Sonntag, 13. Mai 2018

900 Tage Hölle ! Als Transgender in der US-Abschiebehaft /// 900 days of hell - As a transgender in the US deportation detention


Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle Rechte vorbehalten!
Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
Bitte kopiert den Link und Gebt diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt vor, einer Minderheit anzugehören!

Hey Du hast es und brauchst es, deswegen Spende Blut, denn es fehlt in der ganzen Welt!
Ich habe Ihn, Du auch? Organspenden können andere zum Leben verhelfen, sei stolz auf dich selbst mache Ihn Dir den Organspende Ausweis!

Hey you have it and need it, so donating blood, because it is missing in the world!
I had him, you also? Organ donation can help others to life, be proud of your self  doing Him Get donor card!

Ein langer Text, ein Text welcher klar und deutlich zeigt wie Verdorben der Staat der USA mit Häftlingen umgeht!

Es ist eine Schande, das Menschenrechte mit Füßen getrehten werden, mehr in der USA wo Gefängnisse als Arbeitslobby betrieben werden! Ganze Städte entstehen rund um Gefängnisse, wo der Mensch zum Tier wird!

Donald Trump verschärft nun diese Situation noch viel mehr, ein Teufel im Pelzmantel schlimmer denn es ist nicht mehr Menschlich!

A long text, a text which clearly shows how corrupted the state of the US deals with prisoners!
It is a shame that human rights are being trampled, more in the USA where prisons are run as a working lobby! Whole cities are built around prisons, where humans become animals!
Donald Trump makes this situation even worse, a devil in a fur coat worse than it is no longer human!


900 Tage Hölle – Als Transgender in der US-Abschiebehaft
Einer Transfrau gelang die Flucht aus Mexiko, doch die Abschiebehaft in den USA hätte sie fast nicht überlebt.
Gretta Soto Moreno war sehr aufgewühlt, als sie in ihre Zelle zurückkehrte. Es war ein unglaublich heißer Tag im Juni 2015. Eine ehrenamtliche Migrantenhelferin hatte sie in der privaten Abschiebehaftanstalt Eloy im Süden von Arizona besucht. Normalerweise munterten Besuche Gretta auf, aber heute hatte sie sich im Besucherraum von einem anderen Häftling bedroht gefühlt. Männer in Eloy hatten schwulen und trans­sexuellen Mitinsassen Drohbriefe geschrieben, und inzwischen hatte sie wirklich Angst. Sie verdächtigte einen Wärter, von dem sie sagt, er habe sie zuvor sexuell belästigt, die bedrohliche Situation absichtlich orchestriert zu haben.
Zwei Jahre lang hatte Soto Moreno ihre Gefühle versteckt: Die ständige Angst vor gewaltsamen Übergriffen, die Wut über die Gleichgültigkeit der Verwaltung, die Qual, nicht zu wissen, wann sie wieder rauskommen würde. Würde man sie auf Bewährung entlassen? Würde man ihr Asyl gewähren und sie in das Leben zurückkehren lassen, das sie sich in den USA im Laufe der letzten zehn Jahren aufgebaut hatte – ihr Leben als Frau?

Wie betäubt holte Soto Moreno die Rasierklinge, mit der sie sich sonst rasierte, aus ihrem Versteck. Sie setzte sich wie zum Pinkeln auf die Toilette und blickte an sich herunter, auf einen Teil ihrer selbst, den sie verabscheute.

"Ich zog an meinen Hoden und schnitt und schnitt, bis sie ab waren", sagt sie mir letzten Sommer. Ich habe die 44-jährige Transfrau aus Mexiko gerade kennengelernt und fahre mit ihr zu einem Besuch in ein Abschiebegefängnis. Ihr dunkles Haar ist zu einem hohen Dutt zusammengesteckt, der den Blick auf die sorgfältig geschminkten, markanten Gesichtszüge freigibt.

Ich versuche, ihren Gesichtsausdruck auszumachen, doch sie starrt geradeaus. "Ich schrieb mit meinem Blut an die Wand: 'Bitte mehr Respekt für LGBTs'", sagt sie. "Und an eine andere Wand dann noch: 'Mehr Respekt für Transfrauen.'"

Ich frage, ob sie das Bewusstsein verloren habe. Sie sagt Nein; sie sei da gewesen, aber irgendwie auch nicht. Ein Betreuer habe gesehen, dass sie blutete, und habe Hilfe geholt. Wärter bandagierten sie, wenig später kam ein Krankenwagen. Soto Moreno wurde operiert und blieb drei Tage im Krankenhaus.
Als sie wieder im Gewahrsam der Polizei- und Zollbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) war, steckte man sie in Eloy in eine Beobachtungszelle für Selbstmordgefährdete. "Es war ekelhaft", sagt sie. "Überall in der Zelle war Scheiße." Das Privatgefängnis in Eloy wird von der berüchtigten Gefängnisfirma CoreCivic betrieben.
Soto Morenos Geschichte mag extrem klingen, doch sie ist nicht ungewöhnlich. In US-Haftanstalten herrschen insgesamt keine guten Zustände. Für Transpersonen kommen oft besondere Belastungen hinzu, darunter lange Perioden der Einzelhaft, körperliche und sexuelle Gewalt und mangelnde Möglichkeiten für geschlechtsangleichende Maßnahmen. In Zukunft könnten diese Probleme in den USA noch mehr Menschen betreffen, denn das Abschiebehaftsystem droht weiter anzuschwellen: Unter Obama inhaftierte die ICE täglich bis zu 35.000 Migranten, die Trump-Regierung ist Berichten zufolge dabei, diese Zahl auf 80.000 zu erhöhen.

Im März 2016 veröffentlichte Human Rights Watch (HRW) die Ergebnisse einer umfassenden Studie zum Missbrauch von Transfrauen in US-Abschiebegefängnissen. Basierend auf den Aussagen 28 ehemaliger Insassen beschreibt der Bericht zahlreiche sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen von Transfrauen durch Gefängnispersonal und Mitinsassen. In mehreren Fällen sollen sich zudem ICE-Beamte geweigert haben, angemessen auf die Vorfälle zu reagieren. Auch verbrächten Transfrauen oft Wochen oder Monate in Einzelhaft – zu ihrem eigenen Schutz, wie es heißt.
Seit einigen Jahren testet die ICE eine neue Strategie im Umgang mit inhaftierten Transfrauen. Ungefähr eine Woche nach ihrer Selbstverletzung wurde Soto Moreno ins Büro des aufsichtführenden ICE-Beamten in Eloy gerufen. Er bot ihr an, sie in eine für Schwule und Transfrauen designierte Abteilung eines Abschiebegefängnisses im kalifornischen Santa Ana zu verlegen. Die Einheit existiert seit 2011 und soll die Sicherheit von Transfrauen verbessern. Soto Moreno sagte begeistert zu. Aber die Schaffung dieser Transeinheit war nicht unumstritten: Manche Unterstützer von LGBT-Migranten und -Migrantinnen sprechen sich vehement gegen diese Entwicklung aus. Sie stellen infrage, ob eine solche Sondereinrichtung Transfrauen in US-Gefängnissen tatsächlich schützen kann.

Am 17. Juni legte man Soto Moreno an einer Bauchkette fixierte Hand- und Fußschellen an und setzte sie in einen Bus, danach in ein Flugzeug. "Mal sehen, was jetzt passiert", dachte sie bei ihrer Ankunft in Santa Ana. "Wenn es hier nicht besser wird, werde ich meinem Leben ein Ende setzen müssen."
Soto Moreno wurde 1972 geboren und wuchs in dem Viertel Martín Carrera in Mexico City auf. Als Kind sah sie von ihrem Fenster im ersten Stock aus zu, wie die Straßendealer unten Drogen verkauften. Manchmal sah sie auch Transfrauen, die auf den Strich gingen. Mit sieben hatte sie das erste Mal das Bedürfnis, sich wie ein Mädchen zu kleiden. "Andere Kinder wussten sofort, dass ich anders war – auch wenn meine Mutter mich als Junge anzog", sagt sie mir.

In der Schule verprügelte man sie und zu Hause ging die Misshandlung weiter. Ihre Mutter bat irgendwann einen Onkel, ihr beizubringen "wie sich ein richtiger Mann benimmt". Gelegentlich trug sie trotzdem Frauenkleider und Make-up, aber nur wenn es niemand mitbekam.
Mit Anfang 20 wurde sie eines Abends von einer Gruppe Polizisten angegriffen – einer von ihnen hatte einen Rest Eyeliner bemerkt, den sie beim Abschminken übersehen hatte. Die Beamten schlugen sie brutal zusammen. Ihr wurde klar, dass sie ihre Identität in Mexiko nie würde ausleben können. Laut einem Bericht der NGO Transgender Law Center von 2016 sind Transfrauen dort ständiger Gewalt ausgesetzt und werden oft zur Zielscheibe des Militärs und der Polizei.

Im September 2003, mit 30, beschloss sie, zu Fuß von der Grenzstadt Nogales aus durch die Sonora-Wüste in die USA auszuwandern. Sie hatte gehört, Homosexuelle hätten dort ein freieres Leben. Den Marsch durch die Wüste habe sie nicht besonders schwierig gefunden, sagt sie mir; als Kind sei sie bei den Pfadfindern gewesen. Eine Vorstellung von den Risiken der illegalen Grenzüberquerung bekam sie aber doch. "Wir sahen auf dem Weg Skelette", sagt sie. Einmal bat sie die Schmuggler, im Gebüsch neben einer Leiche ein Feuer legen zu dürfen, damit die Grenzpatrouille sie fände.

Nach zwei Wochen erreichte sie Phoenix im Herzen Arizonas und begann, schwarz als Tellerwäscher zu arbeiten. Für ein Coming-out fühlte sie sich noch zu unsicher. Erst ein paar Jahre später rüttelte sie ein Unfall auf und sie beschloss, ihre Transition zu beginnen. "Mein Leben ist zu kurz, um mich zu verstecken", dachte sie. "Also beschloss ich an diesem Tag, nicht länger als Mann zu leben." Es war ein langsamer Prozess. Zunächst zog sie sich nur nachts als Frau an, um in die Schwulenclubs von Phoenix zu gehen. Um 2006 begann sie, auf der Straße Hormone zu kaufen und sich zu injizieren.
2011 wurde Soto Moreno verhaftet und verbrachte einige Wochen im Gefängnis, bevor sie der ICE übergeben wurde. (Wegen ihres laufenden Asylverfahrens bat sie mich, keine Details über ihre Verhaftungen oder Straftaten zu veröffentlichen.) Während dieser Inhaftierung beschloss Soto Moreno, politisches Asyl zu beantragen. Ihr Antrag wurde zunächst abgelehnt, doch sie kämpfte weiter um seine Bewilligung. Nach drei Monaten in Eloy wurde sie gegen eine Kaution von 5.000 Dollar entlassen.

Wenige Monate später wurde sie erneut verhaftet und von der Polizei an die ICE übergeben. Sie landete ein zweites Mal in Eloy. Es habe nicht lange gedauert, bis die sexuelle Belästigung durch Mitinsassen und Angestellte anfing. Weil Soto Moreno Besuche von Mitgliedern einer örtlichen Unterstützergruppe bekam, unterzog man sie häufig Leibesvisitationen. Einer der Gefängniswärter, Officer Smith*, habe sie dabei oft länger als nötig berührt. Als er sie das dritte Mal untersuchen wollte, habe sie Angst bekommen. "Ich streckte Arme und Beine aus und er tastete sogar meine Arme ab." Sie trug zu diesem Zeitpunkt ein kurzärmeliges Hemd.

"Ist das nötig?", fragte sie den Wärter. Er habe ihr daraufhin gesagt, sie solle still sein, und dabei seine Hand auf ihre linke Pobacke gelegt, sodass sein Daumen leicht ihren Anus berührte. Sie flehte ihn an aufzuhören.

"Wenn du dich noch einmal bewegst, zeige ich dich wegen Körperverletzung an", habe er darauf geantwortet. Als sie danach im Besucherraum ankam, zitterte sie vor Wut. Sie hatte keine wirkliche Wahl: Verweigerte sie sich den Durchsuchungen, drohte ihr Einzelhaft oder eine Konfrontation mit Wärtern in Bereitschaftsausrüstung. Sie sagt, sie habe Beschwerde über die übergriffigen Durchsuchungen eingereicht und andere Mitarbeiter über die Vorfälle informiert, doch das habe keinerlei Wirkung gezeigt. Die ICE hat es abgelehnt, Fragen zu Soto Morenos Fall zu beantworten, und hat ihre Aussagen weder dementiert noch bestätigt.
Die Statistikabteilung des US-Justizministeriums schätzt, dass in den USA gegenwärtig etwa 5.000 Transpersonen inhaftiert sind, von denen etwa ein Drittel sexuellen Übergriffen ausgesetzt sein soll. Laut der Behörde befinden sich momentan jeden Tag im Schnitt 65 Transfrauen in den Haftanstalten der ICE, viele von ihnen in Männergefängnissen.

Eine der Frauen, die in dem HRW-Bericht von 2016 erwähnt werden, ist Sara V. Sie sagte aus, sie sei in einem privat betriebenen Abschiebegefängnis in Arizona Angriffen ausgesetzt gewesen. Aus dem Bericht geht allerdings nicht hervor, ob es sich dabei um die Einrichtung in Eloy handelte. Sie sei bei ihrer Aufnahme mit mehreren Männern in eine Zelle gesperrt worden, von denen sie zwei vergewaltigt hätten, während ein dritter den Blick der Wärter durch das Sichtfenster versperrte. "Drei Honduraner fingen an, vor mir zu masturbieren", berichtete Sara auch gegenüber Human Rights Watch. "Sie sagten: 'Er hält sich für eine Frau, dabei ist er nur eine Schwuchtel … In unserem Land bringen wir solche Leute um.'"
Als man Soto Moreno während ihres zweiten Aufenthalts in Eloy von der Einheit für Schwule und Transfrauen im kalifornischen Santa Ana erzählte, klang das für sie "phänomenal". Während ihrer verbleibenden Zeit in Eloy hoffte sie, dass sie doch noch an einem sichereren Ort landen würde.

Am 6. Juni 2015 bekam sie Besuch von einer Unterstützerin. Officer Smith rief Soto Moreno für eine Durchsuchung zu sich. Sie weigerte sich. "Ich weinte. Die Wärter umringten mich, weil ich einen direkten Befehl verweigern wollte", erinnert sie sich. "Das ist ein schweres Vergehen." Ein paar der Wärter trugen Bereitschaftsausrüstung. Man brachte sie zum Direktor. Nachdem sie diesem erklärt hatte, was vorgefallen war, sagte er ihr, er würde Officer Smith in den Nordteil des Gefängnisses verlegen. So müsse sie ihm nicht mehr begegnen.

Officer Smith habe dann wohl beschlossen, sich an ihr zu rächen, erzählt Soto Moreno. Einer der Wärter sorgte dafür, dass sie eines Tages ihren Besuch im Nordteil der Einrichtung empfangen musste. Dort waren die Insassen mit einer höheren Sicherheitsstufe untergebracht, darunter eine Gruppe Männer, die Soto Moreno und andere LGBT-Gefangene mutmaßlich schon einmal bedroht hatte.

Als sie den Besucherraum dieser gefährlicheren Abteilung betrat, zog sich ihr Magen zusammen. Sie meinte, unter den Anwesenden einen der Männer zu erkennen, der sie bedroht hatte. Sie sagte ihrer Besucherin, dass sie sich nicht sicher fühle, und bat einen Wärter, sie wegzubringen.
"Als ich wieder in meinem Block ankam, war ich verstört. Ich war wütend und hatte Angst." Sie wandte sich an eine psychologische Betreuerin, der sie vertraute, doch die hatte keine Zeit. Sie schloss die Tür und begann, nervös auf und ab zu laufen. "Ich stand völlig neben mir."

Dann fällte sie ihre Entscheidung zur Selbstverstümmelung. Sie erinnerte sich an den versteckten Rasierer. Sie holte ihn hervor und löste die Klinge heraus. "Ich hielt die Klinge in der Hand und dachte: 'Was mache ich jetzt?'" Sie drehte das Rasierblatt hin und her und sah zu, wie Lichtreflexe darauf tanzten.

"Ich war extrem wütend. Eine solche Wut kann man gar nicht in Worte fassen." Soto Moreno überlegte, wo sie sich schneiden könnte. Sie entschied sich für ihre Hoden und setzte sie sich aufs Klo. "Ich hielt die Klinge in der Hand und dann schnitt ich sie mir einfach ab", sagt sie. "Keine Schmerzen, nichts."
Als Soto Moreno in den frühen Morgenstunden des 18. Juni 2015 endlich in dem Gefängnis in Santa Ana ankam, war der Himmel noch schwarz. Sie war erschöpft. Ihre Wunden waren inzwischen vernarbt. Sie und sechs Männer wurden aus dem Bus in die Aufnahmezellen gebracht. Einer nach dem anderen wurden sie zur Leibesvisitation abgeholt und mit den üblichen orangenen Häftlingsuniformen ausgestattet.

Der Zellentrakt für Schwule und Transpersonen in Santa Ana wurde 2011 in Reaktion auf die Klage einer Unterstützergruppe für LGBT-Migranten geschaffen. Die US-weite Organisation für Migrantenrechte National Immigrant Justice Center (NIJC) hatte bei der zuständigen Einrichtung des Ministeriums für Innere Sicherheit Beschwerde gegen die grassierende sexuelle Gewalt und anhaltende Isolation von schwulen und Transgefangenen eingelegt. Wenig später habe die ICE den Trakt in Santa Ana eröffnet, so Keren Zwick, Soto Morenos Verteidigerin und eine der leitenden Juristinnen des NIJC.
Zunächst wurde der Zellentrakt nach Bedarf in Einzelfällen eingesetzt und beherbergte Transfrauen zusammen mit schwulen und bisexuellen Männern. Die ICE machte die Existenz des Trakts 2012 publik, im Sommer 2014 unterteilte sie ihn schließlich in zwei Einheiten: eine für Transpersonen mit biologisch männlichem Geschlecht und eine für schwule oder bisexuelle Männer. Seither hat die ICE noch weitere Schritte unternommen, um Transfrauen zu schützen. Im Juni 2015 beschrieb sie zum Beispiel in einem Memorandum das korrekte Vorgehen bei der Aufnahme von Transgender-Häftlingen und rief zur Schaffung eines "Transgender Classification and Care Committee" auf, das für mehr Sicherheit und eine bessere Unterbringung dieser Insassen sorgen sollte.

Ein Wärter erklärte Soto Moreno bei ihrer Aufnahme die strengen Regeln des Transtrakts: Es sei verboten, andere Insassen zu umarmen, ihnen die Hand zu geben oder Essen aus dem Gefängnisladen miteinander zu teilen. "Mit diesen Regeln wollen sie sich selbst schützen und nicht uns", sagt Soto Moreno. Dennoch hoffte sie, dass es ihr in Santa Ana besser ergehen würde als in Eloy. Sie wurde in die dritte Etage gebracht, wo sich das Modul mit dem Transtrakt befand.

Der Trakt war in zwei L-förmigen Strängen angelegt, die Zellen befanden sich an den beiden Wänden, die am weitesten vom Eingang entfernt waren. In jeder der kleinen Zellen stand in einer Ecke ein Stockbett. Durch ein Milchglasfenster von etwa 15 mal 90 Zentimeter Größe drang ein schmaler Streifen Licht.
Die Enge und die winzigen Fenster seien das Schlimmste am Transgender-Trakt gewesen, sagt Soto Moreno. Sind sie einmal eingewiesen, verlassen die Insassinnen das Gebäude nur für ihre Gerichtstermine – das heißt, es können oft Monate oder gar Jahre vergehen, ohne dass sie den Himmel sehen oder Wind auf ihrer Haut spüren. Während ihrer insgesamt 264 Tage in Santa Ana fühlte sich Soto Moreno zunehmend eingeengt. Die Beklemmung wurde so stark, dass sie sich an den Arzt der Einrichtung wandte. Er bot ihr Medikamente an, die sie aber nicht lange nahm. "Ich fühlte mich von den Pillen wie ein Zombie", sagt sie.

Soto Moreno und die anderen Gefangenen wurden angeblich auch wiederholt Leibesvisitationen unterzogen, bei denen männliche Wärter ihre Köperöffnungen untersuchten. Als im Januar 2016 einmal ein Teller zersprang, konnten die Wärter die dabei entstandene Scherbe nirgends finden. Sie befürchteten, eine der Gefangenen könnte sie als Waffe versteckt haben, und verhängten Zellenarrest. Die Transfrauen seien dann einzeln aus ihren Zellen geholt und in die Duschen gebracht worden, wo sie sich ausziehen mussten, wie Soto Moreno berichtet. Sie selbst sei aufgefordert worden, ihre Genitalien anzuheben, während teils bewaffnete Männer sie umringten. Sie sagt, man habe ihr befohlen, sich vornüber zu beugen und zu husten, während ein Wärter ihr mit einer Taschenlampe in den Anus leuchtete.
Erst nachdem sie fast alle Frauen des Blocks so durchsucht hatten, schlug ein Wärter vor, im Müll nach der Scherbe zu suchen – wo sie auch war. "Das war unglaublich erniedrigend für uns", sagt Soto Moreno. "Es war widerlich."

Trotzdem wurde der Transtrakt in Santa Ana während der Obama-Jahre zu einer Art Vorzeigeprojekt der ICE, die sonst fast nur negative Schlagzeilen machte. Das Pressebüro der Behörde kam meiner Bitte um eine Führung durch den Trakt letzten Sommer bereitwillig nach. Bei meiner Ankunft in Santa Ana empfangen mich Virginia Kice, die Kommunikationsdirektorin der ICE für den Westen der USA, und Andre Quinones, zu diesem Zeitpunkt noch LGBT-Beauftragter der ICE in Los Angeles. "Die ICE ist ein Vorreiter in Sachen Sicherheit für Transfrauen", sagt mir Quinones. (Inzwischen leitet er den gesamten Haftbetrieb der ICE in Orange County, wo Santa Ana liegt.)

"Vieles, was wir machen, ist ausgesprochen fortschrittlich", legt Kice während meines Besuchs nach.
Während Soto Moreno in Santa Ana versuchte, sich an die beengten Verhältnisse und die übergriffigen Durchsuchungen zu gewöhnen, demonstrierten vor dem Gefängnis Aktivisten für die Freiheit von Transpersonen und das Ende aller Formen der Haft.

Es war Ende 2015 und sie war seit fünf Monaten in der Sonderabteilung. "Sobald sie draußen anfingen zu protestieren, verhängten sie drinnen Zellenarrest", erinnert sie sich. Sie konnte die Proteste weder sehen noch hören, wusste aber aus dem Fernsehen davon und hatte ein paar der führenden Aktivistinnen der Kampagne kennengelernt. Soto Moreno hatte sich vorgestellt, als zwei Mitglieder der landesweiten Initiative Familia: Trans Queer Liberation Movement den Trakt eines Tages besuchten. So erfuhr sie, dass es eine Bewegung zur Abschaffung der Abschiebehaft für Transpersonen gab.
Die Kampagne "#EndTransDetention" wurde 2014 von einer Koalition aus Gruppen wie Orange County Immigrant Youth United aus Santa Ana, dem Transgender Law Center aus Oakland und Familia gegründet. Letztere setzt sich für Belange von LGBT-Personen in der hispanischen Bevölkerung ein. "Es ist wichtig, die Macht von Institutionen wie der ICE einzuschränken", sagt mir Jennicet Gutierrez, eine undokumentierte Transfrau, die auch eine der beiden bezahlten Angestellten der Gruppe ist. Die ICE "hat eine freundliche Fassade, unterdrückt aber weiterhin ganze Bevölkerungsgruppen – vor allem People of Color."

Gutierrez und andere Aktivisten zählen mir die Probleme des Transtrakts auf: fehlende Hormonbehandlung, häufiger Zellenarrest, die vielen Vorschriften und die Monate ohne Ausgang. Ihrer Meinung nach nutzt die ICE schwule und Transinsassen zur Aufbesserung ihres Images aus, ohne sie wirklich zu schützen. Auf meine Anfrage schrieb mir Kice per E-Mail, die ICE bemühe sich "um eine respektvolle Umgebung für alle Insassen, einschließlich Transpersonen".

Die Kampagne sieht ihre Arbeit aber auch im Kontext der breiteren Bewegung gegen Abschiebungen. Gutierrez sagt mir, es sei ihr wichtig, sich politisch für alle Menschen ohne Aufenthaltspapiere einzusetzen. "Das schließt unsere Familien, unsere Cousins und Onkel ein, die undokumentiert, aber nicht unbedingt Teil der LBGT-Gemeinde sind." Wie Jorge Gutierrez, ein weiterer Mitarbeiter von Familia (und kein Verwandter von Jennicet), mir sagt: "Wenn wir für die Schwächsten kämpfen, dann kämpfen wir damit für alle."
Ihre Arbeit beleuchtet einen anhaltenden Widerspruch der Bewegung, die sich für bessere Haftbedingungen für die Millionen Inhaftierten der USA einsetzt: Humanitäre Gefängnisreformen haben die Rolle der Vollzugsanstalten in der US-Geschichte oft eher zementiert als verringert. Die ersten Gefängnisse wurden in den Anfangsjahren des Staates auf Forderung von Liberalen und Menschenrechtlern eingerichtet, um noch grausamere Formen der Bestrafung, wie Peitschenhiebe oder den Pranger, zu ersetzen. Das erste separate Frauengefängnis wurde 1839 in der wohlmeinenden Absicht eröffnet, Frauen während der Haft zu schützen. Es hatte lediglich 81 Zellen. Heute befinden sich über eine Million Frauen in den USA hinter Gittern oder sind auf Bewährung. Selbst die heute umstrittenen Mindesthaftzeiten wurden auf Anregung von Liberalen eingeführt, die damit der Diskriminierung von Minderheiten bei der Verhängung von Haftstrafen entgegenwirken wollten.

Bemühungen, die Bedingungen der Haft zu verbessern, stehen bis heute der Forderung nach deren kompletter Abschaffung gegenüber. "All jene, die sich für ein Ende der Gefängnisse einsetzen", so die bekannte afroamerikanische Aktivistin Angela Davis im Jahr 2000, "müssen den Balanceakt vollbringen, Reformen zum besseren Schutz der Insassen voranzutreiben, während sie gleichzeitig der letztendlichen Abschaffung der Haft als vorherrschende Bestrafungsmethode entgegenwirken."
Auch unter den Insassen herrscht Unstimmigkeit, ob man sich gegen die Einrichtung von Sondereinrichtungen für Transgender aussprechen sollte. Viele der inhaftierten Transfrauen, mit denen ich geschrieben habe, gaben an, sie würden sich in einem Sondertrakt am sichersten fühlen. Eine von ihnen, Dee, sitzt seit sieben Jahren in einem New Yorker Gefängnis in Einzelhaft. "Einzelhaft ist definitiv keine Lösung zur Unterbringung von Transpersonen", schrieb sie mir 2014. "Sie sollten eher in gemischten Gefängnissen in gesonderten Trakten untergebracht werden."

Aktivisten, die sich für eine Zukunft ohne Gefängnisse einsetzen, müssen dieses Ziel permanent mit dem Bedürfnis der Insassen nach einer humaneren Gegenwart abgleichen.
Nach etwa acht Monaten kam Soto Moreno im März 2016 erneut gegen eine Kaution von 7.500 Dollar frei. "Die Freiheit war ein unglaubliches Geschenk", sagt sie mir. Niemand konnte ihr länger Befehle erteilen. Aber es war auch hart. Sie hatte keine Arbeitserlaubnis und keinerlei Einkommen. Eine Gruppe namens Translatin@, die aus der Haft entlassene Transpersonen mit Wohngeld und Essensgutscheinen unterstützt, half ihr auf die Beine. Sie war frei, aber es war kaum die Art Leben, die sie sich bei ihrer Flucht aus Mexiko vor über zwölf Jahren vorgestellt hatte.

Während Soto Moreno sich wieder an das Leben in Freiheit gewöhnte, gewann die #EndTransDetention-Kampagne an Fahrt. Im Februar 2016, einen Monat vor ihrer Entlassung, hatten Aktivisten die Stadtverwaltung von Santa Ana überzeugt, der ICE statt 300 doch nur 200 Betten zur Verfügung zu stellen. Nachdem Familia-Mitarbeiter und eine Highschool-Schülerin in Hungerstreik getreten waren, beschloss die Stadt im Mai außerdem, den Nutzungsvertrag mit der ICE nach dessen Auslaufen im Jahr 2020 nicht zu verlängern. Im Dezember desselben Jahres reduzierte die Lokalregierung die maximale Anzahl der an die Behörde vermieteten Betten weiter auf 128.
Der komplett aus Latinos und Latinas bestehende Stadtrat wies den Stadtdirektor außerdem an zu prüfen, ob das Gefängnis prinzipiell geschlossen werden könnte, und gab für 50.000 Dollar eine Studie zu einer möglichen Umnutzung in Auftrag. Für Jorge und Jennicet war diese Entwicklung ein praktisches Beispiel, wie Einwanderungsaktivisten die Arbeit von Gruppen wie Black Lives Matter unterstützen können – als Teil einer breiten Bewegung gegen Polizeigewalt und eine Inhaftierungspraxis, die viele als rassistisch und reflexhaft empfinden. "Dank unserer Kampagne ist jetzt im Gespräch, das Gefängnis komplett zu schließen und in eine Einrichtung zu verwandeln, die der Gemeinschaft etwas bringt", sagt Jorge.

Diesen Februar kündigte die ICE ihren Nutzungsvertrag mit den Behörden von Santa Ana. Das Ende des Trakts für Schwule und Transgender war besiegelt. "Aufgrund der kürzlichen Entscheidung der Stadtverwaltung, die Zahl der Betten drastisch zu reduzieren, war der bestehende Vertrag für uns nicht mehr wirtschaftlich", hieß es in dem Schreiben. Die Schließung des Transtrakts war für den 24. Mai geplant, doch bereits am 8. Mai wurden die dort Inhaftierten von Santa Ana ins Cibola County Detention Center in New Mexico verlegt; es handelte sich um zehn Personen, wie Christina Holland, die Justizvollzugsbeauftragte der Polizei in Santa Ana, Lokalmedien mitteilte. Cibola wird wie Eloy von der Gefängnisfirma CoreCivic betrieben und dient als reines Abschiebegefängnis.
Angesichts der ungewissen Umstände stellt sich Aktivisten nun die Frage, ob ihre Kampagne wirklich ein Erfolg war. Obwohl die Bedingungen in Santa Ana zu wünschen übrig ließen, waren die Transfrauen hier wahrscheinlich doch sicherer aufgehoben als in anderen Hafteinrichtungen. "Bevor es den Trakt gab, blieb für Transpersonen in Abschiebehaft in der Regel nur die Sonderverwahrung", sagt Keren Zwick, die NIJC-Anwältin. "In anderen Worten: Einzelhaft."

Soto Moreno sorgt sich, wie es den Transfrauen nach der Verlegung ergehen wird. Andere Haftanstalten hätten weniger Bildungsangebote als Santa Ana. New Mexico ist isolierter und konservativer als Kalifornien, also können die Insassen dort auf weniger Unterstützung von Migrantenvertretern und der LGBT-Gemeinde zählen.

Unter Präsident Trump werden sich die Bedingungen in den Abschiebegefängnissen vermutlich noch verschlechtern. Im April berichtete die New York Times, die Regierung wolle Vorschriften zur Verbesserung der Haftbedingungen aufweichen – darunter auch die zur Einzelhaft. Dieses Jahr sollte eigentlich im Prairieland Detention Center in Texas eine zweite Einheit für Transfrauen eröffnet werden, aber Aktivisten zufolge liegen die Pläne derzeit auf Eis.

Jorge sieht die Schließung von Santa Ana positiver – als Beweis, dass Aktivisten sich gegen den Ausbau des privaten Abschiebehaftkomplexes wehren können. "Dieser Sieg ermutigt Leute im ganzen Land zu sagen: 'Ja, wir können die ICE aus unserer Stadt vertreiben.'"
Nach ihrer Entlassung wartete Soto Moreno 260 Tage auf ihre Arbeitserlaubnis und war von der Unterstützung der Translatin@ Coalition abhängig. Seit sie die Erlaubnis hat, arbeitet sie Teilzeit für die Coalition und macht Öffentlichkeitsarbeit für deren "Economic Empowerment"-Programm. Sie sagt, aktuell spare sie auf eine Namensänderung. Ihr Asylverfahren überschattet ihr Leben nach wie vor: Jeder falsche Schritt könnte sie wieder hinter Gitter bringen, schon die kleinste Unstimmigkeit in ihrer Geschichte könnte dazu führen, dass ihr Antrag abgelehnt wird.

Die USA sind inzwischen Soto Morenos Zuhause. Also bahnt sie sich nach fast drei Jahren sexueller Belästigung, übergriffiger Durchsuchungen und wiederholter Einzelhaft – "900 Tage in der Hölle", wie sie es nennt – weiter ihren Weg durch das Immigrationssystem, von dem sie sich einst Schutz versprach.

*Officer Smith ist ein Pseudonym, weil Soto Morenos Vorwürfe gegen ihn nicht bewiesen sind. Soto Moreno hat bei der Gefängnisleitung Beschwerde eingelegt und ihren Fall detailliert beschrieben. Sie hat zudem bei der Polizei Anzeige erstattet. VICE hat die ICE um Stellungnahme zu den Vorwürfen und etwaigen Maßnahmen gegen derlei Missstände gebeten und keine Antwort erhalten.




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