie, zu Fuß von der Grenzstadt Nogales aus durch die
Sonora-Wüste in die USA auszuwandern. Sie hatte gehört, Homosexuelle hätten
dort ein freieres Leben. Den Marsch durch die Wüste habe sie nicht besonders
schwierig gefunden, sagt sie mir; als Kind sei sie bei den Pfadfindern gewesen.
Eine Vorstellung von den Risiken der illegalen Grenzüberquerung bekam sie aber
doch. "Wir sahen auf dem Weg Skelette", sagt sie. Einmal bat sie die
Schmuggler, im Gebüsch neben einer Leiche ein Feuer legen zu dürfen, damit die
Grenzpatrouille sie fände.
Nach zwei
Wochen erreichte sie Phoenix im Herzen Arizonas und begann, schwarz als
Tellerwäscher zu arbeiten. Für ein Coming-out fühlte sie sich noch zu unsicher.
Erst ein paar Jahre später rüttelte sie ein Unfall auf und sie beschloss, ihre
Transition zu beginnen. "Mein Leben ist zu kurz, um mich zu
verstecken", dachte sie. "Also beschloss ich an diesem Tag, nicht
länger als Mann zu leben." Es war ein langsamer Prozess. Zunächst zog sie
sich nur nachts als Frau an, um in die Schwulenclubs von Phoenix zu gehen. Um
2006 begann sie, auf der Straße Hormone zu kaufen und sich zu injizieren.
2011 wurde
Soto Moreno verhaftet und verbrachte einige Wochen im Gefängnis, bevor sie der
ICE übergeben wurde. (Wegen ihres laufenden Asylverfahrens bat sie mich, keine
Details über ihre Verhaftungen oder Straftaten zu veröffentlichen.) Während
dieser Inhaftierung beschloss Soto Moreno, politisches Asyl zu beantragen. Ihr
Antrag wurde zunächst abgelehnt, doch sie kämpfte weiter um seine Bewilligung.
Nach drei Monaten in Eloy wurde sie gegen eine Kaution von 5.000 Dollar
entlassen.
Wenige
Monate später wurde sie erneut verhaftet und von der Polizei an die ICE
übergeben. Sie landete ein zweites Mal in Eloy. Es habe nicht lange gedauert,
bis die sexuelle Belästigung durch Mitinsassen und Angestellte anfing. Weil
Soto Moreno Besuche von Mitgliedern einer örtlichen Unterstützergruppe bekam,
unterzog man sie häufig Leibesvisitationen. Einer der Gefängniswärter, Officer
Smith*, habe sie dabei oft länger als nötig berührt. Als er sie das dritte Mal
untersuchen wollte, habe sie Angst bekommen. "Ich streckte Arme und Beine
aus und er tastete sogar meine Arme ab." Sie trug zu diesem Zeitpunkt ein
kurzärmeliges Hemd.
"Ist
das nötig?", fragte sie den Wärter. Er habe ihr daraufhin gesagt, sie
solle still sein, und dabei seine Hand auf ihre linke Pobacke gelegt, sodass
sein Daumen leicht ihren Anus berührte. Sie flehte ihn an aufzuhören.
"Wenn
du dich noch einmal bewegst, zeige ich dich wegen Körperverletzung an",
habe er darauf geantwortet. Als sie danach im Besucherraum ankam, zitterte sie
vor Wut. Sie hatte keine wirkliche Wahl: Verweigerte sie sich den
Durchsuchungen, drohte ihr Einzelhaft oder eine Konfrontation mit Wärtern in
Bereitschaftsausrüstung. Sie sagt, sie habe Beschwerde über die übergriffigen
Durchsuchungen eingereicht und andere Mitarbeiter über die Vorfälle informiert,
doch das habe keinerlei Wirkung gezeigt. Die ICE hat es abgelehnt, Fragen zu
Soto Morenos Fall zu beantworten, und hat ihre Aussagen weder dementiert noch
bestätigt.
Die
Statistikabteilung des US-Justizministeriums schätzt, dass in den USA
gegenwärtig etwa 5.000 Transpersonen inhaftiert sind, von denen etwa ein
Drittel sexuellen Übergriffen ausgesetzt sein soll. Laut der Behörde befinden
sich momentan jeden Tag im Schnitt 65 Transfrauen in den Haftanstalten der ICE,
viele von ihnen in Männergefängnissen.
Eine der
Frauen, die in dem HRW-Bericht von 2016 erwähnt werden, ist Sara V. Sie sagte
aus, sie sei in einem privat betriebenen Abschiebegefängnis in Arizona
Angriffen ausgesetzt gewesen. Aus dem Bericht geht allerdings nicht hervor, ob
es sich dabei um die Einrichtung in Eloy handelte. Sie sei bei ihrer Aufnahme
mit mehreren Männern in eine Zelle gesperrt worden, von denen sie zwei
vergewaltigt hätten, während ein dritter den Blick der Wärter durch das
Sichtfenster versperrte. "Drei Honduraner fingen an, vor mir zu
masturbieren", berichtete Sara auch gegenüber Human Rights Watch.
"Sie sagten: 'Er hält sich für eine Frau, dabei ist er nur eine Schwuchtel
… In unserem Land bringen wir solche Leute um.'"
Als man Soto
Moreno während ihres zweiten Aufenthalts in Eloy von der Einheit für Schwule
und Transfrauen im kalifornischen Santa Ana erzählte, klang das für sie
"phänomenal". Während ihrer verbleibenden Zeit in Eloy hoffte sie,
dass sie doch noch an einem sichereren Ort landen würde.
Am 6. Juni
2015 bekam sie Besuch von einer Unterstützerin. Officer Smith rief Soto Moreno
für eine Durchsuchung zu sich. Sie weigerte sich. "Ich weinte. Die Wärter
umringten mich, weil ich einen direkten Befehl verweigern wollte",
erinnert sie sich. "Das ist ein schweres Vergehen." Ein paar der
Wärter trugen Bereitschaftsausrüstung. Man brachte sie zum Direktor. Nachdem
sie diesem erklärt hatte, was vorgefallen war, sagte er ihr, er würde Officer
Smith in den Nordteil des Gefängnisses verlegen. So müsse sie ihm nicht mehr
begegnen.
Officer
Smith habe dann wohl beschlossen, sich an ihr zu rächen, erzählt Soto Moreno.
Einer der Wärter sorgte dafür, dass sie eines Tages ihren Besuch im Nordteil
der Einrichtung empfangen musste. Dort waren die Insassen mit einer höheren
Sicherheitsstufe untergebracht, darunter eine Gruppe Männer, die Soto Moreno
und andere LGBT-Gefangene mutmaßlich schon einmal bedroht hatte.
Als sie den
Besucherraum dieser gefährlicheren Abteilung betrat, zog sich ihr Magen
zusammen. Sie meinte, unter den Anwesenden einen der Männer zu erkennen, der
sie bedroht hatte. Sie sagte ihrer Besucherin, dass sie sich nicht sicher
fühle, und bat einen Wärter, sie wegzubringen.
"Als
ich wieder in meinem Block ankam, war ich verstört. Ich war wütend und hatte
Angst." Sie wandte sich an eine psychologische Betreuerin, der sie
vertraute, doch die hatte keine Zeit. Sie schloss die Tür und begann, nervös
auf und ab zu laufen. "Ich stand völlig neben mir."
Dann fällte
sie ihre Entscheidung zur Selbstverstümmelung. Sie erinnerte sich an den
versteckten Rasierer. Sie holte ihn hervor und löste die Klinge heraus.
"Ich hielt die Klinge in der Hand und dachte: 'Was mache ich jetzt?'"
Sie drehte das Rasierblatt hin und her und sah zu, wie Lichtreflexe darauf
tanzten.
"Ich
war extrem wütend. Eine solche Wut kann man gar nicht in Worte fassen."
Soto Moreno überlegte, wo sie sich schneiden könnte. Sie entschied sich für
ihre Hoden und setzte sie sich aufs Klo. "Ich hielt die Klinge in der Hand
und dann schnitt ich sie mir einfach ab", sagt sie. "Keine Schmerzen,
nichts."
Als Soto
Moreno in den frühen Morgenstunden des 18. Juni 2015 endlich in dem Gefängnis
in Santa Ana ankam, war der Himmel noch schwarz. Sie war erschöpft. Ihre Wunden
waren inzwischen vernarbt. Sie und sechs Männer wurden aus dem Bus in die
Aufnahmezellen gebracht. Einer nach dem anderen wurden sie zur Leibesvisitation
abgeholt und mit den üblichen orangenen Häftlingsuniformen ausgestattet.
Der
Zellentrakt für Schwule und Transpersonen in Santa Ana wurde 2011 in Reaktion
auf die Klage einer Unterstützergruppe für LGBT-Migranten geschaffen. Die
US-weite Organisation für Migrantenrechte National Immigrant Justice Center
(NIJC) hatte bei der zuständigen Einrichtung des Ministeriums für Innere
Sicherheit Beschwerde gegen die grassierende sexuelle Gewalt und anhaltende
Isolation von schwulen und Transgefangenen eingelegt. Wenig später habe die ICE
den Trakt in Santa Ana eröffnet, so Keren Zwick, Soto Morenos Verteidigerin und
eine der leitenden Juristinnen des NIJC.
Zunächst wurde
der Zellentrakt nach Bedarf in Einzelfällen eingesetzt und beherbergte
Transfrauen zusammen mit schwulen und bisexuellen Männern. Die ICE machte die
Existenz des Trakts 2012 publik, im Sommer 2014 unterteilte sie ihn schließlich
in zwei Einheiten: eine für Transpersonen mit biologisch männlichem Geschlecht
und eine für schwule oder bisexuelle Männer. Seither hat die ICE noch weitere
Schritte unternommen, um Transfrauen zu schützen. Im Juni 2015 beschrieb sie
zum Beispiel in einem Memorandum das korrekte Vorgehen bei der Aufnahme von
Transgender-Häftlingen und rief zur Schaffung eines "Transgender
Classification and Care Committee" auf, das für mehr Sicherheit und eine
bessere Unterbringung dieser Insassen sorgen sollte.
Ein Wärter
erklärte Soto Moreno bei ihrer Aufnahme die strengen Regeln des Transtrakts: Es
sei verboten, andere Insassen zu umarmen, ihnen die Hand zu geben oder Essen
aus dem Gefängnisladen miteinander zu teilen. "Mit diesen Regeln wollen
sie sich selbst schützen und nicht uns", sagt Soto Moreno. Dennoch hoffte
sie, dass es ihr in Santa Ana besser ergehen würde als in Eloy. Sie wurde in
die dritte Etage gebracht, wo sich das Modul mit dem Transtrakt befand.
Der Trakt
war in zwei L-förmigen Strängen angelegt, die Zellen befanden sich an den
beiden Wänden, die am weitesten vom Eingang entfernt waren. In jeder der
kleinen Zellen stand in einer Ecke ein Stockbett. Durch ein Milchglasfenster
von etwa 15 mal 90 Zentimeter Größe drang ein schmaler Streifen Licht.
Die Enge und
die winzigen Fenster seien das Schlimmste am Transgender-Trakt gewesen, sagt
Soto Moreno. Sind sie einmal eingewiesen, verlassen die Insassinnen das Gebäude
nur für ihre Gerichtstermine – das heißt, es können oft Monate oder gar Jahre
vergehen, ohne dass sie den Himmel sehen oder Wind auf ihrer Haut spüren.
Während ihrer insgesamt 264 Tage in Santa Ana fühlte sich Soto Moreno zunehmend
eingeengt. Die Beklemmung wurde so stark, dass sie sich an den Arzt der
Einrichtung wandte. Er bot ihr Medikamente an, die sie aber nicht lange nahm.
"Ich fühlte mich von den Pillen wie ein Zombie", sagt sie.
Soto Moreno
und die anderen Gefangenen wurden angeblich auch wiederholt Leibesvisitationen
unterzogen, bei denen männliche Wärter ihre Köperöffnungen untersuchten. Als im
Januar 2016 einmal ein Teller zersprang, konnten die Wärter die dabei
entstandene Scherbe nirgends finden. Sie befürchteten, eine der Gefangenen
könnte sie als Waffe versteckt haben, und verhängten Zellenarrest. Die
Transfrauen seien dann einzeln aus ihren Zellen geholt und in die Duschen
gebracht worden, wo sie sich ausziehen mussten, wie Soto Moreno berichtet. Sie
selbst sei aufgefordert worden, ihre Genitalien anzuheben, während teils
bewaffnete Männer sie umringten. Sie sagt, man habe ihr befohlen, sich vornüber
zu beugen und zu husten, während ein Wärter ihr mit einer Taschenlampe in den
Anus leuchtete.
Erst nachdem
sie fast alle Frauen des Blocks so durchsucht hatten, schlug ein Wärter vor, im
Müll nach der Scherbe zu suchen – wo sie auch war. "Das war unglaublich
erniedrigend für uns", sagt Soto Moreno. "Es war widerlich."
Trotzdem
wurde der Transtrakt in Santa Ana während der Obama-Jahre zu einer Art
Vorzeigeprojekt der ICE, die sonst fast nur negative Schlagzeilen machte. Das
Pressebüro der Behörde kam meiner Bitte um eine Führung durch den Trakt letzten
Sommer bereitwillig nach. Bei meiner Ankunft in Santa Ana empfangen mich
Virginia Kice, die Kommunikationsdirektorin der ICE für den Westen der USA, und
Andre Quinones, zu diesem Zeitpunkt noch LGBT-Beauftragter der ICE in Los
Angeles. "Die ICE ist ein Vorreiter in Sachen Sicherheit für
Transfrauen", sagt mir Quinones. (Inzwischen leitet er den gesamten
Haftbetrieb der ICE in Orange County, wo Santa Ana liegt.)
"Vieles,
was wir machen, ist ausgesprochen fortschrittlich", legt Kice während
meines Besuchs nach.
Während Soto
Moreno in Santa Ana versuchte, sich an die beengten Verhältnisse und die
übergriffigen Durchsuchungen zu gewöhnen, demonstrierten vor dem Gefängnis
Aktivisten für die Freiheit von Transpersonen und das Ende aller Formen der
Haft.
Es war Ende
2015 und sie war seit fünf Monaten in der Sonderabteilung. "Sobald sie
draußen anfingen zu protestieren, verhängten sie drinnen Zellenarrest",
erinnert sie sich. Sie konnte die Proteste weder sehen noch hören, wusste aber
aus dem Fernsehen davon und hatte ein paar der führenden Aktivistinnen der
Kampagne kennengelernt. Soto Moreno hatte sich vorgestellt, als zwei Mitglieder
der landesweiten Initiative Familia: Trans Queer Liberation Movement den Trakt
eines Tages besuchten. So erfuhr sie, dass es eine Bewegung zur Abschaffung der
Abschiebehaft für Transpersonen gab.
Die Kampagne
"#EndTransDetention" wurde 2014 von einer Koalition aus Gruppen wie
Orange County Immigrant Youth United aus Santa Ana, dem Transgender Law Center
aus Oakland und Familia gegründet. Letztere setzt sich für Belange von
LGBT-Personen in der hispanischen Bevölkerung ein. "Es ist wichtig, die
Macht von Institutionen wie der ICE einzuschränken", sagt mir Jennicet
Gutierrez, eine undokumentierte Transfrau, die auch eine der beiden bezahlten
Angestellten der Gruppe ist. Die ICE "hat eine freundliche Fassade,
unterdrückt aber weiterhin ganze Bevölkerungsgruppen – vor allem People of
Color."
Gutierrez
und andere Aktivisten zählen mir die Probleme des Transtrakts auf: fehlende
Hormonbehandlung, häufiger Zellenarrest, die vielen Vorschriften und die Monate
ohne Ausgang. Ihrer Meinung nach nutzt die ICE schwule und Transinsassen zur
Aufbesserung ihres Images aus, ohne sie wirklich zu schützen. Auf meine Anfrage
schrieb mir Kice per E-Mail, die ICE bemühe sich "um eine respektvolle
Umgebung für alle Insassen, einschließlich Transpersonen".
Die Kampagne
sieht ihre Arbeit aber auch im Kontext der breiteren Bewegung gegen
Abschiebungen. Gutierrez sagt mir, es sei ihr wichtig, sich politisch für alle
Menschen ohne Aufenthaltspapiere einzusetzen. "Das schließt unsere
Familien, unsere Cousins und Onkel ein, die undokumentiert, aber nicht unbedingt
Teil der LBGT-Gemeinde sind." Wie Jorge Gutierrez, ein weiterer
Mitarbeiter von Familia (und kein Verwandter von Jennicet), mir sagt:
"Wenn wir für die Schwächsten kämpfen, dann kämpfen wir damit für
alle."
Ihre Arbeit
beleuchtet einen anhaltenden Widerspruch der Bewegung, die sich für bessere
Haftbedingungen für die Millionen Inhaftierten der USA einsetzt: Humanitäre
Gefängnisreformen haben die Rolle der Vollzugsanstalten in der US-Geschichte
oft eher zementiert als verringert. Die ersten Gefängnisse wurden in den
Anfangsjahren des Staates auf Forderung von Liberalen und Menschenrechtlern
eingerichtet, um noch grausamere Formen der Bestrafung, wie Peitschenhiebe oder
den Pranger, zu ersetzen. Das erste separate Frauengefängnis wurde 1839 in der
wohlmeinenden Absicht eröffnet, Frauen während der Haft zu schützen. Es hatte
lediglich 81 Zellen. Heute befinden sich über eine Million Frauen in den USA
hinter Gittern oder sind auf Bewährung. Selbst die heute umstrittenen
Mindesthaftzeiten wurden auf Anregung von Liberalen eingeführt, die damit der
Diskriminierung von Minderheiten bei der Verhängung von Haftstrafen
entgegenwirken wollten.
Bemühungen,
die Bedingungen der Haft zu verbessern, stehen bis heute der Forderung nach
deren kompletter Abschaffung gegenüber. "All jene, die sich für ein Ende
der Gefängnisse einsetzen", so die bekannte afroamerikanische Aktivistin
Angela Davis im Jahr 2000, "müssen den Balanceakt vollbringen, Reformen
zum besseren Schutz der Insassen voranzutreiben, während sie gleichzeitig der
letztendlichen Abschaffung der Haft als vorherrschende Bestrafungsmethode
entgegenwirken."
Auch unter
den Insassen herrscht Unstimmigkeit, ob man sich gegen die Einrichtung von
Sondereinrichtungen für Transgender aussprechen sollte. Viele der inhaftierten
Transfrauen, mit denen ich geschrieben habe, gaben an, sie würden sich in einem
Sondertrakt am sichersten fühlen. Eine von ihnen, Dee, sitzt seit sieben Jahren
in einem New Yorker Gefängnis in Einzelhaft. "Einzelhaft ist definitiv
keine Lösung zur Unterbringung von Transpersonen", schrieb sie mir 2014.
"Sie sollten eher in gemischten Gefängnissen in gesonderten Trakten
untergebracht werden."
Aktivisten,
die sich für eine Zukunft ohne Gefängnisse einsetzen, müssen dieses Ziel
permanent mit dem Bedürfnis der Insassen nach einer humaneren Gegenwart
abgleichen.
Nach etwa
acht Monaten kam Soto Moreno im März 2016 erneut gegen eine Kaution von 7.500
Dollar frei. "Die Freiheit war ein unglaubliches Geschenk", sagt sie
mir. Niemand konnte ihr länger Befehle erteilen. Aber es war auch hart. Sie
hatte keine Arbeitserlaubnis und keinerlei Einkommen. Eine Gruppe namens
Translatin@, die aus der Haft entlassene Transpersonen mit Wohngeld und
Essensgutscheinen unterstützt, half ihr auf die Beine. Sie war frei, aber es
war kaum die Art Leben, die sie sich bei ihrer Flucht aus Mexiko vor über zwölf
Jahren vorgestellt hatte.
Während Soto
Moreno sich wieder an das Leben in Freiheit gewöhnte, gewann die
#EndTransDetention-Kampagne an Fahrt. Im Februar 2016, einen Monat vor ihrer
Entlassung, hatten Aktivisten die Stadtverwaltung von Santa Ana überzeugt, der
ICE statt 300 doch nur 200 Betten zur Verfügung zu stellen. Nachdem
Familia-Mitarbeiter und eine Highschool-Schülerin in Hungerstreik getreten
waren, beschloss die Stadt im Mai außerdem, den Nutzungsvertrag mit der ICE
nach dessen Auslaufen im Jahr 2020 nicht zu verlängern. Im Dezember desselben
Jahres reduzierte die Lokalregierung die maximale Anzahl der an die Behörde
vermieteten Betten weiter auf 128.
Der komplett
aus Latinos und Latinas bestehende Stadtrat wies den Stadtdirektor außerdem an
zu prüfen, ob das Gefängnis prinzipiell geschlossen werden könnte, und gab für
50.000 Dollar eine Studie zu einer möglichen Umnutzung in Auftrag. Für Jorge
und Jennicet war diese Entwicklung ein praktisches Beispiel, wie
Einwanderungsaktivisten die Arbeit von Gruppen wie Black Lives Matter
unterstützen können – als Teil einer breiten Bewegung gegen Polizeigewalt und
eine Inhaftierungspraxis, die viele als rassistisch und reflexhaft empfinden.
"Dank unserer Kampagne ist jetzt im Gespräch, das Gefängnis komplett zu
schließen und in eine Einrichtung zu verwandeln, die der Gemeinschaft etwas
bringt", sagt Jorge.
Diesen
Februar kündigte die ICE ihren Nutzungsvertrag mit den Behörden von Santa Ana.
Das Ende des Trakts für Schwule und Transgender war besiegelt. "Aufgrund
der kürzlichen Entscheidung der Stadtverwaltung, die Zahl der Betten drastisch
zu reduzieren, war der bestehende Vertrag für uns nicht mehr
wirtschaftlich", hieß es in dem Schreiben. Die Schließung des Transtrakts
war für den 24. Mai geplant, doch bereits am 8. Mai wurden die dort
Inhaftierten von Santa Ana ins Cibola County Detention Center in New Mexico
verlegt; es handelte sich um zehn Personen, wie Christina Holland, die
Justizvollzugsbeauftragte der Polizei in Santa Ana, Lokalmedien mitteilte.
Cibola wird wie Eloy von der Gefängnisfirma CoreCivic betrieben und dient als
reines Abschiebegefängnis.
Angesichts
der ungewissen Umstände stellt sich Aktivisten nun die Frage, ob ihre Kampagne
wirklich ein Erfolg war. Obwohl die Bedingungen in Santa Ana zu wünschen übrig
ließen, waren die Transfrauen hier wahrscheinlich doch sicherer aufgehoben als
in anderen Hafteinrichtungen. "Bevor es den Trakt gab, blieb für
Transpersonen in Abschiebehaft in der Regel nur die Sonderverwahrung",
sagt Keren Zwick, die NIJC-Anwältin. "In anderen Worten: Einzelhaft."
Soto Moreno
sorgt sich, wie es den Transfrauen nach der Verlegung ergehen wird. Andere
Haftanstalten hätten weniger Bildungsangebote als Santa Ana. New Mexico ist
isolierter und konservativer als Kalifornien, also können die Insassen dort auf
weniger Unterstützung von Migrantenvertretern und der LGBT-Gemeinde zählen.
Unter
Präsident Trump werden sich die Bedingungen in den Abschiebegefängnissen
vermutlich noch verschlechtern. Im April berichtete die New York Times, die
Regierung wolle Vorschriften zur Verbesserung der Haftbedingungen aufweichen –
darunter auch die zur Einzelhaft. Dieses Jahr sollte eigentlich im Prairieland
Detention Center in Texas eine zweite Einheit für Transfrauen eröffnet werden,
aber Aktivisten zufolge liegen die Pläne derzeit auf Eis.
Jorge sieht
die Schließung von Santa Ana positiver – als Beweis, dass Aktivisten sich gegen
den Ausbau des privaten Abschiebehaftkomplexes wehren können. "Dieser Sieg
ermutigt Leute im ganzen Land zu sagen: 'Ja, wir können die ICE aus unserer
Stadt vertreiben.'"
Nach ihrer
Entlassung wartete Soto Moreno 260 Tage auf ihre Arbeitserlaubnis und war von
der Unterstützung der Translatin@ Coalition abhängig. Seit sie die Erlaubnis
hat, arbeitet sie Teilzeit für die Coalition und macht Öffentlichkeitsarbeit
für deren "Economic Empowerment"-Programm. Sie sagt, aktuell spare
sie auf eine Namensänderung. Ihr Asylverfahren überschattet ihr Leben nach wie
vor: Jeder falsche Schritt könnte sie wieder hinter Gitter bringen, schon die
kleinste Unstimmigkeit in ihrer Geschichte könnte dazu führen, dass ihr Antrag
abgelehnt wird.
Die USA sind
inzwischen Soto Morenos Zuhause. Also bahnt sie sich nach fast drei Jahren sexueller
Belästigung, übergriffiger Durchsuchungen und wiederholter Einzelhaft –
"900 Tage in der Hölle", wie sie es nennt – weiter ihren Weg durch
das Immigrationssystem, von dem sie sich einst Schutz versprach.
*Officer
Smith ist ein Pseudonym, weil Soto Morenos Vorwürfe gegen ihn nicht bewiesen
sind. Soto Moreno hat bei der Gefängnisleitung Beschwerde eingelegt und ihren
Fall detailliert beschrieben. Sie hat zudem bei der Polizei Anzeige erstattet.
VICE hat die ICE um Stellungnahme zu den Vorwürfen und etwaigen Maßnahmen gegen
derlei Missstände gebeten und keine Antwort erhalten.
Quelltext: https://www.vice.com/de/article/bjxbvz/900-tage-holle-als-transgender-in-der-us-abschiebehaft
Wenn euch dieser Blog gefällt, helft „Teilt“ Ihn mit mir
denn Wissen ist Macht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen